JudikaturJustiz6Ob64/05p

6Ob64/05p – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. April 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde I*****, vertreten durch Dr. G. Heinz Waldmüller und Dr. Martin Baldauf, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei J. S*****, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 39.011 EUR sA, über die Rekurse beider Streitteile gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2004, GZ 2 R 248/04v 22, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 30. Juli 2004, GZ 41 Cg 37/04s 16, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der Rekursbeantwortungen der Streitteile werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung:

Die Beklagte hatte 1986 eine Liegenschaft im Gebiet der klagenden Stadtgemeinde erworben. Die Liegenschaft war vom Norden her durch einen Weg erschlossen. Diese Zufahrt war allerdings wegen ihrer Steilheit und der geringen Wegbreite ungünstig, weshalb schon im Bebauungsplan aus dem Jahr 1995 die Erschließung von einer anderen Straße her vorgesehen war. Nach dem Kauf der Liegenschaft trat der Beklagtenvertreter an die Klägerin heran und ersuchte um Mitteilung, wann mit der Errichtung dieser Zufahrtsstraße zu rechnen sei. Die Klägerin beantwortete seine Anfrage, es sei dafür kein Geld vorhanden. Sie teilte in einem Schreiben vom 4. 12. 1996 mit, es bestünden Bestrebungen, die projektierte Zufahrt ins öffentliche Gut zu übernehmen, dazu wären aber zusätzliche Flächen erst einzulösen und die Straße zu bauen. Der klagenden Stadtgemeinde würden dadurch Erschließungskosten von ca 6,2 Mio S entstehen. Sie sei bemüht, zumindest einen Teil dieser Aufwendungen von den Eigentümern der unverbauten Grundstücke einzufordern. Bei anteiliger Umlegung der Kosten entfielen auf das Grundstück der Beklagten 536.803 S. Die nach der Tiroler Bauordnung vorzuschreibenden Erschließungskosten blieben dabei unberührt und würden im Fall einer Bauausführung gesondert vorgeschrieben werden. Die Klägerin teilte ferner mit, sie sei sich bewusst, dass die Bereitschaft der einzelnen Eigentümer zur Leistung eines Beitrags von einer raschen Realisierung der Erschließung abhängig sei. Sie stelle sich daher vor, dass eine allfällige Zusage der einzelnen Liegenschaftseigentümer zeitlich befristet sein müsse und die Zahlungen erst dann fällig würden, wenn die Privatstraße „durchgehend eingelöst, sohin im Eigentum der Stadt... steht und die Straße entsprechend benützbar" sei. Es werde daher angefragt, ob die Beklagte zur Zahlung des angegebenen Betrages bereit sei. Der Beklagtenvertreter teilte daraufhin mit, seine Mandantin sei zur Tragung der anteiligen Kosten bereit, sofern die Zufahrtsstraße rasch errichtet werde. Eine Besprechung am 11. 9. 1997 in den Räumlichkeiten der Klägerin, an der unter anderem der Beklagtenvertreter teilgenommen hatte, ergab, dass das Straßenbewilligungsverfahren und im Anschluss daran das Grundeinlösungsverfahren eingeleitet werden soll. Einvernehmlich wurde festgehalten, dass die bei dieser Besprechung anwesenden Eigentümer bzw Eigentümervertreter der noch unerschlossenen Grundstücke neuerlich ihre Bereitschaft zu der von der Gemeinde gewünschten Beitragsleistung erklärten, wenn die Erschließung möglichst rasch „durchgezogen" werde. Die Klägerin sollte das Straßenbewilligungsverfahren unverzüglich einleiten und parallel dazu die Grundeinlöseverhandlungen in Angriff nehmen. Nach dem Scheitern von Verhandlungen über die Einlösung der zur Straßenerrichtung erforderlichen Grundstücke durch privatrechtliche Verträge kam es zur Einleitung eines Enteignungsverfahrens. Mit Schreiben vom 7. 10. 1997 wurde der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die Entscheidung des Stadtsenats vom 1. 10. 1997 zur Kenntnis gebracht, wonach die Stadtgemeinde I***** zustimmend zur Kenntnis nehme, dass die Eigentümer der noch unerschlossenen Baugrundstücke sich verpflichtet haben, „neben den Erschließungskosten nach den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung weitere Beträge zu zahlen, und zwar die Beklagte 536.803 S". Die Verpflichtung zur Zahlung dieser Beträge trete erst dann ein, „wenn die öffentliche Gemeindestraße im Eigentum der Stadtgemeinde.... steht und die Straße selbst fertig gebaut und für den Verkehr freigegeben" sei. Am 22. 11. 1999 erließ die Tiroler Landesregierung den Bescheid auf Enteignung der für das Straßenbauvorhaben benötigten Grundstücke und setzte die Entschädigungen fest. Die Baubewilligung wurde mit Bescheid vom 9. 2. 1999 erteilt. Die Arbeiten waren am 12. 9. 2000 abgeschlossen. Am 14. 9. 2000 übernahm die Klägerin (das zuständige Tiefbauamt) den Weg von der Baufirma. Die Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin ins Grundbuch erfolgte am 22. 2. 2001.

