JudikaturJustiz5Ob301/01b

5Ob301/01b – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. März 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller Ing. Gerhard und Eveline L*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Heimo Modelhart, Rechtsanwälte, Klosterstraße 1, 4020 Linz, sowie der weiteren Verfahrensbeteiligten Silvia E*****, Sieglinde M*****, Stefanie M*****, Käthe P***** und Ingeborg F*****, alle *****, alle vertreten durch Mag. Nicole Hager-Wildenrotter, Sekretärin der Mietervereinigung Österreichs, Landesorganisation Oberösterreich, Noßbergerstraße 11, 4020 Linz, gegen die Antragsgegnerin Wohnungseigentümergemeinschaft *****, vertreten durch die Hausverwaltung W*****, diese vertreten durch Sattleger, Dorninger, Steiner Partner Anwaltssocietät, Figulystraße 27, 4021 Linz, wegen Überprüfung der Rechtswirksamkeit eines Beschlusses der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer (§ 26 Abs 1 Z 4 WEG), über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 6. September 2001, GZ 11 R 105/01i-28, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 2. Februar 2000, GZ 17 Msch 2/00d-23, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Wohnrechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen. Die Antragsteller und die Antragsgegnerin haben die für ihre Rechtsmittelschriften verzeichneten Vertretungskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind zu jeweils 1.420/200.000 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit der Adresse *****. Mit den Anteilen der Antragsteller ist Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 6 verbunden. Die Hausanlage (insgesamt 57 Eigentumswohnungen) wurde im Jahre 1975 von der Firma F***** AG über Auftrag der W***** GmbH errichtet. Bei Abschluss der Kauf- und Wohnungseigentumsverträge wurde die W***** GmbH zur Verwalterin dieser Hausanlage bestellt. Als an den als Außenfassade angebrachten Betonfertigteilelementen sichtbare Schäden nach Abplatzungen und Rissbildungen auftraten, brachte die W***** GmbH gegen die F***** Werke AG im Mai 1997 beim Landesgericht Linz zu 32 Cg 60/97k eine Klage ein, ebenso die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die W***** GmbH zu 5 Cg 41/97d. Das Verfahren zwischen der W***** GmbH und der Firma F***** AG wurde bis zur Erledigung des zweiten Verfahrens unterbrochen; im Zivilprozess zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der W***** GmbH trat nach einer außergerichtlichen Einigung Ruhen des Verfahrens ein. Zwischen allen Verfahrensbeteiligten wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass sowohl die Firma F***** Werke AG als auch die W***** GmbH für eine Sanierung der Außenfassadenteile jeweils S 600.000 zur Verfügung stellen. Daraufhin wurde von der W***** 2000 GmbH als Hausverwalterin die Fassadensanierung in die Wege geleitet.

Zu diesem Zweck berief die W***** GmbH für den 16. 9. 1999 eine Versammlung sämtlicher Miteigentümer ein. Diese Hausversammlung wurde mittels Anschlag in beiden Hauseingängen (K*****) verlautbart. Bei ihr stellte Ing. O***** von der W***** GmbH drei mögliche Sanierungsvarianten vor. Die Variante 1 sah die Sanierung der Betonfassadenteile und die Anbringung eines Vollwärmeschutzes (6 cm Stärke) vor, die Variante 2 zusätzlich einen Fensteraustausch, die Variante 3 zusätzlich zur Betonsanierung und zum Fensteraustausch einen erweiterten Vollwärmeschutz (10 cm Stärke und einen Vollwärmeschutz auch im Dachbereich). Über diese drei Varianten wurde bei der Versammlung am 16. 9. 1999 mittels Handzeichen eine Abstimmung durchgeführt. Für die Variante 3 war eine Mehrheit der anwesenden Eigentümer (21 Stimmen), eine Minderheit stimmte für Variante 1 (11 Stimmen) und eine kleinere Minderheit für die Variante 2 (4 Stimmen). Drei Wohnungseigentümer lehnten jede Sanierungsvariante ab.

