JudikaturJustiz3Ob56/95

3Ob56/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. September 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz R*****, vertreten durch Dr.Mag.Hermann Löckher, Rechtsanwalt in Perg, wider die beklagte Partei Adelheid R*****, vertreten durch Dr.Günther Steiner ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27.Jänner 1995, GZ 20 R 1/95-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 29.September 1994, GZ C 126/93t-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.430,-- (darin enthalten S 1.905,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Parteien wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 11.9.1987 zu 6 Cg 391/86 geschieden. Anläßlich der Scheidung schlossen die Parteien einen Vergleich über die Scheidungsfolgen, in dem es unter anderem heißt:

"1. a) Der Erstantragsteller verpflichtet sich an die Zweitantragstellerin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 6.000,-- beginnend am 1.7.1987, jeweils am Ersten eines Monates im vorhinein mit fünftägigem Respiro bei Zwangsfolge zu leisten.

Die bis zum Eintritt der Rechtswirksamkeit dieses Vergleiches fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen bei sonstiger Zwangsfolge zu bezahlen.

b) Festgestellt wird, daß der Unterhaltsbemessung 38 % des gemeinsamen Einkommens zu Grunde liegen und daß sich der im Punkt 1

a) vereinbarte Unterhaltsbeitrag, unter Berücksichtigung des monatlichen Bruttoeinkommens der Zweitantragstellerin aus unselbständiger Tätigkeit, von derzeit S 26.400,-- (vierzehnmal jährlich) ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage ergibt. ...."

Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 11.9.1987 waren die Parteien noch sorgepflichtig für die eheliche Tochter Sabine, geboren 28.4.1962, die damals Medizin studierte. Die Sorgepflicht für diese Tochter ist dann etwa 1991 mit Beendigung des Studiums durch die Tochter weggefallen.

Bis 1.3.1994 hatte der Kläger sowohl ein Einkommen aus der Einzelfirma Franz R***** als auch ein Einkommen aus der Tätigkeit als Angestellter bei der R***** GesmbH.

Am 14.9.1993 hatte der Kläger einen schweren Verkehrsunfall, wobei er eine Kopfverletzung mit Gehirnblutung erlitt. Er ist seither in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Mit Notariatsakt vom 4.3.1994 schenkte der Kläger an seine nunmehrige Gattin Isabella R*****

1. das ihm allein gehörige Unternehmen mit der Firmenbezeichnung Franz R*****, Tiefbohrunternehmen und Brunnenbauer mit allen Aktiven und Passiven, wie sie in der Bilanz dieser Einzelfirma zum 28.2.1994 verzeichnet sind, samt allen Rechten und Pflichten, unter denen bisher das Unternehmen geführt wurde,

2. weiters die Liegenschaft EZ 575 des Grundbuches ***** E*****, bestehend aus dem Grundstück 574/3 Baufläche/Werksgelände im Ausmaß von 3179 m2, sowie

3. die Liegenschaft EZ 639 des Grundbuches ***** E*****, bestehend aus dem Grundstück 573/1 LN per 683 m2 , beide Liegenschaften mit allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör samt allen Rechten und Pflichten, wie sie der Geschenkgeber bisher besessen und benützt hat, oder auch zu besitzen und zu benützen berechtigt war.

Als Stichtag für die Übergabe wurde der 1.3.1994, 0.00 Uhr vereinbart.

Es war aber tatsächlich zwischen dem Kläger und seiner Gattin ausgemacht, daß die Einzelfirma, die nunmehr an die Gattin geschenkt wurde, unverzüglich in die R***** GesmbH eingebracht wird. Es war geradezu diese Einbringung der Einzelfirma in die GesmbH die Voraussetzung für die Schenkung der Einzelfirma an die Gattin. Derzeit ist somit die Gattin des Klägers Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile der R***** GesmbH.

Ein wesentliches Motiv für die Beteiligten, die Einzelfirma in die GesmbH einzubringen, war zweifellos die Verringerung der Haftungsgefahr. Dieses Ergebnis hätte allerdings auch erreicht werden können, wenn die Einzelfirma vom Kläger direkt in die GesmbH eingebracht worden wäre.

Vor Einbringung der Einzelfirma in die R***** GesmbH wurde der Großteil der Geschäftstätigkeit, somit das operative Geschäft, über die Einzelfirma abgewickelt. Die GesmbH hatte im wesentlichen nur die Funktion, aus gewerberechtlicher Hinsicht die Durchführung von Bauunternehmungen zu ermöglichen, weil der Kläger keine Baumeisterkonzession hatte.

