JudikaturJustiz4Ob287/97b

4Ob287/97b – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. August 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter und Dr.Graf sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter B*****, vertreten durch Dr.Nikolaus Lehner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K***** GmbH, ***** vertreten durch Giger, Ruggenthaler Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen S 100.000,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 26.Juni 1997, GZ 1 R 118/97y-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 17.Dezember 1996, GZ 35 Cg 25/96-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.014,40 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Dezember 1993 kam es in Österreich zu einer ersten Serie von Briefbombenattentaten. Der Kläger wurde wegen des Verdachtes der Beteiligung an diesen Anschlägen in Untersuchungshaft genommen. Darüber berichteten praktisch alle periodischen Medien ausführlich. Im Rahmen dieser Berichterstattung veröffentlichte die Beklagte in der Tageszeitung "Kurier" Personenbildnisse des Klägers ohne dessen Einwilligung.

In der Ausgabe des "Kuriers" vom 19.2.1994 erschien auf Seite 10 folgender Artikel:

In der Ausgabe des "Kuriers" vom 18.1.1995 erschien auf Seite 9 folgender Artikel:

Wegen der Veröffentlichtung vom 18.1.1995 machte der Kläger im Verfahren 35 Cg 23/95 des Handelsgerichtes Wien einen Unterlassungsanspruch geltend. Das Verfahren wurde - nach Erlassung einer einstweiligen Verfügung - durch einen Unterlassungsvergleich beendet. Von der Veröffentlichtung dieses Vergleichs nahm der Kläger gegen Zahlung von S 10.000,-- durch die Beklagte Abstand.

Am 21.12.1995 wurde der Kläger vom Vorwurf der Beteiligung an den Briefbombenattentaten rechtskräftig freigesprochen, wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz jedoch verurteilt. Der Kläger befindet sich derzeit in Strafhaft.

Am 7.9.1995 richtete der damalige Verteidiger des Klägers ein Schreiben an die Wochenzeitschrift "Profil" mit der Erklärung, daß der Kläger bei Verstößen gegen eine gegen diese erwirkte einstweilige Verfügung, die ein Verbot der Veröffentlichtung von Bildnissen des Klägers zum Gegenstand hatte, auf exekutive Maßnahmen gegen jederzeitigen Widerruf verzichte.