Mit Kaufvertrag vom 3. 2. 2000 verkaufte die Beklagte ihr Grundstück, ohne die gegenüber der Klägerin übernommene Verpflichtung auf den Käufer zu überbinden. Mit Schreiben vom 24. 11. 2003 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des vereinbarten Erschließungsbeitrags auf. Die Beklagte verweigerte die Zahlung.

Mit ihrer am 20. 2. 2004 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin Zahlung von 39.011 EUR samt 9,47 % Zinsen seit 23. 2. 2001. Die Beklagte habe sich zur Zahlung dieses Beitrags zu den Erschließungskosten privatrechtlich verpflichtet. Der Betrag sei mit Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin fällig geworden. Die Forderung unterliege der 30 jährigen Verjährungsfrist.

Die Beklagte beantragt Abweisung des Klagebegehrens und wendet Verjährung ein. Die Klageforderung unterliege der dreijährigen Frist des § 1486 Z 1 ABGB. Die Verjährungsfrist sei bereits vor Klageeinbringung verstrichen, weil die Erschließungsstraße bereits im September 2000 errichtet und dem Verkehr übergeben worden sei und der Eigentumsübergang nach den Enteignungsbestimmungen bereits vor grundbücherlicher Eintragung stattgefunden habe. In Enteignungsfällen habe die Grundbuchseintragung nur mehr deklarative Wirkung. Die Klägerin habe jedenfalls mit Beginn der Bauarbeiten vom Grundstück Besitz ergriffen, sodass die Fälligkeit ihrer Forderung schon 1999 eingetreten sei. Die Vereinbarung sei sittenwidrig, weil sie die in § 19 Abs 8 Tiroler Bauordnung (in der damals anzuwendenden Fassung) und im § 9 Abs 4 Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz vorgesehene Anrechnung der aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung erbrachten Aufschließungsbeiträge ausschließe. Sie sei auch deshalb sittenwidrig, weil die öffentliche Hand nicht berechtigt sei, sich für die Erfüllung von Aufgaben, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sei, weitere privatrechtliche Zahlungen versprechen zu lassen. Im Übrigen habe sich die Beklagte nur unter der Bedingung zur Zahlung weiterer Aufschließungskosten bereit erklärt, dass die Klägerin bis Ende Februar 1997 den Fertigstellungstermin verbindlich bekannt gebe. Eine derartige Bekanntgabe sei nicht erfolgt, sodass sie der Klägerin nichts schulde.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung des Kapitalbetrags samt 4 % Zinsen seit 23. 2. 2001. Das Zinsenmehrbegehren wies es ab. Es stellte noch fest, die Beklagte oder ihr Rechtsvertreter hätten einen konkreten Termin für Baubeginn und Fertigstellung nicht zur Bedingung gemacht. Hätten sich die Eigentümer der durch den Weg erschlossenen Grundstücke nicht zur Übernahme der vereinbarten Beiträge verpflichtet, wäre der Zufahrtsweg von der Klägerin nicht errichtet worden. Wann der Enteignungsbescheid rechtskräftig geworden und zu welchem Zeitpunkt die Entschädigungsleistungen erbracht worden seien, steht nicht fest. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass die Forderung der Klägerin mit grundbücherlicher Einverleibung des Eigentumsrechts fällig geworden und der Anspruch daher nicht verjährt sei.