JudikaturJustiz2Ob137/23w

2Ob137/23w – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Vizepräsidenten Hon. Prof. PD Dr. Rassi sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. C*, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in Horn, und 2. F*, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in Wien, und deren Nebenintervenientinnen 1. FC*, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2. M*, vertreten durch Mag. Klaus Ferdinand Lughofer und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 23.774,37 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), über die Revisionen der beklagten Parteien und ihrer Nebenintervenientinnen gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Mai 2023, GZ 2 R 66/22x 43, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 17. Februar 2022, GZ 36 Cg 60/21g 31, abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Revisionen der Zweitbeklagten und der Nebenintervenientinnen werden zurückgewiesen.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.175,38 EUR (darin enthalten 362,56 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die erst- und zweitbeklagte Partei sind schuldig, der klagenden Partei die mit 1.977,90 EUR (darin enthalten 329,65 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zur Revision der Zweitnebenintervenientin binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem abweisenden Teil in Rechtskraft erwachsen ist, wird – soweit es die erstbeklagte Partei betrifft – dahin abgeändert, dass das Ersturteil in der Hauptsache wiederhergestellt wird.

Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die Fällung einer neuen Kostenentscheidung für die Kosten in erster und zweiter Instanz aufgetragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 3.656,50 EUR (darin enthalten 329,65 EUR USt und 1.678,60 EUR Barauslagen ) bestimmten Kosten ihrer Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung und Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger bestellte 2018 bei der Erstbeklagten das von der Zweitbeklagten hergestellte Wohnmobil der Marke Fiat Ducato Malibu, Modell 640 LE als Neufahrzeug um einen Kaufpreis von 80.500 EUR. Das Fahrzeug fällt unstrittig in den Anwendungsbereich der VO 715/2007/EG.

[2] Das Wohnmobil ist mit einer „Abgasstrategie“ ausgestattet, die die Abgasrückführung nach einer Fahr- und Betriebszeit des Motors von 22 Minuten unabhängig von der Außen- oder Umgebungstemperatur erheblich reduziert oder überhaupt unterbindet, wofür es keine zwingende technische Notwendigkeit gibt. Zudem ist der Fiat Ducato mit einer temperaturabhängigen Steuerung (sog „Thermofenster“) ausgestattet, welche die Abgasrückführung bei (unter 20 Grad Celsius) sinkenden Außentemperaturen massiv reduziert.

[3] Der Kläger erfuhr in einer Fernsehsendung im April 2021, dass sein Fahrzeug vom „Abgasskandal“ betroffen sein könnte. Er hätte das Fahrzeug im Wissen um die Betroffenheit vom „Abgasskandal“ nicht erworben. Ein Fahrzeug mit der streitgegenständlichen Software hätte 2018 um zumindest 15 % billiger als ein verordnungskonformes Vergleichsfahrzeug angeboten werden müssen.

[4] Das Fahrzeug verfügt über eine aufrechte EG Typengenehmigung; ein Typengenehmigungsentzugsverfahren steht (zumindest) derzeit nicht bevor.

[5] Der Kläger begehrt mit seiner im September 2021 (unstrittig nach Ablauf von über zwei Jahren seit der Übergabe) eingebrachten Klage die Zahlung von 23.774,37 EUR (= 30 % vom behaupteten Kaufpreis von 79.247,90 EUR).

[6] Es liege eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, ohne die es keine Typisierung gegeben hätte. Er sei beim Kauf davon ausgegangen, dass das Neufahrzeug den gesetzlichen Vorgaben entspricht und die EG Typengenehmigung nicht durch unzulässige Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung erschlichen wurde. Nach der relativen Berechnungsmethode ergebe sich ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 30 % des Kaufpreises, was (auch) dem mangelbedingt verminderten Verkehrswert entspreche. Hätte er bei Vertragsabschluss vom Mangel gewusst, hätte er um den begehrten Betrag weniger gezahlt.

