JudikaturJustiz5Ob234/07h

5Ob234/07h – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. November 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Ing. Oliver B*****, 2. Ing. Evelyn B*****, beide *****, 3. Mag. Michael A*****, 4. Mag. Barbara A*****, beide *****, alle vertreten durch Dr. Eugen Amann, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit ob der Liegenschaft EZ 3253 GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 30. August 2007, AZ 3 R 199/07y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 3. August 2007, TZ 4682/07, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem ordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 3253 GB ***** bestehend aus GST-NR 2274/1. Der Drittantragsteller und die Viertantragstellerin sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 2509 GB ***** bestehend aus GST-NR 2269/3.

Die Antragsteller begehrten aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom 13. 6./30. 7. 2007 ob der Liegenschaft EZ 3253 GB ***** die Einverleibung der Dienstbarkeit des Parkplatzes gemäß Punkt II des Dienstbarkeitsvertrags auf GST-NR 2274/1 für GST-NR 2269/3 in EZ 2509 GB ***** und ob der Liegenschaft EZ 2509 GB ***** die Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeit.

Die Beglaubigung der Unterschriften der Antragsteller erfolgte durch Leonhard K*****, den Legalisator für H*****, dem die Identität des Erstantragstellers und der Viertantragstellerin jeweils durch einen „amtlichen mit eigener Unterschrift versehenen Lichtbildausweis, Reisepass ..." nachgewiesen wurde.

Der für die Antragsteller einschreitende Rechtsanwalt berief sich bei Einbringung des Grundbuchsgesuchs auf „die erteilte Vollmacht". Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab. Gemäß Art IV § 8 des Gesetzes vom 1. 3. 1900, RGBl 1900/44, dürfe der Legalisator die Echtheit einer Unterschrift nur dann beglaubigen, wenn ihm die Partei, um deren Unterschrift es sich handle, persönlich bekannt sei, oder deren Identität durch zwei verlässliche Zeugen bestätigt werde. Überdies werde auch in Abschnitt B Pkt 1. der Vorschriften und Beispiele betreffend die Beglaubigung durch Legalisatoren in Grundbuchssachen in Vorarlberg des Präsidiums des Oberlandesgerichts Innsbruck darauf hingewiesen, dass der Legalisator nicht befugt sei, die Echtheit von Unterschriften zu beglaubigen, wenn die Person, deren Unterschrift beglaubigt werden solle, für den Nachweis der Identität nur ein Personaldokument vorweisen könne. Auf diesen Umstand seien die Legalisatoren in einem Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 4. 4. 2002, Jv 2081-5F/02-1, hingewiesen worden. Daran hätten sich die Legalisatoren, die bei Ausübung ihres Amtes Geschäfte der Justizverwaltung besorgten, zu halten. Besagte Beglaubigungen aufgrund eines Identitätsnachweises durch ein Personaldokument seien daher nicht gültig, weshalb das Grundbuchsgesuch abgewiesen habe werden müssen.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Nach Art IV § 8 des Gesetzes vom 1. 3. 1900 (VbG GARG) dürfe der Legalisator eine Unterschrift nur dann beglaubigen, wenn diesem die betreffende Person persönlich bekannt sei oder deren Identität durch zwei verlässliche Zeugen bestätigt werde. Die von den Antragstellern unter Hinweis auf die historische Entwicklung des Beglaubigungsrechts behauptete Gesetzeslücke betreffend Legalisatoren beim Identitätsnachweis mittels Lichtbildausweises liege nicht vor. Sei die Beglaubigung aufgrund einer Identitätsprüfung durch einen Lichtbildausweis vorzunehmen, könne diese vor einem Notar oder vor Gericht erfolgen. Es bestehe keine Notwendigkeit, eine solche Beglaubigung auch durch einen Legalisator zu ermöglichen. Vielmehr sei es sinnvoll, der Bevölkerung die Möglichkeit einer raschen und billigen Beglaubigung im unmittelbaren Umfeld ihrer Wohngemeinde bei einer vertrauenswürdigen Person in den Fällen einzuräumen, in denen die Identität einer Person aufgrund persönlicher Bekanntschaft feststehe und keiner Erhebungen bedürfe. Eine planwidrige Gesetzeslücke liege insofern nicht vor. Die vom Legalisator nicht gesetzmäßig vorgenommene Beglaubigung sei unwirksam, weshalb das Erstgericht das Grundbuchsgesuch zu Recht abgewiesen habe.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 20.000 EUR und der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Das Rekursgericht gehe davon aus, dass Art IV § 8 Vbg GARG nicht bloß eine Ordnungsvorschrift, sondern dessen Einhaltung Gültigkeitsvoraussetzung sei für die wirksame Beglaubigung durch den Legalisator. Zu dieser Frage fehle bislang aber Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung der begehrten Eintragungen.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund sowie zur Wahrnehmung eines weiteren Abweisungsgrunds zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Antragsteller machen in ihrem Revisionsrekurs - zusammengefasst - geltend:

