JudikaturJustiz3Ob19/90

3Ob19/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. April 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Kellner und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C***-B***,

Wien 1., Schottengasse 6, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1) Heinrich M*** Gesellschaft mbH Co KG, Wien 23., Triester Straße 275,

2) Heinrich M***, geboren 22.Mai 1937, Kaufmann, Wien 16., Wermuthgasse 50, und 3) Josefine M***, geboren 10.Jänner 1911, Pensionistin, ebendort, wegen 1 Mio S s.A, 1) infolge Rekurses des Pfandgläubigers Wolfgang B***, Elektrounternehmen, Wien 14., Hütteldorfer Straße 252, vertreten durch Dr. Christian Dorda, und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 17.November 1989, GZ 4 R 530/89-14, womit sein Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Feldbach vom 26.Mai 1989, GZ E 9067/89-3, zurückgewiesen wurde, und 2) infolge Antrages desselben Pfandgläubigers auf Entscheidung eines positiven Zuständigkeitsstreites zwischen dem Bezirksgericht Feldbach und dem Bezirksgericht Liesing folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Text

Begründung:

Auf Grund eines vollstreckbaren Notariatsaktes beantragte die betreibende Partei zur Hereinbringung eines Teilbetrages von 1 Mio S von den drei verpflichteten Parteien beim Erstgericht die Versteigerung folgender vier Liegenschaften:

1.) EZ 226 GB Rohr des Erstgerichtes, im Alleineigentum der erstverpflichteten Partei stehend, Haupteinlage für das Simultanpfandrecht der betreibenden Partei von 2 Mio S in CLNR 9, ohne Pfandrecht des Pfandgläubigers Wolfgang B***

(= Rekurswerber).

2.) EZ 205 GB Inzersdorf des Bezirksgerichtes Liesing im Alleineigentum des Zweitverpflichteten stehend, Nebeneinlage für das Simultanpfandrecht der betreibenden Partei von 2 Mio S in CLNR 4, mit Pfandrecht des Rekurswerbers für 64.827,60 S in CLNR 8 (Haupteinlage) auf einem Hälfteanteil des Zweitverpflichteten.

3.) EZ 4090 GB Ottakring des Bezirksgerichtes Hernals im je Hälfteeigentum der zweit- und drittverpflichteten Parteien stehend, Nebeneinlage für das Simultanpfandrecht der betreibenden Partei von 2 Mio S in CLNR 2, mit Pfandrecht des Rekurswerbers für 64.827,60 S in CLNR 4 (Nebeneinlage) auf dem Hälfteanteil des Zweitverpflichteten, sowie

4.) 773/1063-Anteile der EZ 76 GB Unterbaumgarten des Bezirksgerichtes Hietzing im Eigentum des Zweitverpflichteten stehend, Nebeneinlage für das Simultanpfandrecht der betreibenden Partei von 2 Mio S in CLNR 8, mit Pfandrecht des Rekurswerbers für 64.827,60 S in CLNR 9 (Nebeneinlage).

Als Exekutionsgericht benannte die betreibende Partei im Exekutionsantrag für alle vier Liegenschaften das Erstgericht und als Grundbuchsgericht das Erstgericht sowie die Bezirksgerichte Liesing, Hernals und Hietzing.

Das Erstgericht bewilligte unter Hinweis auf schon eingetragene Pfandrechte die Zwangsversteigerung für alle vier Liegenschaften. Als Exekutionsgericht war für alle vier Liegenschaften das Erstgericht angegeben. Im Text des Exekutionsbewilligungsbeschlusses befindet sich weiters der Satz, daß das Erstgericht als Grundbuchsgericht die Einleitung des Versteigerungsverfahrens anzumerken habe. In der Zustellverfügung wurde hingegen angeordnet, daß je eine Ausfertigung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an die drei Grundbuchsgerichte Bezirksgericht Liesing, Hernals und Hietzing zur bücherlichen Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens übermittelt werde.

