JudikaturJustiz5Ob206/14a

5Ob206/14a – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin R***** W*****, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in Wien, wegen Löschung eines Substitutionsbandes ob der EZ ***** KG *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Liegenschaftseigentümerin M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Wilfried Huber, Rechtsanwalt in Zell am Ziller, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 4. September 2014, AZ 54 R 96/14k, mit dem über Rekurs der Einschreiter 1. mj J***** W***** und 2. mj M***** W*****, beide *****, vertreten durch den Kollisionskurator Dr. Rainer Toperczer, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 24. November 2011, TZ 12860/11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs der Einschreiter gegen den Beschluss des Erstgerichts zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Einschreiter sind nach ihren Angaben die gesetzlichen Erben nach dem am 18. 7. 2011 verstorbenen Dr. T***** W*****, zu dessen Gunsten am Hälfteanteil B LNr 2 der Liegenschaft EZ ***** KG ***** die fideikommissarische Substitution angemerkt war.

Unter Vorlage der Sterbeurkunde begehrte die Antragstellerin als damalige Eigentümerin des Hälfteanteils B LNr 2 mit Eingabe vom 23. 11. 2011 die Löschung der zugunsten des Dr. T***** W***** angemerkten fideikommissarischen Substitution.

Am 24. 11. 2011 bewilligte das Erstgericht diesen Antrag, ordnete die Löschung der Anmerkung der fideikommissarischen Substitution an und verfügte die Zustellung des Beschlusses an die Antragstellerin und deren Vertreter. Die Abfertigung des Bewilligungsbeschlusses erfolgte am 28. 11. 2011.

Eine Zustellung des Beschlusses an die in der Folge als Rekurswerber auftretenden Einschreiter bzw deren gesetzliche Vertreterin unterblieb.

Aufgrund des Kaufvertrags vom 31. 3. 2014 wurde ob der Liegenschaft das Alleineigentum der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin einverleibt.

Am 8. 8. 2014 erhoben die Einschreiter Rekurs. Da weder ihnen noch ihrem gesetzlichen Vertreter trotz materieller Parteistellung (als gesetzliche Erben nach ihrem Vater) der erstinstanzliche Grundbuchbeschluss zugestellt worden sei, hätte die Rekursfrist ihnen gegenüber niemals zu laufen begonnen. Als Kinder des fideikommissarischen Erben seien sie durch die Verfügung des Grundbuchgerichts beschwert und daher zur Erhebung des Rekurses legitimiert. Die Entscheidung, ob eine im Grundbuch eingetragene fideikommissarische Substitution erloschen sei, stehe nicht dem Grundbuchgericht, sondern dem Abhandlungsgericht zu.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Einschreiter Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es den Antrag auf Löschung der Anmerkung der fideikommissarischen Substitution abwies. Es erachtete den Rekurs als rechtzeitig, weil die angefochtene Entscheidung den Einschreitern bzw deren gesetzlicher Vertreterin nicht zugestellt worden sei. Sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen sei, gehe das Recht der fideikommissarischen Erben auch dann auf dessen Erben über, wenn er selbst den Eintritt des Substitutionsfalls nicht erlebe. Daher hätte erst auf Basis einer Einantwortungsurkunde und einer rechtskräftigen Entscheidung der Substitutionsbehörde eine Löschung der Anmerkung vorgenommen werden dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der nunmehrigen Liegenschaftseigentümerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Rekurs der Einschreiter als verspätet zurückgewiesen wird.

Aus Anlass des Revisionsrekurses ist von Amts wegen die Nichtigkeit der Entscheidung des Rekursgerichts aufzugreifen.

1. Es ist anerkannt, dass Entscheidungen im Grundbuchsverfahren in (formelle) Rechtskraft erwachsen, wenn sie nicht weiter angefochten werden können, sei es, dass die letzte Instanz entschieden hat, sei es, dass ein weiteres Rechtsmittel wegen Ablaufs der Rechtsmittelfrist oder aus anderen Gründen (Rechtsmittelverzicht oder Rechtsmittelzurücknahme) nicht mehr in Betracht kommt; entscheidend ist die Zustellung an alle nach dem Grundbuchstand zur Zeit der erstinstanzlichen Entscheidung Berechtigten ( Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 95 GBG Rz 42 f mwN; Rechberger / Bittner, Grundbuchsrecht² Rz 274 f; RIS Justiz RS0041483 [T3]; RS0006784).

2. Wem im Grundbuchverfahren zuzustellen ist, bestimmt § 119 GBG. Danach ist unter anderem (§ 119 Z 1 GBG) derjenige von Amts wegen von der Erledigung der Grundbuchsgesuche zu verständigen, auf dessen Eigentum ein bücherliches Recht erworben wird oder dessen bücherliche Rechte abgetreten, belastet, beschränkt oder aufgehoben werden oder gegen den eine grundbücherliche Anmerkung erfolgt.

3. Wird einer Partei nicht zugestellt, so ist zu differenzieren: Sofern der Partei überhaupt nicht zuzustellen war, hat sie keine eigene Rekursfrist. Wäre der Partei zuzustellen gewesen, war sie aber nicht aktenkundig, richtet sich die Rekursfrist gemäß § 46 Abs 2 AußStrG nach jenem Zeitpunkt, bis zu dem eine aktenkundige Partei einen Rekurs erheben kann (dazu Kodek in Gitschthaler / Höllwerth , AußStrG § 46 Rz 14; Fucik / Kloiber , AußStrG § 46 Rz 2). Nur der aktenkundigen Partei steht die Möglichkeit offen, einen Antrag auf Zustellung der Entscheidung zu stellen und dann innerhalb der Frist des § 123 Abs 1 GBG Rekurs zu erheben oder auch ohne vorherige Zustellung sofort ein Rechtsmittel zu erheben (5 Ob 39/13s; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht § 123 GBG Rz 18).

4.

Aktenkundige Parteien sind neben den vom Antragsteller als weitere Antragsteller oder Antragsgegner bezeichneten Personen alle jene, deren materielle Parteistellung sich aus den im konkreten Gerichtsakt befindlichen Informationen ergibt (RIS Justiz RS0127056). Das trifft auf die Einschreiter nicht zu, weil weder deren Identität noch deren behauptete Rechtsstellung dem Grundbuchstand oder dem Grundbuchakt zu entnehmen waren. Als nicht aktenkundige Parteien kam den Einschreitern aber eine Rekursfrist nur im Rahmen des § 46 Abs 2 AußStrG zu. Ihr am 8. 8. 2014 erhobener Rekurs war damit entgegen der Ansicht des Rekursgerichts verfristet.

5. Die sachliche Erledigung eines verspäteten Rekurses durch das Rekursgericht ist vom Obersten Gerichtshof aus Anlass eines rechtzeitigen Revisionsrekurses von Amts wegen wahrzunehmen (RIS Justiz RS0122081) und muss wegen des Verstoßes gegen die Rechtskraft des erstinstanzlichen Beschlusses zur Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung als nichtig sowie zur Zurückweisung des an die zweite Instanz gerichteten Rekurses führen (vgl § 71 Abs 4 iVm § 56 AußStrG; RIS Justiz RS0122081; Kodek in Gitschthaler / Höllwerth , AußStrG § 46 Rz 18).

Rechtssätze
4