Mit der am 12.3.1996 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten S 100.000,-- als Entschädigung gemäß § 87 Abs 2 UrhG wegen der durch die beiden Bildnisveröffentlichungen verursachten Beeinträchtigungen. In den Bildberichten sei ganz massiv der Eindruck erweckt worden, daß der Kläger der Briefbombenattentäter sei. Den veröffentlichten Bildern komme im Zusammenhang mit dem Text kein Nachrichtenwert zu. Es seien daher seine berechtigten Interessen im Sinne des § 78 UrhG verletzt worden. Er sei als Täter oder jedenfalls möglicher Täter von Terrorakten oder Briefbombenattentaten gegen Personen, die sich ihrerseits nur für humanitäre Angelegenheiten eingesetzt hätten, angeprangert worden. Während der durch die Veröffentlichung des Bildnisses eines "gewöhnlichen" Einbruchsdiebes vermittelte Eindruck im Gedächtnis des Leserpublikums sehr rasch wieder entschwinde, werde das Ansehen des Klägers wegen des großen Interesses, das in der Öffentlichkeit der Berichterstattung über die Briefbombenattentate entgegengebracht werde, fortdauernd beeinträchtigt. Die Briefbombenanschläge seien wie ein Kainsmal mit seinem Bild verbunden. Die dadurch verursachte Unbill übersteige den mit einer Bildnisschutzverletzung sonst verbundenen Ärger bei weitem. Auch fühle sich der Kläger dadurch empfindlich gekränkt. Die Beklagte habe ihm daher den immateriellen Schaden gemäß § 87 Abs 2 UrhG zu ersetzen. Der Betrag von S 100.000,-- sei hiefür angemessen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Bei der Beurteilung, ob eine Verletzung des Bildnisschutzes vorliege, dürfe der Bekanntheitsgrad der abgebildeten Person nicht außer Betracht bleiben. Der Kläger habe sich wiederholt in die Öffentlichkeit gedrängt, so zB dadurch, daß er als Zuhörer an der Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen Gottfried K***** teilgenommen habe. Die berechtigten Interessen allgemein bekannter Personen könnten jedoch durch Bildnisveröffentlichungen allein noch nicht beeinträchtigt werden. In den Veröffentlichungen selbst werde im Text allgemein nur von einer Verdachtslage berichtet. Schließlich sei der Kläger wegen des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz verurteilt worden. Der Bekanntheitsgrad müsse am Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorliegen, was hier der Fall sei. Die Interessen der Beklagten und des Leserpublikums an den Bildveröffentlichungen gingen im Sinne der Informationsfreiheit gemäß Art 10 MRK den Interessen des Klägers vor. Es gehöre bereits zur normalen Berichterstattung, daß Bildnisse jener Personen veröffentlicht werden, mit denen sich der Text befasse. Eine Verletzung des Bildnisschutzes liege somit nicht vor. Selbst wenn man aber eine solche Verletzung bejahen möchte, läge kein besonderer Härtefall im Sinne des § 87 Abs 2 UrhG vor. Immerhin sei der Kläger wegen Wiederbetätigung verurteilt worden. Wenn der Kläger aus der Haft entlassen werde, werde die Bevölkerung die veröffentlichten Lichtbilder längst wieder vergessen haben. In einem Schreiben vom 7.9.1995 habe der Kläger überdies unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, sich durch die Veröffentlichungen nicht beeinträchtigt zu fühlen. Der Kläger habe gegen Entgelt auf die Veröffentlichung des Vergleichs verzichtet. Daraus ergebe sich zweifelsfrei, daß sein allfälliger Schadenersatzanspruch pauschal abgegolten sei. Letztlich seien die Lichtbilder auch in zahlreichen anderen Medien erschienen. Da der Kläger durch die Veröffentlichung derselben Fotos nur einmal gekränkt sein könne, könne ihm auch nur ein Ersatzanspruch zustehen, für den die Beklagte dann allenfalls nur anteilig einzustehen hätte. Der begehrte Entschädigungsbetrag sei überdies unangemessen hoch.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die mit dem Bildnis des Klägers unterlegte Berichterstattung vom 18.1.1995 enthalte eine eindeutig gegen den Kläger gerichtete Tendenz dahin, daß sich der Verdacht gegen den Kläger zunehmend erhärte. Das ergebe sich aus der Überschrift, daß sich die staatsanwaltschaftlichen Erhebungen im Endspurt befänden und ein (wenn auch) "wackeliger" Kronzeuge Vorwürfe gegen den Kläger untermauere. Diesen Eindruck verstärke die Abbildung des Klägers, auf der er, von zwei Wachebeamten flankiert, in Handschellen vorgeführt werde. Angesichts der Aufzählung nur der den Kläger belastenden Indizien werde - unter Verletzung der Unschuldsvermutung - ein Vorverurteilung des Klägers vorgenommen. Da der Kläger der Bildveröffentlichung nicht zugestimmt habe, seien dadurch seine berechtigten Interessen im Sinne des § 78 UrhG verletzt worden. Eine Beschränkung des Verhinderungsinteresses des Klägers durch die Informationsfreiheit sei nicht gegeben, weil keine Umstände ersichtlich seien, wonach der Öffentlichkeit neben dem berechtigt hohen Interesse an der Bekanntgabe laufender Ermittlungsergebnisse über die Briefbombenattentate auch noch ein Interesse an der Veröffentlichung des Lichtbildes des Klägers zuzugestehen wäre. Ein zusätzlicher Informationswert der Abbildung sei nicht zu erkennen. Das Interesse des Klägers, nicht in aller Öffentlichkeit angeprangert zu werden, sei jedenfalls höher zu bewerten, als ein allfälliges Interesse des Leserpublikums am Aussehen von Personen, über die berichtet werde. Dem Einwand der Beklagten, daß aufgrund der allgemeinen visuell-medialen Reizüberflutung Bildberichterstattungen für das Leserpublikum normal seien und nicht mehr der Befriedigung der Sensationslust dienten, sei entgegenzuhalten, daß das, was für die einen möglicherweise bereits normal sei, die Rechte anderer nicht beeinträchtigen dürfe. Die wirtschaftlichen Interessen von Tageszeitungen, mit derartigen Bildberichterstattungen ihren Absatz zu fördern, könnten den Verhinderungsinteressen des Klägers keinesfalls vorgehen. Das gelte auch für die Veröffentlichung vom 19.2.1994. Auch damals sei berichtet worden, daß der Verdacht bestehe, der Kläger habe an den Briefbomben mitgebaut. Der nur Belastendes enthaltende Textteil sei ebenso tendenziös und verletze im Zusammenhang mit der vom Kläger nicht gestatteten Veröffentlichung seines Bildnisses seine berechtigten Interessen im Sinne des § 78 UrhG. Der Einwand der Beklagten, wonach bei der Interessenverletzung der Bekanntheitsgrad der abgebildeten Person nicht außer Betracht bleiben dürfe, sei unberechtigt, weil der Kläger diesen Bekanntheitsgrad erst durch laufende widerrechtliche Bildveröffentlichungen erlangt habe. Es könne daher bezüglich des Zeitpunktes des Erlangens des Bekanntheitsgrades auch nicht vom Schluß der mündlichen Verhandlung ausgegangen werden. Jeder Bildnisschutz wäre hinfällig, wenn durch Zuwiderhandeln vollendete Tatsachen geschaffen werden dürften. Der beispielhaft erwähnte Besuch einer öffentlichen Strafverhandlung diene wohl zu allerletzt dem Zweck, sich öffentlich in Szene zu setzen, wenn nicht sonst noch besondere Umstände hinzukämen. Diese seien allein in dem möglichen Umstand, daß der Kläger damit sein Interesse am Ausgang des Strafverfahrens gegen einen "Gleichgesinnten" dokumentiert habe, nicht zu erblicken.