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Streitteile Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die weite Fassung des § 1486 Z 1 ABGB erfasse auch „sonstige" Leistungen, sofern sie im Geschäftsbetrieb oder in einem organischen Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb erbracht würden. Die Erschließung von Grundstücken zähle zu den der Klägerin öffentlich rechtlich übertragenen Aufgaben. Erbringe sie derartige Leistungen aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen, so geschehe dies in ihrem „sonstigen geschäftlichen Betrieb". Ihre Forderung auf Zahlung der vereinbarten Erschließungskosten verjähre daher in drei Jahren ab Fälligkeit. Nach der getroffenen Vereinbarung solle die Beklagte zur Zahlung verpflichtet sein, sobald die öffentliche Gemeindestraße im Eigentum der Klägerin stehe und die Straße selbst fertig gebaut und für den Verkehr freigegeben sei. Die Straße sei im September 2000, sohin mehr als drei Jahre vor Klageeinbringung fertiggestellt worden. Mit der Wortfolge „wenn die öffentliche Gemeindestraße im Eigentum der Stadtgemeinde steht", sei nicht die Einverleibung im Grundbuch gemeint gewesen. Angesichts des Umstandes, dass beide Vertragspartner rechtskundig vertreten gewesen seien, sei auf den Eigentumsübergang im Rechtssinn abzustellen und nicht auf die grundbücherliche Durchführung des Enteignungsbeschlusses, dem nur deklarative Bedeutung zukomme. Maßgeblich sei daher, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin Eigentum an den enteigneten Grundstücksflächen erworben habe. Nach § 71 Abs 3 Tiroler Straßengesetz erwerbe der Enteigner das ihm im Enteignungsbescheid eingeräumte Recht mit Rechtskraft des Enteignungsbescheids. § 71 Abs 8 Tiroler Straßengesetz mache den Vollzug des Enteignungsbescheids jedoch davon abhängig, dass der Enteigner seinen Verpflichtungen auf Zahlung der Vergütung nachgekommen sei. Der Eigentumserwerb trete nach der Rechtsprechung bei der Enteignung nicht schon durch das rechtskräftige Enteignungserkenntnis, sondern erst durch Zahlung oder gerichtlichen Erlag der Entschädigungssumme ein. Demnach habe die Klägerin nicht schon mit Rechtskraft des Enteignungsbeschlusses, sondern erst mit Entrichtung der Entschädigungszahlungen Eigentum erworben. Der Grundbuchsbeschluss lasse annehmen, dass die Rechtskraft des Enteignungsbescheids jedenfalls vor der grundbücherlichen Durchführung (das heißt vor 22. 2. 2001) eingetreten sei. Zu welchem Zeitpunkt die Enteignungsentschädigungen gezahlt worden seien, stehe hingegen nicht fest. Zur Bestimmung der Fälligkeit bedürfe es daher einer Ergänzung des Verfahrens erster Instanz. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Fragen fehle, ob eine Forderung für privatrechtlich vereinbarte Erschließungsleistungen eine Forderung im Sinn von § 1486 Z 1 ABGB sei und ob der Grundsatz, wonach der Rechtserwerb des Enteigners an die Zahlung der Entschädigung geknüpft sei, im Hinblick auf § 71 Abs 3 Tiroler Straßengesetz auch für Enteignungen nach diesem Gesetz gelte.

