JudikaturJustiz3Ob139/98g

3Ob139/98g – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt, 5541 Altenmarkt, Marktplatz 155, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der erstverpflichteten Partei, gegen die verpflichteten Parteien 1.) Peter S*****, 2.) Ulrike S*****, wegen gerichtliche Veräußerung gemäß § 119 KO und wegen S 24.882,18 sA, infolge Revisionsrekurses der Hypothekargläubigerin D*****, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 17. März 1998, GZ 6 R 56/98x-89, womit infolge Rekurses der betreibenden Partei der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Schärding vom 9. Jänner 1998, GZ 2 E 2978/94v-85, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Erstgerichtes zurückgewiesen wird.

Die betreibende Partei ist schuldig, der Revisionsrekurswerberin die mit S 16.020,-- (darin enthalten S 2.670,-- USt) bestimmten Kosten ihres Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 15. 5. 1991, wurde über das Vermögen des Erstverpflichteten der Konkurs eröffnet. Eine Liegenschaft steht je zur Hälfte im Eigentum des Gemeinschuldners und seiner Ehegattin. Für die Revisionsrekurswerberin ist unter CLNR 1a ein Pfandrecht für die Forderung von S 1,300.000,-- sA einverleibt.

Auf Antrag des Masseverwalters bewilligte das Konkursgericht die kridamäßige Versteigerung des dem Gemeinschuldner gehörenden Hälfteanteils und ersuchte das Erstgericht um den Vollzug.

Das Erstgericht bewilligte auf Grund eines Antrages des Masseverwalters als betreibender Partei die Zwangsversteigerung der anderen, im Eigentum der Ehegattin des Gemeinschuldners stehenden Liegenschaftshälfte zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 24.882,18 sA.

Am 3. 10. 1996 wurde die Liegenschaft um ein Meistbot von S 850.000,-- zugeschlagen.

In der Meistbotsverteilungstagsatzung vom 8. 1. 1997, an der der Masseverwalter und die anwaltlich vertretene Hypothekargläubigerin teilnahmen, meldete der Masseverwalter zunächst Sondermassekosten an. Die Hypothekargläubigerin meldete im Rang ihres Pfandrechts unter Vorlage des Versäumungsurteils des Landesgerichtes Salzburg vom 15. 4. 1991, einen Kapitalbetrag von S 1,300.000,-- sowie 11,25 % Verzugszinsen aus S 1,300.000,-- vom 10. 5. 1991 bis 9. 5. 1994 (= S 406.200,--) und weitere 11,25 % Verzugszinsen aus S 1,300.000,-- vom 10. 5. 1994 bis 10. 3. 1996 im Range der Nebengebührensicherstellung an; sie brachte vor, daß mit dem letztangeführten Zeitraum die Nebengebührensicherstellung aufgebraucht sei, der Resterlös sei auf das offene Kapital anzurechnen, das den verbücherten Kapitalsbetrag übersteige.

Der Masseverwalter erhob gegen diese Forderungsanmeldung insoweit Widerspruch, als der Versteigerungserlös für Zinsen verwendet werde. Die Pfandgläubigerin habe die angemeldeten Zinsen nicht ausreichend bescheinigt; außerdem habe sie die außergerichtliche Verwertung der Liegenschaft durch Ablehnung von Kaufpreisangeboten in Höhe von S 1,200.000,-- bzw S 1,400.000,-- verhindert. Hätte die Pfandgläubigerin diesen Kaufanboten zugestimmt, wären zumindest seit 30. 9. 1994 keine Zinsen mehr angefallen. Das weitere Auflaufen von Zinsen habe die Hypothekargläubigerin grob fahrlässig selbst verschuldet, weshalb sie keinen Anspruch auf diese Zinsen habe.

Die Aufwendungen des Masseverwalters für die Liegenschaftsverwaltung wurden mit S 52.768,98, dessen Verfahrenskosten mit S 155.615,80 jeweils als Sondermassekosten rechtskräftig bestimmt.

Das Erstgericht wies im Verteilungsbeschluß zunächst den Widerspruch der betreibenden Partei gegen die Berücksichtigung der von der Hypothekargläubigerin angemeldeten Verzugszinsen zurück, weil die betreibende Partei auch beim Ausfallen dieser Forderungsteile nicht aus dem Versteigerungserlös zum Zuge kommen würde (§ 213 EO).