Mit dem Vorwurf, ein im Neo-Nazimilieu angesiedelter Attentäter und Mörder zu sein, sei eine ganz empfindliche Kränkung verbunden. Die Verbindung mit einem derart schwerwiegenden Vorwurf werde dem Kläger trotz des Freispruches noch lange, selbst nach Haftentlassung, anhaften. Die mit dieser Art der Bildveröffentlichung verbundene Beeinträchtigung des Klägers übersteige den mit einer gewöhnlichen Verletzung des Bildnisschutzes verbundenen Ärger erheblich. Dem Einwand der Beklagten, daß ein ganz besonderer Härtefall nicht vorliege, weil der Kläger wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz verurteilt worden sei, sei zu entgegnen, daß der Vorwurf, ein Bombenattentäter und Mörder zu sein - ohne Verstöße gegen das Verbotsgesetz zu verharmlosen - ein erheblich anderes Gewicht besitze. Im übrigen seien die veröffentlichten Bildnisse des Klägers gerade mit den Briefbombenattentaten und nicht mit jenen Straftaten in Verbindung gesetzt worden, für die er letztendlich verurteilt worden sei. Mit dem festgestellten Schreiben seiner Vertreter habe der Kläger keineswegs unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, sich durch die beanstandeten Bildveröffentlichungen nicht beeinträchtigt zu fühlen. Auch sei in der Entgegennahme von S 10.000,-- kein klarer Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Schadenersatzansprüche erkennbar. Schließlich gehe auch der Einwand der Beklagten ins Leere, daß die beanstandeten Bildnisse in mehreren Medien veröffentlicht worden seien. Wegen der verschiedenen Leserkreise der unterschiedlichen Medien sei sehr wohl ein Unterschied zu machen, welche Zeitschrift Bildnisse veröffentlicht habe. Angesichts der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Klägers sei der Entschädigungsbetrag von S 100.000,-- angemessen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Eine Zustimmung zu den vorliegenden Bildnisveröffentlichungen liege in dem - nicht an die Beklagte, sondern an die Zeitschrift "Profil" gerichteten - Schreiben vom 7.9.1995 nicht. Es treffe auch nicht zu, daß beide Bildnisse des Klägers in Verbindung mit dem jeweils ausgewogenen Begleittext veröffentlicht worden seien, der für jedermann erkennbar nur von einer Verdachtslage gesprochen habe. Die Veröffentlichung des Lichtbildes des Klägers in der Ausgabe vom 18.1.1995 samt Begleittext habe bereits den Gegenstand des Verfahrens 35 Cg 23/95m des Handelsgerichtes Wien gebildet. Schon dort sei der Beklagten mit einstweiliger Verfügung untersagt worden, Bildnisse des Klägers im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein gegen ihn geführtes Strafverfahren wegen des Verdachtes der Beteiligung an Briefbombenattentaten im Dezember 1993 ohne seine Einwilligung zu veröffentlichen. Die Gründe für die Erlassung der einstweiligen Verfügung träfen auch für die Veröffentlichungen vom 19.2.1994 zu. Das Interesse der Beklagten auf Information der Öffentlichkeit über die gegen den Kläger vorgebrachten Verdachtsgründe und an der Bildnisveröffentlichung übersteige das Interesse des Klägers an der Verhinderung dieser Veröffentlichung nicht. Auch eine mit einem veröffentlichten Bild gebrachte wahre Tatsachenmitteilung, die weder gegen § 7a noch gegen § 7b MedienG verstoße, könne berechtigte Interesse des Abgebildeten verletzen.

Aus der - durch die Bildberichterstattung in zahlreichen periodischen Medien verursachten - Bekanntheit des Aussehens des Klägers ergebe sich keine andere Interessenabwägung. Zum Zeitpunkt der beanstandeten Veröffentlichungen sei das Aussehen des Klägers nicht so bekannt gewesen, daß eine Veröffentlichung seines Bildes nicht mehr zu seiner Identifikation in der Öffentlichkeit hätte beitragen können. Auch wenn es für diese Beurteilung im allgemeinen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz ankomme, gehe der Bildnisschutz nicht verloren, wenn die Bekanntheit einer abgebildeten Person vor allem auf die Berichterstattung über die dem Abgebildeten zur Last gelegten Straftaten zurückgehe, weil andernfalls die Medien durch exzessive Berichterstattung selbst die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Bildnisveröffentlichungen mit reißerischen und damit zwangsläufig oft ehrenrührigen Begleittexten schaffen könnten.

Da durch die beanstandeten Bildnisveröffentlichungen in Verbindung mit den jeweiligen Begleittexten berechtigte Interessen des Klägers im Sinne des § 78 UrhG verletzt worden seien, sei auch der Entschädigungsanspruch des Klägers gemäß § 87 Abs 2 UrhG berechtigt. Immaterielle Schäden seien nach § 87 Abs 2 UrhG nur dann zu ersetzen, wenn die Beeinträchtigung den mit jeder Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger übersteige, es sich also um eine ganz empfindliche Kränkung handle. Zu Recht habe das Erstgericht das Vorliegen einer solchen Kränkung des Klägers angenommen. Daran könne die rechtskräftige Verurteilung des Klägers nach dem Verbotsgesetz nichts ändern, zumal zwischen dem Vorwurf, ein Neonazi zu sein, und jenem als Briefbombenattentäter für die Verletzung oder Tötung von Personen verantwortlich zu sein, ein erheblicher Unterschied bestehe.

