JudikaturJustiz5Ob83/16s

5Ob83/16s – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. September 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers A***** S*****, vertreten durch Dr. Walter Zaversky, Notar in Knittelfeld, wegen Grundbuchshandlungen ob EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 25. Februar 2016, AZ 1 R 228/15v, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Murau vom 9. September 2015, TZ 1866/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Als Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****, zu dessen Gutsbestand unter anderem das Grundstück 158 KG ***** gehört, ist im Grundbuch der am 30. 8. 1943 geborene H***** S***** eingetragen. H***** S***** ist am 29. 4. 2014 verstorben.

Mit dem am 13. 8. 2015 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte der Antragsteller die Abschreibung des Grundstücks 158 KG ***** von der EZ ***** GB ***** und dessen Zuschreibung zu einer neu zu eröffnenden EZ derselben KG unter Mitübertragung der Eigentumsrechte des H***** S***** sowie der auf der EZ ***** GB ***** haftenden Pfandrechte unter gleichzeitiger Anmerkung der Simultanhaftung. Dazu legte der Antragsteller unter anderem den mit einem Rechtskraftvermerk versehenen Einantwortungsbeschluss vor, wonach ihm die Verlassenschaft des H***** S***** zur Gänze als Alleinerbe eingeantwortet wird und unter anderem der Grundbuchskörper EZ ***** GB ***** verlasszugehörig ist. In diesem Einantwortungsbeschluss wird auch die Beschränkung der Rechte des Antragstellers als eingeantwortetem Erben durch die „aufschiebend bedingte fideikommissarische Substitution“ zu Gunsten des R***** und der H***** E***** (geboren 2000 bzw 2001) festgestellt.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Gemäß § 21 GBG seien Grundbuchseintragungen nur gegen denjenigen zulässig, der zum Zeitpunkt des Ansuchens als bücherlicher Eigentümer aufscheine oder zumindest gleichzeitig als solcher einverleibt werde. Vor der Verbücherung des Eigentumsrechts eines Erben seien (mit Ausnahme der Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung) Eintragungen gegen diesen auf die ererbte Liegenschaft nicht zulässig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Der Erbe erwerbe das Eigentum an einer geerbten Liegenschaft zwar bereits mit der Einantwortung und nicht erst mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch. § 21 GBG normiere allerdings den im Grundbuchsrecht zentralen Grundsatz, dass bücherliche Eintragungen nur gegen den einverleibten Eigentümer oder gegen den erfolgen dürfen, der zumindest gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt werde, was im Grundbuchsverkehr grundsätzlich eine Bedachtnahme auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse verhindere und dazu führe, dass der Erbe als außerbücherlicher Eigentümer dem bücherlichen Eigentümer nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt sei. Die Antragslegitimation des eingeantworteten, aber noch nicht verbücherten Erben betreffend Grundbuchshandlungen ob der erworbenen Liegenschaft sei daher nur in begründeten Ausnahmefällen zu bejahen. Als solche Ausnahmen habe der Oberste Gerichtshof dem eingeantworteten Erben als außerbücherlichem Eigentümer das Recht zugestanden, die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung nach § 53 GBG zu beantragen und/oder zur Vorbereitung eines Verkaufs der Liegenschaft nicht mehr bestehende Lasten gemäß § 136 GBG löschen zu lassen. Dies mit dem Argument, dem eingeantworteten Erben müsse gestattet sein, die grundbuchsrechtlichen Möglichkeiten zur Vorbereitung eines Verkaufs in Anspruch zu nehmen. Die vom Antragsteller angestrebte Aufsplitterung der erworbenen Liegenschaft stelle aber keine typische „grundbuchsrechtliche Möglichkeit“ zur Vorbereitung eines Verkaufs dar, zumal der Kaufvertrag über ein einzelnes Grundstück in der Regel gleichzeitig mit der Abschreibung desselben vom bestehenden Grundbuchskörper verbüchert werden könne. Auf eine allfällige außergewöhnliche Interessenlage beim eingeantworteten Erben sei im Rahmen des Grundbuchsverfahrens nicht Bedacht zu nehmen. Es bestehe daher hier kein Grund, dem Antragsteller als eingeantwortetem Erben und außerbücherlichem Eigentümer – ausnahmsweise und in Abkehr vom Grundsatz, dass im Grundbuchsverkehr nur auf den Grundbuchsstand und nicht auf die tatsächlichen (Eigentums-)Verhältnisse Bedacht zu nehmen ist – das Recht zuzubilligen, die beantragte Abschreibung eines Grundstücks von der geerbten Liegenschaft unter Mitübertragung der Eigentumsrechte des verstorbenen bücherlichen Eigentümers zu beantragen. Daher scheitere die Bewilligung des Grundbuchsgesuchs schon an der fehlenden Antragslegitimation des Antragstellers, weshalb dahingestellt bleiben könne, ob der begehrten Grundbuchshandlung auch die Bestimmung des § 21 GBG oder allenfalls die sich aus dem Einantwortungsbeschluss ergebende Beschränkung der fideikommissarischen Substitution entgegenstünden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur als bedeutsam anzusehenden Rechtsfrage, ob der eingeantwortete Erbe berechtigt ist, die Abschreibung eines Grundstücks von der geerbten Liegenschaft (unter Mitübertragung der Eigentumsrechte des verstorbenen bücherlichen Eigentümers) zu beantragen und ob eine solche Grundbuchshandlung gemäß § 21 GBG zulässig wäre, bestehe keine höchstgerichtliche Judikatur.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, diese dahingehend abzuändern, dass der Grundbuchsantrag bewilligt und die beantragten Eintragungen im Grundbuch vorgenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Für die Antragslegitimation gelten mangels besonderer Regelungen im Grundbuchsgesetz die allgemeinen Vorschriften des Außerstreitgesetzes. Die Antragslegitimation kommt daher grundsätzlich sowohl dem durch die begehrte Grundbuchshandlung Berechtigten als auch der durch diese belasteten Partei zu (RIS Justiz RS0006730).

