JudikaturJustiz3Ob13/03p

3Ob13/03p – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*****, wider die verpflichtete Partei Siegfried K*****, wegen 72.672,84 EUR = 1 Mio S sA, infolge Revisionsrekurses der Ersteherin Christine K*****, vertreten durch Gabler Gibel, Rechtsanwalts Partnerschaft in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. Oktober 2002, GZ 17 R 268/02m 159, womit infolge Rekurses der Pfandgläubigerin N***** AG, *****, vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb und Dr. Rose Marie Rath, Rechtsanwälte OEG in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichts Aspang vom 14. Mai 2002, GZ E 1760/92t 149, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird dahin Folge gegeben, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Kostenentscheidung des Rekursgerichts bleibt aufrecht.

Die Pfandgläubigerin N***** AG ist schuldig, der Ersteherin Christine K***** die mit 1.848,60 EUR (darin enthalten 308,10 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im vorliegenden Zwangsversteigerungsverfahren wurden zwei Liegenschaften des Verpflichteten der Ersteherin zugeschlagen, die eine um das Meistbot von 2,741.600 S und die andere um ein solches 120.650 S. Ob diesen Liegenschaften ist ua ein simultanes Höchstbetragspfandrecht über 1,2 Mio S zu Gunsten der nunmehrigen N***** AG einverleibt.

Nachdem sich diese Pfandgläubigerin mit der Übernahme des Pfandrechts bzw des entsprechenden Meistbotsrestes durch die Ersteherin unter Anrechnung auf ihr Meistbot einverstanden erklärt hatte, wies das Erstgericht mit Meistbotsverteilungsbeschluss vom 5. Mai 1993 der Pfandgläubigerin aus der Verteilungsmasse für die eine Liegenschaft einen Teilbetrag von 101.100 S zur teilweisen Berichtigung durch Übernahme durch die Ersteherin zu; damit war das Meistbot für diese Liegenschaft erschöpft. Das gesamte Meistbot der zweiten Liegenschaft wurde der Pfandgläubigerin für ihre restliche Forderung, soweit sie nicht bereits bei der anderen berücksichtigt worden war, zur teilweisen Berichtigung durch Übernahme durch die Ersteherin zugewiesen. Der Beschluss blieb unangefochten und erwuchs in Rechtskraft.

Bereits mit Beschluss vom 2. März 1994 wurde das Eigentumsrecht der Ersteherin ob beiden Liegenschaften ebenso einverleibt wie die Löschung diverser Anmerkungen und gegenüber der Simultanhypothek teils vor , teils nachrangiger Lasten. Diese blieb jedoch unberührt.

Nunmehr beantragte die Ersteherin die Einverleibung der Löschung des Pfandrechts der Pfandgläubigerin, jedoch nur in Ansehung des Betrags von 978.250 S.

Das damals zuständige Erstgericht, das Bezirksgericht Aspang, gab diesem Antrag statt und ersuchte in Ansehung des Grundstücks, das als Nebeneinlage dient, das Bezirksgericht Gloggnitz um den Vollzug.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs der Pfandgläubigerin dahin Folge, dass es den Antrag abwies. Es verfügte die Anmerkung der Abweisung im Grundbuch bei beiden Liegenschaften und entschied, dass die Rekurswerberin die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen habe. Weiters sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht beurteilte den Sachverhalt nach der Rechtslage vor der EO Novelle 2000. Für die Frage, welche Lasten vom Ersteher in Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sind, sei der Inhalt des Meistbotsverteilungsbeschlusses maßgeblich. Solche Belastungen dürften insoweit nicht nach § 237 Abs 3 EO gelöscht werden, als sie im Meistbot Deckung finden. Die mangelnde Anhörung der Rekurswerberin vor Entscheidung des Erstgerichtes stelle keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar. Der angefochtene Beschluss lasse auch eindeutig erkennen, dass er im Exekutionsverfahren ergangen sei. Gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO, wonach gänzlich antragstattgebende Beschlüsse keiner Begründung bedürften, liege auch der behauptete Nichtigkeitsgrund der fehlenden Begründung nicht vor. Eine Belassung der nur in Anrechnung auf das Meistbot übernommenen Höchstbetragshypothek komme eine Belassung des Pfandrechts im Grundbuch in Betracht. Aus SZ 48/58 ergebe sich nicht das Gegenteil, ebensowenig aus den weiteren im Rechtsmittel angegebenen Zitaten. Ein allfällig neu begründetes Kreditverhältnis zwischen Rekurswerberin und Ersteherin sei hier nicht zu prüfen. Allerdings könne nach Angst (in Angst, EO, § 224 Rz 2) der Ersteher in einem derartigen Fall der teilweisen Übernahme der Schuld lediglich die Einverleibung eines Festbetragspfandrechts für die Forderung in der Höhe der von ihm übernommenen Schuld zu begehren (vgl auch RIS Justiz RS0011369, Hofmann in Rummel3, § 451 ABGB Rz 12). Da eine derartige Entscheidung nicht als Minus gegenüber der begehrten in Betracht komme, sei in Stattgebung des Rekurses das Gesuch abzuweisen.