Daß die beanstandeten Lichtbilder in mehreren Medien erschienen seien und dem Kläger unter anderem wegen der Veröffentlichung seines Bildes am 18.1.1995 im Verfahren 1 Cg 56/96f des Landesgerichtes St.Pölten ein Entschädigungsbetrag von S 150.000,-- zuerkannt worden sei, ändere an der Schadenersatzpflicht der Beklagten nichts. Es mache - entgegen der Auffassung der Beklagten - sehr wohl einen Unterschied, ob die Veröffentlichung - wie im zitierten Verfahren - in einer Wochenzeitschrift oder in einer Tageszeitung erfolgt sei. Es sei von unterschiedlichen Leserkreisen auszugehen, weshalb für die aufgrund einer identischen Bildnisveröffentlichung erlittene Kränkung des Klägers der Zuspruch eines weiteren Entschädigungsbetrages gemäß § 87 Abs 2 UrhG gerechtfertigt erscheine. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sei der mit S 100.000,-- bemessene Entschädigungsbetrag keineswegs überhöht.

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, weil eine nähere Auseinandersetzung des Obersten Gerichtshofes mit der Frage, in welchem Verhältnis die Ansprüche gemäß §§ 6 ff MedienG zu den Ansprüchen gemäß § 87 Abs 2 iVm § 78 UrhG stehen, erforderlich ist; sie ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagte vertritt in ihrer Revision im wesentlichen die Auffassung, daß der Kläger Ansprüche gemäß § 87 Abs 2 iVm § 78 UrhG im Zivilprozeß zufolge dessen materiellrechtlicher Derogation durch die §§ 6 ff MedienG nicht mehr geltend machen könne. Eine solche Derogation in den Grenzen der im MedienG gewährten Entschädigungsansprüche sei schon wegen des verfassungsmäßigen Verbots, denselben Sachverhalt überschneidend zu regeln und ihn gleichzeitig verschiedenen Behörden zur Entscheidung über denselben daraus abgeleiteten Anspruch zuzuweisen, anzunehmen. Die genannten Entschädigungsbestimmungen des MedienG seien gegenüber dem sich aus einer unzulässigen Bildnisveröffentlichung ergebenden Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens gemäß § 87 Abs 2 UrhG die spezielleren Normen. Der Kläger hätte denselben Anspruch in einem selbständigen Entschädigungsverfahren nach dem MedienG vor dem Strafgericht durchsetzen können. Eine an den Wertungen der §§ 6 ff MedienG orientierte Interessenabwägung ergebe das überwiegende Informationsinteresse der Beklagten an der Veröffentlichung der Lichtbilder des Klägers. Ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung falle der Beklagten nicht zur Last. Ob gegen § 7b MedienG verstoßen worden sei, sei bloß in formeller Hinsicht zu prüfen. Eine Beurteilung unter Berücksichtigung aller denkmöglichen Auslegungsvarianten sei zu weit. Eine objektive Schilderung des Tatherganges, der Verdachtslage und der Ermittlungsschritte sei zulässsig. Die Berichterstattung der Beklagten habe sich an diesen Grundregeln orientiert. Der nachträgliche Freispruch des Klägers vom Vorwurf, an den Briefbombenattentaten beteiligt gewesen zu sein, müsse unbeachtlich bleiben. Die Beklagte habe nur deshalb über den Kläger bloß Belastendes berichtet, weil ihr Entlastendes nicht bekannt gewesen sei. Daß sie Entlastungsmaterial unterschlagen habe, hätte der Kläger beweisen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Gemäß § 87 Abs 1 UrhG hat, wer durch eine Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz einen anderen schuldhaft schädigt, dem Verletzten ohne Rücksicht auf den Grad des Verschuldens auch den entgangenen Gewinn zu ersetzen; auch kann der Verletzte in einem solchen Fall eine angemessene Entschädigung für die in keinem Vermögensschaden bestehenden Nachteile verlangen, die er durch die Handlung erlitten hat (Abs 2). Auch der in seinem Persönlichkeitsrecht durch Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§ 78 UrhG) Geschädigte hat zufolge der Einordnung dieses Persönlichkeitsrechts in das UrhG demnach Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, wogegen das ABGB für die Verletzung der dort enthaltenen Persönlichkeitsrechte keinen Ersatz des immateriellen Schadens vorsieht.

§ 78 UrhG schützt den Mißbrauch von Personenbildnissen in der Öffentlichkeit, namentlich dagegen, daß der Abgebildete durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann und entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EB zum UrhG, abgedruckt bei Peter, Urheberrecht 617). Die Beurteilung, ob die im Gesetz nicht näher festgelegten Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind (MR 1995, 226 - Bombenterror; ÖBl 1998, 88 - Ernestine K. uva). Dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (MR 1989, 54 - Frau des Skandalrichters; ÖBl 1993, 39 - Austria Boß; MR 1995, 143 - Haider-Fan; ÖBl 1998, 88 - Ernestine K. uva). Der erste Schritt gilt daher der Prüfung, ob im Einzelfall überhaupt ein schutzwürdiges Interesse des Abgebildeten vorliegt, das verletzt sein könnte. Ist schon das zu verneinen, dann ist der rechtliche Schutz zu versagen; bei Bejahung dieses Interesses ist aber in einem weiteren Schritt die Interessenlage auf beiden Seiten zu beurteilen, aus deren Abwägung sich ergibt, ob die Geheimhaltungsinteressen den Vorrang haben und damit zu berechtigten Interessen werden (Buchner, Das Persönlichkeitsbild des Abgebildeten, in FS 50 Jahre UrhG 21 ff [26 f]; MR 1989, 54 - Frau des Skandalrichters; ÖBl 1998, 88 - Ernestine

K.).

