JudikaturJustiz2Ob63/03h

2Ob63/03h – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder Philipp S*****, Thomas S*****, und Kristina S***** , in Obsorge der Mutter Petra K*****, vertreten durch Prof. Haslinger Partner, Rechtsanwälte in Linz, über die Revisionsrekurse der Kinder und des Vaters Manfred S*****, vertreten durch Mag. Maria Navarro, Rechtsanwältin in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 20. Dezember 2002, GZ 15 R 160/02h 36, womit infolge Rekurses der Kinder der Beschluss des Bezirksgerichtes Urfahr Umgebung vom 23. Juli 2002, GZ 8 P 206/99p 30, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs des Vaters wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kinder werden mit ihrem Revisionsrekurs auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Begründung:

Der Vater der Kinder war auf Grund eines Vergleiches vom 6. 8. 1999 verpflichtet, zum Kindesunterhalt des mj Philipp monatlich S 7.200, - (EUR 523,24), des mj Thomas monatlich S 7.200, (EUR 523,24) und der mj Kristina monatlich S 6.300, - (EUR 457,84) beizutragen. Dieser Regelung lag ein monatliches Durchschnittseinkommen des Kindesvaters von S 45.000, - (EUR 3.270,28) zugrunde. Mit Antrag vom 9. 10. 2001 (ON 19) begehrte der Kindesvater die Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge, da sich seine Einkommenssituation erheblich verschlechtert habe. Die der Kindesmutter zukommenden Transferleistungen gemäß § 12a FLAG seien im Ausmaß von 13 % auf die Unterhaltsverpflichtung des Unterhaltspflichtigen anzurechnen.

Die Kindesmutter gab in einer Stellungnahme vom 23. 10. 2001 an, dass der Kindesvater bei Auflösung seines ursprünglichen Dienstverhältnisses bei der Firma "F***** GmbH" eine Nettoabfertigung von rund S 2 Mio erhalten habe.

Mit Antrag vom 1. 3. 2002 stellten die Kinder einen Antrag auf Erhöhung des Kindesunterhaltes und zwar dahingehend, dass der Vater für den mj Philipp für die Zeit vom 1. 9. 2000 bis 28. 2. 2002 einen Betrag von EUR 3.008, - nachzubezahlen und ab 1. 3. 2002 zusätzlich zum Unterhalt gemäß Vergleich vom 6. 8. 1999 EUR 167, monatlich zu bezahlen habe, für den mj Thomas für die Zeit vom 1. 9. 2000 bis 28. 2. 2002 EUR 1.439, - nachzubezahlen und ab 1. 3. 2002 zusätzlich zum Unterhalt gemäß Vergleich vom 6. 8. 1999 EUR 80, - monatlich zu bezahlen und für die mj Kristina für die Zeit vom 1. 9. 2000 bis 28. 2. 2002 EUR 262, - nachzubezahlen und ab 1. 3. 2002 zusätzlich zum Unterhalt gemäß Vergleich vom 6. 8. 1999 EUR 15, - monatlich zu bezahlen habe. Der Vater habe zum 31. 8. 2000 anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses mit seinem Dienstgeber über einen Gesamtnettobezug von S 2,688.497, - verfügt, danach eine Arbeitslosenunterstützung von S 17.154,36 und später ab 15. 3. 2001 ein durchschnittliches Einkommen von S 29.227,84 bezogen. Dem sei noch aus Veranlagung der Nettoauszahlungssumme der Abfertigung eine Verzinsung von monatlich S 5.000, - hinzuzurechnen. Diese Abfertigungszahlung sei zur Gänze in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen. Den Kindern gebühre jeweils Unterhalt in Höhe der Luxusgrenze.

