JudikaturJustiz2Ob123/07p

2Ob123/07p – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. September 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna K*****, vertreten durch Mag. Josef Koller-Mitterweissacher, Rechtsanwalt in Perg, gegen die beklagte Partei Kurt K*****, vertreten durch Dr. Helmar Feigl, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen Teilung einer Liegenschaft, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 2. Mai 2007, GZ 35 R 14/07t-16, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Perg vom 10. Jänner 2007, GZ 1 C 957/06y-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.816,61 (darin EUR 636,10 USt) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile wurden mit Beschluss des Bezirksgerichtes Perg vom 11. 10. 2006 je zur Hälfte in den Nachlass ihres am 29. 5. 2003 verstorbenen Sohnes eingeantwortet. In den Nachlass fiel unter anderem die Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches Schwarzenberg, zu der auch noch 2/12-tel Anteile der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches Zell Artsberg gehören.

Mit der am 16. 10. 2006 beim Bezirksgericht Perg eingebrachten Klage begehrt die Klägerin mit dem Hinweis auf das Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens und die Unmöglichkeit einer Naturalteilung die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches Schwarzenberg durch Zivilteilung. Zur Begründung der Zuständigkeit des Erstgerichtes für diese „Erbteilungsklage" berief sie sich auf § 77 Abs 2 JN. Der Beklagte erhob in der vorbereitenden Tagsatzung vom 10. 1. 2007 die Einrede der sachlichen und örtlichen Unzuständigkeit des Erstgerichtes und beantragte die Zurückweisung der Klage. Es handle sich um keine Erbteilungsklage, weshalb das Landesgericht St. Pölten zuständig sei.

Das Erstgericht schränkte den Gegenstand der Verhandlung auf die Zuständigkeitsfrage ein, bejahte seine Zuständigkeit und verwarf die Einrede des Beklagten. Der Klage sei unmissverständlich zu entnehmen, dass der Klagsgrund im Erbrecht liege.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die Unzuständigkeit des Erstgerichtes aussprach und die Klage zurückwies. Es sprach ferner - unter Bezugnahme auf den mit EUR 46.001,98 bezifferten dreifachen Einheitswert der Liegenschaft - aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat im Wesentlichen die Rechtsansicht, unter einer Erbteilungsklage seien alle Klagen zu verstehen, deren Rechtsgrund im Erbrecht liege und die auf die Teilung des Nachlassvermögens gerichtet seien. Das Erstgericht sei jedoch von einem zu weiten Verständnis der Voraussetzung „Rechtsgrund im Erbrecht" ausgegangen. Die Klägerin verlange nämlich keineswegs die Abtretung der Verlassenschaft oder eines Erbteiles. Die Erbrechte seien unter den Parteien nicht strittig. Die Klägerin behaupte auch nicht, dass ihr der Beklagte die Herausgabe eines Erbteiles vorenthalte. Es werde daher im Sinne der Entscheidung SZ 25/206 nicht die Herausgabe eines Erbteiles, sondern die Teilung einer gemeinschaftlichen Sache gemäß § 830 ABGB begehrt. Der Rechtsgrund dieses Begehrens finde sich nicht im Erbrecht, sondern in der einem Miteigentümer zustehenden Befugnis, Teilung zu verlangen. Im Erbrecht liege nur die Begründung dafür, dass die Streitteile je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft geworden seien. Die vorliegende Klage sei daher keine Erbteilungsklage iSd § 77 Abs 2 JN sondern eine Klage auf Teilung einer Liegenschaft iSd § 81 Abs 1 JN. Zuständig sei dafür das Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen sei. Dieses Gericht sei mit dem Erstgericht nicht ident. Im Hinblick auf die gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern. Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Voraussetzungen einer Erbteilungsklage verkannte; er ist auch berechtigt.