Mit den im MedienG enthaltenen Bestimmungen über den Persönlichkeitsschutz wurden spezielle Normen für die Entschädigung geschaffen, wenn Persönlichkeitsrechte durch ein Medium verletzt werden. § 6 MedienG gewährt einen Entschädigungsanspruch bei übler Nachrede, Beschimpfung, Verspottung und Verleumdung, § 7 MedienG bei Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches, § 7a MedienG bei einem Eingriff durch Bekanntgabe der Identität einer Person in besonderen Fällen, § 7b MedienG beim Eingriff durch die Verletzung der Unschuldsvermutung, § 7c MedienG neuerdings auch bei Beeinträchtigungen durch Lauschangriff und Rasterfahndung.

Das MedienG gibt - im Gegensatz zum UrhG - aber nur einen Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Kränkung, also eines Teiles des möglichen immateriellen Schadens. Die Höhe des Entschädigungsbetrages ist nach Maßgabe des Umfanges und der Auswirkungen der Veröffentlichungen, insbesondere auch der Art und des Ausmaßes der Verbreitung des Mediums zu bestimmen; auf die Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Medienunternehmens ist Bedacht zu nehmen (§ 6 Abs 1 zweiter Satz MedienG, welcher gemäß §§ 7 bis 7c je Abs 1 MedienG auf alle anderen genannten Tatbestände anzuwenden ist). Das Gesetz legt außerdem Obergrenzen für die Entschädigung fest. Den Anspruch auf einen solchen Entschädigungsbetrag kann der Betroffene im strafgerichtlichen Verfahren als Adhäsionsanspruch geltend machen. Kommt es nicht zu einem solchen Strafverfahren, so kann der Anspruch mit einem selbständigen Antrag geltend gemacht werden (§ 8 Abs 1 MedienG), der bei sonstigem Verlust binnen 6 Monaten nach Beginn der den Anspruch zugrundeliegenden Verbreitung beim Strafgericht eingebracht werden muß (§ 8a Abs 2 MedienG).

Der Identitätsschutz des § 7a MedienG erfaßt ua die Preisgabe der Identität durch eine Bildnisveröffentlichung solcher Personen, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig sind oder wegen einer solchen verurteilt wurden (Abs 1 Z 2). Die dafür vorgesehene Entschädigung für die durch die Verletzung schutzwürdiger Interessen dieser Personen erlittene Kränkung entspricht teilweise dem Schadenersatzanspruch gemäß § 87 Abs 2 UrhG wegen einer Verletzung des Rechtes am eigenen Bild. Buchner (aaO 23 f) beurteilt die Regelungen des MedienG über den Entschädigungsanspruch, denn im Verhältnis zu § 87 iVm § 78 UrhG als lex posterior, aber auch lex specialis, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand der üblen Nachrede, der Verspottung oder der Verleumdung hergestellt oder der höchstpersönliche Lebensbereich eines Menschen in bloßstellender Weise dargestellt wird. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung MR 1996, 32 - Kopf der Drogenbande ausgesprochen, daß der Schutz nach § 78 UrhG im Falle der Kriminalberichterstattung nicht weiter gehen kann als nach § 7a MedienG. In der Entscheidung MR 1996, 187 - Blauensteiner wurden die Wertungen in § 7b MedienG in die Interessenabwägung einbezogen; das Interesse der Abgebildeten am Unterbleiben der Bildnisveröffentlichung sei auch nach den Wertungen des § 7b MedienG gegeben.

In der Entscheidung 4 Ob 184/97f (= MR 1997, 302 - Ernestine K. = JBl

1998, 55 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K. = ecolex 1998, 226) hat der

Oberste Gerichtshof neuerlich zum Bildnisschutz bei Kriminalberichterstattungen Stellung bezogen, die bisherige Rechtsprechung, wonach in diesen Fällen ein überwiegendes Informationsbedürfnis an der Bildnisveröffentlichung nicht zu erkennen sei (ÖBl 1993, 39 - Austria Boß; MR 1995, 145 - Wunderarzt; MR 1995, 226 - Bomben-Terror uva), aufgegeben und - entsprechend der Wertungen der §§ 7a und 7b MedienG - ausgesprochen, daß jedenfalls Erwachsenen, die eines Verbrechens verdächtig sind oder wegen eines solchen verurteilt werden, der Identitätsschutz und damit auch ein Unterlassungsanspruch nach § 78 UrhG nur dann zukommt, wenn durch die Veröffentlichung ihr Fortkommen unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Die Wertungen des Medienrechts seien überall dort, wo der gleiche Sachverhalt geregelt wird, bei der Auslegung des § 78 UrhG zu berücksichtigen. Das Recht auf Unterlassung der Bildnisveröffentlichung stehe daher nicht schon dann zu, wenn der Betroffene im Begleittext nur - wahrheitsgemäß - als Tatverdächtiger bezeichnet wird, gegen den ein Strafverfahren geführt wird. Werde jedoch mit dem Begleittext die Unschuldsvermutung verletzt, dann erlange damit das Interesse des Abgebildeten am Unterbleiben der Bildnisveröffentlichung das Übergewicht an der (rechtswidrigen) Berichterstattung. Habe ein Medium die Unschuldsvermutung verletzt, dann könne es sich auch nicht darauf berufen, daß seine Behauptungen wahr seien.

