JudikaturJustiz6Ob241/06v

6Ob241/06v – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwaltpartnerschaft Föger Pall in Wörgl, gegen die beklagten Parteien 1.) H***** Nfg GmbH Co KG, 2.) H***** GmbH, beide *****, beide vertreten durch Dr. Anton Schiessling und andere Rechtsanwälte in Rattenberg, und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Parteien Josef B*****, vertreten durch Dr. Norbert Wolf, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 62.736,72 EUR sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 31. Mai 2006, GZ 2 R 103/06y-38, womit infolge Berufungen der klagenden und beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19. Februar 2006, GZ 59 Cg 30/04v-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.993,86 EUR (davon 332,31 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Erstbeklagte, deren unbeschränkt haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte ist, beauftragte im August 2003 die Klägerin mit Verglasungsarbeiten beim Um- und Zubau des Sporthotels S*****. Im Zuge dieses Bauprojekts wurde zur Erweiterung des Bade- und Wellnessbereichs ein Vorbau an das Hotelgebäude in einer Holz-Glas-Konstruktion errichtet.

Erst nachdem von anderen Unternehmen die Unterkonstruktion aus Holz errichtet und die Verblechungsarbeiten ausgeführt worden waren, kam die Klägerin zum Einsatz. Die Erstbeklagte erteilte der Klägerin keinen Auftrag, eine Glasfalzentlüftung einzubauen. Damit waren zwei andere Unternehmen beauftragt.

Eine Glasfalzentlüftung wurde nicht eingebaut. Die Bauweise der Glasfassade sieht einen Dampfdruckausgleich des Glasfalzes, wie es dem Stand der Technik entspräche, daher nicht vor. Die Klägerin plante, die Fassade als sogenannte „dichte Verglasungsebene" auszuführen. Eine „dichte Verglasungsebene" wurde nicht realisiert:

Bedingt durch die Bauart der tragenden Holzkonstruktion bestehen zwischen den einzelnen Holzbauteilen einerseits und den Holzbauteilen und den Verbindungselementen aus Metall andererseits Fugen. Hiedurch entstehen Kanäle, die einen Luftaustausch zwischen dem Innenraum und dem Luftraum zwischen den Glaselementen erlauben. Dieser Luftraum ist an den Fußpunkten der Fassade zur Außenluft hin geöffnet. Durch diese Öffnungen besteht eine generelle Luftdurchlässigkeit der Glasfassade. Wäre von den anderen beteiligten Unternehmen eine Glasfalzentlüftung eingebaut worden, wäre diese aufgrund der Luftdurchlässigkeit nicht wirksam. Da im Innenraum Unterdruck herrscht, wird durch die Öffnungen an der Außenseite der Fassade Außenluft angesaugt. Diese erwärmt sich durch Strömung und nimmt Feuchtigkeit auf. Für den Glasfalz ist das Ergebnis das gleiche wie bei einer