[7] Das Klagebegehren gegenüber der erstbeklagten Partei stützt der Kläger auf Irrtum und Gewährleistung. Weiters macht er eine listige Irreführung mit der Begründung geltend, dass sich die Erstbeklagte als Verkäuferin die listige Irreführung der Zweitbeklagten zurechnen lassen müsse. Hinsichtlich der zweitbeklagten Partei macht der Kläger geltend, dass er von ihr vorsätzlich in die Irre geführt und geschädigt worden sei, zumal deren Angaben zum gegenständlichen Fahrzeug bewusst unrichtig gewesen seien. Die zweitbeklagte Partei sei in Kenntnis über die Manipulationen gewesen, habe diese vorsätzlich getätigt und diesen Umstand zusätzlich noch bewusst verschwiegen, um sich selbst einen Vorteil – nämlich den gesteigerten Verkauf ihrer Fahrzeuge – zu verschaffen. Die zweitbeklagte Partei hafte nach § 1295 iVm § 1323 ABGB für den von ihr verursachten Schaden deliktisch. Ihr sei die Verletzung der VO 715/2007/EG als Schutzgesetz vorzuwerfen.

[8] Die Erstbeklagte wandte ein, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege. Das Fahrzeug verfüge über eine aufrechte, für die Gerichte bindende EG Typengenehmigung, sodass kein Sach- oder Rechtsmangel bestehe. Sämtliche gegen sie geltend gemachten Ansprüche (insb Gewährleistungsansprüche) seien verfristet bzw präkludiert.

[9] Auch die Zweitbeklagte bestritt das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, es liege eine aufrechte EG-Typengenehmigung vor, deren Entzug nicht drohe. Das Fahrzeug sei mangelfrei und uneingeschränkt nutzbar.

[10] Die Erstnebenintervenientin (Verkäuferin des Basisfahrzeugs an die Zweitnebenintervenientin) sowie die Zweitnebenintervenientin (Verkäuferin des Fahrzeugs an die Erstbeklagte) schlossen sich im Wesentlichen dem Vorbringen der Beklagten an.

[11] Das Erstgericht wies die Klage gegen beide Beklagte ab. Aufgrund der aufrechten EG-Typengenehmigung liege kein Mangel des Fahrzeugs iSd §§ 922 ff ABGB vor. Es verneinte auch die Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung, weil Abgaswerte nicht Vertragsinhalt geworden seien. Zudem sei der Irrtum nicht veranlasst worden. Mangels Schadens könne das Begehren auch nicht auf listige Irreführung oder Schadenersatz gestützt werden. Aus einer unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung sei kein Anspruch des Käufers gegen den Hersteller ableitbar.

[12] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Es gab dem Zahlungsbegehren im Ausmaß von 11.887,18 EUR sA gegen beide Beklagten statt und stellte die Haftung der Zweitbeklagten für künftige Schäden fest. Das Zahlungsmehrbegehren (einschließlich des Zinsenmehrbegehrens) wies es ebenso ab wie das Feststellungsbegehren gegen die Erstbeklagte.

[13] Die „Abgasstrategie“ sei eine unzulässige Abschalteinrichtung, deren Vorliegen auch eine mangelnde Rechtsbeständigkeit der erteilten EG-Typengenehmigung nach sich ziehe. Dies begründe einen Rechtsmangel, der noch nicht verjährt sei. Die Wertminderung belaufe sich auf 15 % des Kaufpreises. Insoweit habe der Kläger Anspruch auf Preisminderung. Neben dem im Minderwert bestehenden Gewährleistungsanspruch wegen eines Rechtsmangels gegenüber der Erstbeklagten sei gegenüber der Zweitbeklagten ein Schadenersatzanspruch wegen Schutzgesetzverletzung (gegen Art 5 VO 715/2007/EG) zu bejahen. Die aufrechte EG-Typengenehmigung spreche nicht gegen die Annahme eines Mangels/Schadens. Vor dem Hintergrund des zu bejahenden Rechtsmangels sei ein Feststellungsinteresse des Klägers gegenüber der zweitbeklagten Herstellerin zu bejahen. Gegenüber dem Erstbeklagten bestehe aber mangels rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens kein Schadenersatzanspruch, sodass das entsprechende Feststellungsbegehren abzuweisen sei.

