JudikaturJustiz2Ob145/16m

2Ob145/16m – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Oktober 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. F***** P*****, vertreten durch KUHN RECHTSANWÄLTE GMBH in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. K***** F*****, vertreten durch Held Berdnik Astner Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 1.000.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Juni 2016, GZ 2 R 71/16b 24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 2. März 2016, GZ 5 Cg 52/14g 20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.939,78 EUR (darin 656,28 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der 1923 geborene P***** F***** P***** verstarb am 15. 12. 2013. Er hinterließ seine Witwe und vier eheliche Kinder, P***** H***** (geb *****), B***** (geb *****), F***** (geb *****) und den Kläger (geb *****). Die Beklagte ist die Ehefrau des ältesten Sohnes, somit die Schwiegertochter des Erblassers. Dieser war Eigentümer zahlreicher Liegenschaften und des Schlosses P***** in *****. Auf den Liegenschaften wurden die Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, der Jagd und Fischerei sowie ein Sägebetrieb geführt.

Mit dem in der Form eines Notariatsakts verfassten Übergabsvertrag vom 14. 3. 1989 hatte der Erblasser seinen gesamten Liegenschaftsbesitz im Ausmaß von ca 900 ha, verbunden mit dem Recht zur Eigenjagd und dem Fischereirecht in mehreren Fischwässern, der Beklagten übertragen. Als „Kauf und Übergabspreis“ wurden Wohn- und Ausgedingsrechte zugunsten des Erblassers, die Übernahme von Verbindlichkeiten sowie diverse Leistungen an die Tochter B***** und an den Kläger festgelegt. Die Beklagte erklärte in Punkt 8 des Vertrags, die Forstwirtschaft zur Selbstbewirtschaftung zu übernehmen und verpflichtete sich, sich zur Führung des Forstbetriebs einer qualifizierten Fachkraft zu bedienen. Laut Punkt 9 verzichtete der Erblasser auf den einseitigen Widerruf der Schenkung, soweit in dem Übergabsvertrag eine solche zu erblicken sei.

Nach dem Tod des Erblassers wurde der Witwe die Verlassenschaft an Zahlungs statt überlassen.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung des Ausfalls am Pflichtteil in Höhe von 1 Mio EUR sA bei sonstiger Exekution in die übergebenen Liegenschaften.

Er brachte vor, die im Übergabsvertrag aufgezählten Gegenleistungen hätten vor allem dazu gedient, den Übergabsvertrag als entgeltlichen Vertrag darzustellen, in Wahrheit liege aber eine (gemischte) Schenkung vor. Um die Rechtsfolgen des § 785 Abs 1 ABGB zu umgehen, sei das gesamte Vermögen des Erblassers an die nicht pflichtteilsberechtigte Beklagte – und nicht an deren pflichtteilsberechtigten Ehemann (den erbl Sohn P***** H*****) – übertragen worden. Die Übertragung habe, wie der Erblasser auch Dritten gegenüber mehrfach erwähnt habe, nur dazu gedient, das Vermögen ungeteilt zu erhalten, eine Anrechnung der Schenkung bei der Ermittlung allfälliger Ansprüche des Klägers und der anderen Pflichtteilsberechtigten aus dem Titel des Schenkungspflichtteils zu verhindern und gleichzeitig dem ältesten Sohn das Vermögen materiell zukommen zu lassen. Dieser wohne seit dem Jahr 1989 auf Schloss P*****, sei Nutznießer des gesamten Vermögens und seit 1989 auch Betriebsführer der „F***** P***** Forstverwaltung“, worin seine wirtschaftliche Existenz begründet sei. Die Basis dafür ergebe sich aus der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten, sich zur Führung des Betriebs einer qualifizierten Fachkraft zu bedienen (Punkt 9 des Übergabsvertrags). Der Ehemann der Beklagten habe die Universität für Bodenkultur absolviert, zusätzliche Prüfungen zur Qualifikation als forstlicher Betriebsführer abgelegt und in der Sch***** Forstverwaltung wertvolle Erfahrungen gesammelt. Er sei daher geeignet gewesen, den Betrieb des Erblassers zu übernehmen und habe dies faktisch auch getan.