Das Meistbot verteilte es in der Weise, daß es zunächst als Vorzugsposten die erwähnten Sondermassekosten dem Masseverwalter zuwies, sodann der Hypothekargläubigerin den Meistbotsrest von S 641.615,22 zur teilweisen Berichtigung ihrer Forderung durch Barzahlung. Gleichzeitig sprach das Erstgericht aus, daß damit die Nebengebühren (11,25 % Verzugszinsen aus (richtig) S 1,300.000,-- vom 3. 10. 1993 bis 9. 5. 1994 im Betrag von S 87.349,31 sowie im Rang der Nebengebührensicherstellung 11,25 % Verzugszinsen aus S 1,300.000,-- vom 10. 5. 1994 bis 10. 3. 1996 im Betrag von zumindest S 260.000,--) zur Gänze berichtigt seien, während das Kapital noch mit einem Restbetrag von S 1,005.734,09 unberichtigt aushafte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Partei teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluß dahin ab, daß dem Widerspruch der betreibenden Partei gegen die Berücksichtigung der von der Hypothekargläubigerin angemeldeten 11,25 % Verzugszinsen teilweise Folge gegeben wurde, und zwar insoweit, als 11,25 % Verzugszinsen für den Zeitraum vom 10. 5. 1991 bis zum 3. 10. 1993 sowie darüber hinaus 11,25 % Verzugszinsen im Rang der Nebengebührensicherstellung von S 260.000,-- für den Zeitraum vom 10. 5. 1994 bis zum 10. 3. 1996 angemeldet wurden. In der bücherlichen Rangordnung wurden der Pfandgläubigerin auf Abschlag der Forderung an Kapital von S 1,300.000,-- sowie 11,25 % Verzugszinsen aus S 1,300.000,-- vom 3. 10. 1993 bis 9. 5. 1994 im Betrag von S 87.349,31, zusammen S 1,387.349,31, der noch verbleibende Meistbotsrest von S 641.615,22 zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen, wodurch das Meistbot erschöpft ist und das Kapital noch mit einem Restbetrag von S 745.734,10 unberichtigt aushaftet; das Rekursgericht sprach aus, der Revisionsrekurs sei gemäß § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO zulässig, weil zur Frage der Legitimation eines Masseverwalters zur Erhebung eines Widerspruchs gemäß § 213 EO und eines Rekurses gegen einen Meistbotsverteilungsbeschluß im ausschließlichen Interesse der (nicht am Verfahren beteiligten) Konkursgläubigerschaft, wobei es letztendlich um das Ausmaß bzw Verhältnis der Befriedigung der einzelnen Konkursgläubiger aus der gemeinschaftlichen Konkursmasse gehe, keine aktuelle oberstgerichtliche Rechtsprechung, soweit vom Rekursgericht überblickbar, vorliege.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, vorweg stelle sich die Frage, ob die betreibende Partei durch die vom Erstgericht vorgenommene Meistbotsverteilung überhaupt benachteiligt bzw beschwert sei. Die Erhebung eines Widerspruchs gemäß § 213 Abs 1 EO habe ebenso wie die Anfechtung des Verteilungsbeschlusses mit Rekurs (§ 234 Abs 1 EO) zur Voraussetzung, daß die Ansprüche des Widerspruchs- bzw Rekurswerbers aus dem Versteigerungserlös nicht voll zum Zug gekommen seien, jedoch beim Ausfallen des angefochtenen Anspruchs zum Zug kommen könnten. Der nicht in dieser Weise Benachteiligte habe kein Rechtschutzinteresse an der Erhebung des Rekurses. Im vorliegenden Fall habe der das Zwangsversteigerungsverfahren betreibende Masseverwalter den Widerspruch im Meistbotsverteilungsverfahren eindeutig in Wahrnehmung der Interessen der nicht am Verfahren beteiligten Konkursgläubiger erhoben. Diese seien nämlich daran interessiert, daß der Kapitalausfall der Hypothekargläubigerin bei der Meistbotsverteilung möglichst gering ist, und zwar im Hinblick auf die Möglichkeit, den verbleibenden Kapitalausfall auf die Masse abzulagern. Die Hypothekargläubigerin könne hier die seit der Konkurseröffnung (15. 