Soweit ersichtlich, existiere keine Rsp zur Frage des Vorgehens nach § 237 Abs 3 EO, wenn eine Höchstbetragshypothek teilweise (mit dem noch verbleibenden Meistbot) übernommen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Ersteherin ist zulässig und berechtigt.

a) Zu prüfen ist vorerst die Rechtzeitigkeit dieses an das Bezirksgericht Aspang, das frühere Erstgericht, adressierte und am 10. Dezember 2002 zur Post gegebenen Rechtsmittels. Da die Zustellung an die Revisionsrekurswerberin am 27. November 2002 erfolgte, wäre das Rechtsmittel jedenfalls rechtzeitig, würde das frühere Erstgericht nach wie vor existieren. Dieses wurde jedoch mit Wirkung vom 1. Juli 2002 teils mit dem Bezirksgericht Gloggnitz, teils mit dem Bezirksgericht Neunkirchen zusammengelegt (Bezirksgerichte Verordnung NÖ BGBl II 2002/81, §§ 1, 4). Das Grundbuch betreffend die als Haupteinlage dienende Liegenschaft wird seither (wie schon bisher das der Nebeneinlage) beim Bezirksgericht Gloggnitz geführt.

Daraus folgt, dass § 89 GOG dann nicht zur Anwendung kommen könnte, wenn das durch Zusammenlegen untergegangene frühere Erstgericht als ein vom nunmehr zuständigen unterschiedliches Gericht angesehen werden müsste.

Schon bisher wurde vom Obersten Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass das an das im Zeitpunkt der Urteilsfällung zuständige Gericht adressierte Rechtsmittel rechtzeitig ist, wenn während der Rechtsmittelfrist das Gericht, das die Entscheidung fällte, infolge Änderung der Gerichtsverfassung aufgelöst wurde und die Zuständigkeit auf ein anderes Gericht übergeht (10 ObS 15/87; 9 ObA 45/87 = SZ 60/192 = JBl 1989, 402; 6 Ob 298/02w [betreffend die Zusammenlegung steirischer Bezirksgerichte auf Grund der Bezirksgerichte Verordnung Stmk BGBl II 2002/82]).

Von diesen Fällen unterscheidet sich der vorliegende insofern, als das Erstgericht keineswegs während einer Rechtsmittelfrist zu existieren aufhörte. Vielmehr war die Auflösung bereits fast fünf Monate vor Zustellung der angefochtenen Rekursentscheidung an die nunmehrige Rechtsmittelwerberin durch das nunmehr zuständige Gericht wirksam geworden. Allerdings hatte der Oberste Gerichtshof anlässlich der Schaffung der Arbeits und Sozialgerichtsbarkeit bereits einen Fall (14 ObA 84/87 = DRdA 1988, 150) zu entscheiden gehabt, in dem, wie sich aus seinen Entscheidungsgründen ergibt, die Auflösung des seinerzeitigen Arbeitsgerichts Linz offenbar schon vor Zustellung des Berufungsurteils erfolgt war. Der Oberste Gerichtshof war damals zur Auffassung gelangt, dass angesichts der Regelung des § 101 Abs 1 Z 1 ASGG, wonach die beim Arbeitsgericht anhängig gewesenen Rechtssachen als an das zuständige Arbeits und Sozialgericht überwiesen gälten, die Revision nicht an ein bestehendes, unzuständiges Gericht, sondern an das nicht mehr bestehende Erstgericht adressiert worden sei. In einer solchen besonderen Situation bedürften die Grundsätze über die Nichteinrechnung der Zeit des Postlaufs in die Frist einer Modifikation. Zwischen dem nicht mehr bestehenden und dem nunmehr zuständigen Erstgericht bestehe nicht das Verhältnis der Unzuständigkeit, sondern ausschließlich das Verhältnis der gesetzlichen Überweisung. Daher seien das Vorgänger und das Nachfolgegericht in Bezug auf die Adressierung von Rechtsmitteln, die sich gegen eine Entscheidung des Vorgängergerichts richten, wie ein und dasselbe Gericht zu behandeln. Die Revisionsfrist bleibe daher gewahrt, wenn die Revision rechtzeitig an das nach dem im Zeitpunkt der Urteilsfällung maßgebenden Vorschriften zuständige Gericht adressiert zur Post gegeben worden sei. In seiner jüngst ergangenen Entscheidung 6 Ob 298/02w hat der Oberste Gerichtshof die Fälle des § 101 Abs 1 ASVG als für die zur vorliegenden in Niederösterreich parallele Änderung der Gerichtsverfassung in der Steiermark für vergleichbar angesehen. Auch in einem solchen Fall seien die beiden Gerichte wie ein und dasselbe zu behandeln.