Die der Witwe an Zahlungs statt überlassene Verlassenschaft nach dem Erblasser sei mit 5.755,38 EUR überschuldet gewesen, weshalb eine Befriedigung des Anspruchs auf den Schenkungspflichtteil seitens der Verlassenschaft nicht möglich sei. Der Kläger fordere daher von der Beklagten nach § 951 Abs 1 ABGB den Ausfall am Pflichtteil. Die Beklagte sei großteils noch Eigentümerin der übergebenen Liegenschaften, nur eine Landwirtschaft im Umfang von ca 30 ha habe sie im Jahr 1990 verkauft. Zum Zeitpunkt des Erbanfalls habe der Wert des Liegenschaftsvermögens und der darauf betriebenen Unternehmen rund 12 Mio EUR betragen, wobei der Negativsaldo des Nachlasses und die Kosten des Gerichtskommissärs bereits berücksichtigt seien. Im Hinblick auf die weiteren Pflichtteilsberechtigten habe der Kläger Anspruch auf einen Schenkungspflichtteil von einem Zwölftel, demnach 1 Mio EUR. Da ein Umgehungsgeschäft vorliege, sei der Schenkungsvertrag so zu behandeln, als wäre er zwischen dem Erblasser und dem Ehemann der Beklagten abgeschlossen worden, zumal diesem auch das Vermögen zu Gute gekommen sei.

Die Beklagte bestritt das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts. Weder die Witwe noch die Geschwister ihres Ehemanns hätten ein Interesse an der Übernahme des Forstbetriebs gehabt, ihren Ehemann hätten sie als dazu unfähig bezeichnet. Sie hätten daher den Erblasser zum Verkauf gedrängt, um nach Abdeckung der vorhandenen Verbindlichkeiten den verbleibenden Verkaufserlös aufzuteilen. Die Beklagte und der älteste Sohn des Erblassers hätten 1986 geheiratet und gemeinsam daran gedacht, im Ausland eine ausbildungsadäquate Beschäftigung zu finden. Im Laufe des Jahres 1988 habe der Erblasser erkannt, dass die Beklagte als einziges Mitglied der Familie befähigt sei, seinen land und forstwirtschaftlichen Betrieb ordentlich weiterzuführen und nachhaltig zu sanieren, die Großtante zu versorgen und seine persönliche Existenz abzusichern. Er habe die Beklagte überredet, von ihren Auslandsplänen abzulassen und seinen land und forstwirtschaftlichen Betrieb als künftige Eigentümerin zu übernehmen. Mit dem Übergabsvertrag sei ausschließlich die Beklagte Eigentümerin des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens geworden, ihr Ehemann sei seit 1. 9. 1989 als angestellte Fachkraft tätig. Auf ihn sei das Vermögen weder rechtlich noch wirtschaftlich übertragen worden. Die Übergabe habe dem Erhalt des Betriebs in der Familie dienen sollen, wofür aus Sicht des Erblassers nur die Beklagte befähigt gewesen sei. Keinesfalls hätten Pflichtteilsansprüche vereitelt werden sollen. Es liege auch kein Rechtsmissbrauch vor. Der Erblasser habe seine Kinder mit umfangreichen Zahlungen beim Aufbau ihrer Existenzen unterstützt. Das Klagebegehren sei schon gemäß § 785 Abs 3 ABGB unbegründet, selbst wenn fälschlich unterstellt werden würde, dass dem Vertrag primär Schenkungsabsicht zugrunde gelegen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte lediglich den Inhalt des Übergabsvertrags fest und erachtete die Sache schon aufgrund des Vorbringens des Klägers für spruchreif.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Übergabsvertrag sei 24 Jahre vor dem Erbanfall geschlossen worden, weshalb die Übertragung des Vermögens an die nicht pflichtteilsberechtigte Beklagte gegenüber dem Kläger gemäß § 785 Abs 3 ABGB unberücksichtigt zu bleiben habe. Ein Umgehungsgeschäft liege nicht vor. Es sei nicht zu prüfen, ob die Parteien des Übergabsvertrags die Anwendung des § 785 Abs 1 ABGB vermeiden hätten wollen. Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen seien nicht verboten. Von einem Umgehungsgeschäft könnte aber nur ausgegangen werden, wenn das primär angestrebte, also umgangene Rechtsgeschäft „verboten“ sei und der Verbotszweck das Umgehungsgeschäft miterfasse. Die Übertragung des Vermögens an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person unterliege ebenso wenig einem Verbotszweck wie der Tatbestand des § 785 Abs 1 ABGB.