Zur Frage des Verhältnisses der Ansprüche nach §§ 6 ff MedienG zu jenem nach § 87 Abs 2 UrhG hat das Oberlandesgericht Wien - ausgehend davon, daß die Einleitung des Adhäsionsverfahrens gemäß § 365 ff StPO die selbständige Einklagung beim Zivilgericht nicht hindert und umgekehrt - ausgesprochen (MR 1997, 76 - Spurensicherung), daß diese Ansprüche jeweils voneinander unabhängig bei den hiefür zuständigen Gerichten geltend gemacht werden könnten. Dem Umstand, daß der rechtskräftige Zuspruch im Strafprozeß das Prozeßhindernis der entschiedenen Sache für die Geltendmachung des Anspruchs vor dem Zivilgericht begründe, werde dadurch Rechnung getragen, daß nach herrschender Auffassung die im Medienverfahren zugesprochene Entschädigung auf eine gemäß § 87 Abs 2 UrhG begehrte Entschädigung anzurechnen sei.

Korn/Frauenberger haben in ihrer Anmerkung zur letztgenannten Entscheidung den Standpunkt vertreten, daß diese Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes gegen Art 83 Abs 2 B-VG verstoße. Es sei verfassungsrechtlich unzulässig, denselben Lebenssachverhalt überschneidend zu regeln und gleichzeitig verschiedenen Behörden die Entscheidung über denselben daraus abgeleiteten Anspruch zuzuweisen. Zur Vermeidung dieser Doppelgleisigkeit müsse eine materiellrechtliche Derogation des § 87 Abs 2 iVm § 78 UrhG durch die Bestimmungen des MedienG angenommen werden. Ansprüche gemäß § 87 Abs 2 iVm § 78 UrhG müßten daher überall dort von vornherein ausscheiden, wo Ansprüche nach dem MedienG überhaupt denkbar seien. Sie könnten daher zulässigerweise nur insoweit geltend gemacht werden, als sie die medienrechtliche Obergrenze überstiegen (MR 1997, 81 f).

Der 13. Senat des Obersten Gerichtshofes hat in seiner Entscheidung MR 1995, 171 die Ansprüche nach den §§ 6 ff MedienG als besondere zivilrechtliche Schadenersatzansprüche angesehen, an deren Natur sich auch durch die Verfahrensvorschriften nichts ändere. In der Entscheidung 14 Os 75/97 hat der Oberste Gerichtshof hingegen infolge einer von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ausgesprochen, daß die im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren vom Oberlandesgericht Wien ausgesprochene Rechtsansicht, die im Zivilverfahren bereits zugesprochene Entschädigung könne aus rechtlichen Gründen keine Berücksichtigung finden, das Gesetz in der Bestimmung des § 7a Abs 1 zweiter Satz zweiter Halbsatz (§ 6 Abs 1 zweiter Satz) MedienG verletze, aber gemeint, daß die Ansprüche der §§ 6 bis 7b MedienG solche sui generis seien, auf die die Grundsätze des Schadenersatzrechts nicht schlechthin anwendbar seien. Zwischen den Ansprüchen nach § 7a MedienG und nach § 87 Abs 2 UrhG bestehe daher echte Konkurrenz. Ungeachtet dessen ordne aber § 6 Abs 1 zweiter Satz MedienG ausdrücklich eine Bemessung der Höhe des Entschädigungsbetrags (auch) nach Maßgabe der (gesamten) Auswirkungen der Veröffentlichung an. Ein Ausgleich des durch (gleichzeitige) Verletzung des § 78 UrhG erlittenen immateriellen Schadens könne demnach zwanglos im Rahmen dieses Bemessungsaspektes Berücksichtigung finden.

Bei der Beurteilung des Verhältnisses der im MedienG und im UrhG enthaltenen Entschädigungsvorschriften ist folgendes zu berücksichtigen: Die §§ 6 ff MedienG erfassen nur die erlittene Kränkung, nicht aber auch die von § 87 Abs 2 UrhG ebenfalls umfaßten (äußeren) Persönlichkeitsschäden, wie die Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufes und des sozialen Ansehens sowie nicht bezifferbare Vermögensschäden (vgl zu diesen Mahr, Der immaterielle Schaden der juristischen Person im Wettbewerbsrecht, WBl 1994, 69 ff; ÖBl 1996, 134 - Leserverblödung). Wenngleich somit in dem infolge einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild gemäß § 87 Abs 2 UrhG zu ersetzenden immateriellen Schaden in den Fällen der §§ 6 ff MedienG die durch diese Bestimmungen abzugeltende erlittene Kränkung enthalten ist, also in beiden Fällen Ansprüche für denselben Schaden normiert werden, bestehen doch erhebliche Unterschiede in den Anspruchsgrundlagen: Die §§ 6 ff MedienG normieren einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch (vgl hiezu Koziol,