Grundsätzlich sei die Beglaubigung einer Unterschrift durch einen Legalisator in Grundbuchssachen - mit der Beschränkung auf grundbücherliche Eintragungen in Vorarlberg - einer gerichtlichen oder notariellen Legalisierung gleich zu halten. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts gehe es nicht darum, der Bevölkerung im unmittelbaren Umfeld ihrer Wohngemeinde eine rasche und billige Beglaubigung von Unterschriften in einfachen Fällen zu ermöglichen. Der Legalisator könne nämlich auch die Unterschriften von Personen beglaubigen, die nicht in seinem Amtsgebiet lebten, solange die Realität im Amtsgebiet liege und wenigstens eine Vertragspartei dort wohne. Vielmehr zeige die geschichtliche Entwicklung der Rechtsnormen betreffend die Identitätsprüfung - durch persönliche Bekanntschaft oder verlässliche Zeugen - von 1900 bis 1942, also jahrzehntelang, Übereinstimmung für Gerichte (§ 285 Außerstreitpatent), Notare (Notariatsordnung 1855 und 1871) und Legalisatoren (Vbg GARG 1900/44). Die Verordnung des Reichsministers der Justiz und des Reichsministers des Innern vom 21. 2. 1942, dRGBl I 1942 S 87, habe dann die Möglichkeit normiert, die Identität aufgrund eines amtlichen Lichtbildausweises festzustellen, und zwar für Gerichte und Notare, während die Legalisatoren außer Betracht geblieben seien. Die Identitätsprüfung durch Personaldokumente sei dann durch die Novelle BGBl 1977/162 in § 55 NO eingearbeitet worden und finde sich nunmehr auch in § 188 Abs 1 AußStrG. Im Hinblick auf die bis 1942 für Gerichte, Notare und Legalisatoren gleiche Rechtslage für die Identitätsprüfung (persönliche Bekanntschaft oder verlässliche Zeugen) könne nicht unterstellt werden, der Verordnungs- bzw Gesetzgeber habe die Einführung der Identitätsprüfung durch Lichtbildausweise zwischen Gerichten und Notaren einerseits und Legalisatoren andererseits differenziert regeln wollen. Es liege daher in diesem Punkt eine planwidrige Lücke im Sinn des § 7 ABGB vor. Diese Gesetzeslücke sei in der Form zu schließen, dass auch die Legalisatoren wie Gerichte und Notare befugt seien, sich die Identität einer Vertragspartei durch Vorlage eines Lichtbildausweises nachweisen zu lassen. Sollte aber wegen der Identitätsprüfung aufgrund von Lichtbildausweisen dennoch ein Verstoß gegen Art 4 § 8 Abs 1 Vbg GARG anzunehmen sein, liege eine bloße Ordnungswidrigkeit vor, die die Rechtswirksamkeit der Beglaubigung nicht beeinträchtige.