Zur Bestärkung dieses Rechtsstandpunkts sei auch noch zu erwähnen, dass die „Umgehung des Noterbenrechts“ gerade durch die „kritische Zeit“ des § 785 Abs 3 Satz 2 ABGB verhindert werden solle. Der Zweck der Zweijahresfrist liege nach den Gesetzesmaterialien gerade darin, dass bei innerhalb dieser Frist gemachten Schenkungen typischerweise der Verdacht der bewussten Verkürzung von Pflichtteilsberechtigten bestehe, bei länger zurückliegenden hingegen nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es erörterte rechtlich, die Argumentation des Klägers ziele auf die Rechtsfolgen eines Rechtsmissbrauchs und/oder eines Umgehungsgeschäfts ab. Dem sei entgegenzuhalten:

a) Die Beklagte habe nie zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten nach dem Erblasser gehört. Sie habe daher auch nicht den Kreis der Pflichtteilsberechtigten verlassen können, um damit die Anwendbarkeit der Zweijahresfrist des § 785 Abs 3 Satz 2 ABGB durch rechtsgeschäftliche Erklärungen zu erreichen. Der Erblasser und die Beklagte hätten insbesondere keine „Situation einer nicht pflichtteilsberechtigten Zuwendungsempfängerin“ absichtlich herbeiführen können, um die Beklagte zu Lasten anderer Pflichtteilsberechtigter in den Genuss der bloß befristeten Schenkungsanrechnung zu bringen.

b) Wenn der Erblasser 24 Jahre vor dem Tod sein Vermögen seiner Schwiegertochter geschenkt habe, habe er damit den Sinn und Zweck des § 785 Abs 1 und 3 ABGB nicht durch ein Umgehungsgeschäft – auf die Absicht, das Gesetz zu umgehen, käme es dabei gar nicht an – vereitelt, sondern erfüllt, müsse doch „jedem Gesetzgeber“ klar sein, dass Geschenke an Schwiegerkinder ein Hauptanwendungsfall des § 785 Abs 3 Satz 2 ABGB sein würden. Es entspreche daher dem „gesetzlichen Wertungssystem“, dass eine mehr als zwei Jahre vor dem Tod des Schwiegervaters beschenkte Schwiegertochter ihren Ehemann (und Sohn des Erblassers) im Rahmen ihrer Eigentümerbefugnisse vom geschenkten Vermögen wirtschaftlich profitieren und ihn – aufgrund des Eherechts und des Erbrechts – auch daran teilhaben lasse. Wenn – wie in diesem Fall – ein Schwiegerkind allein durch die Annahme der Schenkung (also ohne weitere rechtsgeschäftliche Erklärungen) in den Anwendungsbereich der unbefristeten Schenkungsanrechnung (§ 785 Abs 1 ABGB) fiele, käme dies einer Gesetzesänderung durch Richterspruch gleich, weil damit eine Gruppe nicht pflichtteilsberechtigter Personen (Schwiegerkinder) aus dem Tatbestand des § 785 Abs 3 Satz 2 ABGB herausgenommen werden würde.

c) Dass die Beklagte aufgrund des Übergabsvertrags vom (richtig) 14. 3. 1989 Eigentümerin des an sie veräußerten Vermögens geworden und bis heute geblieben sei, beruhe damit weder auf Rechtsmissbrauch noch auf einem Umgehungsgeschäft, sondern auf einem dem Normzweck des § 785 Abs 1 und 3 ABGB gerecht werdenden Rechtsgeschäft, sodass der Kläger wegen des Verstreichens der Zweijahresfrist des § 785 Abs 3 Satz 2 ABGB gegen die Beklagte auch dann keinen Anrechnungsanspruch auf seinen Pflichtteil habe, wenn die Vermögensübertragung eine Schenkung gewesen sei.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen.

Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil es klarstellender Ausführungen durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger macht geltend, die Begründung des Berufungsgerichts lasse nicht erkennen, warum zwar die Abgabe eines Pflichtteilsverzichts mit der intendierten Wirkung, die unbefristete Anrechnung zu vermeiden, ein Umgehungsgeschäft oder Rechtsmissbrauch darstellen könne, die Übertragung eines Vermögenswerts an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person, nämlich die Schwiegertochter statt des Sohnes, aber nicht. Zwar müsse nicht jede Schenkung an Schwiegerkinder einen Umgehungstatbestand verwirklichen; vielmehr bedürfe es dazu einer Umgehungsabsicht. Unrichtig sei allerdings der Gegenschluss, dass eine Schenkung an ein Schwiegerkind unter keinen Umständen ein Umgehungsgeschäft sein könne, weil ein Schwiegerkind nicht in der Aufzählung der in § 785 Abs 3 ABGB genannten Personen enthalten sei.

Hiezu wurde erwogen:

1. Kein Umgehungsgeschäft:

1.1 Ein Umgehungsgeschäft liegt im Allgemeinen dann vor, wenn die Parteien die von einer Norm angeordneten Rechtsfolgen dadurch vermeiden, dass sie ein Rechtsgeschäft schließen, das dem Wortlaut nach nicht von dieser Norm betroffen wird, das jedoch den gleichen Zweck erfüllt, wie das verbotene Geschäft (2 Ob 89/13x mwN; 4 Ob 252/14h; RIS Justiz RS0018173). Im Gegensatz zum Scheingeschäft wird es von den Parteien wirklich gewollt und auch realisiert, wenngleich nicht um dieses Geschäfts willen, sondern zur Sicherstellung des wirtschaftlichen Erfolgs eines anderen, aus Verbotsgründen oder Zweckmäßigkeitsüberlegungen nicht abgeschlossenen Geschäfts (2 Ob 89/13x mwN; RIS Justiz RS0018078, RS0018192). Es genügt, dass das Umgehungsgeschäft objektiv den Sinn und Zweck der umgangenen Norm vereitelt, auf eine spezielle Umgehungsabsicht der Parteien kommt es nicht an (2 Ob 89/13x mwN; 4 Ob 252/14h; RIS Justiz RS0016780).

1.2 Nach Meinung des Klägers wurde die gesetzliche Regelung des § 785 Abs 1 Satz 1 ABGB umgangen, wonach ua auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen sind. Die Umgehung soll darin liegen, dass durch den Übergabsvertrag des Erblassers mit seiner Schwiegertochter diese Bestimmung nicht mehr zur Anwendung gelangt. Denn nach § 785 Abs 3 Satz 1 und 2 ABGB bleiben Schenkungen ua dann unberücksichtigt, wenn sie früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht wurden.

Letzteres trifft hier zu, sofern der Übergabsvertrag als Schenkung zu qualifizieren wäre: Die Liegenschaften wurden der Beklagten 24 Jahre vor dem Tod des Erblassers in das Eigentum übertragen, die Beklagte gehört als Schwiegertochter nicht zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen nach dem Erblasser.

1.3 Bei sinngemäßer Anwendung der in Punkt 1 genannten Kriterien auf den vorliegenden Fall müsste das abgeschlossene Rechtsgeschäft den gleichen Zweck erfüllen, wie er eingetreten wäre, wenn das Vermögen des Erblassers auf den Ehemann der Beklagten, den ältesten Sohn des Erblassers und Bruder des Klägers, übertragen worden wäre. Dieser müsste in Bezug auf das übertragene Vermögen eine rechtliche Stellung erlangt haben, die jener eines Übernehmers vergleichbar wäre, etwa wenn die Beklagte das Vermögen im Innenverhältnis bloß treuhändig für ihren Ehemann halten würde.

Dafür gibt es aber keine konkreten Anhaltspunkte in den Tatsachenbehauptungen des Klägers, der in der Revision seine Beweislast ausdrücklich anerkennt (S 5). Das bloß allgemein gehaltene Vorbringen, das Vermögen sollte materiell dem ältesten Sohn zugewendet werden, dieser könne über das Vermögen verfügen, ersetzt konkretes Vorbringen nicht. Die Beklagte ist – unstrittig – bücherliche Eigentümerin der übertragenen Liegenschaften und es gehört ihr – ebenso unstrittig – der forstwirschaftliche Betrieb. Daran ändert nichts, dass sie ihren Ehemann als fachlich qualifizierten Forstleiter einsetzt. Die rechtliche Verfügungsgewalt steht dennoch allein ihr zu. Anderes ergibt sich auch aus dem Vorbringen des Klägers nicht.