Die Haftung für kreditschädigende Berichte in Massenmedien, JBl 1993, 613 ff [618]) mit betraglicher Beschränkung; bei der Bemessung ist ua auch auf die Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Medienunternehmens Bedacht zu nehmen; der Schadenersatzanspruch wegen erlittener Kränkung kann in selbständigen Entschädigungsverfahren vor dem Strafgericht nur innerhalb der Ausschlußfrist von 6 Monaten erhoben werden. Gemäß § 87 Abs 2 UrhG steht hingegen der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens nur bei Verschulden des Schädigers zu, die Haftung ist unbegrenzt; bei der Bemessung ist nur auf die Umstände auf der Seite des Geschädigten Bedacht zu nehmen; der Anspruch verjährt gemäß § 1489 ABGB in drei Jahren. Der Gesetzgeber hat mit den §§ 6 ff MedienG Ansprüche geschaffen, die offenbar auf dem Gedanken der besonderen Gefährlichkeit der Medien beruhen (Koziol aaO 621). Er hat auch anläßlich der Mediengesetz-Novelle 1992 keinen Grund gesehen, § 87 Abs 2 UrhG insoweit aufzuheben, als er in Verbindung mit der Verletzung des Rechts am eigenen Bild deckungsgleiche Entschädigungsansprüche gewährt. Bereits in der Regierungsvorlage 1979 (abgedruckt in Foregger/Litzka, MedienG3, 41) hat er aber zum Ausdruck gebracht, daß die Bestimmungen des MedienG die in anderen Rechtsvorschriften - wie im Urheberrechtsgesetz - vorgesehenen Rechtseinrichtungen zum Schutz der Person ergänzen und nicht ersetzen sollen. Die Regierungsvorlage 1992 (abgelehnt bei Foregger/Litzka aaO 62) zitiert zum Verhältnis der Ersatzansprüche nach dem MedienG zu den Ansprüchen gemäß § 87 Abs 2 UrhG Buchner (aaO), wonach das MedienG gegenüber dem Bildnisschutz des Urheberrechtsgesetzes (§ 78 ff insb § 87) eine lex posterior, aber auch eine lex specialis sei, und führt aus, daß eine Entschädigung nach dem MedienG für den immateriellen Schaden gewährt werde, ein darüber hinausgehender Anspruch für vermögensrechtliche Nachteile (§ 1330 ABGB und § 87 Abs 1 UrhG) davon ebenso unberührt bliebe wie ein Anspruch auf ein die medienrechtlichen Obergrenzen übersteigende Entschädigung für den immateriellen Schaden gemäß § 87 Abs 2 UrhG. Der Justizausschuß hat zur Regierungsvorlage 1992 (JAB 1992, 5 f, abgedruckt in Foregger/Litzka aaO 92) ausgeführt, daß die Ansprüche auf Entschädigung nach dem MedienG zwar nicht weitergehende Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften hinderten, doch seien die in Medienverfahren zuerkannten Entschädigungsbeträge auf gleichgerichtete Ansprüche anzurechnen; Doppelentschädigungen sollten grundsätzlich nicht stattfinden.

Angesichts der unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen kann keine materiellrechtliche Derogation der in § 87 Abs 2 UrhG iVm einer Verletzung des Bildnisschutzes geregelten Ansprüche durch das MedienG angenommen werden. F.Bydlinski (juristische Methodenlehre2, 572) weist darauf hin, daß die Aufhebungsabsicht des Gesetzgebers bei Erlassung einer neuen Norm dann deutlich zum Ausdruck kommt, wenn deren Anwendung zugleich mit der älteren logisch unmöglich ist, weil sie an denselben Sachverhalt Rechtsfolgen knüpft, die mit den bisher geltenden in Widerspruch stehen. Die gleichzeitige Anwendung der Entschädigungsnormen des MedienG und des § 87 Abs 2 UrhG ist aber nicht logisch unmöglich. Nach Larenz (Methodenlehre 267 f) ist der Grundsatz, wonach die speziellere Norm die allgemeinere Norm einschränkt, in dieser Allgemeinheit nicht richtig; soweit nämlich die Rechtsfolgen der konkurrierenden Rechtssätze miteinander verträglich sind, kommt es darauf an, ob die Rechtsfolgen der spezielleren Norm für deren Anwendungsbereich die der allgemeinen Norm nach der Regelungsabsicht des Gesetzgebers nur ergänzen, sie modifizieren oder aber an deren Stelle treten sollen; das ist eine Frage der (teleologischen und systematischen) Auslegung; nur dann wenn die Rechtsfolgen sich ausschließen, führt das logische Verhältnis der Spezialität notwendig zur Verdrängung der allgemeinen Norm. Eine solche Verdrängung der älteren Entschädigungsnorm des § 87 Abs 2 UrhG durch die Bestimmungen der §§ 6 ff MedienG ist aber nach den dargestellten Grundsätzen nicht anzunehmen.

Die gebotene wechselweise Anrechnung erwirkter Entschädigungen entschärft die durch eine solche Gesetzeslage gegebene Anspruchskonkurrenz.

Sind aber unterschiedliche Anspruchsgrundlagen für die deckungsgleichen Ansprüche nach dem MedienG und nach dem UrhG gegeben, dann kann durch die unterschiedlichen Verfahrensarten, in denen die Ansprüche nach diesen Gesetzen durchzusetzen sind, auch nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) verletzt werden, das auch den Gesetzgeber dahin bindet, die Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien klar und eindeutig festzulegen (vgl hiezu Mayer, B-VG2, 257). Daß der Kläger wegen der geltend gemachten Veröffentlichungen kein strafrechtliches Entschädigungsverfahren eingeleitet hat, kann auch nicht zur Nichtigkeit des vorliegenden Zivilverfahrens führen, in dem der verschuldensabhängige Schadenersatzanspruch gemäß § 87 Abs 2 UrhG geltend gemacht wird. Der verschuldensabhängige, die Betragsgrenzen des MedienG nicht übersteigende Schadenersatzanspruch gemäß § 87 Abs 2 UrhG ist infolge des Verstreichens der Ausschlußfrist für die Geltendmachung der Entschädigung nach dem MedienG auch nicht erloschen.