Da sich der Kläger durch den Unfall vermindert einsatzfähig fühlte, verringerte die GesmbH das Einkommen des Klägers auf netto S 25.184,-- plus Sonderzahlungen. Diese Gehaltsreduktion hat der Kläger selbst veranlaßt. Der Kläger war und ist Geschäftsführer der R***** GesmbH.

Die Beklagte war und ist Angestellte bei der Einzelfirma Franz R*****. Sie hatte in den Jahren 1993 und 1994 ein Durchschnittsnettoeinkommen von S 27.600,-- bis S 29.100,--, wobei die genaue Höhe nicht eruiert werden konnte. Im Einkommen der Beklagten sind Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von jährlich S 6.000,-- bis S 24.000,-- enthalten, wobei der genaue Betrag aber nicht eruiert wurde.

Im Zeitraum ab 1.1.1993 hatte und hat der Kläger außer für die Beklagte für niemanden mehr zu sorgen.

Der Kläger erhob Einwendungen (§ 35 EO) gegen den Anspruch aus dem Vergleich vom 11.9.1987, zu dessen Gunsten die Beklagte zu E 151/93 des Bezirksgerichtes Mauthausen Gehaltsexekution führt; er brachte vor, der Unterhaltsanspruch sei seit 1.1.1993 erloschen. Sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen betrage S 44.300,--, dasjenige der Beklagten S 29.100,--. Er habe seine Einzelfirma mit Wirkung vom 1.3.1994 an seine nunmehrige Ehefrau übertragen und beziehe daraus kein Einkommen. Wegen eines schweren Unfalls habe sich sein Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit seit 1.3.1994 auf S 25.184,-- netto monatlich verringert.

Die Beklagte wendete ein, zum Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit seien auch die Investitionsfreibeträge zu rechnen.

Tatsächlich sei eine Unterhaltserhöhung gerechtfertigt. Die Transaktionen des Klägers (Schenkung des Einzelunternehmens an die Ehefrau und Gehaltskürzung) seien nur zu dem Zweck erfolgt, den Unterhalt der Beklagten zu verkürzen.

