JudikaturJustiz1Ob6/94

1Ob6/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. März 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr.Franz Hitzenberger und Dr.Otto Urban, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Josef M*****, vertreten durch Dr.Harald Fahrner und Dr.Ilse Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen Feststellung und Unterlassung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 14.September 1993, GZ R 540/93-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 22.März 1993, GZ 2 C 2477/91-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.623,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 603,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 1.12.1934 fertigten die Eltern des Beklagten, dessen Rechtsvorgänger, neben drei Zeugen ein Gedenkprotokoll, nach dessen Inhalt sie einem Rechtsvorgänger der klagenden Partei und dessen

Rechtsnachfolgern "den schon länger als 30 Jahre im genannten... (dem strittigen Fischwasserbereich)... geübten Fischfang, ohne wie immer

geartete Entschädigung, für immerwährende Zeiten" gestatteten.

Im Bescheid vom 30.11.1966, mit dem die Bezirksverwaltungsbehörde der Gemeinde die wasserrechtliche Bewilligung für die Teilregulierung des Ortsbachs samt dessen Quellflüssen erteilte, wurde gemäß § 11 Abs.3 WRG 1959 das zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile getroffene Übereinkommen vom 1.6.1965 beurkundet, das nachstehenden Wortlaut hat:

"Das bisher im Fischereikataster der Bezirkshauptmannschaft...

eingetragene und gemeinsam ausgeübte Fischereirecht vom... bis zum

Zusammenfluß des... mit dem im Projektplan eingetragenen Mühlbach

(...) wird insofern neu festgelegt, als es sich nunmehr im neuen

Regulierungsgerinne von der... Bundesstraßenbrücke nächst dem

Anwesen... nach flußabwärts bis zum Zusammenfluß des... baches mit

dem...bach erstreckt".

Mit Kaufvertrag vom 6.9.1984 erwarb die klagende Partei von Friedrich H***** unter anderem das Fischereirecht an einer näher bezeichneten Bachstrecke.

Sie begehrte die Feststellung, daß dieses Fischereirecht ihr allein zustehe, sowie die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung jedweder Ausübung der Fischerei in diesem Gewässer innerhalb der genannten Strecke. Sie brachte vor, der Verkäufer habe ihr zugesichert, daß das Fischereirecht nicht mit Rechten Dritter belastet sei; sie habe dieses Recht daher ohne jede Einschränkung erworben. Der Beklagte behaupte dagegen zu Unrecht, er sei zur Hälfte Eigentümer des Fischereirechts im genannten Bereich.