1.4 Zu Recht sind die Vorinstanzen daher davon ausgegangen, dass schon das Vorbringen des Klägers die Annahme eines Umgehungsgeschäfts nicht trägt. Ein Erörterungsmangel wurde im Rechtsmittelverfahren nicht releviert. Auf die Frage, ob ein Umgehungsgeschäft mit Schwiegerkindern „niemals“ möglich wäre, kommt es nicht an.

2. Zum behaupteten Rechtsmissbrauch:

2.1 Der Kläger behauptet in seiner Revision aber auch Rechtsmissbrauch und zieht den Vergleich des gegenständlichen Falls zum rechtsmissbräuchlichen Pflichtteilsverzicht. Er bezieht sich damit auf jene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach unter den zur unbefristeten Schenkungsanrechnung verpflichteten pflichtteilsberechtigten Personen iSd § 785 ABGB nur jene zu verstehen sind, die im konkreten Fall im Zeitpunkt des Erbanfalls tatsächlich pflichtteilsberechtigt sind und die im Schenkungszeitpunkt „abstrakt“ pflichtteilsberechtigt waren (RIS Justiz RS0012855 [T4]). Ein Pflichtteilsverzicht vor dem Erbanfall schließt somit eine fristenlose Anrechnung grundsätzlich aus. Eine Ausnahme ist nach ständiger Rechtsprechung aber dann geboten, wenn die Berufung auf § 785 Abs 3 ABGB als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (4 Ob 519/95 SZ 68/47; 1 Ob 152/03i SZ 2004/155; 10 Ob 86/11m; 9 Ob 47/13x; 2 Ob 220/15i; RIS Justiz RS0037904, RS0119567).

2.2 In der Entscheidung 1 Ob 152/03i SZ 2004/155 wurde das Verhalten einer Erblasserin, die einen pflichtteilsberechtigten Erben festgestelltermaßen nur deswegen zum Pflichtteilsverzicht veranlasst hatte, als geplante und per se Rechtsmissbrauch darstellende Vorgangsweise qualifiziert, die ab Kenntnis des Beschenkten auch dessen Berufung auf die Zweijahresfrist rechtsmissbräuchlich mache.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger behauptet, der Übergabsvertrag habe „nur dazu gedient“, seinen Pflichtteilsanspruch zu vereiteln. Unterstellt man die Richtigkeit dieser Behauptung, könnte bei Anwendung der erörterten Rechtsprechung die Berufung der Beklagten auf § 785 Abs 3 ABGB rechtsmissbräuchlich sein.

2.3 Der Vergleich mit der Rechtsprechung zum Pflichtteilsverzicht versagt allerdings insofern, als dort die Schenkung an einen Pflichtteilsberechtigten erfolgte, der durch seinen Verzicht auf das Pflichtteilsrecht aus dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten ausgeschieden ist, wie schon das Berufungsgericht richtig betonte. Die hier Beklagte gehörte hingegen von vornherein nicht zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten, ein die Rechtslage manipulierendes Verhalten ihrerseits war daher gar nicht möglich. Schenkungen an solche Personen sind vielmehr, soweit sie außerhalb der Zweijahresfrist erfolgten, nach § 785 Abs 3 ABGB gesetzlich gerade nicht verpönt. Eine analoge Bewertung dieses Falls nach der zu rechtsmissbräuchlichen Pflichtteilsverzichten ergangenen Rechtsprechung kommt deshalb nicht in Betracht.

2.4 Daran knüpft sich die Frage, ob einem Pflichtteilsberechtigten bei länger als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers zurückliegenden Schenkungen an von vornherein nicht pflichtteilsberechtigte Personen im Einzelfall nicht dennoch der Beweis des Rechtsmissbrauchs offen stehen kann. Dies ist aus den folgenden Gründen zu verneinen:

2.4.1 Auszugehen ist zunächst vom Zweck der Zweijahresfrist (an welcher der Gesetzgeber auch im ErbRÄG 2015 unverändert festgehalten hat; vgl § 782 ABGB neu). Er liegt nach den Gesetzesmaterialien darin, dass bei innerhalb dieser Frist gemachten Schenkungen typischerweise der Verdacht einer bewussten Verkürzung von Pflichtteilsberechtigten besteht, bei länger zurückliegenden hingegen nicht; die „kritische Zeit für Umgehungen des Noterbenrechts“ sei „hauptsächlich nur die letzte Zeit vor dem Tode des Erblassers“ (2 Ob 125/15v mit Hinweis auf 78 BlgHH 21. Sess 238 [= Herrenhausbericht 116]).