Bei dieser Versammlung wurde sowohl eine Anwesenheitsliste als auch eine Liste zur Feststellung des Abstimmungsverhaltens durchgegeben. Aus der Anwesenheitsliste ging hervor, dass die Mehrheit der Wohnungseigentümer anwesend war (es fehlten Vertreter von 18 Wohnungen). Renate K*****, die bis 31. 12. 1999 bei der W***** GmbH als Hausbesorgerin für beide Hausteile beschäftigt war, holte daraufhin nach dem 16. 9. 1999 unter Zuhilfenahme der Abstimmungsliste bei jenen Wohnungseigentümern eine Entscheidung ein, die bei der Versammlung am 16. 9. 1999 nicht anwesend waren. Diese Abstimmungsliste ergab schließlich, dass die überwiegende Mehrheit (39 von 57 Wohnungen) für die Variante 3, Minderheiten für die Variante 1 bzw 2 sowie eine Miteigentümerin gegen jede Sanierung stimmte.

Für die Durchführung der Sanierungsarbeiten holte die Hausverwaltung bei der Firma F***** AG Angebote ein. Es belief sich für die Betonsanierung und die Vollwärmeschutzarbeiten (samt den Spenglerarbeiten) auf S 14,125.355,40 inklusive USt. Zum Thema Fassadensanierung fanden am 2. 12. 1999 und 16. 3. 2000 weitere Miteigentümerversammlungen statt, die ebenfalls mittels Anschlag in den Häusern K*****angekündigt wurden. Anlässlich dieser beiden Versammlungen kam es zu keinen weiteren Abstimmungen über die durchzuführenden Sanierungsarbeiten.

Im April 2000 beauftragte die Hausverwalterin die Firma F***** AG mit der Durchführung der Sanierungsarbeiten nach Variante 3 (Betonsanierung, erweiterter Vollwärmeschutz, Vollwärmeschutz im Dachbereich und Fensteraustausch).

Ein Beschluss aller Miteigentümer, die Sanierung nach der Variante 3 durchzuführen, wurde nie gefasst. Der damalige Rechtsvertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft, Dr. Johannes H*****, hatte in der Versammlung vom 16. 9. 1999 darauf hingewiesen, dass für die Durchführung einer derartigen Sanierung ein einstimmiger Beschluss aller Miteigentümer vonnöten sei. Er hatte auch darauf aufmerksam gemacht, dass dies in der Praxis sehr schwer zu erzielen sei. Von den Wohnungseigentümern wurde nicht darüber abgestimmt, dass für die nachfolgende Durchführung einer der vorgestellten Varianten die Entscheidung der Mehrheit der Eigentümer ausreichen sollte. Anlässlich der Eigentümerversammlung vom 16. 3. 2000 teilte der Vertreter der Hausverwalterin mit, dass die überwiegende Mehrheit für die Sanierungsvariante 3 gestimmt hätte und dass nunmehr der Auftrag zur Durchführung dieser Sanierungsarbeiten ergehen werde. Zu dieser Ankündigung gab es von Seiten der anwesenden Wohnungseigentümer keine wie immer geartete Reaktion.

Ausgehend von diesem unstrittigen Sachverhalt begehrten die Antragsteller die "Überprüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens eines Miteigentümer/Wohnungseigentümerbeschlusses über die Althaussanierungsarbeiten

(Betonsanierung/Fenstertausch/Dachsanierung)" und hilfsweise die Feststellung, dass hinsichtlich der in den Häusern K***** durchgeführten Betonsanierungsarbeiten, Fenstertauscharbeiten, Dachsanierungsarbeiten und Arbeiten zur Aufbringung eines Vollwärmeschutzes kein rechtswirksamer Beschluss der Miteigentümer gefasst worden sei. Sie brachten vor, dass die Miteigentümer den Sanierungsarbeiten nicht rechtswirksam zugestimmt hätten, jedenfalls aber nicht die notwendige Zustimmung aller Miteigentümer vorliege. Die Sanierung erfordere immerhin einen Finanzierungsaufwand von etwa S 20,000.000.

Die im Verfahren als Vertreterin der Antragsgegner auftretende Hausverwalterin beantragte die Abweisung des Sachantrags. Sie entgegnete, die Wohnungseigentümer seien zu entsprechenden Versammlungen im Jahre 1999 und auch Anfang 2000 eingeladen worden. Bei diesen Versammlungen seien die entsprechenden Sanierungsvarianten vorgestellt worden. Die Variante 3 sei von der überwiegenden Mehrheit der Eigentümer gewünscht worden. Einwendungen gegen diese Sanierungsvariante 3 seien nicht vorgebracht worden, sodass die Beschlussfassung ordnungsgemäß erfolgt sei.

