JudikaturJustiz6Ob563/94

6Ob563/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. April 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Stefan H*****, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** Gesellschaft mbH, ***** wider die beklagte Partei Anton S*****, ***** vertreten durch Rechtsanwalt Mag.rer.soc.oec.Dr.jur. Reinhard Selendi Kommandit-Partnerschaft in Wels, wegen 187.000 S sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27. Oktober 1993, GZ 1 R 101/93-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 9. März 1993, GZ 2 Cg 307/92-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am 19. Februar 1987 wurde über das Vermögen des Sohnes des Beklagten der Konkurs eröffnet. Mit Gesellschaftsvertrag vom 9. März 1987 gründete der Beklagte mit zwei weiteren Gesellschaftern die S***** Gesellschaft mbH (folgend nur Gesellschaft mbH) als "Auffanggesellschaft" und zahlte auf seine Stammeinlage von 450.000 S die Hälfte ein. Die einzige Geschäftsführerin der Gesellschaft mbH hatte nur die Tätigkeit einer Büroangestellten zu verrichten, während tatsächlich der Sohn des Beklagten, der formell nur freier Mitarbeiter war und bis 1990 Entgelt in Form von Umsatzprovisionen bezog, die Geschäftsführertätigkeit ausübte.

Die Gesellschaft mbH unterhielt bei der (szt.) Länderbank AG das Konto Nr. ***** (folgend nur Geschäftskonto), über welches der Sohn des Beklagten mit Kenntnis der Geschäftsführerin der Gesellschaft mbH zeichnungsberechtigt war. Am 17. Mai 1990 wurde von einem Konto des Beklagten bei der Mercur-Bank AG, Zweigstelle R*****, auf das Geschäftskonto ein Betrag von 26.000 S überwiesen. Der Sohn des Beklagten hat am 30. Mai 1990 der Gesellschaft mbH eine Rechnung für Provisionen etc über 210.642,33 S gestellt, vom Geschäftskonto 64.000 S behoben, bei der (szt.) Länderbank AG das Kreditkonto Nr. ***** (folgend nur Kreditkonto) auf den Namen des Beklagten eröffnet und am folgenden Tag im Namen des Beklagten eine Überweisung von 90.000 S mit dem Verwendungszweck "Stammeinlage" vom Kreditkonto auf das Geschäftskonto beauftragt, auf welchem der Betrag am 1. Juni 1990 gutgeschrieben wurde. Der Sohn des Beklagten behob vom Geschäftskonto der Gesellschaft mbH am 5. Juni 1990 15.000 S, zahlte am 13. Juni 1990 auf das Kreditkonto einen Betrag von 97.000 S ein und beauftragte an diesem Tag eine Überweisung von 97.000 S vom Kreditkonto auf das Geschäftskonto, wo der Betrag am 18. Juni 1990 gutgeschrieben wurde. Am Überweisungsauftrag scheint als Auftraggeber der Beklagte, jedoch kein bestimmter Verwendungszweck auf. Am Tageskontoauszug betreffend das Geschäftskonto per 15. Juni 1990 vermerkte der Sohn des Beklagten als Zweck der Gutschrift von 97.000 S handschriftlich "restliche Stammeinlage". Der Sohn des Beklagten behob am 18. Juni 1990 vom Geschäftskonto 97.000 S, entnahm am 28. Juni 1990 aus der Kassa der Gesellschaft mbH 4.757,33 S und stellte ihr am 30. Juni 1990 eine Rechnung für Provisionen etc über 10.500 S. Die vom Sohn des Beklagten per 30. Mai und 30. Juni 1990 vorgenommene Abrechnung war weder von der Zustimmung der Geschäftsführerin noch der der Generalversammlung gedeckt.

Am 6. Juli 1990 wurde auf Antrag der beiden übrigen Gesellschafter über das Vermögen der Gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet und der klagende Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt, der den Beklagten mit Schreiben vom 17. Juli 1990 erfolglos zur Einzahlung der restlich übernommenen Stammeinlage aufforderte.