Mit dem Beschluß auf Bewilligung der Zwangsversteigerung wurde gleichzeitig die Schätzung "der Liegenschaft" nach Erlag eines Kostenvorschusses von 60.000 S angeordnet, ohne daß zum Ausdruck gebracht worden wäre, daß das Erstgericht die Vornahme der Schätzung aller vier Liegenschaften vornehmen werde. Die betreibende Partei erlegte in der Folge den Betrag von 60.000 S allerdings mit der Widmung, dies sei der Kostenvorschuß für die Zwangsversteigerung aller vier Liegenschaften.

Da der nicht zu den Buchberechtigten der Liegenschaft EZ 226 KG Rohr zählende Rekurswerber im Interessentenverzeichnis der betreibenden Partei nicht angeführt war, unterließ das Erstgericht eine Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an ihn. Der Rekurswerber erlangte jedoch durch eine Zustellung des Bezirksgerichtes Hernals vom 6.September 1989 (Akt 7 E 124/89) Kenntnis von der Bewilligung der Zwangsversteigerung. Mit der Begründung, das Erstgericht sei zur Bewilligung der Zwangsversteigerung für die oben zu 2, 3 und 4 angeführten Liegenschaften nicht zuständig gewesen, erhob der Rekurswerber einen Rekurs an die zweite Instanz mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes dahin abzuändern, daß der Exekutionsantrag im bekämpften Umfange zurückgewiesen werde, oder, daß als Exekutionsgericht die Bezirksgerichte Liesing, Hernals und Hietzing einzuschreiten haben.

Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Rechtsansicht, daß ein Pfandgläubiger nicht legitimiert sei, gegen den Beschluß auf Versteigerung der Liegenschaft Rekurs zu erheben, weil er durch diesen Beschluß nicht unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt werde. Die im § 133 Abs 4 EO vorgesehene Verständigung eines Pfandgläubigers habe nur den Zweck, die Frist des Antrages auf Feststellung des vorläufigen Lastenstandes auszulösen. Dem Pfandgläubiger ein Rekursrecht einzuräumen, nicht aber zB Reallast- oder Dienstbarkeitsberechtigten, denen der Beschluß auf Einleitung des Versteigerungsverfahrens jedenfalls nicht zuzustellen sei, wäre gleichheitswidrig. Nur wenn ein besonderes Interesse vorläge, zB wenn die Frage zu entscheiden wäre, ob von einer Fahrnisexekution betroffene Gegenstände Zubehör der Liegenschaft seien, könnte dem Hypothekargläubiger Beteiligtenstellung schon in diesem frühen Stadium des Versteigerungsverfahrens zukommen. Aus Anlaß der Erhebung des unzulässigen Rekurses könne auch nicht auf den Nichtigkeitsgrund der teilweisen Unzuständigkeit des Erstgerichtes eingegangen werden.

Die fehlende Rekurslegitimation treffe auch auf den hilfsweise gestellten Rekursantrag zu. Das Erstgericht sei allerdings an die von ihm selbst verfügte Anführung als Exekutionsgericht nicht gebunden und könne in seiner Eigenschaft als teilweise unzuständiges Exekutionsgericht von Amts wegen einen Überweisungsbeschluß nach § 44 JN fassen. Sollte der Rekurswerber selbst einen Überweisungsantrag beim Erstgericht stellen, käme ihm in diesem Umfang Beteiligtenstellung zu.