Das Erstgericht gab dem Begehren der Antragsteller im Sinn des gestellten Eventualantrages statt. Es begründete dies mit dem Argument, dass insbesondere der Fensteraustausch und die Anbringung eines Vollwärmeschutzes über den Erhaltungszweck hinausgingen und der Verbesserung dieser baulichen Anlagen dienten. Das gelte vor allem für den Vollwärmeschutz, der sich als eine über den Erhaltungszweck hinausgehende Änderung darstelle, aber auch für den Austausch der Fenster, da jeglicher Anhaltspunkt für die Annahme fehle, sie wären unter Berücksichtigung ihres Alters bereits so schadhaft gewesen, dass sie Schäden an der Bausubstanz befürchten ließen. Zur Ausführung der von der überwiegenden Mehrheit der Miteigentümer gewünschten Sanierungsvariante 3 wäre daher gemäß § 834 ABGB ein einstimmiger Beschluss sämtlicher Miteigentümer oder ein diese Zustimmung ersetzender Beschluss des Außerstreitrichters nach § 835 ABGB erforderlich gewesen. Die Durchführung der von der Hausverwalterin geplanten und mittlerweile auch schon durchgeführten Sanierungsmaßnahmen sei durch keinen solchen Beschluss gedeckt, weshalb dem diesbezüglichen Feststellungsbegehren Berechtigung zukomme.

Das Rekursgericht wies den Sachantrag (sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren der Antragsteller) ab und begründe dies wie folgt:

Nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG in der Fassung des dritten WÄG gehörten zu den von der Mehrheit zu beschließenden Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Maßnahmen der ordnungsgemäßen Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG. Damit sei der Erhaltungsbegriff des MRG auch für die Wohnungseigentümergemeinschaft verbindlich geworden. Dass zur Senkung des Energieverbrauchs führende Maßnahmen wie hier die Anbringung eines Fassadenvollwärmeschutzes und Einbau neuer Fenster kraft Gesetzes (§ 3 Abs 2 Z 5 MRG iVm § 14 Abs 1 Z 1 WEG) als das gesamte Haus betreffende Erhaltungsarbeiten anzusehen sind, habe der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen (vgl die Entscheidung 5 Ob 81, 82/94 = MietSlg 48.491; zuletzt etwa 5 Ob 64/00y). Durch die Verweisung auf § 3 Abs 1 MRG sei nämlich klargestellt, dass die Erhaltung "im jeweils ortsüblichen Standard" von den Verbesserungsarbeiten abzugrenzen sei, weshalb zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen noch zur Erhaltung gehörten, auch wenn es sich um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustandes handelt oder es dabei zu einer vollständigen Erneuerung kommt und dabei sogar Veränderungen vorgenommen werden (Würth in Rummel, ABGB 2. Aufl, Rz 4a zu § 14 WEG mwN; EWR 11/14/10). Auch Reparaturarbeiten bzw die Behebung von ernsten Schäden des Hauses fielen unter den Erhaltungsbegriff und damit in den Bereich der ordentlichen Verwaltung im Sinne des § 14 WEG (etwa MietSlg 38.633 und 44.631). Dass zu diesen Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung, über die grundsätzlich die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer entscheidet, auch die Bildung einer angemessenen Rücklage und die Aufnahme eines Instandhaltungsdarlehens gehört, ergebe sich aus § 14 Abs 1 Z 2 und 3 WEG. Die hier zu beurteilenden Arbeiten seien daher als Maßnahmen der ordnungsgemäßen Erhaltung im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG zu qualifizieren. Ob "Gefahr im Verzug" ist, sei in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung.