Rechtliche Beurteilung

Zu diesen Ausführungen ist Folgendes zu erwägen:

1.1. Das RGBl 1900/44 („Gesetz vom 1. März 1900, wirksam für das Land Vorarlberg, womit für den Fall der Einführung der Grundbücher in Vorarlberg einige grundbuchsrechtliche Sonderbestimmungen und erleichternde Gebührenvorschriften erlassen und Beschränkungen der Theilung von Gebäuden nach materiellen Antheilen eingeführt werden"; Vbg GARG) erweitert in dessen Art IV den „Kreis der zur Beglaubigung der Echtheit von Unterschriften auf Privaturkunden berufenen Organe". Nach Art IV § 1 Vbg GARG ist der gerichtlichen oder notariellen Legalisierung der Unterschriften von Privaturkunden nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen die Beglaubigung der Unterschriften durch die als Legalisatoren in Grundbuchssachen bestellten Vertrauensmänner gleich zu achten. Art IV § 2 Abs 1 Vbg GARG sieht zunächst vor, dass in der Regel für jede Gemeinde über Antrag des Gemeindeausschusses ein Legalisator zu bestellen ist. Zum Amte eines Legalisators ist gemäß Art IV § 3 Vbg GARG nur derjenige geeignet, welcher nach dem Gesetze nicht von der Wählbarkeit zum Mitglied eines Gemeindeausschusses ausgeschlossen ist, welcher ferner in dem Gebiet, auf welches sich seine Amtswirksamkeit erstrecken soll, seinen Hauptwohnsitz hat und von welchem nach seinen Eigenschaften und Verhältnissen eine verlässliche und dem Zweck entsprechende Erfüllung seiner Aufgabe zu erwarten ist. Eine (besondere) juristische Qualifikation müssen Legalisatoren nicht vorweisen können. Die Bestellung der Legalisatoren erfolgt nach Art IV § 4 Abs 1 Vbg GARG durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund der von den Gemeindeausschüssen gemachten Vorschläge. Gemäß Art IV § 11 Abs 1 Vbg GARG besorgt der Legalisator bei Ausübung seines Amtes Geschäfte der Justizverwaltung und untersteht der Aufsicht des Bezirksgerichts, in dessen Sprengel er seinen Hauptwohnsitz hat, und der Disziplinargewalt des Präsidenten des Gerichtshofs erster Instanz.

1.2. Nach Art IV § 1 Satz 2 Vbg GARG kann aufgrund einer von einem Legalisator beglaubigten Urkunde eine grundbücherliche Eintragung nur im Land Vorarlberg vorgenommen werden. Gemäß Art IV § 8 Abs 1 Vbg GARG darf der Legalisator die Echtheit einer Unterschrift nur innerhalb seines Amtsgebietes und nur dann beglaubigen, wenn ihm die Partei, um deren Unterschrift es sich handelt, persönlich bekannt ist, oder deren Identität durch zwei verlässliche Zeugen bestätigt wird, und wenn die Partei die Urkunde in seiner Gegenwart eigenhändig unterfertigt oder die auf der Urkunde befindliche Unterfertigung vor ihm als die ihrige anerkennt. Ob die Feststellung der Echtheit der Unterschrift in dieser oder jener Art erfolgte, hat der Legalisator in der Echtheitsklausel auf der Urkunde ausdrücklich anzugeben, ferner hat derselbe Ort und Tag der Amtshandlung nebst seiner amtlichen Unterschrift und dem Amtssiegel beizufügen. Auch ist die Klausel mit der Geschäftszahl, unter welcher die Amtshandlung in dem von ihm zu führenden Legalisierungsregister erscheint, zu versehen und der Betrag der eingehobenen Legalisierungsgebühr ersichtlich zu machen (Art IV § 8 Abs 2 Vbg GARG). Außer den Unterschriften solcher Personen, die im Amtsgebiete des Legalisators wohnen, darf derselbe auch die Unterschriften anderer Personen beglaubigen, wenn es sich um Urkunden handelt, die sich auf eine im Amtsgebiete liegende Realität beziehen, oder wenn wenigstens eine von den in der betreffenden Urkunde unterfertigten Personen innerhalb des Amtsgebietes ihren Wohnsitz hat (Art IV § 8 Abs 3 Vbg GARG).