Die gegen den Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurse beider Streitteile sind zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zur Anwendbarkeit des § 1486 Z 1 ABGB auf die Entgeltforderung der Gemeinde aus einer privatrechtlichen Vereinbarung über die Aufschließung von Grundstücken:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 1486 Z 1 ABGB verjähren Forderungen für die Lieferung von Sachen oder die Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb in drei Jahren. Dass unter diese Norm auch Forderungen größerer Beträge und aus selten vorkommenden Geschäften fallen, wenn sie nur zu einer der in § 1486 Z 1 ABGB aufgezählten Gruppen gehören, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen (SZ 52/117; 1 Ob 614/93; 2 Ob 501/95; 6 Ob 515/95). Die weite Fassung dieser Bestimmung soll nach den Absichten des Gesetzgebers „so ziemlich den ganzen geschäftlichen Verkehr umfassen" (1 Ob 629/95; 2 Ob 501/95; RIS Justiz RS0034137). Ausgenommen sind nur Forderungen für Leistungen, die aus Gefälligkeit erbracht werden oder die etwa nur einen Gelegenheitserwerb darstellen.

Dass eine Behörde bei Erfüllung hoheitlicher Aufgaben in öffentlich rechtlicher Funktion tätig wird, schließt ein privatwirtschaftliches Tätigwerden der Behörde aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen ebensowenig aus wie die Annahme eines „sonstigen geschäftlichen Betriebs" (1 Ob 565/92; 2 Ob 501/95).

§ 16 Abs 1 Tiroler Bauordnung in der hier anzuwendenden Fassung LGBl 7/1994 regelt die verkehrsmäßige Erschließung der im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesenen Fläche grundsätzlich als (hoheitliche) Aufgabe der Gemeinde. Nach Abs 2 dieser Bestimmung besteht die (öffentlich rechtliche) Aufschließungspflicht jedoch nicht für jene Teile des Baulandes, für deren Erschließung privatrechtliche Vereinbarungen mit der Gemeinde bestehen. Diese Bestimmung ermöglicht es daher den Gemeinden, Grundstücksaufschließungen im Rahmen ihrer privatwirtschaftlichen Tätigkeit vorzunehmen und das Entgelt für ihre Leistungen entsprechend privatrechtlich zu vereinbaren. Macht daher eine Gemeinde wie hier von der in § 16 Abs 2 Tiroler Bauordnung aF vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, die Grundstücksaufschließung aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung vorzunehmen, nimmt sie damit am wirtschaftlichen Leben teil. Es erfolgt ein Leistungsaustausch auf eigene Rechnung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen (siehe 2 Ob 501/95 zu einer Kanalanschlussgebühr aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung). Die Leistung der Gemeinde erfolgt daher in derartigen Fällen keineswegs aus einer Gefälligkeit; angesichts der Grundsatzregelung der Tiroler Bauordnung liegt auch ein Gelegenheitserwerb der Gemeinde nicht vor. Dass die Vornahme der Aufschließung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung eines geschäftlichen Betriebs bedarf und ohne einen solchen nicht denkbar wäre, ist nicht zweifelhaft. Die im vorliegenden Fall eingeklagte Forderung auf Zahlung der vereinbarten Aufschließungskosten unterliegt daher der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB.