[14] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt.

[15] Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht mangels Judikatur zur Frage eines Schadenersatzes (des Käufers gegen den Händler und Hersteller) zu, der auf den Rückersatz eines überhöhten Kaufpreises wegen des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung abzielt.

[16] Gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung richten sich die Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenientinnen mit den Abänderungsanträgen, die Klage zur Gänze abzuweisen. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

[17] Der Kläger , der den abweisenden Teil der Entscheidung unbekämpft lässt, beantragt jeweils, die Revisionen zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.

[18] Die Revisionen der Zweitbeklagten und der Nebenintervenientinnen sind – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig .

Rechtliche Beurteilung

[19] Die Revision der Erstbeklagten ist hingegen zulässig , weil dem Berufungsgericht durch die Bejahung des Rechtsmangels eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Sie ist auch berechtigt .

A. Zur Revision der Zweitbeklagten und der Erstnebenintervenientin:

[20] 1.1 Der Kläger hat vorgebracht, dass die Zweitbeklagte beim streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut habe, weil sich die Abgasrückführung nach 22 Minuten Fahrzeit abschalte und es zudem zu einer Reduktion der Abgasrückführung unter 20 Grad Celsius Außentemperatur komme. Ersteres steht fest, hinsichtlich der Reduktion der Abgasrückführung unter 20 Grad Celsius Außentemperatur traf das Erstgericht eine Negativfeststellung. Hier ging das Berufungsgericht davon aus, dass die Zweitbeklagte das diesbezügliche Vorbringen des Klägers nicht substantiiert bestritten und damit zugestanden habe.

[21] 1.2 Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser Umstände das Ausschalten bzw Reduzieren der Abgaszuführung im Anlassfalls als unzulässig und im Widerspruch zu Art 5 VO 715/2007/EG stehend qualifiziert, bedarf das keiner Korrektur. Die Revision zeigt hier keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[22] 1.3 Zum einen hat der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 200/23i in einem Parallelverfahren zu einem (ebenfalls von der hier Zweitbeklagten hergestellten) Wohnmobil der Marke Fiat Ducato die Verletzung der VO 715/2007/EG allein auf die nach 22 Minuten erfolgte Reduktion der Abgaszuführung gestützt (vgl auch die Judikatur zu Fällen mit der Marke Volkswagen, zB 6 Ob 84/23f , wonach eine unzulässige Abschalteinrichtung sowohl wegen einer Softwaresteuerung über die sogenannte Umschaltlogik als auch wegen des sogenannten Thermofensters vorliegen kann).

[23] 1.4 Zum anderen sprach der erkennende Senat zu einer vergleichbaren Konstellation zuletzt zu 2 Ob 130/23s aus, dass bloßes unsubstantiiertes Bestreiten ausnahmsweise als Geständnis anzusehen ist, wenn die vom Gegner aufgestellte Behauptung offenbar leicht widerlegbar sein musste, dazu aber nie konkret Stellung genommen wird ( RS0039927 ). Die Wertung des fehlenden substantiellen Bestreitens als schlüssiges Tatsachengeständnis (§ 267 ZPO) hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab ( RS0040078 [T4]). Eine Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zeigt die Zweitbeklagte, die sich im erstinstanzlichen Verfahren im Detail mit der Frage der Zulässigkeit eines Thermofensters befasst, die vom Kläger als maßgeblich ins Treffen geführte Außentemperatur aber nicht in Zweifel gezogen hat, nicht auf. Die vom Erstgericht zur Frage der relevanten Temperaturgrenze für das im konkreten Fahrzeug vorhandene Thermofenster getroffene Negativfeststellung steht einer Zugrundelegung der zugestandenen Tatsache nicht entgegen ( 2 Ob 130/23s ).