5. 1991) laufenden Zinsen im Fall der Nichtberücksichtigung im Meistbotsverteilungsverfahren gemäß § 58 Z 1 KO auch nicht als Konkursforderungen geltend machen. Obgleich die Hypothekargläubigerin Verzugszinsen seit 10. 5. 1991 angemeldet habe, habe das Erstgericht in seinem Verteilungsbeschluß Verzugszinsen erst ab 3. 10. 1993, sohin ab einem Zeitpunkt, in dem das Konkursverfahren bereits eröffnet war, berücksichtigt. Ein etwaiger Ausfall dieser Zinsen könne nicht als Konkursforderung geltend gemacht werden. Die Höhe des Kapitalausfalls, den die Hypothekargläubigerin auf die Masse abladen dürfe, hänge davon ab, inwieweit gemäß § 216 Abs 2 letzter Satz EO die Zinsen vor dem Kapital - bei der zweifellos unzulänglichen Verteilungsmasse - zu berücksichtigen sind. Je höher der Kapitalausfall sei, mit dem die Hypothekargläubigerin als Konkursgläubigerin an der Befriedigung teilnehme, desto niedriger sei zweifelsohne die Quote, mit der die übrigen Konkursgläubiger aus der gemeinschaftlichen Konkursmasse gemäß § 50 KO ("nach dem Verhältnis ihrer Beträge") zu befriedigen sind. Die Konkursgläubiger hätten also ein Interesse daran, daß bei der Meistbotsverteilung möglichst keine (seit der Konkurseröffnung laufenden) Zinsen zum Zug kommen, weil dann das Kapital mit einem dementsprechend höheren Betrag befriedigt werden könne. Nach der Höhe des danach verbleibenden Kapitalausfalls richte sich letztendlich die Konkursquote. Dieses "Interesse" der (nicht am Zwangsversteigerungsverfahren beteiligten) Konkursgläubiger könne aber nur der Masseverwalter geltend machen. Gemäß § 81 Abs 2 KO sei er dazu sogar verpflichtet. Im Hinblick auf diese Rechtspflicht des Masseverwalters könne ihm aber die Legitimation zur Erhebung eines Widerspruchs nach § 213 Abs 1 EO und eines Rekurses gegen den Verteilungsbeschluß nach § 234 Abs 1 EO nicht abgesprochen werden. Das Erstgericht hätte daher den Widerspruch der betreibenden Partei nicht zurückweisen dürfen, sondern meritorisch erledigen müssen. Der Rekurs sei aber nicht nur zulässig, sondern auch insoweit berechtigt, als darin die Zuweisung von Verzugszinsen im Rang der Nebengebührensicherstellung bekämpft werde. Da die Pfandgläubigerin der ihr durchaus zumutbaren Verpflichtung zur Vorlage zumindest einer beglaubigten Fotokopie der Schuld- bzw Pfandurkunde nicht nachgekommen sei, könnten auch die im Rahmen der Nebengebührensicherstellung angemeldeten Verzugszinsen bei der Meistbotsverteilung nicht berücksichtigt werden. Was die übrigen (nicht im Range der Nebengebührensicherstellung) angemeldeten Verzugszinsen anlange, sei § 216 Abs 2 EO maßgeblich, wonach die nicht länger als drei Jahre vor dem Tag der Erteilung des Zuschlags rückständigen Zinsen gleichen Rang mit dem Kapital genießen. Im vorliegenden Fall seien dies diejenigen Verzugszinsen, die ab 3. 10. 1993 angefallen sind und bis zum 9. 5. 1994 (nicht im Rang der Nebengebührensicherstellung) geltend gemacht wurden. Die Pfandgläubigerin habe die Verzugszinsen ordnungsgemäß angemeldet. Im Meistbotsverfahren sei schon im Hinblick auf § 120 Abs 2 KO im übrigen kein Platz für die Erörterung der Umstände, die eine außergerichtliche Verwertung der letztendlich zwangsversteigerten Liegenschaft verhindert hätten.