Der Masseverwalter begehrt vom Beklagten die Zahlung von 187.000 S sA an offener Stammeinlage mit dem wesentlichen Vorbringen, durch die Überweisungen von 90.000 S und 97.000 S seien der Gesellschaft mbH in Wahrheit keine Barmittel bzw. Vermögenswerte zugeführt worden. Der Sohn des Beklagten habe sich selbst ihm nicht zustehende Gelder ausbezahlt und damit seinem Vater die angeblichen Zahlungen auf die Stammeinlage refundiert. Durch die Rückzahlungen an den Beklagten seien Gelder der Gesellschaft mbH an den Beklagten rückerstattet worden, sodaß der Beklagte zumindest einen Teilbetrag von 187.000 S der Stammeinlage in Wahrheit nicht einbezahlt habe.

Der Beklagte wendet ein, seine Stammeinlage eingezahlt und hiefür auch Kredite in Anspruch genommen zu haben. Die Provisionsabrechnungen seines Sohnes hätten mit der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der (restlichen) Stammeinlage nichts zu tun. Die Verwendung der Mittel sei der Gesellschaft mbH frei gestanden.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab; Einzahlungen auf das Stammkapital seien auch dann schuldbefreiend, wenn sie unter Außerachtlassung der Ordnungsvorschrift des § 64 Abs 1 GmbHG und vor einem Einforderungsbeschluß geleistet würden. Für den Eintritt der schuldbefreienden Wirkung sei es hier unerheblich, ob die Einzahlungen vom Beklagten oder von seinem Sohn für diesen geleistet und ob die Mittel durch Auflösung von Ersparnissen oder durch Kreditaufnahme aufgebracht worden seien. Ein Verlust der einbezahlten Stammeinlage führe nicht zu einem Wiederaufleben der Verpflichtung zu ihrer Bezahlung.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt, weil die vom Sohn des Beklagten "per 30.5. und 30.6.1990 vorgenommenen Abrechnungen und die damit zusammenhängenden Behebungen und Entnahmen" keine gesellschaftsrechtliche Deckung fänden. Die vom Sohn des Beklagten getätigten Behebungen und Entnahmen seien eigenmächtig ohne Genehmigung durch die vertretungsbefugten Organe der Gesellschaft mbH vorgenommen worden, sodaß letztlich im Vermögen der Gesellschaft mbH keine Vermehrung und im Vermögen des Beklagten und seines Sohnes keine Vermögensminderung erfolgt sei. Auch der enge zeitliche Zusammenhang der festgestellten Geldtransaktionen lasse an der Begründung festhalten, daß nicht Privatvermögen des Sohnes des Beklagten seinem Vater zur Einzahlung der restlichen Stammeinlage übereignet worden sei. Hiefür spreche aber auch die in sachlicher Hinsicht unaufgeklärt gebliebene Vorgangsweise in Ansehung der vom Sohn des Beklagten gewählten Geldtransaktionen. Diese zeigten im Ergebnis vielmehr auf, daß in Wahrheit Vermögen der Gesellschaft mbH lediglich über das vom Sohn des Beklagten für diesen errichtete Konto wiederum auf das Konto der Gesellschaft mbH zurückgeflossen seien.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Maßgeblich ist, ob die beiden Einzahlungen des Sohnes des beklagten Gesellschafters für diesen auf das Geschäftskonto der Gesellschaft mbH schuldtilgende Wirkung zukam.

Über das Vermögen der Gesellschaft mbH wurde der Konkurs eröffnet. Die Ansprüche der Gesellschaft mbH gegenüber ihren Gesellschaftern auf Leistung der ausstehenden (weiteren) Stammeinlagen (§ 63 Abs 1 GmbHG) gehören zum Gesellschaftsvermögen gemäß § 1 KO. Der Masseverwalter hat sie ohne Rücksicht auf vertraglich oder durch Gesellschafterbeschluß festgesetzte Zahlungstermine einzufordern; sie sind sofort fällig (NZ 1917, 284; 4 Ob 540, 1517, 1518/89; Koppensteiner, GmbHG, Rz 5, 7 zu § 63; Reich-Rohrwig, Das österr.

GmbH-Recht 591; Kostner-Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter

Haftung4 Rz 670). Einzahlungen auf das Stammkapital, die - wie hier -

unter Außerachtlassung der Verfahrensbestimmung des § 64 Abs 1 GmbHG

geleistet wurden, wirken dennoch schuldbefreiend (GesRZ 1978, 83 =

EvBl 1978/172; SZ 40/168 = HS 6.616; Koppensteiner aaO Rz 22 zu § 63;

Reich-Rohrwig aaO 589).

