JudikaturJustiz4Ob128/14y

4Ob128/14y – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. September 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E*****, vertreten durch Höhne, In der Maur Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 383.846,46 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. April 2014, GZ 15 R 152/13b 167, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 24. Mai 2013, GZ 57 Cg 85/07z 161, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen die Klage auf Zahlung restlichen Werklohns wegen diverser Mehr und Zusatzleistungen mit der wesentlichen Begründung ab, der klagende Werkunternehmer habe einerseits die beträchtliche Überschreitung des Kostenvoranschlags dem beklagten Werkbesteller nicht mitgeteilt und andererseits eine nicht nachvollziehbare Rechnung gelegt, weshalb der Werklohn mangels ordnungsgemäßer Rechnungslegung nicht fällig geworden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin vermag keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Der von der Klägerin erhobene Entgeltanspruch beruht einerseits auf von ihr behaupteten Mehrkosten für das dem Kostenvoranschlag und dem Auftrag zugrunde liegende Werk und andererseits auf vom Beklagten über den ursprünglichen Auftrag hinausgehend beauftragten Zusatzleistungen.

Der Unternehmer muss selbst bei einem Kostenvorschlag ohne Gewährleistung eine beträchtliche Überschreitung unverzüglich anzeigen. Unterlässt er dies, verwirkt er jeden Anspruch wegen Mehrarbeit, selbst dann, wenn der Besteller eine beträchtliche Überschreitung des Kostenvoranschlags aus den Umständen vermuten musste (RIS Justiz RS0022018). Erweist sich ein gegenüber dem Kostenvoranschlag zusätzlicher oder andersartiger Aufwand an Arbeit und Material als unvermeidlich, um das ursprünglich vereinbarte Werk herstellen zu können, was zu einer beträchtlichen Überschreitung des Kostenvoranschlags führen muss, dann genügt das Einverständnis des Bestellers mit diesem zusätzlichen oder andersartigen Aufwand allein noch nicht, um annehmen zu können, der Besteller habe damit die Mehrkosten ungeachtet des Unterbleibens einer Anzeige des Unternehmers im Sinn des § 1170a Abs 2 ABGB übernehmen wollen. Nur, wenn der Besteller in einem solchen Fall nach den Umständen zweifelsfrei (§ 863 ABGB) einer Vertragsänderung sowohl hinsichtlich des herzustellenden Werks als auch hinsichtlich des dafür gebührenden Werklohns zustimmt, wird eine neue Vertragslage und dadurch eine neue Sach und Rechtslage geschaffen, sodass § 1152 ABGB zur Anwendung kommt (RIS Justiz RS0014171). Auf die Gründe der Überschreitung des Voranschlags kommt es nicht an, insbesondere spielt es keine ausschlaggebende Rolle, ob die Überschreitung auf notwendige Mehrarbeiten oder auf ein Steigen der Rohstoffpreise und Löhne zurückgeht. Die Folge der Unterlassung der unverzüglichen Anzeige ist der Verlust jeden Mehranspruchs (RIS Justiz RS0022072). Nur wenn die Umstände, die zu Mehraufwendungen führen in der Sphäre des Bestellers liegen, ist nach der Rechtsprechung die unverzügliche Anzeige der Überschreitung des Kostenvoranschlags entbehrlich (RIS Justiz RS0021954, RS0028222, RS0022089).

In diesem Fall steht fest, dass die Mehrkosten zum überwiegenden Teil nicht auf erteilte Zusatzaufträge zurückzuführen sind, sondern einerseits auf Umständen beruhen, die aus der Unternehmersphäre stammen (unrichtige Massen und Mengenkalkulation im Leistungsverzeichnis) und andererseits auf für den Besteller nicht vorhersehbaren Umständen (Erschwernisse für Materialtransport, Arbeiten in Überhöhen, abschnittsweises Arbeiten). In Bezug auf die verlängerte Bauzeit steht nicht im Einzelnen fest, auf welche Umstände dies zurückzuführen ist. Dass Ursache die eindeutig in die Bestellersphäre fallenden Zusatzaufträge wären, ergibt sich aus den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nicht. Der von der Klägerin dem Berufungsgericht vorgeworfene Widerspruch zu den Grundsätzen der Rechtsprechung ist daher nicht zu erkennen; insbesondere geht der Pauschalvorwurf der Revisionswerberin, die Mehrkosten gegenüber dem Grundauftrag stammten zur Gänze aus der Bestellersphäre, ins Leere. Auf die in der Literatur geäußerte Kritik an der vorher zitierten Rechtsprechung ( Rebhahn in Schwimann ³ § 1170a Rz 6; § 1168 Rz 46 mwN; M. Bydlinski in KBB 4 , § 1170a Rz 9) braucht daher nicht näher eingegangen zu werden.