Unstrittig sei nun, dass die W***** GmbH Hausverwalterin der gegenständlichen Anlage ist. Ist ein Verwalter bestellt, seien die Miteigentümer von der Vornahme von Verwaltungshandlungen im Rahmen der ordentlichen Verwaltung ausgeschlossen (etwa MietSlg 33.087 ua). Wohl könne die Mehrheit der Miteigentümer dem Verwalter im Innenverhältnis rechtmäßig Weisungen (§ 17 Abs 2 WEG) erteilen (MietSlg 35.621 mwN), so weit sie nicht zwingenden gesetzlichen Vorschriften oder gerichtlichen Entscheidungen widersprechen (MietSlg 38.638; WoBl 1994/55); nach außen hin stehe aber dem Verwalter im Rahmen der gesetzlichen Grenzen vertraglich unbeschränkt die Vertretung zu, sodass eine rechtmäßige Weisung der Mehrheit gemäß § 17 Abs 2 WEG die einzige Möglichkeit sei, eine vom Hausverwalter beabsichtigte ordentliche Verwaltungsmaßnahme zu verhindern (MietSlg 35.621). Auf eine dem Verwalter erteilte Weisung, etwa als Ergebnis eines gültig zustande gekommenen Mehrheitsbeschlusses (die Antragsteller strebten in diesem Verfahren ja die Feststellung des Gegenteils an) habe sich jedoch im Verfahren niemand berufen. Grundsätzlich sei daher die Hausverwalterin befugt gewesen, die ordentliche Verwaltung selbständig zu führen und die hier fraglichen Sanierungsarbeiten ohne Kompetenzüberschreitung zu vergeben. Die Zustimmung der Mehrheit der Miteigentümer als notwendige Voraussetzung für die rechtmäßige Vornahme von Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung entspreche nicht der Konzeption des Gesetzes; ABGB und WEG gingen davon aus, dass im Bereich der ordentlichen, also gewöhnlichen Verwaltung der Verwalter selbständige Entscheidungen treffen kann (Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft, 297). In den beiden Miteigentümerversammlungen vom 2. 12. 1999 und 16. 3. 2000 hätten nach den erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen keine Abstimmungen stattgefunden. Voraussetzung eines Einspruches sei das Vorliegen eines Beschlusses. Es müsste die Form eines Versammlungs- oder Umlaufbeschlusses gewahrt sein, da andernfalls eine für den Miteigentümern unverbindliche Vereinbarung zwischen anderen Miteigentümern vorläge, deren Unverbindlichkeit mit Feststellungsklage geltend zu machen wäre. § 26 Abs 1 Z 4 WEG sehe nur die Entscheidung über die Rechtswirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses vor (vgl Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht 20. Aufl, Rz 14 zu § 13b WEG).

In der Miteigentümerversammlung vom 16. 9. 1999, die entgegen § 13b Abs 3 WEG lediglich mit Hausanschlägen einberufen wurde (erforderlich wäre die Übersendung einer Verständigung an die Anschrift der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit an jeden Miteigentümer unter Bekanntgabe der beabsichtigten Beschlussfassung und ihrem Gegenstand gewesen), sei unter den anwesenden Miteigentümern nach Köpfen (und nicht gemäß § 13b Abs 2 WEG nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile) abgestimmt worden, desgleichen in weiterer Folge ebenfalls nach Köpfen in Form eines Umlaufbeschlusses. Grundsätzlich seien daher die Antragsteller mit ihrem Argument im Recht, dass insoweit kein rechtswirksamer Beschluss der Mit- und Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegt. Dieser sei jedoch, da die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen dem Bereich der ordentlichen Verwaltung zuzuordnen seien - gar nicht erforderlich. Bei dieser Sachlage wäre eine spruchmäßige Feststellung mittels eines Sachbeschlusses, dass keine rechtswirksame Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft vorliege, inhaltsleer, da sich an der materiellen Rechtslage nichts ändern würde, zumal es etwa auch nicht um die Beseitigung einer durch eine derartige Beschlussfassung zustande gekommenen rechtswidrigen Weisung gehe. Den Antragstellern fehle daher ein erkennbares Feststellungsinteresse, weshalb ihr Sachantrag aus diesem Grund abzuweisen sei.

Antragstellungen nach den §§ 13b Abs 4 und 14 Abs 3 WEG seien von der Dispositionsmaxime des anfechtenden Miteigentümers getragen. Dem Gericht komme dabei keine Regelungsfunktion zu, vielmehr sei es an den Sachantrag insoweit gebunden, als es ihn (nur) stattgeben oder abweisen kann, ohne eine allenfalls billige Lösung für alle Beteiligten zu finden (RIS-Justiz RS0108151; 5 Ob 197/97z). Der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass bei der Durchsetzung von Individual- oder Minderheitsrechten, wozu auch die Überprüfung der Willensbildung der Wohnungseigentümer zu zählen sei, Antragsgegner nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche, sondern, diejenigen Wohnungseigentümer seien, deren Interessen durch die Entscheidung über den Antrag unmittelbar berührt werden können. Für die Bekämpfung von Mehrheitsbeschlüssen (§§ 13b Abs 4, 14 Abs 3 WEG) habe zu gelten, dass als Antragsgegner nicht - wie in diesem Fall - die Wohnungseigentümergemeinschaft legitimiert ist, sondern ein solcher Antrag gegen die namentlich genannte Mehrheit zu richten und auch den übrigen Miteigentümern, deren Rechte durch die Entscheidung unmittelbar berührt sein können, Beteiligtenstellung einzuräumen ist (§ 26 Abs 2 Z 2 WEG; vgl RIS-Justiz RS0109182, etwa 5 Ob 71/00b ua.). Aus den dargestellten Überlegungen (Zuordnung der Sanierungsmaßnahmen zum Bereich der ordentlichen Verwaltung; kein Feststellungsinteresse der Antragsteller) könne dieses Problem auf sich beruhen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass sich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung gestellt hätten.

Gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss haben die Antragsteller ao Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn entweder so abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird, oder aber aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen. Ihre in der Zulassungsbeschwerde und zur Stützung ihrer Rechtsmittelanträge vorgetragenen Argumente lassen sich so zusammenfassen, dass das Rekursgericht in den vorgenommenen Sanierungs- und Verbesserungsarbeiten zu Unrecht keine der ao Verwaltung zuzurechnende Veränderung iSd § 14 Abs 1 Z 1 WEG erblickt habe. Zumindest ließen die Verfahrensergebnisse noch keine verlässliche Beurteilung der Streitfrage zu, ob eine dem § 14 Abs 3 WEG zu unterstellende Erhaltungsarbeit oder eine der außerordentlichen Verwaltung nach § 14 Abs 3 WEG zuzurechnende bauliche Veränderung vorliegt. Es fehlten Feststellungen über die konkreten Mängel des Hauses, insbesondere über den Zustand der Fenster und die bisherige Wärmeisolierung des Gebäudes. Nicht jeder Fenstertausch sei - unabhängig vom Zustand der alten Fenster - als Erhaltungsarbeit zu qualifizieren; die Kosten eines Vollwärmeschutzes müssten in einem vernünftigen Verhältnis zu den erzielten Energiespareffekten stehen. Den für Erhaltungsarbeiten maßgeblichen Aspekt der Wirtschaftlichkeit habe das Rekursgericht völlig außer Acht gelassen.

Aus Erwägungen, die noch darzustellen sein werden, wurde der Antragsgegnerin und den Mit- und Wohnungseigentümern der verfahrensgegenständlichen Wohnanlage die Beantwortung des ao Revisionsrekurses freigestellt. Die Antragsgegnerin hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in einer Revisionsrekursbeantwortung die Bestätigung des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und iSd Aufhebungsbegehrens der Antragsteller auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass die Rechtsansicht des Erstgerichtes, die verfahrensgegenständlichen Arbeiten hätten nur auf Grund eines einstimmigen Beschlusses der Mit- und Wohnungseigentümer bzw auf Grund eines beim Außerstreitrichter zu erwirkenden Beschlusses nach § 835 ABGB durchgeführt werden dürfen, mit der Gesetzeslage nicht im Einklang steht. Gemäß § 14 Abs 3 WEG können nämlich auch Veränderungen an allgemeinen Teilen und Anlagen der Liegenschaft, die über die in § 14 Abs 1 Z 1 WEG umschriebenen Erhaltungsarbeiten hinausgehen, von der Mehrheit beschlossen werden. Ein Mehrheitsbeschluss der Mit- und Wohnungseigentümer deckt also grundsätzlich auch Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung. Die Annahme des Rekursgerichtes, es liege (jedenfalls bis zum Ende der Verhandlung in erster Instanz) kein die verfahrensgegenständlichen Arbeiten sanktionierender Beschluss der Miteigentümer-Mehrheit vor, weil die Beschlussfassung am 16. 9. 1999 und im daran anschließenden Umlaufverfahren mit Mängeln der Willensbildung behaftet war und nachher gar keine Abstimmungen mehr stattfanden, ist allerdings nicht einmal von der Antragsgegnerin in Frage gestellt worden. Es bleibt daher in erster Linie zu prüfen, ob die "Sanierungsmaßnahmen" - wie vom Rekursgericht vertreten - tatsächlich eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung waren, über die die bestellte Hausverwalterin allein entscheiden durfte, oder ob damit die Mit- und Wohnungseigentümer zu befassen gewesen wären, weil es sich um eine nicht mehr in die Kompetenz der Hausverwalterin fallende außerordentliche Verwaltungsagende handelte. Diese Frage ist nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen noch nicht verlässlich zu beurteilen.

Zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung einer im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft gehört nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen iSd § 3 MRG einschließlich baulicher Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, während darüber hinausgehende Veränderungen an den gemeinsamen Teilen und Anlagen der außerordentlichen Verwaltung zuzurechnen sind. Für letztere gilt grundsätzlich der Maßstab der "wichtigen Veränderung", wie er in § 834 ABGB und der dazu ergangenen Judikatur festgelegt ist (vgl Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft, 168). Bei der Abgrenzung der ordentlichen Verwaltung von der außerordentlichen sind demnach auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen (SZ 35/15; MietSlg 47/7; MietSlg 48/33 ua), insbesondere die mit der geplanten Änderung einhergehenden Kosten (vgl Gamerith in Rummel 3. Aufl, Rz 4 zu § 833; aM Löcker aaO, 136), wenngleich in diesem Punkt eine eher großzügige Betrachtung geboten ist (Egglmeier in Schwimann 2. Aufl, Rz 11 zu § 833 ABGB mwN). Das entspricht der Regelung des sinngemäß anzuwendenden § 3 MRG, der den in § 14 Abs 1 Z 1 WEG verwendeten Begriff der ordnungsgemäßen Erhaltung ua mit den "wirtschaftlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten" verknüpft (vgl Call, Anm zu Wobl 1991, 214/132).

Davon ausgehend erlauben die bisherigen Verfahrensergebnisse noch nicht den vom Rekursgericht gezogenen rechtlichen Schluss, bei den von der Verwalterin in Auftrag gegebenen Arbeiten handle es sich durchwegs um Erhaltungsarbeiten iSd § 14 Abs 1 Z 1 WEG, die als Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung gar keiner Beschlussfassung der Mit- und Wohnungseigentümer bedurften. Das mag auf die offenbar dringende Erneuerung bzw Sanierung der schadhaften Betonfertigteile zutreffen, bei der die Kostenfrage naturgemäß eine untergeordnete Rolle spielt, ist aber für den Vollwärmeschutz der Fassade und des Daches sowie den Austausch sämtlicher Fenster keineswegs selbstverständlich. Immerhin geht es um Kosten von möglicher Weise S 20 Mio (allein für die Sanierung der Betonfertigteile und den Vollwärmeschutz wurden mehr als S 14 Mio veranschlagt) und um eine völlige Neugestaltung der Fassade, was zunächst einmal an eine wichtige Veränderung iSd § 14 Abs 3 WEG und nicht an eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Erhaltung denken lässt (vgl SZ 51/5; WoBl 1990, 168/87). Die Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen Gesichtspunkten der geplanten oder schon durchgeführten baulichen Veränderungen, insbesondere des Vollwärmeschutzes und des Austausches sämtlicher Fenster, ist daher unerlässlich. Zu Recht rügen die Antragsteller, dass nicht erhoben wurde, ob die Bauweise des Hauses überhaupt einen besonderen Wärmeschutz erfordert und in welchem Zustand sich die Fenster befinden, ob sie etwa ohnehin funktionsfähig sind und dem heutigen Standard entsprechen (vgl jüngst 5 Ob 210/01w) oder ihr Austausch - zB wegen ihrer Reparaturbedürftigkeit oder ungenügender Wärme- bzw Schalldämmung - trotz des hohen Kostenaufwands als wirtschaftlich anzusehen ist.