Das Erstgericht setzte mit Beschluss vom 23. 7. 2002 die Unterhaltsverpflichtung des Vaters wie folgt herab:

Vom 1. 9. 2000 bis 30. 9. 2001 für Thomas und Philipp S***** auf monatlich EUR 455,22 und für Kristina auf monatlich EUR 328,32. Ab dem 1. 10. 2001 seien für Philipp und Thomas monatlich EUR 332, - und für Kristina monatlich EUR 313, - zu bezahlen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Vaters sowie der Antrag der Kinder auf Unterhaltserhöhung wurden abgewiesen.

Es ging dabei davon aus, dass der Vater auf Grund der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses am 31. 8. 2000 einen Abfertigungsbetrag von S 2 Mio (EUR 145.345,67) netto erhielt, wobei "S 700.000, - (EUR 50.870,98) aus dem Pensionstopf zur Gänze in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen" seien. Vom 1. 9. 2000 bis 15. 3. 2001 habe der Vater ein monatliches Nettoeinkommen von S 18.000, - (EUR 1.308,11) seit 15. 3. 2001 ein solches von S 22.000, - (EUR 1.598,80) bezogen.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass die Veränderung der Einkommenslage ab 1. 9. 2000 zu einer Veränderung der Bemessungsgrundlage geführt habe, wobei auch die Abfertigungszahlungen inklusive der Pensionsabfindung zu berücksichtigen seien; die Abfertigung sei auf so viele Monate aufzuteilen, als dies der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen entspreche. Bei Aufteilung der Abfertigung auf 408 Monate (38 statistisch erwartete weitere Lebensjahre) sei ein monatlicher Betrag von S 4.900, - (EUR 346,10) der Bemessunggrundlage hinzuzurechnen.

Das Rekursgericht gab einem dagegen gerichteten Rekurs der Mutter teilweise Folge und verpflichtete den Vater zum Unterhalt der Kinder vom 1. 9. 2000 bis 30. 6. 2001 wie folgt beizutragen:

Für Philipp EUR 690, , für Thomas EUR 600, - und für Kristina EUR 467, .

Für die Zeit vom 1. 7. 2001 bis 31. 8. 2001 verpflichtete es den Vater zur Zahlung von monatlichen Unterhaltsbeiträgen wie folgt:

Für Philipp EUR 631, , für Thomas EUR 554, - und für Kristina EUR 431, . Ab 1. 9. 2001 bis auf weiteres sprach es den Kindern folgende monatliche Unterhaltsbeiträge zu.

Für Philipp EUR 548, , für Thomas EUR 456, - und für Kristina EUR 396, .

Es sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch aber über Antrag nach § 14a AußStrG dahingehend ab, dass der Revisionsrekurs doch zulässig sei.

Der Rekurs der Kinder wurde dem Vater nicht zugestellt und unmittelbar dem Rekursgericht vorgelegt, das ohne Anhörung des Vaters entschied. Es verwies hinsichtlich des angemessenen Aufteilungszeitraumes einer Abfertigung zunächst darauf, dass jeweils die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen seien und dass nach dem Abfertigungszweck zwischen gesetzlichen und freiwilliger Abfertigung, der auch die Pensionsabfindung hinzuzuzählen sei, unterschieden werden müsse. Eine gesetzliche Abfertigung sei auf Grund ihres Entgeltcharakters auf so viele Monate aufzuteilen, als sie den darin enthaltenen Monatsentgelten entspreche. Da im vorliegenden Fall eine gesetzliche Abfertigung in Höhe von 12 Monatsentgelten bezahlt worden sei, sei die gesetzliche Abfertigung von S 939.311, (EUR 68.162,39) beginnend ab 1. 9. 2000 12 Monate lang in voller Höhe die Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Die freiwillige Abfertigung sei auf die einzelnen Monate so aufzuteilen, dass unter Berücksichtigung des dem Unterhaltsschuldners anstelle des bisherigen Arbeitseinkommen zufließenden nunmehrigen Einkommens etwa der Betrag des letzten durchschnittlichen Einkommens erreicht werde. Hier sei ab 1. 9. 2001 dem vom Unterhaltsschuldner erzielten Einkommen ein entsprechender Betrag aus der freiwilligen Abfertigung plus Pensionsabfindung von S 1,053.037, - (EUR 76.526,46) hinzuzurechnen, bis die Höhe des ursprünglichen Nettoeinkommens erreicht werde. Bei Aufteilung der gesetzlichen Abfertigung auf 12 Monate sei der Unterhaltsanspruch der Kinder mit der "Luxusgrenze" zu begrenzen, woraus sich die für die Zeit 1. 9. 2000 bis 31. 8. 2001 die zugesprochenen Beträge ergäben. Die freiwillige Abfertigung und die Pensionsabfertigung seien unter Berücksichtigung des nunmehr erzielten Einkommens auf einen Zeitraum von 62 Monaten aufzuteilen, wobei unter Berücksichtigung der aus der Abfertigung erfließenden Zinsen der Aufteilungszeitraum auf 64 Monate festgelegt werde, weil der Unterhaltspflichtige zu einer gewinnbringenden Anlegung auf einige Jahre verpflichtet sei. Unter Berücksichtigung des dem Vater nunmehr zukommenden Einkommens (unter Einbeziehung eines Sachbezuges durch private KFZ Nutzung) errechnete das Rekursgericht die oben wiedergegebenen monatlichen Unterhaltsbeiträge für die Kinder.