Sowohl für die Mehrkosten für das dem ursprünglichen Auftrag entsprechende Werk als auch für die geltend gemachten Entgelte für Zusatzaufträge haben die Vorinstanzen die Fälligkeit der erhobenen Werklohnforderung mangels nachvollziehbarer Abschlussrechnung verneint.

Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass eine Verpflichtung des Unternehmers zu einer genauen Detaillierung des Entgelts für seine zur Erbringung des Werks erforderlichen Einzelleistungen nicht gegeben ist, weil durch die Übermittlung der Rechnung der Besteller nur über die Höhe des vorher nicht fix vereinbarten, vom Unternehmer begehrten Entgelts in Kenntnis gesetzt werden soll. Es genügt, wenn der Unternehmer die von ihm erbrachten Leistungen einzeln anführt und für das Werk ein Gesamtentgelt berechnet, das der Besteller auf seine Angemessenheit überprüfen kann (RIS Justiz RS0021908). Die von den Parteien vereinbarten Kriterien zur Entgeltbestimmung sind zu berücksichtigen (5 Ob 571/79). Wo die Ermittlung des Entgeltanspruchs nach der Natur des Geschäfts und den Umständen des Falls eine genaue Abrechnung der erbrachten Leistungen und aufgewendeten Kosten voraussetzt, ist die Fälligkeit des Entgelts aber mit der ordnungsgemäßen Rechnungslegung verknüpft (RIS Justiz RS0017592). Da in diesem Fall ein Werkvertrag in Form eines Einheitspreisvertrags geschlossen wurde und auch für die Zusatzaufträge keine Pauschalpreisvereinbarung vorliegt, ist die Höhe des Werklohns vom Umfang der erbrachten Leistungen abhängig und eine genaue Abrechnung erforderlich (vgl 8 Ob 114/11i; 3 Ob 146/99p). Eine detaillierte Rechnung liegt vor, wenn unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs des Werks sowie des Einblicks des Bestellers dieser ausreichend über die Berechnungsunterlagen informiert wird, sodass er die Möglichkeit der Prüfung der Angemessenheit des Gesamtentgelts besitzt. Ob diese Anforderungen erfüllt sind, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS Justiz RS0021946).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass aus der Schlussrechnung nicht nachvollzogen werden kann, welche Kosten im Einzelnen auf die Zusatzaufträge entfallen und welche auf die Mehrkosten in Bezug auf den Grundauftrag, weshalb eine Angemessenheitsprüfung nicht durchgeführt werden kann, ist jedenfalls vertretbar. Es bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn die Vorinstanzen die gesamte geltend gemachte restliche Werklohnforderung als nicht fällig beurteilten. Mangelnde Fälligkeit der Werklohnforderung bewirkt zwar nicht die von der Revisionswerberin beanstandete berufungsgerichtliche Beurteilung der Klage als unschlüssig, ändert aber nichts an der fehlenden Berechtigung des erhobenen Klagebegehrens.

Entgegen den Revisionsausführungen lässt sich aus von der örtlichen Bauaufsicht erteilten Rechnungsfreigaben kein einen selbständigen Verpflichtungsgrund bildendes Anerkenntnis des Beklagten ableiten, liegt darin doch bloß die Erklärung des vom Beklagten Beauftragten, bestimmte Rechnungsbeträge als angemessen zu erachten. Der Beklagte selbst erklärte nach den getroffenen Feststellungen der Klägerin jedoch, die Rechnungsbeträge nicht anzuerkennen, weil er die Werklohnforderung für überhöht erachtete. Hinzu kommt, dass sich die Klägerin in ihrem Klagevorbringen auf die 12. Teilrechnung, allenfalls auf die Schlussrechnung beruft, teilweise Rechnungsfreigaben des vom Beklagten beauftragten Rechnungsprüfers aber nur die Teilrechnungen 1 bis 11 zum Gegenstand hatten.

Mängel des Berufungsverfahrens sind nicht zu erkennen, weil es weder einer Schlüssigstellung des Klagebegehrens bedurfte noch eine allenfalls unvollständige Erledigung der Rechtsrüge den Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO bildet (2 Ob 163/09y).

Rechtssätze
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