2. Der Antragsteller ist eingeantworteter Erbe des verstorbenen, aber nach wie vor im Grundbuch eingetragenen Liegenschaftseigentümers. Der Erbe erwirbt das Eigentum an den Nachlassgrundstücken – in Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes – schon mit Rechtskraft der Einantwortung und nicht erst mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch (RIS Justiz RS0011263, RS0013002). Die Einverleibung im Grundbuch hat also nur mehr deklarativen Charakter (RIS Justiz RS0011263 [T9]). Allerdings verhindern die Bestimmungen der §§ 21 und 94 GBG im Grundbuchsverkehr jede Bedachtnahme auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, solange sie nicht im Grundbuch ihren Niederschlag gefunden haben (RIS Justiz RS0011313 [T1]). Eintragungen im Grundbuch sind gemäß § 21 GBG nur wider den zulässig, der zur Zeit des Ansuchens als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechts, in Ansehung deren die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird. Auf die wahre Rechtslage kommt es dabei nicht an (vgl RIS Justiz RS0060803 [T1]; RS0061117 [T3, T7]).

3. Konsequenz dessen ist nicht nur, dass – abgesehen von wenigen Ausnahmen (vgl 5 Ob 195/12f [Klagsanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG], 3 Ob 37/01i [Anfechtungsklage nach § 20 AnfO], 5 Ob 150/15t [Anmerkung der Teilungsklage]) – eine bücherliche Eintragung gegen die Erben unzulässig ist, auch wenn sie bereits nach materiellem Recht Liegenschaftseigentümer sind (RIS Justiz RS0011313). Unter einer Eintragung „wider“ den Eigentümer der Liegenschaft iSd § 21 GBG ist nicht nur eine solche zu dessen Lasten zu verstehen. Der eingeantwortete Erbe, dessen Eigentumsrecht noch nicht intabuliert ist, ist daher im Grundbuchsverkehr grundsätzlich auch dann nicht zur Antragstellung legitimiert, wenn er als außerbücherlicher Eigentümer durch die begehrte Grundbuchshandlung nicht belastet wird oder daraus Rechte ableitet. Lediglich zur Vorbereitung eines Verkaufs der Liegenschaft wurde dem eingeantworteten, aber noch nicht verbücherten Erben die Berechtigung zuerkannt, die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung mit den Wirkungen der §§ 53 ff GBG zu erlangen (RIS Justiz RS0060716, insb 5 Ob 28/90 = WoBl 1991, 53/41 [zust Hoyer ] = NZ 1990, 235 [zust Hofmeister ]) und/oder nicht mehr bestehende Lasten gemäß § 136 GBG löschen zu lassen (5 Ob 53/94, vgl auch 5 Ob 222/03p). Diese ausnahmsweise Antragslegitimation des Erben findet seine Rechtfertigung in der ausdrücklichen Anordnung des § 23 GBG, der die Veräußerung einer zur Verlassenschaft gehörigen Liegenschaft durch den Erben ausdrücklich ohne dessen Zwischeneintragung zulässt (RIS Justiz RS0060724). Dem entsprechend müssten auch die grundbuchsrechtlichen Möglichkeiten zur Vorbereitung eines solchen Verkaufs gestattet sein.

4. Die vom Antragsteller begehrten Eintragungen sind mit diesen von der Rechtsprechung des erkennenden Senats anerkannten Ausnahmefällen einer Antragslegitimation des Erben nicht vergleichbar. Der Antragsteller begehrt die Abschreibung eines Grundstücks und dessen Zuschreibung zu einer neu zu eröffnenden EZ derselben KG ausdrücklich unter Mitübertragung der Eigentumsrechte des mittlerweile verstorbenen bücherlichen Eigentümers, somit die Eintragung von Eigentumsverhältnissen, die offensichtlich nicht der materiellen Rechtslage entsprechen. Die damit verbundene Herstellung eines materiell-rechtlich unrichtigen Grundbuchsstands steht dem Antragsbegehren unabhängig von der vom Rekursgericht verneinten Frage, ob die vom Antragsteller angestrebte Teilung der Liegenschaft im Sinne der dargestellten Rechtsprechung noch eine grundbuchsrechtliche Handlung zur Vorbereitung eines Verkaufs darstellt, entgegen.

5. Dem Revisionsrekurs kommt daher keine Berechtigung zu.

Rechtssätze
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