ordnungsgemäß konzipierten und ausgeführten Fassade. Die fehlende Glasfalzentlüftung wie auch die Luftdurchlässigkeit der Fassade sind daher derzeit nicht nachteilig. Sie führen lediglich zu einem geringfügig erhöhten, aber nicht quantifizierbaren Energieverbrauch. Die von außen konstruktionsbedingt einströmende kalte Zuluft ist bei normalem Badebetrieb nicht wahrnehmbar. Würde der Betriebszustand im Zubau von Unterdruck auf Überdruck umgestellt werden, wären Schäden zu erwarten. Es käme zu einer Strömung von innen nach außen. Dadurch würde Raumluft in die Hohlräume eindringen, sodass es bei einem Betrieb mit Überdruck zu Tauwasser im Glasfalz und entsprechenden Schäden kommen würde. Der Betrieb mit Unterdruck muss nicht nur wegen der Luftdurchlässigkeit, sondern auch aus anderen Gründen aufrechterhalten werden, so auch um zu verhindern, dass die Gerüche des Schwimmbads in der Hotelhalle wahrnehmbar sind. Bei Schwimmbadanlagen ist eine Unterdruckanlage Stand der Technik. Auch wenn die Glasfassade nach dem Stand der Technik errichtet worden wäre, könnte eine völlige Tauwasserfreiheit ohne zusätzliche Maßnahmen nicht gewährleistet werden. Dazu ist entweder eine direkte Beheizung der Fassade oder - wie im Anlassfall - eine geeignete Luftführung der raumlufttechnischen Anlage notwendig. Vor dem Frühjahr 2004 wurde im Schwimmbad eine andere Lüftungsanlage verwendet. Damals kam es noch zu Tauwasserbildung auf der Fassade. Es ist nicht feststellbar, mit welchen Kosten die nachträgliche Herstellung einer Glasfalzentlüftung und die Erreichung der Luftdichtheit der Fassade verbunden wären. Aus technischer Sicht wären diese Maßnahmen wirtschaftlich nicht sinnvoll. Beim Anschluss eines Glasdachs an einen Baukörper ist zur zuverlässigen Andichtung ein Hochzug des Dachs an die Wand des Baukörpers notwendig. Bei der Errichtung des Vorbaus wurde der Hochzug im erforderlichen Mindestausmaß nicht durchgeführt. Der Anschluss des Vorbaus an das Hauptgebäude ist daher undicht. Die Anschlussarbeiten führte die Klägerin nicht aus. Sie begann mit ihren Arbeiten erst nach Abschluss des Anschlusses. Einem Professionisten wie der Klägerin hätte der Fehler auffallen müssen. Die Firstpfette wird auf ihrer Oberseite, die Pfette der Traufe oben und außenseitig mit Blech abgedeckt. Eine Hinterlüftung ist nicht vorgesehen. Es kommt mittelfristig zu Tauwasserausfall. Diese Ausführung ist nicht fachgerecht. Eine Sanierung der Mängel in diesem Bereich kostet 5.000 EUR. Es ist nicht feststellbar, ob der Sanierungsaufwand geringer gewesen wäre, wenn die Klägerin auf die Unzulänglichkeiten hingewiesen und die Reparatur noch vor Beginn der Glasarbeiten durchgeführt worden wäre.