Der Pfandgläubiger Wolfgang B*** erhebt gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz einen Rekurs. Für den Fall, als diesem Rekurs nicht stattgegeben werde, stellt er den Antrag auf Entscheidung des dann seiner Meinung nach gegebenen positiven Kompetenzkonfliktes zwischen dem Erstgericht und dem Bezirksgericht Liesing, welches infolge Übermittlung des Ersuchens um Vollzug der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens seinerseits ein Zwangsversteigerungsverfahren durchführe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Zum Rekurs gegen die Bewilligung der Zwangsversteigerung von Liegenschaften ist außer den Parteien des Exekutionsverfahrens ein sonstiger Beteiligter nur legitimiert, wenn er an der Beseitigung des angefochtenen Beschlusses ein rechtliches Interesse hat, weil dessen Wirkungen seine Rechte unmittelbar beeinträchtigen (Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3 108; Heller-Berger-Stix, EO4 644, Entscheidungen wie SZ 29/35, EvBl 1965/292, EvBl 1973/282). Die in § 133 Abs 4 EO vorgesehene Verständigung der Hypothekargläubiger von der Bewilligung der Zwangsversteigerung hat, wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, den Zweck, ihnen die Wahrnehmung des Rechtes auf vorläufige Feststellung des Lastenstandes im Sinne des § 164 EO oder der Einlösung der Liegenschaft im Sinne des § 200 Z 2 EO zu ermöglichen (Angst-Jakusch-Pimmer, EO12, Anm 12 zu § 133; Heller-Berger-Stix 1101; Holzhammer aaO 159). Aus dieser Verständigungspflicht folgt daher noch nicht, daß dem Hypothekargläubiger gegen die Bewilligung der Zwangsversteigerung ein Rekursrecht zusteht. Die Rekurslegitimation besteht vielmehr nur dann, wenn - wie oben gesagt wurde - in die Rechte des Beteiligten eingegriffen wird. Zwecks Beurteilung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses auf die Rechtsstellung des Rekurswerbers ist zunächst die Zuständigkeitsproblematik zu untersuchen:

Die Bewilligung der Exekution auf Grund eines inländischen Notariatsaktes (§ 1 Z 17 EO) steht gemäß § 4 Abs 1 Z 6 EO dem in den §§ 18 und 19 bezeichneten Exekutionsgericht zu. Gemäß § 18 Z 1 EO ist das für die Bewilligung der Zwangsversteigerung das Bezirksgericht, bei dem sich die Einlage der zu versteigernden Liegenschaft befindet. Die Zuständigkeit dieses Exekutionsgerichtes ergibt sich im vorliegenden Fall, weil für die betriebene Forderung schon ein Pfandrecht begründet ist, überdies auch aus § 138 Abs 1 EO.

Wenn zur Exekutionsbewilligung das Exekutionsgericht berufen ist und wegen der Lage des Vermögens, auf das Exekution geführt werden soll, in verschiedenen Gerichtssprengeln einleitende Exekutionshandlungen vorzunehmen sein würden, hat die betreibende Partei gemäß § 6 EO die Wahl, bei welchem der zum Einschreiten als Exekutionsgericht zuständigen Gerichte sie um die Bewilligung der Exekution ansuchen wolle.

Wenn man davon ausgeht, daß das Erstgericht sich gemäß § 6 EO als zuständig erachtete, die beantragte Versteigerung für alle vier Einlagezahlen zu bewilligen, war im Beschluß des Erstgerichtes die Bezeichnung des Exekutionsgerichtes im Sinne des § 63 Z 5 EO insofern unrichtig, als das Erstgericht nur für die in seinem Sprengel gelegene Liegenschaft als Exekutionsgericht einzuschreiten hatte, während für die weiteren Liegenschaften die eingangs angeführten drei weiteren Gerichte als Exekutionsgericht angeführt hätten werden müssen. Demgemäß hätte das Erstgericht diese drei Gerichte nicht nur um die Vornahme der bücherlichen Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens, sondern auch um den Vollzug der Versteigerung ersuchen müssen (siehe dazu ausführlich das Formular Nr 186 bei Heller-Trenkwalder, EO3).