Der Beklagte wendete ein, seine Rechtsvorgänger hätten den Rechtsvorgängern der klagenden Partei die Ausübung des Fischfangs für immerwährende Zeiten gestattet. Der Beklagte und dessen Rechtsvorgänger hätten im fraglichen Bereich ihr Fischereirecht auch immer ausgeübt. Die mit den Rechtsvorgängern der klagenden Partei gemeinsame Rechtsausübung gehe auch aus einem im Jahre 1966 von der Bezirksverwaltungsbehörde beurkundeten Übereinkommen vom 1.6.1965 hervor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, der unmittelbare Rechtsvorgänger der klagenden Partei habe sein Fischereirecht mit Kaufvertrag vom 25.9.1971 von seinem Vater erworben. Dessen Rechtsvorgänger sei das Fischereirecht von seiner Tante mit Notariatsakt vom 13.1.1955 übertragen worden. Die Rechtsvorgänger der klagenden Partei und der Beklagte bzw. dessen Rechtsvorgänger hätten seit mehr als 30 Jahren im fraglichen Bereich gemeinsam in der Überzeugung gefischt, dabei ein dingliches (Fischerei )Recht auszuüben.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die klagende Partei habe nicht beweisen können, das Fischereirecht allein ausgeübt zu haben. Da der Beklagte und dessen Rechtsvorgänger ein solches Recht in gleicher Weise ausgeübt hätten, stehe das strittige Fischereirecht im Miteigentum der Streitteile, die das Fischereirecht (gemeinsam) ersessen hätten.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, nach § 1 Abs.1 oö. FischereiG 1895 und oö. FischereiG 1983 sei jedes Fischereirecht räumlich begrenzt; als Fischwasser werde der Teil eines Gewässers bezeichnet, auf den sich das Fischereirecht erstreckt. Zweck der Bindung einer Teilung von Fischwässern an die behördliche Genehmigung sei die Vermeidung einer weiteren der Fischereiwirtschaft abträglichen Zersplitterung der Fischereirechte. Eine der behördlichen Genehmigung bedürftige räumliche Zerlegung des Fischereirechtes liege hier indessen nicht vor: § 5 (Abs.4) oö. FischereiG 1983 verbiete zwar die Neubegründung von Koppelfischereirechten, schließe aber nicht aus, daß an einem Fischwasser mehrere selbständige Fischereirechte bestehen könnten. In diesem Rechtsstreit komme es im übrigen nur darauf an, ob der klagenden Partei der Nachweis eines ihr allein zustehenden Fischereirechts gelungen sei, was aber zu verneinen sei: Trete das Fischereirecht vom Eigentum abgesondert in Erscheinung, sei es ein selbständiges dingliches Recht, das nach den allgemeinen Vorschriften über den Besitz und Erwerb von Privatrechten besessen und erworben werden könne. Der rechtmäßige abgeleitete Erwerb eines Fischereirechts setze seit Inkrafttreten der Dritten Teilnovelle bei verbücherten Liegenschaften als rechtsbegründenden Erwerbsakt die Einverleibung, bei nichtverbücherten Liegenschaften die gerichtliche Hinterlegung einer über die Einräumung des Rechts errichteten beglaubigten Urkunde voraus. Die klagende Partei habe aber weder behauptet noch dartun können, von welchem Eigentümer und auf welche Weise ihre Rechtsvorgänger die Dienstbarkeit erworben hätten. Die vorgelegten Verträge bildeten jeweils nur den Erwerbstitel gegen den jeweiligen Vormann. Für den nach § 523 ABGB er klagenden Partei aufgebürdeten Nachweis, daß sie die Dienstbarkeit rechtmäßig erworben habe, reichten die mit dem jeweiligen Vormann abgeschlossenen Titelverträge jedoch nicht aus. Auch mit der Eintragung im Fischereikataster könne der rechtmäßige Erwerb nicht nachgewiesen werden, weil ihr keine rechtsbegründende Wirkung zukomme. Wohl hätte die klagende Partei in Analogie zu § 372 ABGB den Nachweis ihres Rechts auch mittels publizianischer Servitutsklage erbringen können; da sie den Rechtsbesitz am Fischereirecht durch Vertrag erlangt habe, sei damit auch die Echtheit und die zu vermutende Redlichkeit des Besitzerwerbs dargetan. Sie hätte aber nicht nur einen gültigen und tauglichen Rechtsgrund, sondern auch ihren Naturalbesitz (und dessen Echtheit) behaupten und beweisen müssen. Das Ausmaß ihres Besitzes habe sich dabei nur aus den Besitzergreifungshandlungen der klagenden Partei bzw. deren Rechtsvorgängern ergeben können. Nur in dem Umfang, in dem sie den Besitz tatsächlich ausgeübt hätten, könne der klagenden Partei nunmehr die Dienstbarkeit auch tatsächlich zustehen. Nun stehe aber fest, daß die Streitteile bzw. deren Rechtsvorgänger im fraglichen Abschnitt des Baches nie allein, sondern immer nur gemeinsam gefischt hätten. Daß der klagenden Partei und deren Rechtsvorgängern daher in diesem Bereich der ausschließliche Naturalbesitz zugestanden wäre, sei den Feststellungen, nach denen der Beklagte auch nicht deren Erlaubnis zum Fischfang eingeholt habe, nicht zu entnehmen. Damit habe die klagende Partei die alleinige Besitzausübung durch sie bzw. ihre Rechtsvorgänger nicht beweisen können. Auch aus dem Titel der rechtlich vermuteten Servitut stehe ihr kein Anspruch auf Feststellung ihres ausschließlichen Rechts und auf Unterlassung der Störung der Ausübung ihrer Dienstbarkeit durch den Beklagten zu.