2. Zur Fälligkeit der Klageforderung:

Vereinbart war, dass „die Verpflichtung zur Zahlung erst dann eintritt, wenn die öffentliche Gemeindestraße im Eigentum der Stadtgemeinde... steht und die Straße selbst fertig gebaut und für den Verkehr freigegeben ist". Diese Formulierung stammt von der Klägerin. Dass der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs näher besprochen oder erörtert worden wäre, welcher Zeitpunkt darunter zu verstehen sei, hat keine der Parteien behauptet. Nach dem reinen Wortsinn bleibt offen, ob die Formulierung wie die Klägerin meint - auf die Einverleibung ihres Eigentumsrechts im Grundbuch hinweist, oder nach Meinung der Beklagten den Zeitpunkt des Eigentumserwerbs nach durchgeführter Enteignung bezeichnet. Ausschlaggebend ist, wie redliche Vertragspartner die von der Klägerin gewählte Formulierung aus dem Gesamtzusammenhang der Vereinbarung verstehen.

Die Formulierung „wenn die öffentliche Gemeindestraße im Eigentum der Stadtgemeinde steht" scheint erstmals in einer Entscheidung des Stadtsenats vom 1. 10. 1997 auf, die der Beklagten am 7. 10. 1997 zur Kenntnis gebracht wurde. Zu diesem Zeitpunkt war für die Vertragspartner bereits klar, dass die Verhandlungen über eine einvernehmliche Einlösung der zur Straßenerrichtung erforderlichen Grundstücke gescheitert waren und es zu einem Enteignungsverfahren kommen musste. Beiden Vertragspartnern musste daher bewusst sein, dass die Errichtung der Straße eine Enteignung von Grundstücken voraussetzt. Daraus musste sich aber zwangsläufig sowohl für den an der Vertragserrichtung beteiligten rechtskundigen Mitarbeiter der Klägerin wie auch für den Rechtsvertreter der Beklagten ergeben, dass der Eigentumserwerb nicht erst mit der grundbücherlichen Eintragung eintreten werde und der Grundbuchseintragung vielmehr nur deklarative Bedeutung zukommt. Hätte daher der Vertreter der Klägerin tatsächlich auf die Grundbuchseintragung als Fälligkeitszeitpunkt abstellen wollen, hätte er dies anders formulieren und entsprechend klarstellen müssen. Die Beklagte durfte seiner Formulierung entnehmen, dass die Forderung mit Übergang des Eigentums an die Klägerin im Zug des Enteignungsverfahrens fällig wird. Maßgeblich ist daher, zu welchem Zeitpunkt das Eigentumsrecht an den enteigneten Grundstücksflächen auf die Klägerin übergegangen ist.

Das Berufungsgericht hat dazu die Auffassung vertreten, für den Eigentumsübergang komme es nach der im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmung des § 71 Tiroler Straßengesetz nicht nur auf die Rechtskraft des Enteignungsbescheids, sondern auch auf die Entrichtung der Entschädigungszahlungen (nach Übergabe der Liegenschaft) an, weil § 71 Abs 8 Tiroler Straßengesetz den Vollzug des Enteignungsbescheids von der Leistung der auferlegten Vergütung abhängig mache. Seine Auslegung ist nicht zu beanstanden (§ 510 Abs 3 ZPO). Sie steht auch mit den zu den (im Zweifel sinngemäß anzuwendenden) Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes vertretenen Auffassungen in Einklang (Spielbüchler in Rummel ABGB³ § 365 Rz 5 mwN, 5 Ob 14/04a; RIS Justiz RS0037821; RS0053777; RS0057970).

Feststellungen, zu welchem Zeitpunkt der Enteignungsbescheid rechtskräftig wurde und wann die Entschädigungszahlungen aufgrund der Enteignung geleistet wurden, fehlen. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend eine Verfahrensergänzung angeordnet. Den gegen seinen Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekursen ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50 Abs 1 und 43 Abs 1 ZPO. Ein gegenseitiger Kostenersatz findet nicht statt. Beide Streitteile haben die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortungen in jeweils gleicher Höhe verzeichnet, sodass sie (analog der Kostenaufhebung in Fällen gleichteiligen Obsiegens und Unterliegens) gegeneinander aufgerechnet werden können.

Rechtssätze
6