Die Einzahlung ist so zu bewirken, wie es der Gesellschaftsvertrag vorsieht. Sie kann auch unbar durch Überweisung auf ein Bankkonto der Gesellschaft mbH erfolgen (Koppensteiner aaO Rz 7 zu § 10;

Gellis-Feil, Kommentar zum GmbH-Gesetz**2 Anm 6 zu § 63 GmbHG;

Rittner in Rowedder, GmbHG**2, Rz 23 zu § 7 dGmbHG;

Lutter-Hommelhoff, GmbH-Gesetz13 Rz 10 zu § 7 dGmbHG). Hier tätigte der Sohn des Beklagten (für diesen) Einzahlungen in Höhe des Klagsbetrages auf die restliche offene Stammeinlage des Beklagten durch Überweisungen auf das Geschäfts-Bankkonto der Gesellschaft mbH. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um ein überschuldetes Konto handelte; maßgeblich ist nur, ob die Geldsumme der Gesellschaft mbH zur freien Verfügung, wenn auch ganz oder zum Teil zur Tilgung von Schulden stand (WBl 1989, 340; vgl. auch Koppensteiner aaO Rz 18 zu § 10 mwN). Die Zahlung von 90.000 S wies am Überweisungsauftrag eine Widmung als Stammeinlage auf. Die Überweisung von 97.000 S wies zwar keine solche Widmung auf, jedoch wurde in den Büchern der Gesellschaft mbH eine solche Zuordnung vorgenommen. Die Einlageschuld wird durch Zahlung auch bei Fehlen eines Erfüllungswillens dann getilgt, wenn es sich um die einzige Verbindlichkeit handelt (vgl. WBl 1989, 340 mwN; Koppensteiner aaO Rz 7 zu § 10). Daß andere Forderungen der Gesellschaft mbH gegen den Beklagten bestanden hätten, steht nicht fest und wurde auch nicht behauptet. Darin liegen daher keine Hindernisse gegen eine Tilgungswirkung der beiden Zahlungen.

Mit welchen Mitteln der einlagepflichtige Gesellschafter leistet, ist gleichgültig, Zahlung durch Dritte oder aus Mitteln Dritter ist zulässig, Schuldbefreiung tritt aber nicht ein, wenn die Mittel von der Gesellschaft mbH selbst stammen; dies ist etwa der Fall, wenn die Leistung zurückgegeben werden soll oder aus einem (auch bei einem Dritten aufgenommenen) Darlehen oder Kredit der Gesellschaft mbH an den Gesellschafter bewirkt wird oder die Gesellschaft mbH dafür auch nur Sicherheiten stellt (Wünsch, GmbH-Kommentar, Rz 33 zu § 10; Ulmer in Hachenburg, GmbHG8 Rz 40 zu § 7 dGmbHG mwN in FN 62; Winter in Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz8, Rz 32 zu § 7 dGmbHG; Lutter-Hummelhoff aaO Rz 10 zu § 7 dGmbHG; Rittner aaO Rz 24 zu § 7 dGmbHG, jeweils mwN). Die direkte oder indirekte Aufnahme eines Darlehens oder Kredites durch die Gesellschaft, um diesen dem Gesellschafter zur Erfüllung seiner Einlageverpflichtung zur Verfügung zu stellen, wird von Reich-Rohrwig (aaO 585) als (ein) Umgehungsfall des Aufrechnungsverbotes und damit wirkungslose Einzahlung und in der deutschen Lehre als sogenannte verdeckte Finanzierung auch als unzulässiger Erlaß der Einzahlungsverpflichtung beurteilt (Schneider in Scholz aaO Rz 40 f zu § 19 dGmbHG).

