JudikaturJustiz4Ob603/89

4Ob603/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. November 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Camilla H***, Firmengesellschafterin, Wien 4., Prinz-Eugen-Straße 14, vertreten durch Dr.Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Richard F***, Firmengesellschafter, Wien

23., Breitenfurterstraße 187, vertreten durch Dr.Paul Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Zahlung (Gesamtstreitwert S 80.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13.Juli 1989, GZ 5 R 126/89-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 14.März 1989, GZ 26 Cg 6/89-14, betätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.629,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 771,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind die Gesellschafter der im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien zu HRA 5021 unter der Firme "Druckerei S*** P***" eingetragenen offenen Handelsgesellschaft.

§ 12 des zwischen Otto S*** und Franz P*** am 3. Jänner 1951 schriftlich errichteten Gesellschaftsvertrages lautet wie folgt:

"Keiner der Gesellschafter darf in Österreich ohne Zustimmung des anderen im Druckerei- oder anderen einschlägigen Gewerben der Gesellschaft für eigene Rechnung oder für Rechnung dritter Geschäfte machen, oder sich an irgend einem gleichartigen Unternehmen beteiligen (auch nicht als stiller Gesellschafter) oder sonstige Mitarbeit welcher Art immer leisten.

Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes hat der Zuwiderhandelnde eine dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegende sofort fällige Vertragsstrafe in Höhe von S 10.000 (zehntausend) zu bezahlen, neben welcher der weitergehende Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz sowie die sonstigen Rechte aus dem Vertrag bestehen bleiben."

Der Beklagte ist Alleininhaber der Firma Hubert und Karl K***, die gleichfalls ein Druckereiunternehmen betreibt.

Mit der Behauptung, daß der Beklagte dadurch, daß er seit 3. Februar 1983 Alleininhaber dieses Konkurrenzunternehmens sei, welches er seit März 1983 sogar in den Räumen der OHG betreibe, wenigstens einmal gegen das Konkurrenzverbot des § 12 des Gesellschaftsvertrages, in den er als Nachfolger Franz P*** eingetreten sei, verstoßen habe, wovon sie erst Anfang 1987 erfahren habe, begehrt die Klägerin mit ihrer am 15.1.1988 erhobenen Klage den Beklagten schuldig zu erkennen,

1. es zu unterlassen, als persönlich haftender Gesellschafter der Druckerei S*** P*** neben dem Betrieb dieser Gesellschaft eine weitere Druckerei, insbesondere die prot. Firma Hubert und Karl K*** zu betreiben;

2. ihr einen Betrag von S 10.000 sA zu zahlen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag mit der Klägerin geschlossen; der Gesellschaftsvertrag vom 3.Jänner 1951 habe nur die Beziehungen zwischen Otto S*** und Franz P*** geregelt, nicht aber jene zwischen den Streitteilen. Im Zeitpunkt seines Eintrittes in die OHG sei die Klägerin damit einverstanden gewesen, daß er Alleininhaber der Firma Hubert und Karl K*** sei und beide Unternehmen am selben Standort führen werde. Der geltend gemachte Anspruch sei überdies verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das vertragliche Konkurrenzverbot nach § 12 des Gesellschaftsvertrages entspreche im wesentlichen jenem des § 112 HGB. In einem solchen Falle gelte die Verjährungsfrist des § 113 Abs. 3 HGB (drei Monate ab Kenntnis). Damit sei aber der eingeklagte Anspruch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin verjährt. Davon abgesehen, wäre die Klägerin zur Geltendmachung des Zahlungsbegehrens nicht aktiv legitimiert, weil Schadenersatz aus der Verletzung des Konkurrenzverbotes an die Gesellschaft zu leisten sei und nicht an einen nur die actio pro socio ausübenden Mitgesellschafter.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Da § 12 des Gesellschaftsvertrages im wesentlichen der gesetzlichen Regelung des Wettbewerbsverbotes nach § 112 HGB entspreche, unterliege der - im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehene - Anspruch auf Unterlassung weiterer wettbewerbswidriger Handlungen der kurzen Verjährungsfrist des § 113 Abs.3 HGB. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung NowakNF 1751 sei zu Art.97 Abs.1 AHGB ergangen, der - anders als § 113 HGB - ausdrücklich nur Schadenersatzansprüche erwähnt habe. Nach der Behauptung der Klägerin, sie habe Anfang 1987 davon Kenntnis erlangt, daß der Beklagte auch eine andere Druckerei betreibe, sei der am 15.Jänner 1988 mit Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch verjährt, weil bei Unterlassungsansprüchen die Verjährung mit dem Zeitpunkt beginne, in dem ein rechtswidriger Zustand gegeben ist. Ob die für den Fall der Verletzung des Wettbewerbsverbotes vereinbarte Vertragsstrafe gleichfalls der kurzen Verjährung von drei Monaten oder der allgemeinen Verjährung von drei Jahren unterliegt, könne auf sich beruhen. Verletze nämlich ein Gesellschafter einer OHG das ihm auferlegte Wettbewerbsverbot, so könne - sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorgesehen ist - nur die Gesellschaft Schadenersatz fordern; da eine Vertragsstrafe pauschalierter Schadenersatz sei, stehe auch sie der Gesellschaft und nicht dem Gesellschafter zu. Daß die in § 12 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Konventionalstrafe dem anderen Gesellschafter zu leisten wäre, habe die Klägerin nicht behauptet und ergebe sich auch nicht aus dem Wortlaut dieses Vertragspunktes. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Den Vorinstanzen ist darin zu folgen, daß das in § 12 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages vereinbarte Wettbewerbsverbot mit der Dispositivnorm (§ 109 HGB) des § 112 HGB - soweit es sich um Konkurrenztätigkeiten in Österreich handelt - übereinstimmt. Nach § 112 Abs 1 HGB darf nämlich ein Gesellschafter ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder im Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnehmen. Nichts anderes drückt aber - von der dem Gesetz fremden Beschränkung des Wettbewerbsverbotes auf Österreich abgesehen - § 12 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages aus. Da somit die vertragliche Bestimmung bloß die - mangels abweichender Regelung ohnehin anwendbare (§ 109 HGB) - gesetzliche Regelung wiederholt, gilt - sofern die Vertragsauslegung nichts anderes ergibt - auch die Verjährungsvorschrift des § 113 Abs 3 HGB (Baumbach-Duden-Hopt27Anm 3 zu § 113; Torggler-Kucsko in Straube, HGB, Rz 20 zu § 113). Nach Rechtsprechung (GesRZ 1978, 129) und herrschender Lehre (Schlegelberger-Geßler4, Rz 11 zu § 113 dHGB; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft4, 199; Kastner, Grundriß4, 79; Torggler-Kucsko in Straube, HGB, Rz 10 zu § 113 HGB) steht der Gesellschaft sowie jedem Gesellschafter auch der Anspruch auf Unterlassung weiterer Wettbewerbshandlungen, insbesondere auch auf Schließung des Wettbewerbsunternehmens und Aufgabe des Betriebes eines Einzelunternehmens (Hueck aaO; Schlegelberger-Geßler aaO) zu. Für die Klage auf künftige Unterlassung gilt nach ganz herrschender Auffassung die kurze Verjährungsfrist des § 113 Abs 3 HGB, weil der für sie maßgebende Grund - nämlich das Interesse an rascher Klärung der Rechtslage - auch hier zutrifft (Schlegelberger-Geßler aaO;

Hueck aaO 204; Fischer im GroßKomm3 II/1, 138; Kastner aaO;

Torggler-Kucsko aaO Rz 18). Gegen diese Ansicht kann die Klägerin nicht mit Erfolg die Entscheidung NowakNF 1751 ins Treffen führen, weil diese - wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat - zu einer anderen Rechtslage ergangen ist, hat doch § 97 Abs 2 AHGB die zeitliche Begrenzung von drei Monaten ausdrücklich nur für das Recht der Gesellschaft angeordnet, in ein von dem Gesellschafter für eigene Rechnung gemachtes Geschäft einzutreten oder Schadenersatz zu fordern.

Den Verstoß, auf den allein die Klage gestützt ist - nämlich die Führung eines Einzelunternehmens im Handelszweig der OHG -, hat die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen mehr als ein Jahr vor der Einbringung der Klage in Erfahrung gebracht. Daß der Beklagte dieses Konkurrenzunternehmen offenbar weiterhin führt, steht dem Ablauf der Verjährungsfrist nicht entgegen, beginnt doch auch in einem solchen Fall nach dem eindeutigen Wortlaut des § 113 Abs 3 HGB die kurze Verjährungsfrist mit der Kenntnis der übrigen Gesellschafter von dem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot an zu laufen (vgl. Geßler-Hefermehl-Eckhardt-Kropff, Aktiengesetz, Rz 31 zu der dem § 113 HGB ähnlichen Bestimmung des § 88 dAktienG; Meyer-Landrut im GroßKomm. z. AktienG, in Aktiengesetz GK3, Anm. 9 zu § 88 dAktienG; Wünsch in GesRZ 1982, 269 ff !279 zu § 24 Abs 4 GesmbHG). Daß die dreimonatige Verjährungsfrist für jedes verbotswidrige Geschäft gesondert zu laufen beginnt (GesRZ 1980, 37 = GesRZ 1980, 86), steht nicht im Widerspruch zu dieser Ansicht, weil dem Beklagten nicht vorgeworfen wird, daß er durch den Abschluß bestimmter Einzelgeschäfte das Wettbewersverbot verletzt habe; vielmehr ist die Klage auf die der Klägerin erst Jahre später bekanntgewordene Übernahme eines Einzelunternehmens und damit auf einen Vorgang gegründet, der ebenso wie der Abschluß eines Einzelgeschäftes bestimmt und fest begrenzt ist (vgl. RGZ 63, 252). Da die Klägerin ihre Unterlassungsklage nicht innerhalb von drei Monaten, nachdem sie davon Kenntnis erlangt hatte, eingebracht hat, ist ihr Anspruch auf Unterlassung des Betriebes einer weiteren Druckerei, insbesondere der Firma Hubert und Karl K***, (und damit auch auf Unterlassung der damit zusammenhängenden Geschäfte) verjährt (RGZ 63, 252).

