JudikaturJustiz5Ob252/98i

5Ob252/98i – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Oktober 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Mj. Yvonne L*****, infolge Rekurses der mütterlichen Großmutter der Mj., Katharina L*****, sowie der Mj. selbst gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgericht vom 22. Juli 1998, GZ 20 R 36/97m-25, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs der Katharina L***** wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurs der Mj. Yvonne L***** wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In einem Streit zwischen Mutter und Großmutter um die Obsorge für die Mj. Yvonne L***** ist das Rekursgericht mit einem Rechtsmittel der Mutter gegen die Abweisung eines Provisorialantrages befaßt, mit dem im wesentlichen erreicht werden sollte, das Kind sofort aus der Obhut der Großmutter in jene der Mutter zu bringen. Das Rekursgericht erachtete für seine Entscheidung ua die Vernehmung der Mj. als unbedingt erforderlich, die jedoch mehreren Vorladungen keine Folge leistete, weil sie "schlechte Erfahrungen mit Behörden gemacht habe".

Bereits mit Beschluß vom 6. 4. 1998 verhängte deshalb das Rekursgericht über die Mj. eine Ordnungsstrafe von S 3.000,-- und drohte ihr für den Fall neuerlichen Ungehorsams eine weitere Ordnungsstrafe von S 5.000,-- sowie die zwangsweise Vorführung an. Da die Mj. auch dadurch nicht zu bewegen war, zu Gericht zu kommen, wurden die Zwangsmittel - wie angekündigt - verschärft. Mit dem angefochtenen Beschluß verhängte das Rekursgericht über die Mj. eine Ordnungsstrafe von S 5.000,-- und verfügte deren zwangsweise Vorführung.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde zunächst von der Großmutter angefochten. Sie wiederholt das Argument, daß die Mj. "noch immer einen Schock im Zusammenhang mit Behörden hat, weil sie sich vor Jahren beim Jugendamt sehr aufgeregt hat" und stellt auch die Sinnhaftigkeit ihrer Vorladung in Frage, weil sie das, was sie aussagen soll, "ohnehin schon mehrmals geschrieben hat". Die Verhängung einer Ordnungsstrafe von S 5.000,-- über ein einkommens- und vermögensloses Kind sei ebenso unbegreiflich wie die Androhung, "das Kind mit Gewalt, vielleicht sogar in Handschellen" fortzuschleppen. Der Rekursantrag geht sinngemäß dahin, alle Ordnungsstrafen zu erlassen und von der zwangsweisen Vorführung der Mj. Abstand zu nehmen, weil "die schriftlichen Erklärungen der Mj. genügen müßten, daß das Gericht die Obsorge endlich mir (der Großmutter) überträgt."

Letztlich erhob auch noch die Mj. selbst Rekurs gegen die Entscheidung vom 22. 7. 1998. Sie könne die Ordnungsstrafe nicht zahlen, möchte nicht vorgeführt werden, habe ihre Stellungnahme längst schriftlich abgegeben und will zu ihrer Mutter weiterhin keinen Kontakt.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Rekurs der Großmutter.

Er ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Zulässigkeit des Rekurses ergibt sich daraus, daß die Verhängung einer Ordnungsstrafe durch das Rekursgericht unabhängig von deren Höhe und auch ohne Bindung an die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 1 ZPO vom Obersten Gerichtshof überprüft werden kann (vgl RIS-Justiz RS0036270). Außerdem wird den nächsten Angehörigen eines Pflegebefohlenen ein Rekursrecht zugebilligt, soweit dies zur Wahrung der Interessen des Pflegebefohlenen notwendig erscheint (vgl RIS-Justiz RS0006433).

In der Sache selbst ist die Rechtsmittelwerberin lediglich darauf hinzuweisen, daß die Vorgangsweise des Rekursgerichtes durch § 87 GOG iVm § 220 ZPO gedeckt ist. Wenn der Rekurssenat in einer so heiklen Sache wie einer Sorgerechtsentscheidung die persönliche Einvernahme des betroffenen Kindes als unbedingt notwendig erachtet, muß allen Beteiligten klar sein, daß seiner Vorladung ohne Wenn und Aber Folge zu leisten ist. Sollte das der immerhin schon 15-jährigen Yvonne nicht von der Rechtsmittelwerberin begreiflich gemacht werden können, die ja immerhin für sich beansprucht, alle Voraussetzungen für eine Übertragung der Obsorge zu erfüllen, dann bleiben eben nur Zwangsmaßnahmen. Die Höhe der Ordnungsstrafe kann sich dabei nicht allein an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen dessen orientieren, der gerichtliche Vorladungen mißachtet, sie muß vielmehr auch geeignet sein, den Widerstand durch die bloße Androhung einer höheren Strafe zu brechen. Daß im konkreten Fall nicht zu hoch gegriffen wurde, zeigt der anhaltende Ungehorsam der Mj. Yvonne. Sie mußte mit der Verhängung der angedrohten höheren Ordnungsstrafe rechnen und konnte dennoch nicht bewegt werden, der Vorladung Folge zu leisten. Dies und die Vermeidbarkeit der Strafe lassen Argumente gegen deren Höhe nicht mehr zu.

Zu bemerken bleibt, daß der im Rechtsmittel geäußerte Wunsch, "alle" Ordnungsstrafen aufzuheben, im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beschlusses vom 22. 7. 1998 nur so verstanden werden kann, es soll die Verhängung der Ordnungsstrafe von S 5.000,-- korrigiert werden. Die Anfechtung des Beschlusses vom 6. 4. 1998, sollte sie beabsichtigt gewesen sein, wäre verspätet.

2.) Zum Rekurs der Mj. Yvonne L*****.

In Fällen einer Ordnungsstrafe nach § 87 GOG gelten für das Rechtsmittelverfahren die Bestimmungen der ZPO (RIS-Justiz RS0006251). Gemäß § 521 Abs 1 ZPO iVm Art XXXVI EGZPO stand daher der Mj. für die Anfechtung des ihr am 14. 8. 1998 zugestellten Beschlusses vom 22. 7. 1998 die vierzehntägige Rechtsmittelfrist bis 28. 8. 1998 offen. Ihr erst am 31. 8. 1998 zur Post gegebener Rekurs ist verspätet. Ob ihr angesichts des zulässigen Rekurses ihrer Großmutter überhaupt ein Rechtsschutzinteresse an der Erhebung eines eigenen, zusätzlichen Rekurses zuzubilligen wäre, kann dahingestellt bleiben.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.