Im Rutschenturm des Hallenbades baute die Klägerin eine rinnenartige Vertiefung zwischen der Verglasung und den horizontalen Holzbauteilen ein. Diese wirkt bei Tauwasseranfall und für das Spritzwasser aus dem Bereich der Wasserrutsche wie eine Sammelrinne. Das Holz ist in diesem Bereich einer extremen Belastung ausgesetzt und zum Teil schon zerstört. Eine Nachbesserung ist erforderlich und möglich. Die Sanierungskosten belaufen sich auf 1.500 EUR.

Das Erstgericht gab der auf Zahlung des restlichen Werklohns gerichteten Klage mit 57.736,72 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 5.000 EUR sA ab. Es traf die eingangs im Wesentlichen wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich würdigte es den Sachverhalt dahin, das Werk der Klägerin sei wegen der Luftdurchlässigkeit mangelhaft. Damit sei aber kein Nachteil für die Werkbestellerin verbunden, weil der Schwimmbadbereich mit Unterdruck betrieben werde, wie dies aus technischer Sicht für ein Schwimmbad vorgesehen sei. Eine Sanierung des Mangels wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll. Da eine Reparatur der Werkbestellerin keinen Vorteil brächte, wäre sie unverhältnismäßig. Bei einer Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung könne der Besteller nur Preisminderung begehren. Preisminderung hätten die Beklagten aber nicht geltend gemacht. Die Frage, ob die Klägerin die Bestellerin in Hinsicht auf das Fehlen einer Glasfalzentlüftung hätte warnen müssen, sei ohne Bedeutung, weil das Fehlen der Entlüftung mit keinen Nachteilen verbunden sei. Außerdem wäre ein nachträglicher Einbau ein unverhältnismäßiger Aufwand, der einen Verbesserungsanspruch nicht rechtfertige. Die Verblechungsarbeiten seien mangelhaft, aber nicht von der Klägerin ausgeführt worden. Zur Verbesserung der Verblechungsarbeiten sei die Klägerin nicht verpflichtet, weil sie diese Arbeiten nicht ausgeführt habe. Auch dieser Mangel rechtfertige eine Leistungsverweigerung der Beklagten nicht. Die Klägerin habe die Sammelrinne beim Schwimmbecken mangelhaft ausgeführt. Der Mangel sei mit einem Aufwand von 1.500 EUR verbesserbar. Dieser Aufwand könne die Zurückhaltung des gesamten restlichen Werklohns nicht rechtfertigen, weil der Mangel den Badebetrieb nicht beeinträchtige. Die eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil die geltend gemachten Mängelbehebungskosten nicht feststellbar gewesen seien. Eine Demontage der gesamten Isolierglaselemente wäre wirtschaftlich unvernünftig und daher unverhältnismäßig. Auch im bestehenden Zustand schränke die Anlage den Betrieb nicht ein.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses von beiden Parteien bekämpfte Urteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. Rechtlich hielt es der Berufung der Beklagten entgegen, dass das Fehlen der Glasfalzentlüftungen keine Gewährleistungsansprüche der Bestellerin gegen die Klägerin auslösen könne, weil der Einbau dieser Glasfalzentlüftungen nicht Inhalt des Werkvertrags mit der Klägerin gewesen sei. Die Verletzung der Warnpflicht sei kein Ausfluss der Gewährleistung. Schadenersatzansprüche wegen Warnpflichtverletzung bestünden nur dann, wenn das Werk infolge einer Warnpflichtverletzung der Klägerin misslungen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil die Ausführung des Werks für den Glasfalz das gleiche Ergebnis wie bei einer ordnungsgemäß konzipierten und ausgeführten Fassade bewirke. Dass dieses System nur dann funktioniere, wenn das Schwimmbad im Unterdruckbetrieb belüftet werde, schade insofern nicht, als eine Belüftung dieser Art - unabhängig von der Ausführung der Fassade - bei einem Schwimmbad Stand der Technik und auch deshalb erforderlich sei, um zu verhindern, dass Schwimmbadgerüche (Chlor etc) in den Hotelbereich gelangen. Die Konstruktion sei insoweit dicht, als - soweit dem Verantwortungsbereich der Klägerin zuzuordnen - von außen Wasser nicht eintrete. Da die Fassade in ihrer Gesamtheit ohne Einschränkung betriebstauglich und für die Beklagten ohne Nachteil verwendbar sei, sei ein Leistungsverweigerungsrecht zu verneinen. Aus der rillenartigen Vertiefung zwischen der Verglasung und den horizontalen Holzbauteilen, die wie eine Wassersammelrinne wirke, könnten die Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht in Hinsicht auf den gesamten restlichen Werklohn ableiten. Eine Beeinträchtigung des Badebetriebs sei mit dem Mangel nicht verbunden, die Sanierungskosten beliefen sich auf rund 2,4 % der restlichen Werklohnforderung, sodass aufgrund einer diese Umstände berücksichtigenden Interessenabwägung ein Recht, den gesamten Werklohn zurückzubehalten, zu verneinen sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob und unter welchen Umständen dem Werkbesteller ein über geringfügige Mängelbehebungskosten hinausgehendes, jedoch nicht den gesamten restlichen Werklohn umfassendes Zurückbehaltungsrecht zuerkannt werden könne. Gleiches gelte für die Frage, inwieweit Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden könnten, wenn eine nicht völlig vertragskonform erbrachte Leistung eines Werkunternehmers durch eine mangelhafte Werkleistung eines anderen Unternehmers insoweit ausgeglichen werde, als das Gesamtergebnis bei der Werkleistung die gleichen Eigenschaften aufweise wie ein Werk, das von beiden Werkunternehmern mängelfrei erbracht worden wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