1.3. Aus den zuvor dargestellten Regelungen über die Bestellung und den Wirkungskreis eines Legalisators sind als Zwischenergebnis zwei Aspekte hervorzuheben:

Einerseits erfordert die Funktion eines Legalisators keine fachspezifisch juristische Ausbildung und andererseits unterliegt dessen amtliche Tätigkeit gewissen örtlichen Einschränkungen. Auf Grund einer von einem Legalisator beglaubigten Urkunde kann eine grundbücherliche Eintragung nur im Land Vorarlberg vorgenommen werden. Der Legalisator darf die Echtheit einer Unterschrift nur innerhalb seines Amtsgebietes - in der Regel das Gebiet einer Gemeinde - beglaubigen. Außer den Unterschriften solcher Personen, die im Amtsgebiete des Legalisators wohnen, darf dieser die Unterschriften anderer Personen nur ausnahmsweise und zwar dann beglaubigen, wenn es sich um Urkunden handelt, die sich auf eine im Amtsgebiete liegende Realität beziehen, oder wenn wenigstens eine von den in der betreffenden Urkunde unterfertigten Personen innerhalb des Amtsgebietes ihren Wohnsitz hat. Daraus folgt eine ganz spezifische örtliche Nähe zum jeweiligen Geschäftsfall und häufig wohl auch eine persönliche Kenntnis (einzelner) der Beteiligten.

Mit dem Fehlen einer fachspezifischen Qualifikation des Legalisators einerseits und seiner örtlichen und persönlichen Nähe zum Geschäftsfall andererseits harmoniert auch die Art der Identitätsprüfung aufgrund persönlicher Bekanntheit oder zufolge Bestätigung durch zwei verlässliche Zeugen.

Dass die Beglaubigung durch den Legalisator im vorliegenden Fall hinsichtlich des Erstantragstellers und der Viertantragstellerin infolge Identitätsprüfung durch Lichtbildausweise nicht der Vorschrift des Art IV § 8 Abs 1 Vbg GARG entsprach, ist unstrittig.

2.1. Auch der Notar musste nach § 46 Notariatsordnung 1855, RGBl 1855/94, bei Errichtung eines Notariatsakts die Parteien persönlich kennen oder er musste sich deren Identität durch zwei ihm persönlich bekannte Zeugen bestätigen lassen. Bei anderen Behelfen zur Bescheinigung der Person war deren Beweiskraft im Streitfall der Ermessensbeurteilung des Richters überlassen. Nach § 55 Notariatsordnung 1871, RGBl 1871/75, musste der Notar die Parteien eines zu errichtenden Notariatsakts persönlich kennen oder es musste ihm deren Identität durch zwei ihm persönlich bekannte Zeugen oder durch einen zugezogenen zweiten Notar bestätigt werden.

2.2. Für Legalisierungen bei Gericht sah § 285 AußStrG 1854 vor, dass „das Gericht den Bittsteller in Person zu Protokoll zu vernehmen (hat), ob er die Schrift oder Unterschrift in der Urkunde für die seinige anerkenne. Ist die Person des Ausstellers der Urkunde den Gerichtsbeamten nicht bekannt, so muß sich das Gericht durch die Beiziehung zweier vollkommen glaubwürdiger Zeugen die Gewißheit darüber verschaffen, daß er Derjenige sei, als welchen er sich angibt".

2.3. Die Verordnung zur Änderung des Beurkundungsrechts in den Reichsgauen Wien, Kärnten, Niederdonau, Oberdonau, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg, im Reichsgau Sudetenland sowie im Protektorat Böhmen und Mähren vom 21. Februar 1942, dRGBl I S 87, änderte die Vorschriften des Beurkundungsrechts in den genannten Gebieten dahin, dass gemäß deren Art I § 1 Abs 1 bei der Aufnahme eines Notariatsakts der Notar die Personengleichheit von Parteien und Zeugen, die er persönlich und dem Namen nach nicht kannte, entweder durch Erkennungszeugen nach den bisherigen Vorschriften oder aufgrund eines mit einem Lichtbild und einer eigenhändigen Unterschrift versehenen amtlichen Ausweises feststellen konnte. Diese Regelung galt entsprechend bei gerichtlichen und notarischen Unterschriftsbeglaubigungen sowie anderen gerichtlichen und notarischen Beurkundungen und Beglaubigungen (Art I § 2 Satz 1 Verordnung vom 21. Februar 1942, dRGBl I S 87).

