JudikaturJustiz6Ob68/23b

6Ob68/23b – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. April 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. I*, 2. V*, 3. M*, alle vertreten durch Edthaler Leitner-Bommer Schmieder Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wider die beklagten Parteien 1. K*, 2. E*, vertreten durch Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH und Co KG in Wien, wegen je 51.620,76 EUR, über die außerordentliche Revision der erst- und der drittklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Februar 2023, GZ 2 R 138/22m-15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] 1. Der Erblasser hielt als Treugeber über die Beklagten als Treuhänder Beteiligungen an zwei inländischen Aktiengesellschaften. 2005 teilte der Erstkläger, dessen Sohn, der Zweitbeklagten schriftlich mit, er habe für den Erblasser in Angelegenheit dieser Beteiligungen die Vertretung übernommen. Eine Aufforderung, künftige Schreiben betreffend diese Beteiligungen (auch oder nur) an den Erstkläger zu richten, enthielt diese Mitteilung nicht. 2014 starb der Erblasser, was den Beklagten nicht kommuniziert wurde. Die Zweitbeklagte richtete an den Erblasser ein mit 21. 11. 2016 datiertes Schreiben, in dem über eine geplante Kapitalerhöhung bei beiden Aktiengesellschaften informiert und um bis spätestens 14. 12. 2016 zu erstattende Mitteilung mittels eines Formulars gebeten wurde, ob der Adressat an der Kapitalerhöhung teilnehme oder nicht. Dieses Schreiben wurde von der ehemaligen Privatsekretärin des Erblassers in einen Ordner abgelegt und blieb unbeantwortet. Der Erblasser bzw dessen Erben nahmen an der Kapitalerhöhung nicht teil.

[2] 2. Das Berufungsgericht bestätigte das klagsabweisende Ersturteil und verneinte ein haftungsbegründendes Fehlverhalten der Beklagten: Mangels Rechtsgrundlage (§ 9 ZustG sei nicht analog anzuwenden) hätten trotz Vollmacht des Erstklägers Zustellungen nicht an diesen erfolgen müssen. Die Beklagten seien angesichts der unterbliebenen Reaktion auf das auf die geplante Kapitalerhöhung hinweisende Schreiben schon aus zeitlichen Gründen zu keinen weiteren Aktivitäten (Rückfrage oder Teilnahme an der Kapitalerhöhung für den Erblasser) verpflichtet gewesen. Die Treuhänderin hätte bei Säumnis des Treugebers auch nicht von sich aus und mit eigenen Mitteln – also gewissermaßen „auf Verdacht“ – die Teilnahmeerklärung abgeben müssen. Die allenfalls unterbliebene Übermittlung der Treuhandberichte (vor 2016) biete keine Haftungsgrundlage, weil über die geplante Kapitalerhöhung ohnehin (und somit auch über das Vorhandensein der Beteiligung an sich) informiert worden sei. Dass im Informationsschreiben über die geplante Kapitalerhöhung der dafür notwendige einzuzahlende Betrag falsch angeführt gewesen war, sei für die Nichtteilnahme an der Kapitalerhöhung nicht kausal gewesen, weil die Kläger das Informationsschreiben auch mit dem richtig ausgewiesenen Betrag nicht zur Kenntnis genommen hätten.

Rechtliche Beurteilung

[3] 3. Die Revision relevier t nur Fragen, wie weit im vorliegenden Einzelfall die Pflichten der Beklagten als Treuhänder gegenüber den Klägern als Erben des ursprünglichen Treugebers reichen. Damit geht es um Fragen der Vertragsauslegung im Einzelfall, wozu auch zur Treuhand ausreichend Judikatur vorliegt (RS0042936 [T11, T31, T70]; RS0112106 [T19]; RS0010444 [T2, T4, T10, T12, T18]; vgl auch RS0107573 [T1–T5]). Eine erhebliche Rechtsfrage würde somit nur bei einer Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht aufgezeigt, die nicht vorliegt.

Rechtssätze
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