Unter dem Aspekt, daß im Gesellschaftsrecht, insbesondere im Fall eines beschränkten Haftungszugriffes, stets die Gläubigerinteressen zu wahren sind, nach den Wertungen des GmbHG die reale Aufbringung des Stammkapitals umfassend und zwingend gesichert sein muß, bleibt bei einem Verstoß gegen die reale Aufbringung des Stammkapitals, unabhängig von Art und Form des jeweiligen Vorgangs (vgl. Baumbach-Hueck, GmbH-Gesetz15 Rz 11 zu § 19 dGmbHG) und davon, ob sie sich im Einzelfall als Umgehung des Aufrechnungsverbotes des § 63 Abs 3 zweiter Satz GmbHG (vgl. ecolex 1993, 678 zur Umwidmung der Forderung eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft mbH zum Zwecke der Leistung der Stammeinlage) oder als Erlaß oder Stundung iS des § 63 Abs 3 erster Satz GmbHG darstellt, die Einlagepflicht des Gesellschafters unverändert. Bei der dabei gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise fällt darunter auch sowohl der Fall, daß die Mittel in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Einzahlung der Stammeinlage von einem Gesellschaftsorgan oder einem Dritten, der auf Bankkonten oder die Kassa der Gesellschaft mbH zugreifen kann, der Gesellschaft mbH rechtswidrig entzogen werden und dann damit Zahlungen auf die Stammeinlage dieses Organs oder eines Dritten geleistet werden als auch der Fall, daß der auf das Gesellschaftskonto eingezahlte Betrag kurzfristig wieder dem Gesellschafter zufließt (vgl. dazu SZ 64/143 = WBl 1992, 128 = EvBl 1992/43 = RdW 1992, 77 = BankArch 1992, 568 mit Anm von Nowotny zu § 10 GmbHG; Koppensteiner aaO Rz 15 zu § 10 mwN). Denn in einem solchen Fall werden der Gesellschaft mbH in Wahrheit entweder keine Fremdmittel zugeführt oder ihr diese Mittel nicht endgültig zur freien Verfügung gestellt (vgl. SZ 40/168 mwN).

Nach der Aussage des Beklagten - Feststellungen dazu fehlen - veranlaßte der Sohn des Beklagten in dessen Vollmachtsnamen die Überweisungen. Nach herrschender Auffassung zum Wesen der Erfüllung (§ 1412 ABGB) ist diese kein Rechtsgeschäft, kein besonderer Erfüllungsvertrag, mit dem die Leistung "als Erfüllung" angeboten und angenommen wird. Sie erfordert nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung keinen Erfüllungswillen, sondern nur die Herbeiführung des Leistungserfolges durch eine Leistungshandlung, die der geschuldeten entspricht (WBl 1989, 340 mwN; HS 11.174 mwN; MietSlg. 24.203; Reischauer in Rummel**2, Rz 2 zu § 1412 ABGB; Harrer in Schwimann, Rz 2 zu § 1412 ABGB). Wenn nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung der innere Wille des Zuwendenden nicht Voraussetzung für die Erfüllungswirkung ist, kommt es auf ein Umgehungsbewußtsein des Gesellschafters, somit ein subjektives Element, nicht an (vgl. auch Baumbach-Hueck aaO, Rz 11 zu § 19 dGmbHG). Dem entspricht auch der maßgebende Gläubigerschutzgedanke.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu prüfen sein, ob die für den Beklagten durch seinen Sohn verwendeten Mittel zu den beiden Einzahlungen zur Gänze oder zum Teil aus eigenen Mitteln der Gesellschaft mbH stammen. Soweit nun hier - wirtschaftlich gesehen - die beiden Zahlungen auf die Stammeinlage des Beklagten aus Mitteln der Gesellschaft mbH erfolgten, somit der Sohn des Beklagten keinen anderen Deckungsfonds hatte, ist das Klagebegehren insoweit berechtigt. Soweit sie nicht mit Mitteln der Gesellschaft mbH erfolgten, ist das Klagebegehren abzuweisen. Lassen sich entsprechende Feststellungen nicht treffen, geht dies zu Lasten des die Zahlung behauptenden und deshalb dafür beweispflichtigen (hier beklagten) Gesellschafters.

