JudikaturJustiz3Ob152/93

3Ob152/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz H*****, vertreten durch Dr.Karl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Florian H***** , und 2. Maria H*****, vertreten durch Dr.Thomas Gratzl, Rechtanwalt in Wels, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (Streitwert S 1,260.000,--), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13.April 1993, GZ 20 R 43/93-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 28.Dezember 1992, GZ 1 C 660/92w-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit S 23.233,32 (darin enthalten S 3.872,22 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Unstrittig ist, daß den Beklagten am 14.1.1992 im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens die ursprünglich zur Hälfte im Eigentum des Klägers gestandene Liegenschaft EZ 10 Grundbuch ***** A***** samt dem im Schätzungsprotokoll verzeichneten Zubehör je zur Hälfte zugeschlagen wurde. Zu dieser Liegenschaft gehören unter anderem die Grundstücke ***** mit dem hierauf errichteten Vierkanthof mit der Hausnummer *****. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 15.Juni 1992 wurde den Beklagten über deren Antrag die zwangsweise Räumung der oben genannten Liegenschaft samt Zubehör bewilligt und deren Übergabe angeordnet.

Gegen diesen Anspruch, zu dessen Gunsten die Exekution bewilligt wurde, erhob der Kläger Einwendungen. Die Beklagten hätten mit mündlichem Kaufvertrag vom 2.5.1992 die Liegenschaft EZ 10 KG A***** samt Inventar und Zubehör an den Sohn des Klägers, Franz H***** jun., um S 1,260.000,-- veräußert. Infolge dieser Veräußerung seitens der die zwangsweise Räumung betreibenden Liegenschaftseigentümer könne vom Verpflichteten (= Kläger) mittels Oppositionsklage begehrt werden, die Exekution für unzulässig zu erklären. Die Sachbefugnis der Ersteher sei durch den Verkauf der Liegenschaft weggefallen. Der Kläger beantragte daher den urteilsmäßigen Ausspruch, es sei der Anspruch der Beklagten aus dem Beschluß des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 14.1.1992, zu dessen Hereinbringung das Bezirksgericht Mauthausen mit Beschluß vom 15.6.1992 die zwangsweise Räumung der EZ 10 KG A***** samt Inventar und Zubehör und deren Übergabe an die Beklagten angeordnet hat, erloschen. In der Tagsatzung vom 21.8.1992 ergänzte der Kläger sein Vorbringen dahin, daß die Beklagten dem Sohn des Klägers die veräußerten Grundstücke auch in den Besitz übergeben hätten. Der Sohn des Klägers bewirtschafte und bewohne die angekauften Grundstücke, er benütze auch das verkaufte Inventar und Zubehör. Der Kläger bewohne nunmehr mit Zustimmung seines Sohnes den Vierkanthof, da er ansonsten der Obdachlosigkeit ausgesetzt wäre. Es mangle den Beklagten infolge des außerbücherlichen Eigentumserwerbs und des Besitzes des Sohnes des Klägers an der nötigen Sachbefugnis zur Räumung.

Die Beklagten wendeten Unschlüsssigkeit des klägerischen Begehrens ein. Es sei nie zu der vom Kläger behaupteten Veräußerung der Liegenschaft gekommen. Franz H***** jun. sei selbst nach den Klagsbehauptungen nicht (grundbücherlicher) Eigentümer der oben genannten Liegenschaft, weshalb den Beklagten nach wie vor die Stellung als Liegenschaftseigentümer zukomme. Das Vorbringen des Klägers in der Tagsatzung vom 21.8.1992 sei, soweit es über das im Klageschriftsatz bereits erstattete hinausgehe, gemäß § 35 Abs 3 EO unzulässig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Franz H***** jun. sei jedenfalls nicht grundbücherlicher Eigentümer der EZ 10 KG A*****, weshalb die Sachbefugnis zur Räumung der Liegenschaft nicht auf ihn übergegangen sei, der Räumungsanspruch vielmehr nach wie vor den Beklagten zustehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der Eintragungsgrundsatz hindere jede "außerbücherliche" Eigentumsübertragung. Die Beklagten seien als Ersteher der Liegenschaft mit Zuschlagserteilung Eigentümer geworden. Der Sohn des Klägers könne seinen Besitz nicht von den Erstehern, sondern nur von seinen Eltern ableiten. Mangels der erst zu erzwingenden Übergabe an die Ersteher hätten diese, selbst wenn ein Kaufvertrag zustandegekommen sein sollte, den Besitz - oder gar ihr Eigentum - noch nicht auf den Käufer, also den Sohn des Klägers, übertragen können. Die Übergabe des Besitzes an den Sohn des Klägers sei rechtlich unmöglich gewesen. Demnach könne der Kläger aus dem von ihm behaupteten Recht auf Mitbenützung der oben genannten Liegenschaft, welches ihm durch seinen Sohn eingeräumt worden sei, nicht ableiten, der Räumungsanspruch der Ersteher sei gehemmt oder erloschen. Die Klage sei daher tatsächlich nicht schlüssig. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für nicht zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bereits zu der hier vorliegenden Frage Stellung bezogen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Behauptet der Verpflichtete oder ein Dritter Rechte, die einer zwangsweisen Übergabe nach § 156 EO zuwiderlaufen, so kann er dies durch eine den §§ 35 ff EO nachgebildete Klage geltendmachen (MietSlg 22.697; JBl 1968, 208 ua).