Diese Entscheidungsgrundlagen werden erst zu schaffen sein. Von ihnen hängt ab, ob der vom Rekursgericht für die Abweisung des Sachantrags ins Treffen geführte Grund, den Antragstellern fehle das Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung, überhaupt tragfähig ist. Dass die Verwalterin befugt war, die verfahrensgegenständlichen Arbeiten in Auftrag zu geben, ohne sich um die Zustimmung der Mit- und Wohnungseigentümer zu bemühen (was wiederum jegliche Erörterung erübrigen würde, ob ihre Zustimmungserklärung rechtswirksam zustande gekommen ist), träfe nämlich nur dann zu, wenn die Auftragsvergabe tatsächlich eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung war. Nur darauf erstrecken sich die Befugnisse des Verwalters von Wohnungseigentum (§ 17 Abs 1 WEG iVm § 833 ABGB). Dass seine Vollmacht nach außen unbeschränkt ist (§ 17 Abs 2 WEG), also mit dem Effekt einer Bindung der Wohnungseigentümergemeinschaft sein rechtsgeschäftliches Handeln auch in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung deckt, ändert nichts an der alleinigen Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft für alle dem § 14 Abs 3 WEG zu unterstellenden wichtigen Veränderungen und dementsprechend am Anspruch jedes Mit- und Wohnungseigentümers, das rechtswirksame Zustandekommen eines Mehrheitsbeschlusses nach Maßgabe der §§ 13b, 14 Abs 3 und § 26 Abs 1 Z 4 WEG gerichtlich überprüfen zu lassen. Nicht einmal die Durchführung der nicht rechtswirksam beschlossenen außerordentlichen Vewaltungsmaßnahme stünde der Geltendmachung eines solchen Anfechtungs- bzw Feststellungsanspruchs entgegen, weil die gerichtliche Entscheidung präjudiziell für ein Wiederherstellungs- oder Schadenersatzbegehren sein könnte.

Im gegenständlichen Fall käme für die Anfechtung nur der Beschluss der Mit- und Wohnungseigentümer vom 16. 9. 1999 in Frage, mit dem sie sich mehrheitlich für die schon verwirklichte 3. Sanierungsvariante entschieden haben. Diesen Beschluss hat das Rekursgericht zwar schon als unwirksam erkannt, weil es die Meinung vertrat, die gesetzlichen Verständigungs- und Willensbildungsvorschriften seien nicht eingehalten worden, was wiederum eine dem Sachantrag der Antragsteller (insoweit) stattgebenden Entscheidung zur Folge haben müsste, sollten sich die verfahrensgegenständlichen Arbeiten als wichtige Veränderungen iSd § 14 Abs 3 MRG herausstellen, doch bedarf es dazu noch weiterer Verfahrensergänzungen:

Eine wurde schon vom Rekursgericht genannt. Sie betrifft die mangelnde Sachlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft, da sich der Anspruch, einen Mehrheitsbeschluss der Mit- und Wohnungseigentümer gerichtlich überprüfen zu lassen, nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern gegen die den Mehrheitsbeschluss tragenden Mit- und Wohnungseigentümer richtet (WoBl 2000, 304/165 [Call]). Alle sonst von der Entscheidung unmittelbar betroffenen Mit- und Wohnungseigentümer sind dem Verfahren beizuziehen. Das hat das Erstgericht (von dem allerdings die Anregung stammte, den Sachantrag statt gegen die Hausverwalterin gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten) ohnehin erkannt und sämtlichen Mit- und Wohnungseigentümern durch Hausanschlag (siehe allerdings die Bestimmung des § 26 Abs 2 Z 5 letzter Satz WEG) eine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt. Es könnte demnach nur eine falsche Parteienbezeichnung vorliegen. Im weiteren Verfahren wird dies zu erörtern und den Antragstellern die Möglichkeit zu geben sein, die Parteienbezeichnung zu berichtigen. Sollten sie darauf beharren, die Wohnungseigentümergemeinschaft als Antragsgegnerin zu belangen, wäre die Sache iS einer Abweisung des Begehrens sofort entscheidungsreif. Darüber hinaus wird die Verwalterin dem Verfahren beizuziehen sein. Auch dem Verwalter von Wohnungseigentum kommt nämlich in den Verfahren nach § 26 Abs 1 WEG Parteistellung zu, wenn seine Interessen durch die Entscheidung unmittelbar berührt werden können (§ 26 Abs 2 Z 2 WEG). Das trifft auf den gegenständlichen Fall zu, weil (auch) zu klären ist, ob sich die Verwalterin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bei der Antragsvergabe Verwaltungsbefugnisse anmaßte, die ihr nicht zustehen, was wiederum den Vorwurf einer Verletzung von Verwalterpflichten begründen könnte (vgl Call zu WoBl 2000, 304/165; die Entscheidung 5 Ob 146/01h, die einen die Kündigung des Verwalters betreffenden Mehrheitsbeschluss betraf, ist dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar, weil dem Verwalter für die Überprüfung eines seine Abberufung aussprechenden Beschlusses das besondere Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 7 WEG zur Verfügung steht).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 19 erster Halbsatz MRG.

Rechtssätze
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