Die vorliegenden Veröffentlichungen von Lichtbildern des Klägers rechtfertigen Ansprüche gemäß § 78 UrhG, weil durch den Begleittext die Unschuldsvermutung verletzt wurde. Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung genügt es nicht, bloß formal darauf hinzuweisen, daß nur über eine Verdachtslage berichtet wird. Es ist vielmehr durch eine Gesamtbetrachtung zu prüfen, ob beim Leser die Überzeugung entstehen kann, daß der Betroffene tatsächlich alle die beschriebenen Handlungen begangen hat (ÖBl 1998, 88 - Ernestine K.; so auch OLG Wien MR 1996, 19 unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien JAB 1992, 4 f abgedruckt bei Foregger/Litzka aaO 83). In dem mit der Bildveröffentlichung vom 19.2.1994 im Zusammenhang stehenden Text hat die Beklagte zwar formal bloß vom Verdacht berichtet, daß der Kläger an den Briefbombenattentaten beteiligt gewesen sei. Mit ihren weiteren Ausführungen aber, daß offen sei, wer dem Kläger dabei geholfen habe, suggerierte sie dem Leserpublikum, daß nur noch eine solche Beteiligung von Mittätern offen, die Beteiligung des Klägers aber gewiß sei. Auch in der Veröffentlichung vom 18.1.1995 ist die starke Tendenz zu erkennen, daß nicht bloß ein Verdacht der Täterschaft des Klägers, sondern bereits die Gewißheit der Täterschaft bestehe. Ein Überwiegen des Veröffentlichungsinteresses kommt hier daher nicht in Frage (ÖBl 1998, 88 - Ernestine K.).

Immaterieller Schaden im Sinne des § 87 Abs 2 UrhG ist dann zu

ersetzen, wenn die Beeinträchtigung den mit jeder

Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger übersteigt, es sich also um

eine ganz empfindliche Kränkung handelt (SZ 45/102 = ÖBl 1973, 112 -

C'est la vie; SZ 55/25 = ÖBl 1982, 164 - Blumenstück; SZ 67/71 = ÖBl

1995, 186 - Lebensberater). Das gilt auch für immaterielle Schäden,

die auf eine Verletzung berechtigter Interessen im Sinne des § 78

UrhG gestützt werden (SZ 63/75; ÖBl 1990, 91 - Music-Man; MR 1993, 61

- Austria-Boß; SZ 67/71 = ÖBl 1995, 186 - Lebensberater). Ergibt sich

- wie hier - schon aus der Behauptung der im konkreten Einzelfall

beeinträchtigten Interessen eine solche empfindliche Kränkung, dann

hat der Kläger damit auch schon die Voraussetzungen für den Anspruch

auf Ersatz des immateriellen Schadens gemäß § 87 Abs 2 UrhG dargetan

(SZ 63/75; SZ 67/71 = ÖBl 1995, 186 - Lebensberater; MR 1996, 185 -

Gerhard Berger II). Für den immateriellen Schaden ist die

Bildnisveröffentlichung auch dann kausal, wenn die berechtigten

Interessen im Sinne des § 78 UrhG durch das Bild an sich, nicht

beeinträchtigt werden könnten, aber durch den beanstandeten Text

beeinträchtigt werden. Das ergibt sich schon daraus, daß

Bildnisveröffentlichung und Text in einem untrennbaren Zusammenhang

stehen und die durch den Text hervorgerufene Kränkung durch die

Bildnisveröffentlichung, die eine zusätzliche

Identifikationsmöglichkeit schafft, verstärkt wird. Die Kränkung in

solchen Fällen nur auf den beeinträchtigenden Text zurückzuführen,

würde dem Zusammenwirken von Text und Bildberichterstattung nicht

gerecht werden.

Der Kläger wurde durch die beanstandete Bildnisveröffentlichung als Mit-(Täter) der Briefbombenattentate, die in der Öffentlichkeit große Anteilnahme erweckt haben, bezeichnet. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Veröffentlichung zu einer schweren Kränkung führte, noch dazu, wenn dieser Vorwurf unrichtig ist. Daß dieser Verstoß, für den die Beklagte gemäß § 81 Abs 1 letzter Satz UrhG einzustehen hat, auch schuldhaft geschehen ist, kann, da für die Täterschaft des Klägers damals keinerlei Gewißheit bestand und die Beklagte verpflichtet war, nur wertfrei über vorhandene Verdachtsmomente zu berichten, kein Zweifel bestehen.

Die Schwere des - wiederholten - Vorwurfs, an den Briefbombenattentaten beteiligt gewesen zu sein, rechtfertigt in Anbetracht des Umstandes, daß der Kläger mangels Beteiligung an dieser Attentatserie durch die Berichterstattung der Beklagten eine besonders schwere empfindliche Kränkung erlitten hat, den Zuspruch des geforderten Entschädigungsbetrages von S 100.000,--.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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