[24] 2. Das (noch) aufrechte Vorliegen einer EG Typengenehmigung spricht nicht gegen den Schadenersatzanspruch:

[25] 2.1 Aus dem Umstand, dass die unzulässige Abschalteinrichtung (bzw eine damit verbundene allfällige Entziehung der EG-Typengenehmigung) aus gewährleistungsrechtlicher Sicht nicht als Rechtsmangel (iSd § 933 ABGB) zu qualifizieren ist (vgl unten zur Revision des Erstbeklagten), ist für den Standpunkt der Zweitbeklagten nichts zu gewinnen. Der Kläger macht ihr gegenüber zutreffend einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung des Art 5 VO 715/2007/EG geltend (vgl 10 Ob 2/23a ; 10 Ob 16/23k uva). Dieser Schadenersatz muss nach den Anforderungen des Unionsrechts eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion für den Verstoß darstellen ( 10 Ob 27/23b ; 8 Ob 88/22g ; 9 Ob 70/22t ). Eine solche Sanktion kann nach gesicherter Rechtsprechung auch in einem zu leistenden Geldbetrag liegen ( 10 Ob 27/23b ; 8 Ob 88/22g ).

[26] 2.2 Im Fall des Erwerbs eines mit einer im Sinn dieser Norm unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs liegt das – den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechend einen Schaden iSd § 1293 ABGB bildende – geringere rechtliche Interesse eines Käufers in der (objektiv) eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit ( 10 Ob 2/23a Rz 22; 10 Ob 27/23b Rz 25).

[27] 3. Die behauptete Mangelhaftigkeit wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Revision geht von einer Überraschungsentscheidung im Zusammenhang mit der Qualifikation der VO 715/2007/EG als Schutzgesetz aus. Der Kläger stützte sich allerdings in seinem Schriftsatz vom 30. Dezember 2021 im Zusammenhang mit dieser Verordnung ausdrücklich auf eine Schutzgesetzverletzung (Punkt 9 auf Seite 16 f: „Verletzung von Schutzgesetzen“ ). Es entspricht gesicherter Rechtsprechung, dass eine Überraschungsentscheidung nicht vorliegt, wenn sich das Gericht dem Vorbringen einer Partei anschließt ( RS0037300 [T16]).

[28] 4. Insgesamt war die Revision damit zurückzuweisen.

B. Zur Revision der Zweitnebenintervenientin:

[29] 1. Die Zweitnebenintervenientin befasst sich in ihrer Revision ausschließlich mit der Zulässigkeit des Umstiegs von den primären auf die sekundären Gewährleistungsbehelfe und argumentiert, das bloß unterbliebene aktive Anbieten einer Verbesserung berechtige nicht zur Preisminderung. Mangels Feststellungen zur Unmöglichkeit einer Verbesserung könnte der Kläger nicht auf die sekundären Gewährleistungsbehelfe umsteigen.

[30] 2. Allerdings hat die zweitbeklagte Herstellerin selbst vorgebracht, dass für das klagsgegenständliche Fahrzeug kein Software-Update angeboten oder vorgenommen worden und es auch nicht von einer Rückrufaktion betroffen sei. Dazu korrespondierend brachte der Kläger vor, dass eine Verbesserung von der Herstellerin nicht angeboten worden sei und eine solche daher ausscheide. Wenn das Berufungsgericht daran anknüpfend davon ausgeht, dass dem Kläger eine Verbesserung unstrittig nicht angeboten wurde und beklagtenseits auch kein Verbesserungsbedarf gesehen werde, wirft das keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass es für das gegenständliche Fahrzeug kein nur vom Hersteller bereitstellbares Software-Update gebe, um die Abschalteinrichtung zu entfernen und so die – daraus resultierende – fehlende Rechtsbeständigkeit der EG-Typengenehmigung zu sanieren, bedarf keiner Korrektur.