1.) Der Werkvertrag wurde nach dem 31. 12. 2001 geschlossen, sodass die Bestimmungen über die Gewährleistung in der Fassung des Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetzes (GewRÄG - BGBl I 2001/48) anzuwenden sind. Von dieser Änderung blieb das aus § 1170 ABGB iVm § 1052 ABGB abgeleitete Recht des Bestellers unberührt, das (restliche) Entgelt bis zur ordnungsgemäßen Errichtung des Werks zurückzubehalten. Mit der Zurückbehaltung soll auf den Unternehmer Druck ausgeübt werden, die Verbesserung vorzunehmen (4 Ob 72/06a mwN = bbl 2006, 203). Wesentliche Voraussetzungen des Leistungsverweigerungsrechts (Zurückbehaltungsrechts) des Bestellers sind die Behebbarkeit des Mangels und ein ernstliches Verbesserungsbegehren des Bestellers (vgl RIS-Justiz RS0019929; RS0021730; RS0021872). Kommt (wegen der Unbehebbarkeit der Mängel) eine Verbesserung nicht in Betracht oder lässt der Besteller die Verbesserung durch den Unternehmer nicht zu, wird der Werklohn fällig (4 Ob 72/06a mwN; M. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB2 § 1170 Rz 7 mwN).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass auch nach der neuen Rechtslage die „Unverhältnismäßigkeit" der Verbesserung im Sinn des § 932 Abs 4 Satz 1 ABGB nicht - wie nach § 932 Abs 2 ABGB - „relativ" im Verhältnis zu einer konkreten sekundären Abhilfe (Preisminderung) zu beurteilen ist, sondern wie bisher „absolut" und

gewichtiger (8 Ob 108/06z = JBl 2007, 519 [Faber] = Zak 2007, 74 =

EvBl 2007/66 = RdW 2007, 468). Ob Unverhältnismäßigkeit vorliegt,

hängt vor allem von der Wichtigkeit der Behebung für den Übernehmer (Besteller) ab (vgl 6 Ob 274/06x mwN). Die „absolute" Unverhältnismäßigkeit kann dann - wie bisher - bejaht werden, wenn der mit der Verbesserung verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Mangels für den Besteller steht, wobei dabei insbesondere die für den Besteller durch den Verweis auf die bloßen Geldansprüche (Preisminderung) verbundenen zusätzlichen Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen sind. Ist die Beeinträchtigung des Bestellers als wesentlich anzusehen, so werden auch über dem Wert des Werks liegende Kosten für die Verbesserung aufzuwenden sein (8 Ob 108/06z; RIS-Justiz RS0022044; RS0022063). Der Wert des Werks als solcher ist nicht die Grenze für die Verbesserungsaufwendungen. Entscheidend ist die konkrete Bedeutung der Behebung des Mangels für den Besteller (Übernehmer) im Verhältnis zu den für den Unternehmer (Übergeber) entstehenden Aufwendungen (8 Ob 108/06z; RIS-Justiz RS0022044; RS0022063). Der vom Unternehmer zu leistende Aufwand ist unter der Voraussetzung unverhältnismäßig, dass der Vorteil, den die Beseitigung des Mangels dem Besteller gewährt, gegen den für die Beseitigung erforderlichen Aufwand an Kosten der Arbeit so geringwertig ist, dass Vorteil und Aufwand im offensichtlichen Missverhältnis stehen (6 Ob 274/06x; RIS-Justiz RS0021717). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, hängt aber jeweils von den konkreten Umständen des zu beurteilenden Falls ab, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (6 Ob 274/06x mwN). Ob der Klägerin in Bezug auf die Glasfalzentlüftung eine Warnpflichtverletzung (§ 1168a ABGB) anzulasten ist und der Werkbestellerin deshalb auch Ansprüche aus Gewährleistung zustehen können (vgl dazu M. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB2 § 1168a Rz 10 mwN; RIS-Justiz RS0016270; RS0016258), ist nicht entscheidungserheblich, wurde doch von den Vorinstanzen eine - nach den Umständen des Anlassfalls gegebene - Unverhältnismäßigkeit einer Verbesserung (Einbau der Glasfalzentlüftung) angenommen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im Anlassfall eine Beseitigung der „Luftdurchlässigkeit" der Fassade und der nachträgliche Einbau einer Glasfalzentlüftung unverhältnismäßig sind, liegt im Rahmen der zitierten Rechtsprechung, zumal eine Verbesserung, die eine Demontage und Wiedermontage aller Isolierglaselemente erfordern würde, wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, der bestehende Zustand die Gebrauchstauglichkeit des „Gesamtwerks" nicht beeinträchtigt und die Werkbestellerin aus einer Verbesserung keinen ins Gewicht fallenden Vorteil erzielen könnte. Die in der Revision aufgestellten Behauptungen über die Nachteile des von den Vorinstanzen festgestellten Zustands des Anbaus gehen nicht von den Feststellungen aus. Die Beklagten haben im Verfahren erster Instanz auch nicht behauptet, dass der Hotelbetrieb saisonbedingt geschlossen werde. Diese unzulässige Neuerung ist nicht zu beachten. Es ist keine notorische Tatsache (§ 269 ZPO), dass alle Hotelbetriebe in Tourismusorten in Tirol nicht ganzjährig geöffnet sind.