Der Revisionsrekurs der Hypothekargläubigerin ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall liegt hinsichtlich einer Liegenschaftshälfte eine kridamäßige Versteigerung (§ 119 Abs 1 bis 3 KO), hinsichtlich der anderen Liegenschaftshälfte eine Zwangsversteigerung zur Hereinbringung einer Forderung gegen die Ehegattin des Gemeinschuldners vor.

Die Hypothekargläubigerin macht geltend, bei dieser Sachlage hätte das Rekursgericht den Rekurs des Masseverwalters gegen die vom Erstgericht im Meistbotsverteilungsbeschluß an sie vorgenommene Zuweisung mangels Beschwer zurückweisen müssen.

Diese Ansicht trifft jedenfalls im Ergebnis zu.

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rekurses gegen eine bestimmte Zuweisung ist, daß der Rechtsmittelwerber durch diese Zuweisung beschwert ist. Die Beschwer ist in der Regel dann gegeben, wenn der Rechtsmittelwerber beim Ausfall des von ihm bestrittenen Rechtes überhaupt oder zumindest mit einem größeren Betrag zum Zuge gelangen würde (EvBl 1976/82; SZ 57/43 ua). Dieser Fall ist hier nicht gegeben. Das nach Befriedigung der Sondermassekosten verbliebene Meistbot ist in jedem Fall zur Gänze der Hypothekargläubigerin zuzuweisen; schon wegen der Höhe des aushaftenden Kapitals kommt nicht in Betracht, daß nach der Hypothekargläubigerin ein anderer Gläubiger Befriedigung erlangt.

Bei dieser Sachlage ist entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes die Beschwer des betreibenden Masseverwalters zu verneinen. Die Rechtskraftwirkung des Verteilungsbeschlusses erstreckt sich nämlich nur auf die Verteilung der Masse (§ 215 EO), nicht aber auch auf den Ausspruch nach § 229 Abs 1 letzter Halbsatz EO; über die Tilgung der Ansprüche. Ein materiell unrichtiger Ausspruch über die Höhe der unberichtigt gebliebenen Restforderungen ist also für ein späteres Verteilungsverfahren nicht präjudiziell. Ein dabei unterlaufener Fehler reicht nicht aus, ein Widerspruchsbzw Rekursrecht nach den §§ 213, 234 EO zu begründen (RPflE 1974/76). Daraus folgt auch, daß ein beim Ausspruch allenfalls nach § 229 Abs 1 EO unterlaufener Verstoß gegen zwingende Rechtsvorschriften oder gegen die allgemeinen Verteilungsgrundsätze der §§ 216, 217 EO nicht mit Rekurs geltend gemacht werden kann. Das Interesse an der Behebung solcher Fehler des Ausspruchs nach § 229 Abs 1 EO ist deshalb zu verneinen, weil mangels Rechtskraftwirkung auch in einem späteren Zwangsversteigerungsverfahren bzw im Konkurs über das Vermögen des Verpflichteten geltend gemacht werden kann, daß die verbliebene Kapitalforderung des Hypothekargläubigers tatsächlich geringer ist, als dies im Meistbotsverteilungsbeschluß ausgesprochen wurde. Ein unrichtiger Ausspruch über die Tilgung von Kapital und Nebengebühren kann somit mangels Rechtskraftwirkung nicht mit Rekurs bekämpft werden.

Schon aus diesem Grund hätte das Rekursgericht den Rekurs des Masseverwalters gegen den erstinstanzlichen Meistbotsverteilungsbeschluß zurückweisen müssen. Dies ist nunmehr auf Grund des Revisionsrekurses der Hypothekargläubigerin nachzuholen.

Da durch den Rekurs des Masseverwalters ein Zwischenstreit entstand, hat der unterlegene Masseverwalter der siegreichen Revisionsrekurswerberin die Kosten ihres Rechtsmittels gemäß § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO zu ersetzen (SZ 58/160; SZ 68/92), wobei Bemessungsgrundlage der Betrag von S 347.349,31 ist, der den Gegenstand der Anfechtung des nunmehr zurückgewiesenen Rekurses bildete.

Rechtssätze
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