Darauf replizierte der Kläger, im konkreten Fall sei jeweils pro Geschäftsjahr trotz höheren Investitionsfreibetrags keine ins Gewicht fallende, höhere Kapitalbildung eingetreten, als dies der steuerlich angesetzte Gewinn ausdrücke. Relativ hohe Entnahmen seien deshalb erfolgt, weil der Kläger relativ hohe persönliche Steuern innerhalb derselben Periode habe begleichen müssen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es traf die bereits eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und führte aus, es ergäben sich als Nettoeinkommen des Klägers für 1989 S 1,314.882,--, für 1990 S 1,522.507,-- und für 1991 S 1,154.184,--. Bei der Berechnung des Einkommens aus dem Gewerbebetrieb wertete das Erstgericht als Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn die Rückstellungen für Abfertigung (S 40.051,-- im Jahr 1989 und S 114.781,-- im Jahr 1990), den Investitionsfreibetrag (S 686.047,-- im Jahr 1989, S 664.883,-- im Jahr 1990 und S 574.460,-- im Jahr 1991) und die Restbuchwertabschreibung (S 233.013,-- im Jahr 1989, S 258.872,-- im Jahr 1990 und S 148.331,-- im Jahr 1991). Die Auflösungen für Investitionsfreibetrag von S 17.908,-- im Jahr 1990 und S 23.918,-- im Jahr 1991 und die Auflösung für eine Abfertigungsrückstellung von S 111.387,-- im Jahr 1991 wurden abgezogen. Dies ergab ein Einkommen aus Gewerbebetrieb von S 1,013.868,-- aus 1989, S 1,103.006,-- aus 1990 und S 736.079,-- aus 1991. Hinzu kamen Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit von S 457.393,-- aus 1989, S 487.802,-- aus 1990 und S 521.407,-- aus 1991, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von S 74.869,-- aus 1989, S 115.857,-- aus 1990 und S 124.158,-- aus 1991.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Rückstellung für Abfertigung, der Investitionsfreibetrag und die Restbuchwertabschreibung seien unterhaltsrechtlich bei der Bemessungsgrundlage als Einkommen zu berücksichtigen. Gerade beim Investitionsfreibetrag, der Hauptgrund für die Bestreitung der weiteren Unterhaltspflicht durch den Kläger gewesen sei, handle es sich um eine Form der Rücklage; eine bereits getätigte Investition werde durch eine Gewinnminderung in Höhe von 20 oder 30 % der Investitionssumme begünstigt. Grund für die Einführung des Investitionsfreibetrags sei einerseits der Versuch gewesen, die Investitionstätigkeit zu beleben, andererseits habe man beabsichtigt, dem Nominalwertprinzip und der Versteuerung von Scheingewinnen entgegenzuwirken. Ein zwingender Grund für den Kläger, die Einzelfirma Franz R*****, über die ja die wesentlichen Geschäfte abgewickelt wurden, an seine Ehegattin zu schenken, habe nicht vorgelegen. Wenn beabsichtigt gewesen sei, die Haftung durch Einbringung in eine GmbH zu mindern, so hätte der Kläger genauso direkt die ihm gehörende Einzelfirma in die GmbH einbringen können; dann hätten die Geschäftsanteile ihm gehört, sodaß ihm daraus auch eventuelle Gewinne zugeflossen wären. Auch aufgrund des schweren Unfalls des Klägers sei es nicht notwendig gewesen, die Einzelfirma an seine Frau zu schenken; die Einzelfirma hätte ihr auch gegen Entgelt veräußert werden können. Plausibel erscheine allerdings, daß dem Kläger wegen seiner schweren Verletzung etwas weniger Gehalt ausbezahlt werde, weil doch seine Arbeitsfähigkeit etwas eingeschränkt sein dürfte. Durch die Schenkung der Einzelfirma an seine Gattin habe der Kläger ohne zwingenden Grund sein Einkommen und Vermögen wesentlich geschmälert; im Sinn der Anspannungstheorie dürfe dies nicht zu einer Verringerung des Einkommens der unterhaltsberechtigten Beklagten führen; es sei vielmehr von den Verhältnissen vor Eintritt dieser Schmälerung auszugehen. Nunmehr stünden einander das Einkommen des Klägers von durchschnittlich monatlich S 110.876,-- netto und das Einkommen der Beklagten von höchstens S 29.100,-- gegenüber. Gehe man nun von dem unterhaltsrechtlichen Grundsatz aus, daß die weniger verdienende geschiedene Ehegattin 40 % des Familieneinkommens, somit des gesamten Einkommens, haben müßte, so ergäben sich restliche Unterhaltsansprüche der Beklagten, die weit über den S 6.000,-- des Titels aus 1987 liegen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage der Buchwertabschreibung und der Rücklagen für Abfertigung bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage eines selbständigen Unterhaltspflichtigen sowie zu dessen Anspannung bei pflichtwidriger Schenkung eines Unternehmens höchstgerichtliche Judikatur fehle. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des selbständigen Klägers sei in erster Linie die sich aus dem Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben vom Einkommen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel. Dabei seien die Werte, die der Einkommensteuer (eines selbständig Erwerbstätigen) zugrundegelegt werden, für sich allein für die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht maßgebend. Die Steuerbemessungsgrundlage sei daher, wenn erforderlich, nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren. Bei Ermittlung des Durchschnittsnettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen sei jeweils der Bilanzgewinn um bloß steuerlich zu berücksichtigende Abschreibungsbeträge, denen keine tatsächliche wirtschaftliche Vermögensminderung entspreche, wie im Fall des Investitionsfreibetrags, zu erhöhen. Auch bei der Buchwertabschreibung handle es sich um steuerliche Begünstigungen, die den Unterhalt nicht zu schmälern vermögen und deshalb dem Gewinn zuzurechnen seien. Rücklagen für Abfertigung erhöhten als zur Vermögensbildung führend gleichfalls den Gewinn, der der Unterhaltsbemessung zugrundegelegt werde. Derartige Rücklagen seien nach wie vor als Teil des Eigenkapitals frei verfügbar; es bestehe kein Aussonderungsanspruch im Konkurs.