[31] 3. Dass es andere Verbesserungsmöglichkeiten geben soll, behauptet die Revision nicht. Da der – vom Berufungsgericht bejahte (s aber Punkt C) – Mangel nicht behebbar ist, kommt eine Verbesserung nicht in Betracht.

[32] 4. Mangels einer auf Grundlage der Verfahrensergebnisse ausgeführten Rechtsrüge (RS0043603) wird insoweit keine Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

[33] 5. Mit den übrigen, vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung zum hier ausschließlich relevanten Rechtsmangel aufgeworfenen Rechtsfragen setzt sich das Rechtsmittel überhaupt nicht auseinander, sodass die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen ist (vgl RS0102059 [T21]).

C. Zur Revision der Erstbeklagten:

[34] 1.1 In dritter Instanz ist unstrittig, dass die Gewährleistungsfrist für einen Sach mangel zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits abgelaufen ist, sodass ein auf Gewährleistungsrecht gestützter Anspruch davon abhängt, ob der Kläger gegen die erst beklagte Verkäuferin das Vorliegen eines Rechts mangels geltend machen kann. Das Berufungsgericht hat entgegen dem Erstgericht das Vorliegen (auch) eines Rechtsmangels bejaht. Es stützt sich dabei auf die zu v erneinende Rechtsbeständigkeit der erteilten EG-Typengenehmigung. Dem hält die Erstbeklagte in der Revision entgegen, dass das Fahrzeug aufgrund der aufrechten EG-Typengenehmigung uneingeschränkt und ungehindert benützt werden könne, weshalb kein Rechtsmangel vorliege.

[35] 1.2 Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in vergleichbaren Konstellationen bei unzulässigen Abschalteinrichtungen bereits mehrfach ausgesprochen, dass kein Rechtsmangel vorliegt, wenn die EG-Typengenehmigung und die Zulassung für das Kraft fahrzeug nach wie vor aufrecht sind und keine behördlichen Nutzungsverbote oder Nutzungsbeschränkungen gegeben sind (3 Ob 40/23p Rz 22 ff; 2 Ob 122/23i Rz 20 ff; 6 Ob 116/23m Rz 10). Der erkennende Senat schließt sich dieser, auch für den vorliegenden Fall einschlägigen Rechtsansicht an. Das verbliebene Zahlungsbegehren kann daher nicht auf Gewährleistungsrecht gestützt werden.

[36] 2. Der Kläger hat sich im erstinstanzlichen Verfahren auf das Vorliegen eines wesentlichen, von der Erstbeklagten veranlassten Geschäftsirrtums (§ 871 ABGB) sowie darauf gestützt, dass sich die Erstbeklagte als Verkäuferin die listige Irreführung (§ 870 ABGB) der Zweitbeklagten zurechnen lassen müsse.

[37] 2.1 Es ist unstrittig, dass dem Kläger im Zuge der Verkaufsgespräche, in dem er den Wunsch nach einem Fahrzeug mit der Abgasklasse EU6dtemp äußerte, mitgeteilt wurde, es gebe noch keine Wohnmobile mit einer solchen Abgasklasse und man wisse nicht, wann diese verfügbar seien. K onkrete Eigenschaften, insbesondere auch motor- oder abgasbezogene Eigenschaften des Klagsfahrzeugs waren nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen. Auch für bestimmte dahingehende Werbeaussagen bestehen keine Anhaltspunkte. Eine Kenntnis der Erstbeklagten darüber , dass beim Motor des Klagsfahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert wäre, oder Repräsentanten des Herstellers in die Vertragsverhandlungen eingebunden gewesen wären, behauptet nicht einmal der Kläger. Aus diesem Grund kann der Erstbeklagten auch nicht die Verletzung einer gebotenen Aufklärung angelastet werden. Schon mangels Irrtumsveranlassung scheitert damit eine irrtumsrechtliche Vertragsanpassung (vgl dazu idS jüngst 2 Ob 122/23i Rz 23 f in einem ähnlichen Fall mwN).