Es wird auch die Ansicht vertreten, § 6 EO komme nicht zur Anwendung, wenn die Exekution gegen mehrere Verpflichtete beantragt werde und für diese verschiedene Gerichte als Exekutionsgerichte einzuschreiten haben; in diesem Falle sei der Exekutionsantrag für jene Verpflichteten, für die das angerufene Gericht unzuständig ist, dem zuständigen Gericht gemäß § 44 JN zu überweisen (Heller-Berger-Stix 176). Da im vorliegenden Fall gegen die erstverpflichtete Partei nur eine im Sprengel des Erstgerichtes gelegene Liegenschaft versteigert werden soll, gegen die zweit- und drittverpflichtete Partei aber nur in den Sprengeln dreier Wiener Gerichte gelegene Liegenschaften, könnte dem Beschluß des Erstgerichtes auch der Fehler anhaften, daß in unrichtiger Anwendung des § 6 EO die Zuständigkeit auch für die zweit- und drittverpflichtete Partei bejaht wurde.

Aus der Darstellung aller dieser Möglichkeiten ergibt sich aber, daß der Rekurswerber bisher durch den angeführten Beschluß noch nicht in seinen Rechten beeinträchtigt werden konnte. Die vielleicht unrichtige Bewilligung der Zwangsversteigerung gegen alle drei verpflichteten Parteien auf alle vier Einlagezahlen in einem einzigen Beschluß und durch ein einziges der in Betracht kommenden vier Exekutionsgerichte konnte keine Mehrkosten verursachen, sondern kam im Gegenteil insgesamt billiger.

Die Rechte des Rekurswerbers könnten erst tangiert werden, wenn erkennbar würde, daß das Erstgericht zB die Vornahme der Schätzung für alle vier Liegenschaften selbst vornehmen und in einem beim Erstgericht anzusetzenden Termin alle vier Liegenschaften versteigern wolle, so wie wenn alle diese Akte des Exekutionsvollzuges im Sinne des § 21 EO dem Erstgericht übertragen oder die Verbindung des Vollzuges der Exekution für alle vier Liegenschaften im Sinne des § 22 EO angeordnet worden wäre. Erst eine solche Vorgangsweise könnte auf das Verwertungsergebnis einen Einfluß haben und damit auch die Befriedigungsmöglichkeiten des Rekurswerbers beeinflussen.

Die Bezeichnung des Exekutionsgerichtes im Sinne des § 63 Z 5 EO stellt keinen förmlichen Beschluß über die Zuständigkeit dar (RPfl Slg E 1974/98). Dem Beschluß auf Anordnung der Schätzung ist bisher nicht zu entnehmen, daß er sich auch auf die nicht im Sprengel des Erstgerichtes gelegenen Liegenschaften beziehe. Die allerdings bestehende Unklarheit würde am einfachsten und zweckmäßigsten dadurch behoben, daß das Erstgericht die drei Wiener Gerichte im Sinne des § 69 Abs 1 EO zusätzlich zu dem schon gestellten Ersuchen um Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens auch noch um den Vollzug der Versteigerung der drei nicht im Sprengel des Erstgerichtes gelegenen Liegenschaften ersucht. Dasselbe Ergebnis würde erzielt, wenn das vom Erstgericht als Exekutionsgericht "angerufene" Erstgericht im Sinne der Anregung des Gerichtes zweiter Instanz einen Überweisungsbeschluß nach § 44 JN faßt. Sofern im Sinne des Vorbringens des Rekurswerbers eines dieser drei Bezirksgerichte (das Bezirksgericht Liesing) schon das bisherige Ersuchen des Erstgerichtes so aufgefaßt haben sollte, daß es auch die Versteigerung durchzuführen habe, wäre dieser Vorgang damit saniert. In dieser Sicht liegt derzeit auch noch kein positiver Kompetenzkonflikt vor.

Erst wenn sowohl das Erstgericht als auch das Bezirksgericht Liesing die Versteigerung selbst durchführen wollten, bestünde ein Anlaß für eine Entscheidung nach § 47 JN.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO und auf die §§ 40 und 50 ZPO.

Rechtssätze
4