2.4. Mit dem Bundesgesetz vom 24. März 1977, BGBl 1977/162, erfolgte die Einarbeitung der Identitätsfeststellung durch ein Personaldokument in die Notariatsordnung in der Form, dass dem Notar die Identität einer Person gemäß § 55 Z 1 NO „durch einen amtlichen, mit eigenhändiger Unterschrift versehenen Lichtbildausweis" bestätigt werden konnte. Dies entspricht nahezu wortgleich der derzeit geltenden Regelung des § 55 Abs 1 Z 1 NO.

2.5. Nach § 188 Abs 1 AußStrG 2003 ist auf Antrag die Echtheit einer Unterschrift (firmenmäßigen Zeichnung) oder eines Handzeichens zu beglaubigen, wenn der Antragsteller 1. seine Identität durch eines der im § 55 NO genannten Mittel ausweist und 2. die Unterschrift oder das Handzeichen vor Gericht setzt oder ausdrücklich anerkennt, dass die Unterschrift oder das Handzeichen von ihm stammt. Die Beglaubigung der Echtheit der Schrift oder Unterschrift in einer Originalurkunde („Legalisierung") erfolgt durch den Richter oder einen vom Gerichtsvorsteher dazu bestimmten Beamten des Fachdienstes (§ 56 Abs 2 GOG, § 426 Abs 1 Geo).

2.6. Die für Notare und Gerichte maßgebliche Rechtsentwicklung in Richtung einer Identitätsprüfung durch einen Lichtbildausweis hat der Gesetzgeber bei den Legalisatoren nicht nachvollzogen. Art IV § 8 Abs 1 Vbg GARG blieb betreffend die Art des Identitätsnachweises (persönliche Bekanntheit oder Bestätigung durch zwei verlässliche Zeugen) bis heute unverändert.

3.1. Die Antragsteller betonen nun, dass die Beglaubigung einer Unterschrift durch einen Legalisator in Grundbuchssachen - mit der Beschränkung auf grundbücherliche Eintragungen in Vorarlberg - grundsätzlich einer gerichtlichen oder notariellen Legalisierung gleich zu halten sei. Im Hinblick auf die bis 1942 für Gerichte, Notare und Legalisatoren gleiche Rechtslage für die Identitätsprüfung (persönliche Bekanntschaft oder verlässliche Zeugen) könne nicht unterstellt werden, der Verordnungs- bzw Gesetzgeber habe bei Einführung der Identitätsprüfung durch Lichtbildausweise zwischen Gerichten und Notaren einerseits und Legalisatoren andererseits differenzieren wollen. Die Antragsteller wollen deshalb eine planwidrige Lücke im Sinn des § 7 ABGB erkennen, welche in der Form zu schließen sei, dass auch die Legalisatoren wie Gerichte und Notare befugt seien, sich die Identität einer Vertragspartei durch Vorlage eines Lichtbildausweises nachweisen zu lassen.

3.2. Eine Rechtslücke ist eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Das Gesetz ist in einem solchen Fall - gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie - ergänzungsbedürftig, ohne dass seine Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (RIS-Justiz RS0008866; vgl auch RS0098756). Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist aufgrund der Rechtsordnung einschließlich aller auch als Auslegungskriterien heranzuziehenden Maßstäbe zu beurteilen. Dabei liegt eine teleologische Lücke dann vor, wenn die - mit Hilfe der Interpretationsregeln ermittelte - ratio legis (das höhere Rechtsprinzip) in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung (der Werttendenz) einer gesetzlichen Norm (oder auch mehrerer Vorschriften) auf den

gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall fordert (4 Ob 7/04i = SZ

