JudikaturJustiz5Ob43/02p

5Ob43/02p – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Mariahilferstraße 81, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner, Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Firma Heinrich S*****, vertreten durch Dr. Harald Vill, Dr. Helfried Penz, Mag. Christoph Rupp, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 16.409,06 sA (= S 225.793,60 sA), über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. April 2001, GZ 1 R 68/01m 26, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Klägerin, ein in § 29 KSchG genannter Verband, dem die Ansprüche der Marlene L***** und des Dr. Gerhard L***** auf Minderung der Maklerprovision und Schadenersatz abgetreten wurden (§ 55 Abs 4 JN), begehrt von der beklagten Immobilienmaklerin, die den Kauf einer Wohnung vermittelt hat und hiebei unrichtige Informationen über den Vollwärmeschutz und die Beheizbarkeit der Wohnung erteilt hatte, die Bezahlung eines Betrages von insgesamt S 225.793,60 sA. Darin ist enthalten eine Minderung der Maklerprovision auf 0, Kosten für die nachträgliche Aufbringung einer Isolierung, Austausch von Radiatoren, Reparaturen an der Elektroinstallation sowie eine Pauschale für zusätzlichen Heizaufwand.

Mit dem angefochtenen Berufungsurteil wurde eine Minderung der Maklerprovision um 2/3 gemäß § 30b Abs 2 KSchG iVm § 3 Abs 3 und 4 MaklerG zuerkannt, das gesamte Mehrbegehren abgewiesen. Dabei ging das Berufungsgericht von einer schuldhaften Pflichtverletzung der beklagten Partei bei Erfüllung des Maklervertrags aus, die den Käufern den nachhaltigen und regelmäßig wiederkehrenden Nachteil bescherte, eine schlecht beheizbare Wohnung erworben zu haben, welcher Nachteil umso schwerer wiege, als die zugesagte gute Beheizbarkeit der Wohnung den Kaufentschluss der Käufer (wegen deren zwei Kleinkindern) wesentlich beeinflusst habe. Die Dauerhaftigkeit des Nachteils rechtfertige eine erhebliche Minderung des Provisionsanspruchs, allerdings nicht einen gänzlichen Entfall, weil die Käufer am Vertrag festhielten und die schlechte Beheizbarkeit sich nicht ganzjährig auswirke.

Das Mehrbegehren der Klägerin sei allerdings abzuweisen, weil sie damit ein Erfüllungsinteresse aus dem Kaufvertrag geltend mache, welches ihr gegenüber dem Makler nicht zustehe. Behauptungen dahin, dass infolge der schlechten Beheizbarkeit der Wohnung eine Kaufpreisreduktion in Höhe der Verbesserungskosten erzielt hätte werden können, habe die Klägerin nicht aufgestellt. Ihr Schadenersatzbegehren sei daher nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin, weil ihr die Ansprüche der Verkäufer abgetreten worden seien, wobei der Titel für die Abtretung in einem zwischen der Klägerin und den Käufern abgeschlossenen Treuhandvertrag bestehe. Der Zessionar werde Gläubiger, sei aber verpflichtet, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Der Inkassozessionar sei dabei uneigennütziger Treuhänder und habe neben der materiellrechtlichen auch die prozessuale Verfügungsgewalt über den zedierten Anspruch.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil zu den entscheidenden Fragen eine Orientierung an höchstgerichtlicher Judikatur stattfinden könne, im Übrigen der Beurteilung einer verschuldeten Pflichtverletzung eines Maklers keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Beide gegen das Berufungsurteil erhobenen außerordentlichen Revisionen sind mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Zur außerordentlichen Revision der Beklagten:

Nach den Klarstellungen des Berufungsgerichtes aus der Abtretungsvereinbarung (Beilage ./A), womit das gültige Grundgeschäft nachgetragen wurde, besteht an der Zulässigkeit der Inkassozession kein Zweifel mehr (vgl SZ 68/114), weshalb den Ausführungen der außerordentlichen Revision der Beklagten keine rechtliche Bedeutung mehr zukommt. Im Übrigen geht sie, was die Mangelhaftigkeit der verkauften Wohnung betrifft, nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Zur außerordentlichen Revision der klagenden Partei:

In Übereinstimmung mit ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung hat das Berufungsgericht den Umfang der einen Makler treffenden Aufklärungspflicht zutreffend beurteilt (vgl SZ 71/78; RIS Justiz RS0109996; 0109995) und deshalb, weil der Makler eine wesentliche Pflicht verletzt hat, die Provision gemindert. Das Ausmaß der Provisionsminderung hängt davon ab, in welchem Maß die Verletzung einer wesentlichen Pflicht die Verdienstlichkeit des Maklers gemindert hat. Unter Berücksichtigung der erkennbaren Interessen des Auftraggebers ist zu beurteilen, inwieweit durch eine Pflichtverletzung die Verdienstlichkeit des Maklers gemindert wurde und deshalb eine Provisionsermäßigung, welche die Funktion einer Vertragsstrafe hat, vorzunehmen ist. Das Ausmaß der Mäßigung richtet sich somit ausschließlich nach der Schwere der vom Makler begangenen Vertragsverletzung (vgl Fromherz, KommzMaklerG Rz 78 zu § 3; 4 Ob 135/01h; 4 Ob 242/01v mwN). Das Ausmaß der Mäßigung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und obliegt somit dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Nur im Fall eines groben Ermessensfehlers liegt eine erhebliche Rechtsfrage vor, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss. Davon kann aber hier keine Rede sein: Aufgrund der Vermittlungstätigkeit der Beklagten hat das Ehepaar L***** eine Eigentumswohnung erworben und den Vertrag hierüber, obwohl sie dabei von der Beklagten als einem Verhandlungsgehilfen des Verkäufers in einen (wesentlichen) Irrtum geführt wurde, nicht angefochten, sich also trotz nachträglichen Hervorkommens des Mangels mit dem Vertrag abgefunden. Dementsprechend kann die Vertragsverletzung des Maklers nicht als so schwerwiegend angesehen werden, dass eine weitere Minderung des Provisionsanspruchs unbedingt erforderlich erschiene, als sie das Berufungsgericht vorgenommen hat (vgl 4 Ob 242/01v).

Hat der Makler seine Pflichten gegenüber dem Auftraggeber verletzt, kann bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen Schadenersatz verlangt werden. Insofern verweist Satz 1 des § 3 Abs 4 MaklerG lediglich auf allgemeines Schadenersatzrecht. Der Haftungsmaßstab des Maklers ist jener des § 1299 ABGB (ecolex 1995, 799). Sämtliche von § 3 MaklerG oder von § 30b Abs 2 KSchG erfassten Pflichten sind Sorgfaltsverbindlichkeiten im Sinn der herrschenden Terminologie (vgl RV, 2 BlgNR 20. GP, 18; Fromherz aaO Rz 48 zu § 3 MaklerG).

Die Verletzung von Informationspflichten bei Abschluss eines Vertrages, unrichtige oder unvollständige Angaben über eine Eigenschaft der vermittelten Kaufsache gewähren aber nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen nicht den Ersatz des Nichterfüllungsschadens, sondern billigen dem Geschädigten den Ersatz jenes Schadens zu, den er im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten hat. Zu ersetzen ist demnach der Vertrauensschaden, nicht aber das positive Erfüllungsinteresse (vgl SZ 70/99: Prospekthaftung wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht; SZ 69/240: Haftung eines Geschäftsführers bei Verletzung einer Aufklärungspflicht; 1 Ob 524/94: Vertrauensschaden bei Verletzung einer Aufklärungspflicht; SZ 64/104: Haftung des Verwalters bei Verletzung einer Aufklärungspflicht; RIS Justiz RS0016377).

Damit liegt in der Frage des Haftungsumfangs des Maklers für Schadenersatzforderungen wegen unrichtiger Angaben bei Vermittlung eines Kaufvertrages keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO begründet.

Dass die Klägerin im Umfang ihres Schadenersatzbegehrens nur positives Interesse geltend gemacht hat, zieht die Revisionswerberin nicht in Zweifel.

Damit erweist sich auch ihre außerordentliche Revision als unzulässig.

Rechtssätze
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