2.4.2 Der Oberste Gerichtshof hat sich zu der aufgezeigten Problematik noch nicht geäußert.

In der Entscheidung 6 Ob 290/02v wurde zwar in einem Fall, in welchem die Schenkung eines Forstguts an einen Pflichtteilsberechtigten durch Aufhebungsvertrag rückgängig gemacht und das Forstgut – mehr als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers – in eine neu gegründete Familienstiftung eingebracht wurde, in welcher der Pflichtteilsberechtigte als Präsident zur uneingeschränkten Geschäftsführung und Vertretung berechtigt war, eine entsprechende Beweisführung zugelassen. Maßgeblich hiefür war aber das behauptete Zusammenwirken zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten in Schädigungsabsicht, sodass für die Zulässigkeit der Schenkungsanrechnung auf die Zweijahresfrist nicht Bedacht genommen werden musste.

Ein vergleichbarer Sachverhalt wurde hier nicht vorgebracht.

2.4.3 In der Literatur haben sich, abseits der Problematik des Pflichtteilsverzichts, vor allem Raber (Die Verjährung des Schenkungspflichtteils; entwickelt aus ihren Grundlagen, JBl 1988, 137) und Umlauft (Die Anrechnung von Schenkungen und Vorempfängen im Erb- und Pflichtteilsrecht [2001] 212 ff) für eine Einzelfallprüfung ausgesprochen.

(a) Raber befürwortet eine teleologische Reduktion der Fristenregelung des § 785 Abs 3 ABGB dahin, dass man sie nur auf solche Fälle anwenden dürfe, die in ihrer Gesamtbetrachtung nicht dem Sittenwidrigkeitsurteil des § 879 ABGB unterliegen und stellt dazu mehrere Beurteilungskriterien auf (aaO 144 f).

(b) Umlauft gelangt anhand eines Beispiels in Anlehnung an Raber zu dem Ergebnis, dass der in der erwiesenen Absicht des Erblassers, „seine wenig begüterten Kinder, die sich gegenüber dem Erblasser stets korrekt verhalten haben, in ihrem Pflichtteil zu verkürzen“, drei Jahre vor seinem Ableben vorgenommenen Schenkung seines gesamten Vermögens an einen Fremden „jedenfalls hinsichtlich eines Teiles der Schenkung mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs zu begegnen sein“ werde (aaO 215).

2.4.4 Die von einer typisierten Betrachtung ausgehenden Gesetzesmaterialien könnten iSv Raber und Umlauft dahin interpretiert werden, dass für die vor der Zweijahresfrist des § 785 Abs 3 ABGB liegenden Schenkungen der Beweis des Rechtsmissbrauchs im Einzelfall zulässig sein kann.

Gegen diese Sichtweise spricht aber, dass für Schenkungen innerhalb der Zweijahresfrist der Entlastungsbeweis des nicht pflichtteilsberechtigten Beschenkten auch nicht zulässig ist. Wird innerhalb dieser Frist eine nicht pflichtteilsberechtigte Person beschenkt, könnte diese sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass – entgegen der Annahme des Gesetzgebers – eine Umgehung von Pflichtteilsrechten im konkreten Einzelfall nicht beabsichtigt war. Insoweit ist die Wertung des Gesetzgebers jedenfalls abschließend; es besteht nicht bloß eine gesetzliche Vermutung, die der Beschenkte widerlegen kann.

Dies muss aber, schon um Wertungswidersprüche zu vermeiden, auch für den umgekehrten Fall gelten, in welchem die Schenkung vor der Zweijahresfrist des § 785 Abs 3 ABGB an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person erfolgte. Ein Pflichtteilsberechtigter kann sich daher nicht erfolgreich darauf stützen, dass die Schenkung rechtsmissbräuchlich nur zur Vermeidung einer Schenkungsanrechnung vorgenommen worden sei. Damit wird auch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit Genüge getan.

3. Ergebnis:

Aus den obigen Erwägungen muss das Rechtsmittel des Klägers erfolglos bleiben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die nach § 23a RATG gebührende Erhöhung der Entlohnung beträgt für die Revisionsbeantwortung lediglich 2,10 EUR.

Rechtssätze
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