2004/33 = wbl 2004/205, 390 = MR 2004, 221). Allein die Meinung eines Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt die Annahme einer Gesetzeslücke nicht (RIS-Justiz RS0008757 [T2]) und ohne Vorliegen einer Gesetzeslücke an die Stelle des Gesetzgebers zu treten und eine Regelung zu schaffen, deren Herbeiführung ausschließlich diesem obläge, steht den Gerichten nicht zu (RIS-Justiz RS0008866 [T16]; RS0098756 [T3 und T5]). Das von einem Normunterworfenen rechtspolitisch Erwünschte ist keine ausreichende Grundlage für eine ergänzende Rechtsfindung durch Analogiebildung. Eine Gesetzeslücke ist letztlich nur dann anzunehmen, wenn Wertungen und Zweck der konkreten gesetzlichen Regelung die Annahme rechtfertigen, der Gesetzgeber habe einen nach denselben Maßstäben regelungsbedürftigen Sachverhalt übersehen (RIS-Justiz RS0008866 [T10]).

3.3. Im vorliegenden Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass das das aus dem Jahr 1900 stammende Vbg GARG mehrfache Änderungen erfahren hat (vgl BGBl 1924/461; BGBl 1924/462; BGBl 1925/183; BGBl 1927/118; BGBl 1930/2; dRGBl I 1942 S 37; StGBl 1945/231; BGBl 1955/39; BGBl 1976/91; BGBl 1989/343; BGBl 1994/505; BGBl I 2001/98); dass dabei dem Gesetzgeber gerade ein Reformbedarf des hier fraglichen Art IV § 8 Abs 1 Vbg GARG verborgen geblieben sein sollte, ist eher unwahrscheinlich.

Schon oben (zu 1.3.) wurde dargestellt, dass die Regelungen über die Bestellung und den Wirkungskreis eines Legalisators dadurch gekennzeichnet sind, dass dieser für seine Funktionsausübung keine fachspezifisch juristische Ausbildung vorweisen muss und andererseits dessen amtliche Tätigkeit gewissen örtlichen Einschränkungen unterliegt, die auf eine ganz spezifische örtliche Nähe zum jeweiligen Geschäftsfall hinweisen. Genau damit harmoniert aber gerade eine besonders einfache Art des Identitätsnachweises aufgrund persönlicher Bekanntheit oder zufolge Bestätigung durch zwei verlässliche Zeugen. Damit erübrigt sich nämlich die Lösung spezifisch juristischer Fragen zu Qualität und Eignung eines amtlichen Lichtbildausweises zum Zweck der Identitätsprüfung (vgl dazu etwa Wagner/Knechtl, Notariatsordnung6, § 55 NO Rz 3 ff). Die Klärung solcher Fragen, die sich im Einzelfall als juristisch durchaus anspruchsvoll erweisen kann, bleibt damit einschlägig versierten Personen (Notaren, Richtern oder vom Gerichtsvorsteher dazu bestimmten Beamten des Fachdienstes) vorbehalten. Diese Überlegungen sprechen insgesamt gegen die Annahme einer Regelungslücke, sodass für eine analoge Anwendung der dargestellten Bestimmungen über die Identitätsprüfung durch amtliche Lichtbildausweise (§ 55 Abs 1 Z 1 NO; § 188 Abs 1 AußStrG 2003) auch bei einer Beglaubigung durch einen Legalisator kein Anlass besteht.