Der erkennende Senat hält es, weil auch im vorliegenden Fall die Auflösung nach der Entscheidung des Erstgerichts erfolgt war, noch für vertretbar, auch ungeachtet der bereits mehrere Monate zurückliegenden Zusammenlegung des früheren Erstgerichts mit zwei anderen Gerichten die zitierte Rsp auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weshalb das - würde das frühere Erstgericht weiter bestehen - rechtzeitige Rechtsmittel der Ersteherin auch ungeachtet dieser Auflösung als rechtzeitig anzusehen ist.

b) In der Sache wendet sich die Revisionsrekurswerberin zu Recht dagegen, dass das Rekursgericht, der Argumentation der Pfandgläubigerin folgend, deren Rekurs deshalb stattgegeben hat, weil anstelle der begehrten Teillöschung der Höchstbetragshypothek die Einverleibung einer Festbetragshypothek hätte beantragt werden müssen.

In Wahrheit stehen der vom Erstgericht bewilligten Teillöschung keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Schon das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die Rekurswerberin zu Unrecht auf die Entscheidung SZ 48/58 und auf Lehrmeinungen von Feil und Heller/Berger/Stix berufen hatte. Aber auch aus der zitierten Kommentarstelle von Angst (in Angst, EO, § 224 Rz 2) ist die Unzulässigkeit der gewählten Vorgangsweise nicht abzuleiten.

Wie Angst selbst (aaO § 223 Rz 5) ausführt, ist vom Ersteher bei bloß teilweiser Deckung nur ein entsprechender Teil der gesicherten Forderung zu übernehmen. Ausschlaggebend ist hiefür, wie die zweite Instanz in Übereinstimmung mit Angst (aaO § 237 Rz 7) ausgeführt hat, allein der (rechtskräftige) Meistbotsverteilungsbeschluss. Wie Angst (aaO) weiters mit Recht ausführt, kann eine Last gelöscht werden, wenn aus dem Meistbotsverteilungsbeschluss nicht hervorgeht, dass sie in Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen ist. Kommt es daher nur zu einer teilweisen Übernahme, wie im vorliegenden Fall, folgt daraus, dass das die dafür einverleibte Höchstbetragshypothek natürlich nicht zur Gänze gelöscht werden kann. Soweit nach Angst (aaO § 224 Rz 2) die Einverleibung der Löschung des Pfandrechts nicht zulässig sei, vielmehr der Ersteher die Einverleibung eines Festbetragspfandrechts für eine Forderung in der Höhe der übernommenen Schuld beantragen müsse, kann dies demnach nur so verstanden werden, dass bei einer solchen Antragstellung die Löschung der gesamten Höchstbetragshypothek gleichzeitig mit oder nach der Einverleibung der Festbetragshypothek doch erfolgen könnte. Zur Frage der hier beantragten Teillöschung der Höchstbetragshypothek ist den Ausführungen von Angst nichts zu entnehmen. Er geht bei seiner Stellungnahme offensichtlich davon aus, dass zwischen Ersteher und Pfandgläubiger kein die Entstehung eines Höchstbetragspfandrechts rechtfertigendes Rechtsverhältnis besteht, vielmehr der Ersteher auf Grund der einvernehmlichen Übernahme der Schuld des Verpflichteten nur eine betragliche Schuld gegenüber dem Pfandgläubiger hat. Durch die von der Ersteherin im vorliegenden Fall begehrte Teillöschung der bestehenden Höchstbetragshypothek wird aber gegenüber der von Angst vorgeschlagenen Vorgangsweise keine Schlechterstellung des Pfandgläubigers bewirkt. Die vom Rekursgericht geäußerten Bedenken dagegen sind daher nicht begründet. Solche ergeben sich auch weder aus der von ihm zitierten Rsp (RIS Justiz RS0011369) noch aus der zitierten Kommentarstelle (Hofmann in Rummel3 § 451 ABGB Rz 12). Darin geht es jeweils auch um die (teilweise) Umwandlung einer Höchstbetragshypothek in eine "gewöhnliche" Hypothek, keine Rede ist allerdings jeweils davon, dass eine solche Umwandlung für den Ersteher bei teilweiser Übernahme der mit einer Höchstbetragshypothek gesicherten Forderung eines Pfandgläubigers zwingend vorgeschrieben wäre. Eine Befristung des sich aus § 237 Abs 3 EO ergebenden Rechts auf (Einverleibung der Löschung) nicht übernommener Lasten und Rechte sieht das Gesetz nicht vor, weshalb es auch keine Rolle spielt, dass hier der Antrag erst Jahre nach Rechtskraft des Meistbotsverteilungsbeschlusses gestellt wurde.

Da schließlich auch bereits das Rekursgericht richtig erkannte, dass es auf allfällige neu begründete Kreditverhältnisse zwischen Ersteherin und Pfandgläubigerin nicht ankommen kann, ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO. Zwischen der Ersteherin und der Pfandgläubigerin ist durch deren Rekurs ein Zwischenstreit entstanden.