Richtig ist, daß die außerbücherliche Übertragung einer Liegenschaft trotz der Bestimmung des § 431 ABGB rechtlich nicht bedeutungslos ist. Derjenige, der durch einen Vertrag außerbücherlich erworben hat, kann seine Rechte übertragen und kann sie auch dem ursprünglichen Veräußerer (und auch dessen gutgläubigen Rechtsnachfolger) gegenüber geltend machen (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 12 zu § 431; MietSlg 34.050; SZ 43/119; RZ 1966, 88; JBl 1954, 68 ua). Im vorliegenden Fall macht der Kläger aber nicht geltend, daß ihm (außerbücherliches) Eigentum an der Liegenschaft zustünde, vielmehr beruft er sich darauf, daß sein Sohn von den Beklagten mittels Kaufvertrag die Liegenschaft erworben habe und dieser sohin (außerbücherlicher) Liegenschaftseigentümer sei. Lediglich der Sohn des Klägers könnte den Beklagten gegenüber sein (außerbücherliches) Eigentumsrecht im Sinne obiger Ausführungen geltend machen.

Zu prüfen ist, ob das vom Kläger erstattete Vorbringen einen tauglichen Oppositionsgrund darstellt. Er brachte vor, die Beklagten hätten die Liegenschaft EZ 10 KG A***** an seinen Sohn veräußert, weshalb ihr Anspruch (aufgrund des Zuschlags dieser Liegenschaft im Zuge des Zwangsversteigerungsverfahrens) erloschen sei und die Beklagten nicht mehr berechtigt seien, die zwangsweise Räumung dieser Liegenschaft (vom Kläger) zu begehren. Dieses Begehren wurde in der Tagsatzung vom 21.8.1992 dahin ergänzt, daß dem Sohn des Klägers seitens der Beklagten auch der Besitz der genannten Liegenschaft übertragen worden sei. Diese Ergänzung ist trotz der Bestimmung des § 35 Abs.3 EO zulässig, weil sich die Ergänzung im Rahmen des bereits in der Oppositionsklage geltend gemachten Rechtsgrundes (Wegfall der Aktivlegitimation) bewegt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens, daß der Kläger mit Zustimmung seines Sohnes nunmehr die Liegenschaft bewohne (Behauptung und Beweis eines eigenen Rechtstitels), handelt es sich um eine gemäß § 35 Abs 3 EO unzulässige Einwendung, auf die nicht weiter einzugehen ist.

Der Kläger vertritt also die Ansicht, die Beklagten seien deshalb zum Räumungsantrag nicht mehr berechtigt, weil sein Sohn außerbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft geworden und ihm deren Besitz durch die Beklagten übertragen worden sei. Er bestreitet demnach die Legitimation der Beklagten zur Erhebung eines Räumungsantrags. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Die Übergabe unbeweglicher, in einem öffentlichen Buche eingetragener Sachen kann gemäß § 431 ABGB grundsätzlich nur mittels Einverleibung in das Grundbuch erfolgen. Solange der neue Erwerber nicht die grundbücherliche Einverleibung als Eigentümer erwirkt hat, bleibt das Eigentum des Veräußerers bestehen. Er gilt ohne Rücksicht auf einen bereits zugunsten eines anderen geschehenen Verkauf und auf eine an diesen erfolgte Besitzübertragung als Eigentümer (JB 186; vgl SZ 55/32, 191). Erst ab dem Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumrechtes im Grundbuch gehen die aus dem Eigentum entspringenden Rechte (Kündigung, Räumungsanspruch) auf den Erwerber über. Daß dem außerbücherlichen Erwerber unter gewissen Voraussetzungen, nämlich wenn ihm vom Veräußerer der Besitz und die Verwaltung der Liegenschaft übertragen wurde und er in einen vom bisherigen Eigentümer abgeschlossenen Bestandvertrag eingetreten ist bzw diesen erneuert hat, bereits vor seiner Eintragung ins Grundbuch das Recht zur Kündigung von Bestandverträgen zusteht (SZ 59/127; EvBl 1972/282; MietSlg 30.237), braucht nicht erörtert werden, weil hier nicht das Recht des angeblichen Erwerbers der Liegenschaft zu beurteilen ist. Zur Räumungsklage ist, wie sich aus § 369 ABGB ergibt, der bücherliche Eigentümer einer Liegenschaft aber auch dann noch legitimiert, wenn er die Liegenschaft bereits an einen Dritten verkauft und faktisch übergeben hat (MietSlg 17.023; 7783; 7 Ob 32/62). Dann muß aber auch für den Ersteher, der gemäß § 237 Abs.1 EO unter Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes (vgl. Spielbüchler in Rummel2, Rz 8 zu § 426 ABGB; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 18 zu § 431; Gschnitzer-Faistenberger, Sachenrecht2 133) Eigentum erworben hat, gelten, daß seine Legitimation nach § 156 Abs.2 EO die Übergabe der Liegenschaft durch den Verpflichteten zu begehren, nicht durch den Abschluß eines Kaufvertrages mit einem Dritten selbst bei Besitzeinräumung an diesen, nicht verlorengeht. Der Frage der Besitzeinräumung kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu. Diese Rechtsansicht deckt sich mit dem Grundsatz, daß sich der außerbücherliche Übernehmer weder in der Exekution noch in der Insolvenz gegenüber Gläubigern des Eigentümers durchsetzen kann (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 11 zu § 431; vgl SZ 59/145; 5 Ob 308/85; Haslmayr in RZ 1967, 154; RdW 1984, 10; SZ 20/167; EvBl 1969/206; Schwimann, ABGB, Rz 13 zu § 431; EvBl 1964/87 uva). Es kann durchaus sein, daß dem Sohn des Klägers gegenüber den Beklagten aufgrund des allfälligen Kaufs der Liegenschaft eine Einrede aus dem Recht zum Besitz zusteht (SZ 41/112), jedenfalls aber nicht dem Kläger, der im Zwangsversteigerungsverfahren Verpflichteter ist.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.