JudikaturJustiz1Ob77/18g

1Ob77/18g – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Mai 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** S*****, vertreten durch Dr. Martin Zanon, Rechtsanwalt in Seefeld in Tirol, gegen die beklagte Partei Ing. H***** B*****, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Unterhalts, über die „außerordentliche“ Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. Februar 2018, GZ 3 R 258/17p 162, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom 10. August 2017, GZ 1 C 8/12b 155, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten – ausdrücklich über den durch einen Vergleich titulierten Unterhaltsanspruch hinaus – 6.445,48 EUR sA an rückständigem Unterhalt und 240 EUR monatlich ab 1. 1. 2016 an laufendem Unterhalt an die Klägerin zu zahlen. Ein Mehrbegehren wies es ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die dagegen erhobene „außerordentliche“ Revision des Beklagten, mit der er die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens anstrebt, legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vor.

Der Oberste Gerichtshof ist aber zur Entscheidung darüber nicht berufen.

Rechtliche Beurteilung

Die Ermittlung des Werts des vom Berufungsgericht behandelten Entscheidungsgegenstands richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN (§ 500 Abs 3 ZPO); er bestimmt sich beim Unterhalt nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36-fachen des monatlichen Unterhalts. Dabei ist nur auf den laufenden Unterhalt abzustellen; bereits fällig gewordene Beträge sind nicht gesondert zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0122735; RS0114353 [insbes T1]; Mayr in Rechberger 4 , § 58 JN Rz 2 mwN).

Im vorliegenden Verfahren ist demnach der Wert des Entscheidungsgegenstands im Berufungsverfahren das 36 fache von 240 EUR, also 8.640 EUR.

Übersteigt aber der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht und hat das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt, ist gemäß § 502 Abs 4 ZPO in den in § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten die Revision, außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO, jedenfalls unzulässig.

In diesem Fall kann eine Partei nur gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz keinen Antrag im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109620).

Das Rechtsmittel des Beklagten wäre vom Erstgericht daher nicht dem Obersten Gerichtshof – auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird –, sondern allenfalls gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen (RIS-Justiz RS0109620). Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109501 [T12]; RS0109623 [T5]).

Rechtssätze
5
  • RS0109501OGH Rechtssatz

    27. Juni 2023·3 Entscheidungen

    Hat der Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel gegen das vom Berufungsgericht nach dem 31. Dezember 1997 gefasste Urteil rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachte, fehlt der Revision jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht gestellt werde, ist der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen; denn im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet seien, dann hat es einen, mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags.