JudikaturJustiz6Ob110/02y

6Ob110/02y – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Franz G*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Franz T*****, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Friedrich Flendrovsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 134.874,87 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Februar 2002, GZ 17 R 280/01y-115, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. September 2001, GZ 3 Cg 161/96k-108, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die prozessuale Aufrechnungseinrede hat die Geltendmachung einer aufrechenbaren, aber noch nicht aufgerechneten Gegenforderung, mit der erst im Urteil aufgerechnet werden soll, zum Gegenstand. Für ihre Geltendmachung ist keine bestimmte Form vorgesehen, sodass auch ein schlüssiges Verhalten ausreichen kann, sofern dem Vorbringen der die Aufrechnung behauptenden Partei ein Aufrechnungswille zu entnehmen ist (stRspr RIS-Justiz RS0033951). Die Vorinstanzen haben das Vorbringen der Beklagten auch in diesem Sinn verstanden und die Gegenforderung geprüft. Dass die einzelnen der Hauptforderung entgegengesetzten Ersatzansprüche ziffernmäßig konkretisiert wurden, ergibt sich schon aus dem Ersturteil.

Ob das Erstgericht durch Unterlassen eines dreigliedrigen Spruches gegen die Verfahrensvorschrift über die Formulierung des Urteilsspruches über Haupt- und Gegenforderung (§ 545 Abs 3 Geo) verstoßen hat, kann dahingestellt bleiben, weil der Kläger dies in seiner Berufung nicht gerügt hat. Dieser Formalfehler kann vom Obersten Gerichtshof daher nicht mehr aufgegriffen werden. Er hat auch insoweit keine Auswirkungen, als bei Fassung eines dreigliedrigen Urteilsspruchs nur der Ausspruch über das Klagebegehren in Rechtskraft erwächst, nicht aber jener über das Zurechtbestehen von Klage- und Gegenforderung.

In der Forderung der Beklagten auf Ersatz der zur Neuherstellung des Daches erforderlichen Aufwendungen liegt das Begehren auf Ersatz des Erfüllungsinteresses (1 Ob 95/94; RIS-Justiz RS0021755). Ein derartiger Anspruch steht dem Werkbesteller nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen dann zu, wenn die Mängel behebbar sind, das heißt mit einem nicht unverhältnismäßigen Aufwand beseitigt werden können. Für die Frage der (Un)verhältnismäßigkeit der Behebungskosten ist nicht allein ihre Höhe maßgeblich, vielmehr ist auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für den Besteller Bedacht zu nehmen (6 Ob 72/00g; RIS-Justiz RS0022044; RS0021717). So können selbst "Schönheitsfehler", die die Funktionalität eines Werkes nicht beeinträchtigen und nur mit hohem Aufwand beseitigt werden können, unter bestimmten Voraussetzungen die Verbesserung nicht unzumutbar erscheinen lassen (7 Ob 131/99m; 6 Ob 72/00g). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt von den konkreten Umständen des zu beurteilenden Falles ab, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt. Eine Teilsanierung des Daches hätte im vorliegenden Fall die nicht nur optisch störenden, sondern auch die Lebensdauer des Daches beeinträchtigenden Aufwölbungen der Dachhaut nicht beseitigt. In der Auffassung des Berufungsgerichts, das angesichts dieser die Haltbarkeit und die Lebensdauer des Werkes beeinträchtigenden Mängel eine Neuherstellung als nicht unverhältnismäßig beurteilte, ist eine im Rahmen des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken.

Nach ständiger Rechtsprechung ist es Aufgabe der Bauüberwachung bzw der Bauaufsicht, den Bauherrn vor Fehlern zu schützen, die in den Verantwortungsbereich der einzelnen bauausführenden Unternehmer fallen. Ihr Zweck liegt aber nicht darin, bauausführende Unternehmer von ihrer Verantwortung zu entlasten oder diese Verantwortung zu mindern. Erfolgt daher die Bauüberwachung nur im Interesse des Auftraggebers, nicht aber in jenem des Werkunternehmers, so kann Letzterer aus der Verletzung dieser Verpflichtung mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges kein seine Haftung minderndes Mitverschulden geltend machen (6 Ob 107/00d; RIS-Justiz RS0107245).

Rechtssätze
6