Die Klägerin macht geltend, ein Erbteilungsübereinkommen liege nicht vor. Sie sei daher berechtigt, die Aufhebung der durch die Einantwortung entstandenen Miteigentumsgemeinschaft durch Teilung einer der Verlassenschaft zugehörigen Liegenschaft zu begehren. Dieses Recht sei in der Einantwortung begründet, weshalb gemäß § 77 Abs 2 JN das Verlassenschaftsgericht zuständig sei. Die Entscheidung SZ 25/206 beruhe auf einem nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 77 Abs 2 JN (in der hier gemäß Art XXXII § 3 Abs 2 AußStr-BegleitG, BGBl I 2003/112, noch anzuwendenden Fassung) gehören Klagen, welche die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, vor das Gericht, bei welchem die Nachlassabhandlung anhängig ist. Dieser Gerichtsstand bleibt auch nach rechtksräftiger Einantwortung des Nachlasses bestehen. Es handelt sich um einen individuellen Gerichtsstand, mit dem durch die Verweisung der Rechtssache vor das Abhandlungsgericht sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit geregelt wird (SZ 51/101; RIS-Justiz RS0046578; Mayr in Rechberger, ZPO³ § 77 JN Rz 3; Simotta in Fasching² I § 77 JN Rz 10). Bei Entscheidungen über die individuelle Zuständigkeit ist der Rechtsmittelausschluss des § 45 Abs 1 JN nur anwendbar, wenn die Bejahung der individuellen Zuständigkeit lediglich zu einer Zuständigkeitsverschiebung in sachlicher, nicht aber auch in örtlicher Hinsicht führt (SZ 51/101; 5 Ob 292/02f; Mayr aaO § 45 JN Rz 4). Für den vorliegenden Zuständigkeitsstreit ist daher vorweg festzuhalten, dass die Anfechtungsbeschränkung des § 45 Abs 1 JN keinesfalls zum Tragen kommt, weil der seine Zuständigkeit bejahende Beschluss des Erstgerichtes im Hinblick auf die Lage der Liegenschaft auch eine Veränderung der örtlichen Zuständigkeit bewirkt. Erbteilungsklagen sind Klagen, deren Rechtsgrund im Erbrecht liegt und die auf die Teilung des Nachlassvermögens gerichtet sind, gleichgültig, ob letztere mangels Einigung erst in einer bestimmten Richtung durchgesetzt werden soll oder ein Erbteilungsübereinkommen vorliegt, auf dessen Durchführung die Klage zielt (SZ 51/101; 2 Ob 236/02y; Mayr aaO § 77 JN Rz 3). Das Rekursgericht hat seine die Anwendung des § 77 Abs 2 JN ablehnende Rechtsansicht insbesondere auf die Entscheidung SZ 25/206 gestützt. Dort ging es um die Aufhebung der „Gemeinschaft" an einem Unternehmen, das von den Erben aufgrund eines Erbübereinkommens bereits jahrelang gemeinschaftlich betrieben worden war. Die Klage hatte demnach nicht der Durchsetzung des seinerzeitigen Übereinkommens gedient. Mit diesem Sachverhalt ist aber der vorliegende Fall, wie die Klägerin in ihrem Rechtsmittel richtig aufzeigt, nicht vergleichbar. Es ist vielmehr von folgender Rechtslage auszugehen:

Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterlässt, entsteht zwischen diesen zunächst bis zur Einantwortung eine sich auf das Erbrecht beziehende schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB. Nach der Einantwortung werden die Erben, solange keine Erbteilung stattfindet, Miteigentümer der körperlichen Nachlasssachen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile. Die Gemeinschaft wird durch Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann, aber erst mit dieser dinglich wirksam; sie erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen, für welches Vertragsfreiheit herrscht, oder - mangels Einigung - durch

Erbteilungsklage (7 Ob 525/90 = SZ 63/30; 1 Ob 527/93; 2 Ob 2292/96i

= SZ 71/60; RIS-Justiz RS0012311). Die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an körperlichen Nachlasssachen richtet sich nach den Bestimmungen über die Aufhebung einer Vermögensgemeinschaft und erfolgt entweder durch Real- oder durch Zivilteilung (7 Ob 525/90; 6 Ob 599/94; 3 Ob 268/05s).

Im vorliegenden Fall haben die geschiedenen Eltern des Verstorbenen bisher kein Erbteilungsübereinkommen zustande gebracht. Die Klägerin hat in ihrer nur fünf Tage nach der Einantwortung (somit noch vor deren Rechtskraft) eingebrachten Klage auf das Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens und die erkennbar als unerwünscht empfundene Rechtsfolge des gemeinschaftlichen Eigentums ausdrücklich Bezug genommen und die Aufhebung der Gemeinschaft durch Zivilteilung begehrt. Nach diesen für die Prüfung der Zuständigkeit allein maßgeblichen Klagsangaben (Mayr aaO § 41 JN Rz 2) kann somit kein Zweifel bestehen, dass der Rechtsgrund der Klage im Erbrecht liegt. Es handelt sich um eine Erbteilungsklage iSd § 77 Abs 2 JN, für welche die individuelle Zuständigkeit des Erstgerichtes gegeben ist. Dem berechtigten Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der Beschluss des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren im Zwischenstreit gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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