Selbst wenn man aber der - von Torggler in GesRZ 1978, 148 ff (154) in Frage gestellten - Auffassung folgen wollte, daß der Anspruch auf eine Konventionalstrafe wegen Verletzung des Wettbewerbsverbotes nicht der kurzen Verjährungsfrist von drei Monaten unterliege (Schlegelberger-Geßler aaO Anm 13 zu § 113), wäre doch für die Klägerin nichts zu gewinnen: Den Vorinstanzen ist nämlich auch darin beizupflichten, daß die Klägerin nicht berechtigt war, die Leistung der Konventionalstrafe an sich zu verlangen. Aus § 12 Abs 2 des Gesellschaftsvertrages geht nicht hervor, daß die Konventionalstrafe - abweichend vom Gesetz - dem jeweils anderen Gesellschafter und nicht der Gesellschaft zu leisten wäre. Nach dem Gesetz steht der Schadenersatzanspruch aus der Verletzung des Wettbewerbsverbotes nach § 112 HGB der Gesellschaft zu (§ 113 Abs 1 Satz 1 HGB; Torggler-Kucsko aaO Rz 20 zu § 114). Daß diesen Anspruch auch jeder einzelne Gesellschafter mit der actio pro socio geltend machen kann, haben schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt (Hueck aaO 261 ff; SZ 33/82; GesRZ 1979, 118; GesRZ 1984, 213). Mit einer solchen Klage kann ein Gesellschafter gegen einen anderen Gesellschafter zwar im eigenen Namen Ansprüche der Gesellschaft geltend machen; er darf dabei jedoch nur Leistung an die Gesellschaft, nicht aber - wie es die Klägerin tut - an sich selbst verlangen (Hueck aaO; Paschinger, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozeß 121; Torggler-Kucsko aaO Rz 15 zu § 109; GesRZ 1979, 118; GesRZ 1984, 213). Davon gibt es allerdings Ausnahmen: So kann ein Gesellschafter ausnahmsweise dann Leistung an sich verlangen, wenn und soweit dies bei der aufgelösten Gesellschaft die Auseinandersetzung vorwegnimmt und eine weitere Auseinandersetzung erspart, zB weil keine Gesellschaftsverbindlichkeit und außer der Forderung an den Gesellschafter kein Vermögen vorhanden ist (Baumbach-Duden-Hopt, HGB27 Anm 6 F zu § 124; Hueck aaO 484 FN 11; Paschinger aaO; GesRZ 1979, 119; GesRZ 1984, 213) oder wenn ein Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen im Sinne des § 142 HGB übernommen hat (GesRZ 1984, 213 mit weiteren Schrifttumsnachweisen). Keine dieser Voraussetzungen hat die Klägerin behauptet; sie hat aber auch keinen besonderen Verpflichtungsgrund für einen eigenen Ersatzanspruch ins Treffen geführt. Wohl hat der Oberste Gerichtshof in SZ 49/111 ausgesprochen, daß ein solcher besonderer Verpflichtungsgrund nicht nur bei besonderen Vereinbarungen unter den Beteiligten, sondern auch beim Vorliegen des Tatbestandes einer unerlaubten Handlung gegeben sein könne; gegen die Legitimation des dortigen Klägers, selbst Schadenersatz zu verlangen, bestanden aber deshalb keine Bedenken, weil die Gesellschaft bereits durch Vereinigung in die Hand des Beklagten übergegangen war. Besteht aber - wie hier - die Gesellschaft zwischen den beiden Parteien weiter, dann kann der einzelne Gesellschafter - von einer vertraglichen Sonderregelung abgesehen - nur dann auf Leistung von Schadenersatz an sich selbst klagen, wenn es um den Ersatz des persönlich erlittenen Schadens geht (Schlegelberger-Geßler4 Anm 21 zu § 114; Wieland, Handelsrecht I 563 FN 10); einen solchen Schaden hat die Klägerin aber nicht geltend gemacht. Es ist auch nicht zu erkennen, worin eine unmittelbare Schädigung der Klägerin gelegen sein könnte; vielmehr kann die Verletzung des Wettbewerbsverbotes nur zu einem aus der Schädigung der Gesellschaft auf die Klägerin wirkenden (mittelbaren) Schaden geführt haben. Gerade solche Forderungen zählen aber zu den allein der Gesellschaft zustehenden "Sozialansprüchen" (GesRZ 1979, 118).

Die Revision mußte mithin erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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