[38] 2.2 Auch auf § 870 ABGB kann das Begehren gegen die erstbeklagte Verkäuferin nicht gestützt werden. Dass ein Verkäufer für List (§ 870 ABGB) des Herstellers einstehen müsste, bedarf der Zurechnung nach § 875 ABGB (Teilnahme oder Wissen müssen).

[39] 2.2.1 Zu einer vergleichbaren Konstellation hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass selbst ein Vertragshändler nicht schon durch den bloßen Verkauf der vom Hersteller manipulierten Kraftfahrzeuge an einer Handlung des Täters (Hersteller) „teilgenommen“ hätte ( 9 Ob 21/22m Rz 31 ff mwN). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

[40] 2.2.2 Dass die Erstbeklagte von der listigen Handlung der Herstellerin offenbar wissen musste (§ 875 ABGB 2. Fall), hat der Kläger nicht behauptet und lässt sich dem festgestellten Sachverhalt auch nicht entnehmen.

[41] 3. Das Urteil des Berufungsgerichts war daher im Sinn einer gänzlichen Abweisung der Klage gegen den Erstbeklagten abzuändern.

4. Kostenentscheidung

[42] 4.1 Zur Kostenaufhebung und zum Auftrag an das Erstgericht die Kostenentscheidung für die Vorinstanzen neu zu fällen, wird auf die ständige Rechtsprechung verwiesen (RS0124588). Ein solches Vorgehen ist hier wegen der fünf Prozessbeteiligten, der unterschiedlichen Prozesserfolge des Klägers, wegen der Einwendungen gemäß § 54 Abs 1a ZPO, der ausländischen Beteiligten etc angebracht.

4.2 Zur Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren:

[43] 4.2.1 Der Kläger unterlag im Revisionsverfahren der Erstbeklagten zur Gänze, weshalb er deren Revisionskosten zu ersetzen hat ( 1 Ob 87/09i ). Ein Streitgenossenzuschlag gebührt nicht (vgl 9 ObA 22/09i ). Der Umstand allein, dass auf Seiten der Erstbeklagten zwei Nebenintervenientinnen beigetreten sind, führt noch nicht zum Anfall des Streitgenossenzuschlags. Dies wäre nur dann gegeben, wenn der Erstbeklagten entweder mehrere Personen gegenüberstehen oder mehrere Parteien vom selben Rechtsanwalt vertreten werden ( RS0045327 ; RS0072290 ; RS0036033 ua). Dies ist aber hier nicht der Fall.

[44] 4.2.2 Hingegen hat die Zweitbeklagte dem Kläger, der auf die Unzulässigkeit ihrer Revision (verbunden mit jener der Erstnebenintervenientin) hingewiesen hat, die tarifgemäß verzeichneten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

[45] 4.2.3 Entstehen dem Gegner der Hauptpartei durch das Einschreiten eines Nebenintervenienten Kosten, so haftet dem Gegner die Hauptpartei, nicht aber der Nebenintervenient ( RS0035816 ; RS0036057 ; Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.375), zumal der Hauptpartei die Disposition über die Prozesshandlung des Nebenintervenienten offengestanden wäre ( 3 Ob 193/22m Rz 6). Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der von der Zweitnebenintervenientin gesondert eingebrachten Revision hingewiesen. Die Kosten seiner Revisionsbeantwortung haben ihm daher die Beklagten zu gleichen Teilen zu ersetzen, weil die Zweitnebenintervenientin beiden solidarisch in Anspruch genommenen Beklagten beigetreten ist ( Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.378).