4. Den Antragstellern kann aber auch nicht dahin gefolgt werden, dass eine der Vorschrift des Art IV § 8 Abs 1 Vbg GARG widersprechende Beglaubigung durch den Legalisator mit einer Identitätsprüfung durch einen Lichtbildausweis eine bloße Ordnungswidrigkeit darstelle, welche die Gültigkeit der Beglaubigung nicht berühre. Im Beurkundungswesen spielt die Rechtssicherheit eine imponierende Rolle. Der Gesetzgeber stellt deshalb in diesem Bereich in bestimmten Fällen selbst klar, welchen Anforderungen konstitutiver Charakter zukommt und welche Mängel dem Beurkundungsakt nicht seine spezifischen Eigenschaften nehmen. Anschaulich wird diese etwa in der Darstellung der Solennitätserfordernisse in § 68 NO. Nach § 68 Abs 1 NO muss jeder Notariatsakt bei sonstigem Verlust der Kraft einer öffentlichen Urkunde den dort in lit a bis h genannten Anforderungen entsprechen. § 68 Abs 2 NO nennt darüber hinaus weitere Angaben, wie insbesondere die Anführung der Art der Identitätsprüfung. Wird (nur) gegen die Bestimmung des § 68 Abs 2 NO verstoßen, führt dies nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung nicht zum Solennitätsverlust. Art IV § 8 Abs 2 Vbg GARG enthält eine dem § 68 Abs 2 NO nicht unähnliche Regelung, wonach der Legalisator in der Echtheitsklausel auf der Urkunde ausdrücklich anzugeben hat, ob die Feststellung der Echtheit der Unterschrift in dieser oder jener Art (gemeint: aufgrund persönlicher Bekanntheit oder Bestätigung durch zwei verlässliche Zeugen) erfolgte. Diese Angabe könnte allenfalls - der Wertung des § 68 Abs 2 NO folgend - als schlichte Form - oder Ordnungsvorschrift gewertet werden, deren Missachtung nicht zum Verlust der Wirksamkeit der Beglaubigung führt. Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht um die bloße Angabe, wie die Identitätsprüfung erfolgte, sondern darum, auf welche Art die Identitätsprüfung selbst vorgenommen wurde. Insoweit ist Art IV § 1 Vbg GARG einschlägig, wonach der gerichtlichen oder notariellen Legalisierung der Unterschriften von Privaturkunden die Beglaubigung der Unterschriften durch die als Legalisatoren in Grundbuchssachen bestellten Vertrauensmänner nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen gleich zu achten ist. Eine dieser „nachfolgenden Bestimmungen" ist Art IV § 8 Abs 1 Vbg GARG mit der dort vorgesehenen Art der Identitätsprüfung. Wird dieser Norm - wie im vorliegenden Fall - nicht entsprochen, so wird nicht bloß eine Ordnungsvorschrift verletzt, sondern es fehlt ein konstitutives Wirksamkeitserfordernis für die Beglaubigung, die dann eben nicht einer gerichtlichen oder notariellen Legalisierung gleichgehalten werden kann.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht das Grundbuchsgesuch mangels wirksamer Beglaubigung infolge Verletzung der Vorschrift des Art IV § 8 Abs 1 Vbg GARG abgewiesen.

5. Aufzugreifen ist weiters, dass die begehrte Einverleibung der Dienstbarkeit zum Nachteil des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin erfolgt. Wird aber eine Eintragung zum Nachteil der Vertretenen verlangt, dann muss der Einschreiter gemäß § 77 Abs 1 GBG dartun, dass er zur Anbringung von Grundbuchsgesuchen befugt sei. Der einschreitende Antragstellervertreter hat sich aber hier bei Einbringung des Grundbuchsgesuchs nur auf „die erteilte Vollmacht" berufen und damit gerade die Unterscheidung zwischen § 77 Abs 1 und 2 GBG offen gelassen. Ohne die Berufung auf eine besondere Vollmacht im Sinn des § 77 Abs 1 GBG ist aber die Befugnis für das Einschreiten zum Nachteil der genannten Antragsteller nicht ausreichend dargetan

(5 Ob 242/05g = NZ 2006/658, 315 [Hoyer] = Zak 2006/324, 195 = RdW

2006/519, 564 = JBl 2007, 114; 5 Ob 105/06m = Zak 2006/634, 372 = NZ

2007/674, 143 [Hoyer]; 5 Ob 58/07a). Dies stellt einen weiteren, auch die Bewilligung einer bloßen Vormerkung ausschließenden Abweisungsgrund dar.

Der Revisionsrekurs der Antragsteller muss daher erfolglos bleiben.

Rechtssätze
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