Der Beklagte hat zwar vorgebracht, daß "die Gesellschaft mbH, insbesondere durch ihre Geschäftsführerin, mit den verrechneten Provisionen des Sohnes des Beklagten einverstanden gewesen sei", wozu die beantragten Beweise nicht aufgenommen wurden. Der in erster Instanz obsiegende Beklagte hat diese Mangelhaftigkeit des Verfahrens zutreffend in seiner Revision gerügt, jedoch kommt es darauf aus folgenden Erwägungen nicht an: Nach § 63 Abs 2 zweiter Satz GmbHG kann eine Bareinlageverpflichtung nicht "mit einer Forderung an die Gesellschaft" kompensiert werden. Nach der zuerst sehr strikten Rechtsprechung (SZ 24/268 ua; Koppensteiner Rz 19 zu § 63 mwN) war nicht nur die Aufrechnung durch den Gesellschafter, sondern auch durch die Gesellschaft mbH oder auf einvernehmlicher Grundlage ausgeschlossen, und zwar auch bei Vollwertigkeit der Gegenforderung

des Gesellschafters. Mit der Entscheidung SZ 34/135 = JBl 1962, 208 =

EvBl 1962/68 = HS 755 hat der Oberste Gerichtshof diese Judikatur

aufgegeben und daran in ständiger Rechtsprechung festgehalten (ecolex 1993, 678; SZ 56/137; GesRZ 1981, 230; SZ 42/6 = EvBl 1969/237 = HS

7.501 ua); das Schrifttum ist dem ganz überwiegend gefolgt (Reich-Rohrwig 585; Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österr. Gesellschaftsrechts5 428 mwN in FN 52; Gellis-Feil aaO Anm 7 zu § 63 GmbHG; Kostner-Umfahrer aaO Rz 666 mwN in FN 3; weitere Nachweise bei Koppensteiner aaO Rz 8 zu § 10; Rz 19 zu § 63). Demnach kann der Gesellschafter selbst nicht aufrechnen, wohl aber die Gesellschaft mbH, weil ein sinnloses Hin- und Herschieben von Geldbeträgen nicht verlangt wird, sei es durch einseitige Erklärung (die hier nicht einmal behauptet wird), sei es im Wege einer Aufrechnungsvereinbarung. Allerdings ist Voraussetzung dafür, daß die Gesellschafterforderung unbedenklich (unbestritten), fällig und vollwertig ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Gesellschaft mbH zur Befriedigung aller Gläubiger imstande ist, namentlich weder überschuldet noch zahlungsunfähig ist (Koppensteiner aaO Rz 19 zu § 63; Reich-Rohrwig 585; vgl. auch Jabornegg in Schiemer, AktG**n Rz 10 zu § 60). Maßgebend ist die wirkliche Sachlage und nicht die Auffassung der Beteiligten (SZ 42/6, SZ 40/168). Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung aller Gesellschaftsschulden nicht aus, ist die Gesellschaft mbH überschuldet oder zahlungsunfähig, so ist die Vollwertigkeit der Forderung des Gesellschafters nicht gegeben und selbst eine Aufrechnung durch die Gesellschaft mbH ausgeschlossen (SZ 56/37; GesRZ 1981, 230, 184 ua). Diese Grundsätze über die Vollwertigkeit einer Compensando-Forderung müssen auch für den Fall gelten, daß nicht kompensiert, sondern Geldbeträge von der Gesellschaft mbH an einen einlagepflichtigen Gesellschafter oder einen Dritten ausbezahlt oder von diesen entnommen werden und damit die Stammeinlagenschuld des Gesellschafters bezahlt wird. Das heißt, auch in einem solchen Fall muß die Forderung gegen die Gesellschaft mbH, die zur Auszahlung von - zur Leistung der Stammeinlage verwendeten - Geldbeträgen führt, vollwertig im obigen Sinn sein. Da hier beide Einzahlungen, die der Beklagte für sich in Anspruch nimmt, und die Entnahmen des Sohnes des Beklagten Ende Mai bzw. im Juni 1990 und somit nur wenige Wochen vor der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft mbH am 6. Juli 1990 erfolgten, ist die mangelnde Vollwertigkeit infolge (zumindest) Überschuldung wohl naheliegend, steht aber nicht fest. Dies muß im fortgesetzten Verfahren aber nicht mehr geprüft werden, weil die Behauptungs- und Beweislast der Vollwertigkeitserfordernisse der Einlageschuldner trägt (ecolex 1993, 678 mwN; Koppensteiner aaO Rz 19 zu § 63 unter Hinweis auf BGH NJW 1992, 2229), der Beklagte aber dazu nichts vorgetragen hat.

Der Revision ist demnach Folge zu geben. Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 ZPO.

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