Bei der Lösung der Frage der Anspannung des unterhaltspflichtigen Klägers im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung an seine Ehefrau sei davon auszugehen, daß mit der Anspannung der Leistungskraft des Unterhaltspflichtigen der Unterhalt auf der Grundlage eines zwar tatsächlich nicht erzielten, aber wohl erzielbaren Einkommens bemessen werden könne. Die Anspannung des Unterhaltsschuldners auf ein von ihm tatsächlich nicht erzieltes Einkommen setze aber voraus, daß ihn ein Verschulden, also zumindest leichte Fahrlässigkeit, daran treffe, daß er das erzielbare Einkommen nicht erhalte. Die Anspannung dürfe nicht zu einer bloßen Fiktion führen, sondern müsse immer auf der hypothetischen Feststellung beruhen, welches reale Einkommen der Unterhaltspflichtige in den Zeiträumen, für welche die Unterhaltsbemessung erfolge, unter Berücksichtigung seiner konkreten Fähigkeiten und Möglichkeiten zu erzielen in der Lage wäre. Im vorliegenden Fall könne der Umstand, daß dem Kläger aus seinem Einzelunternehmen keine Einkünfte mehr zufließen, der unterhaltsberechtigten Beklagten nicht zum Nachteil gereichen. Für die Schenkung des Einzelunternehmens an die Frau des Klägers gebe es keinen nachvollziehbaren anerkannten Grund. Zur Widerlegung des Einwands der Beklagten, daß die Schenkung nur erfolgt sei, um die Beklagte im Unterhalt zu verkürzen, habe der Kläger kein Vorbringen erstattet. Das vom Erstgericht festgestellte Motiv für die Einbringung der Einzelfirma in die GmbH, die Haftungsgefahr zu verringern, sei für bereits bestehende Schulden nicht tragfähig; die Einbringung bedeute nämlich eine Einzelrechtsnachfolge, sodaß der Kläger als Schuldner wie bisher hafte; die Haftung der GmbH trete nur hinzu. Um die Gefahr persönlicher Inanspruchnahme in Zukunft auszuschließen, habe der Kläger sein Einzelunternehmen aber nicht an seine Gattin schenken müssen. Eine Verringerung der Haftungsbasis wäre durch Umgründen auf eigene Rechnung, durch Beteiligung an einer bestehenden GmbH sowie durch eine GmbH Co KG mit dem Kläger als Kommanditisten möglich gewesen. Da der Kläger keine Behauptungen aufgestellt habe, aus denen sich sonst eine vertretbare Vermögensverschiebung ergeben könnte, sei davon auszugehen, daß für den Kläger keine Notwendigkeit bestanden habe, sich unentgeltlich der ganzen Kapitalbasis zu begeben. Unter diesen Umständen habe sich der Kläger als Unterhaltsschuldner nicht auf Kosten der Unterhaltsgläubigerin seines Vermögens entledigen dürfen. Er hätte sich jedenfalls im Umfang des Wertes des bisherigen Unternehmens an der Kapitalgesellschaft, für deren Geschicke immer er als Geschäftsführer verantwortlich sei, beteiligen müssen. Die Schenkung des Einzelunternehmens befreie den Kläger daher nicht; er müsse sich so behandeln lassen, als ob er nach wie vor Träger dieses Unternehmens und Eigner des Vermögens wäre. Mangels gegenteiliger Behauptungen und Beweise sei im Zweifel davon auszugehen, daß die Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH wertneutral gewesen sei, sodaß der Wert des Einzelunternehmens erhalten geblieben sei. Daß sich das bisherige Einzelunternehmen in der vom Kläger selbst geführten GmbH nicht in annähernd gleicher Weise weiterhin entwickelt hätte, sei nicht vorgebracht worden. Der Unterhalt könne daher auch für die Zeit nach der Schenkung auf der bisherigen Basis berechnet werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß als für die Unterhaltsbemessung maßgebendes Einkommen die Summe aller dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden Mittel unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen zu verstehen ist (JBl 1994, 830; JBl 1992, 702; SZ 65/126; 3 Ob 503/96, teilweise veröffentlicht in ecolex 1996, 598). Nicht anders als beim Kindesunterhalt (ÖA 1995, 68; RdW 1993, 146), ist auch beim Ehegattenunterhalt die Steuerbemessungsgrundlage, wenn erforderlich, nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren. Demnach berühren Steuerbegünstigungen, denen keine effektiven Ausgaben gegenüberstehen, nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners (JBl 1994, 830; 3 Ob 503/96).

Bei Anwendung dieser Grundsätze kann bei der Frage der Berücksichtigung der vom Unterhaltspflichtigen vorgenommenen Abfertigungsrückstellungen (§ 14 EStG) bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage die Rechtsansicht der Vorinstanazen, eine derartige Rückstellung mindere nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, nicht gebilligt werden. Das Wesen dieser steuerlichen Berücksichtigung der Abfertigungsvorsorge hat sich nämlich im Laufe der Zeit gewandelt. Während im § 14 EStG 1972 eine Abfertigungsrücklage vorgesehen war, sieht die Nachfolgebestimmung nunmehr eine Abfertigungsrückstellung vor. Den Endpunkt dieser Entwicklung setzte das RLG, das nunmehr im § 198 Abs 8 Z 1 HGB ausdrücklich den Zwang zur Bildung einer Abfertigungsrückstellung eingeführt hat (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch EStG 1988 Rz 1 zu § 14; W.Doralt, Einkommensteuergesetz2, Rz 3 ff zu § 14). Entgegen der früheren Rechtsprechung der Rekursgerichte, wonach die Abfertigungsrückstellung nicht abzugsfähig war (vgl Schlemmer/Schwimann in Schwimann, ABGB, Rz 65 zu § 140; Schwimann, Unterhaltsrecht 49; LGZ Wien EFSlg 45.233), mindert jedenfalls die steuerliche Abfertigungsrückstellung grundsätzlich die Unterhaltsbemessungsgrundlage (vgl. Lang in Runggaldier, Abfertigungsrecht 464 ff; Weilinger in GesRZ 1989, 139 ff, 203 ff, insb 149, 214; W.Doralt aaO Rz 5-22 zu § 14). Es müßten etwa, um steuerlich wirksam zu sein, zum Teil Wertpapiere angekauft werden. Erst die Aktivierung bei Auflösung der Rückstellung ohne tatsächliche Verwendung für Abfertigungen bewirkt eine Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage.