Zur Anrechnung der Transferleistungen nach § 12a FLAG erörterte das Rekursgericht, dass der Vater bereits in seinem Unterhaltsherabsetzungsantrag vom 9. 10. 2001 auf deren gebotene Berücksichtigung bei der Unterhaltsfestsetzung hingewiesen habe, weshalb die nach der nunmehrigen Rechtsprechung (RIS Justiz RS0117016) gebotene steuerliche Entlastung zu berücksichtigen sei. Diese steuerliche Entlastung habe ab Zeitpunkt des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, also ab dem 1. 7. 2001, zu erfolgen.

Das Rekursgericht sprach schließlich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs deshalb zulässig sei, weil keine gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage, wieweit die Teilaufhebung des § 12a FLAG zeitlich zurückwirke, vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der Kinder und des Vaters.

Die Kinder führen in ihrem Rechtsmittel - zusammengefasst - aus, auch die "gesetzliche" Abfertigung sei derart aufzuteilen, dass dadurch die Differenz zwischen dem früheren Einkommen und dem nunmehrigen niedrigen aktuellen Einkommen ausgeglichen werde.

Der Vater verweist in seinem Rechtsmittel zunächst darauf, dass die Entscheidung des Rekursgerichtes unter Verletzung seines rechtlichen Gehörs ergangen sei, weil er sich zum Rekurs der Kinder nicht habe äußern können. Im Übrigen sei bei Aufteilung der Abfertigung zu berücksichtigen, dass der Abfertigungsanspruch bereits zu einem Zeitpunkt erworben worden sei, in welchem die Kinder noch gar nicht unterhaltsberechtigt gewesen seien.

Vorweg ist auf dem Revisionsrekurs des Vaters einzugehen.

Der Vater macht dort geltend, dass er sich zum Rekurs der Kinder nicht äußern habe können. Nach der nunmehrigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 281/01v = ecolex 2002, 883 = JBl 2003, 57) ist auch das Rechtsmittelverfahren in Außerstreitsachen grundsätzlich als zweiseitig anzusehen. Da sich der Vater zum Rekurs der Kinder nicht äußern konnte, wurde ihm das rechtliche Gehör entzogen, was von ihm zutreffend gerügt wurde.

Das Rekursgericht wird daher dem Vater Gelegenheit zu geben haben, auf den Rekurs der Kinder antworten zu können und dann eine neuerliche Entscheidung zu treffen haben.

Die Kinder werden mit ihrem Rechtsmittel auf diese Entscheidung verwiesen.

Rechtssätze
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