2.) Inwiefern schließlich die Berufungsentscheidung zum Schikaneverbot von oberstgerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll, vermögen die Revisionswerber nicht überzeugend darzulegen. Nach dieser Judikatur besteht das volle Leistungsverweigerungsrecht nicht, wenn von einem Missverhältnis zwischen den vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interessen an der Leistungsverweigerung und dem Interesse des Werkunternehmers an der Bezahlung des Werklohns für einen mängelfreien Teil des Werks auszugehen ist (6 Ob 80/05s; RIS-Justiz RS0022044). Allein entscheidend ist dabei nicht die Höhe der Behebungskosten, sondern die Wichtigkeit der Behebung des Mangels, die nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer Interessenabwägung zu beurteilen ist (6 Ob 72/00g uva; RIS-Justiz RS0022044). Das Vorliegen oder Nichtvorliegen schikanöser Rechtsausübung hängt demnach von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0110900). Deren Würdigung wirft daher keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (7 Ob 67/07i mwN). Auf die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, im Anlassfall sei das volle Leistungsverweigerungsrecht zu verneinen, trifft dies nicht zu.

Der Schikaneeinwand muss nicht ausdrücklich erhoben werden; es genügt, dass entsprechende Tatsachen vorgebracht werden (vgl 5 Ob 28/02g; RIS-Justiz RS0026205). Die Frage, ob in einem konkreten Einzelfall ein ausreichendes Vorbringen erstattet wurde, und die Frage, wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist, berühren keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042828).

3.) Wurde ein bestimmter Sachverhalt nicht behauptet, dann bedeutet die Unterlassung entsprechender - wenn auch aufgrund von Beweisergebnissen allenfalls möglicher - Feststellungen keinen Feststellungsmangel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung (auch als rechtlicher Feststellungsmangel oder sekundärer Verfahrensmangel bezeichnet; vgl E. Kodek in Rechberger, ZPO3 § 496 Rz 4 mwN). Dass die Schlussrechnung vereinbarungsgemäß erst 6 Wochen nach „mängelfreier Abnahme des Gewerks" fällig gewesen sei und eine Abnahme dieser Art nicht erfolgt sei, ist ebenso eine unzulässige Neuerung wie die Behauptung einer Aliud-Leistung. Fehlende Feststellungen dazu und die von der Revisionswerberin vermissten, aus vorgelegten Urkunden zu treffenden weiteren Feststellungen über den Vertragsinhalt, wozu aber entsprechendes Vorbringen von den Beklagten in erster Instanz nicht erstattet wurde, sind daher keine Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Der Vorwurf eines Feststellungsmangels aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung kann ferner nicht erfolgreich erhoben werden, wenn zu einem bestimmten Thema ohnehin Feststellungen getroffen wurden (RIS-Justiz RS0043480 [T19]). Dass der Einbau einer Glasfalzentlüftung nicht Gegenstand des Werkvertrags der Klägerin war, stellten die Vorinstanzen fest.

Den Einwand der mangelnden Fälligkeit wegen einer nicht ordnungsgemäß aufgeschlüsselten Schlussrechnung haben die Beklagten in ihrer Berufung nicht aufrecht erhalten, sodass der Oberste Gerichtshof auf die Frage eines allenfalls verfrühten Beginns des Zinsenlaufs nicht eingehen kann (RIS-Justiz RS0041570).

4.) Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 46 Abs 2, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Rechtssätze
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