Im vorliegenden Fall ist dies jedoch im Ergebnis für die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage bedeutungslos, weil der entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszuscheidende Betrag unter Berücksichtigung der Auflösung der Rückstellung für drei Jahre S 43.445,--, d.s. monatlich S 1.206,80 ausmacht.

Die Frage der Berücksichtigung des Investitionsfreibetrags ist auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu lösen, daß Abschreibungsbeträge, denen keine tatsächliche wirtschaftliche Vermögensminderung entspricht, bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen sind. Dies trifft beim Investitionsfreibetrag, dem effektive Ausgaben nicht gegenüberstehen, zu (5 Ob 501/93, teilweise veröffentlicht in EFSlg

70.877 und in RdW 1993, 146; JBl 1992, 702; LGZ Wien EFSlg 53.290; Schlemmer/Schwimann in Schwimann, Rz 65 zu § 140; Schwimann, Unterhaltsrecht 50; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 238).

Die vom Kläger ins Treffen geführten hohen, aus Vorperioden resultierenden Steuerbelastungen aus seiner persönlichen Unternehmereigenschaft stehen in keinem Zusammenhang mit dem Investitionsfreibetrag und sind daher für die Frage der Berücksichtigung des Investitionsfreibetrags bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage bedeutungslos.

Die bereits dargelegten Grundsätze zur Berücksichtigung von Steuerbegünstigungen, denen keine effektiven Ausgaben gegenüberstehen, gelten auch für Abschreibungen; durch sie dürfen die wahren Einkommensverhältnisse nicht zu Lasten des Unterhaltsgläubigers verzerrt werden (3 Ob 503/96, teilweise veröffentlicht in ecolex 1996, 598). Was die hier zu beurteilende Restbuchwertabschreibung betrifft, hat der unterhaltspflichtige Kläger in keiner Weise konkrete Umstände behauptet, aus denen sich im Einzelfall eine auch bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigende Minderung des Betriebsgewinns ergeben würde (vgl JBl 1992, 702; Schwimann, Unterhaltsrecht 114). Auch hier haben die Vorinstanzen zutreffend von einer Berücksichtigung bei der Bemessung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen Abstand genommen.

Bei Anwendung der Anspannungstheorie im Fall der Veräußerung des Einzelunternehmens des Unterhaltspflichtigen, der daneben über weitere Einkünfte verfügt, sind die Vorinstanzen den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefolgt. Die sog Anspannung des Unterhaltspflichtigen ist im § 94 Abs 1 und § 140 Abs 1 ABGB gesetzlich verankert ("nach ihren Kräften"). Der Unterhaltspflichtige hat alle Kräfte anzuspannen, um seiner Verpflichtung nachkommen zu können; er muß alle persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einsetzen. Tut er dies nicht, wird er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit hätte erzielen können (RZ 1994/18; RZ 1992/48; SZ 63/74 uva; Purtscheller/Salzmann Rz 245 ff; Schwimann, Unterhaltsrecht 119 ff).

Auf Grundlage der Tatsachenfeststellungen haben die Vorinstanzen die vom Kläger vorgenommene Unternehmensveräußerung zutreffend als schuldhafte Minderung des Einkommens beurteilt. Bei den von der Revision dagegen vorgebrachten Argumenten entfernt sich der Kläger von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes, wonach die Verminderung der Haftung des Klägers Motiv für die Einbringung der Einzelfirma in die GmbH war. Wie die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, wäre dieser Effekt jedoch auch auf andere Weise zu erzielen gewesen, ohne daß hiedurch die Rechte der Unterhaltsberechtigten gemindert worden wären.

Es war somit der zur Gänze unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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