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Sie beruft sich nach wie vor auf die Eintragung ihrer Rechtsvorgänger in den Fischereikataster, sodaß deren Besitzausübung redlich gewesen sei, wogegen der Beklagte (bzw. dessen Rechtsvorgänger) mangels Registrierung die Redlichkeit als Ersitzungsvoraussetzung nicht für sich ins Treffen führen könnten. Der Beklagte könne sich auch mangels

Genehmigung durch die Verwaltungsbehörde nicht auf das Miteigentum am

Fischereirecht stützen, und letztlich habe die klagende Partei das

bessere Recht zum Besitz für sich. Keinem dieser Argumente kann indessen beigetreten werden:

Gemäß § 2 oö. FischereiG 1895 bzw. § 1 Abs.3 oö. FischereiG 1983

unterlagen und unterliegen das Eigentum am Fischereirecht und dessen

Übertragung den Vorschriften des Privatrechts, sodaß im Streitfall,

wem das Fischereirecht zusteht, die ordentlichen Gerichte

entscheiden. Daher kann auch das Fischereirecht in fremden Gewässern

nur durch Einverleibung und mangels Verbücherung der Liegenschaft nur

durch Urkundenhinterlegung erworben werden (SZ 56/11 ua). Mit der

Eintragung im Fischereikataster (Fischereibuch) ist dagegen keine

rechtsbegründende Wirkung verbunden (SZ 51/160 ua; Spielbüchler in

Rummel, ABGB2 § 383 Rz 4). Das bezweifelt die klagende Partei in

ihrer Revision nicht mehr, behauptet aber nach wie vor, sie habe das

Alleineigentum am Fischereirecht ersessen, hätten doch ihre

Rechtsvorgänger und sie den Fischfang mehr als 30 Jahre hindurch in der Überzeugung ausgeübt, allein fischereiberechtigt zu sein. Während sie und ihre Rechtsvorgänger in dieser Überzeugung auch durch die Eintragung im Fischereikataster bestärkt gewesen seien, sei dem Beklagten (bzw. dessen Rechtsvorgängern) aus eben diesem Grund die Redlichkeit abzusprechen, sodaß selbst die Ausübung von Mitbesitz nicht zur Ersitzung von Miteigentum am Fischereirecht hätte führen können.

Bei diesen Ausführungen übergeht die klagende Partei jedoch die erstinstanzlichen Feststellungen: Schon am 1.12.1934 haben die Eltern des Beklagten dem (damaligen) Rechtsvorgänger der klagenden Partei den schon bisher ausgeübten Fischfang im fraglichen Gewässer gestattet: Durch diese Vereinbarung wurde der schon länger als 30 Jahre währende Zustand - also die gemeinsame Ausübung des Fischfangs durch die Eltern des Klägers und die jeweiligen Besitzer der näher bezeichneten Mühle - festgeschrieben. Noch wesentlich deutlicher tritt der damit jedenfalls begründete Mitbesitz in dem gemäß § 111 Abs.3 WRG 1959 im wasserrechtlichen Bescheid vom 30.11.1966 beurkundeten Übereinkommen zwischen dem Beklagten und dem (damaligen) Rechtsvorgänger der klagenden Partei vom 1.6.1965 zutage: Dort ist ganz unmißverständlich von dem gemeinsam ausgeübten Fischereirecht an der streitverfangenen Bachstrecke die Rede, das nur insofern neu festgelegt wurde, als das gemeinsam ausgeübte Recht sich nun auf das Regulierungsgerinne erstrecken sollte. Zu Recht sind die Vorinstanzen deshalb davon ausgegangen, daß die Rechtsvorgänger der Streitteile bzw. diese selbst in diesem Gewässer schon zumindest etwa seit der Jahrhundertwende den Fischfang gemeinsam ausgeübt haben; ursprünglich muß das Fischereirecht allerdings den Rechtsvorgängern des Beklagten zugestanden sein, weil es sonst wohl der Vereinbarung vom 1.12.1934 nicht bedurft hätte.

Damit steht aber fest, daß der Beklagte das streitverfangene Fischereirecht jedenfalls noch zu einer Zeit mit dem (damaligen) Rechtsvorgänger der klagenden Partei unangefochten gemeinsam ausgeübt hat, von der an bis zur Klagseinbringung (24.7.1991) der zur Ersitzung des Alleineigentums am Fischereirecht erforderliche Zeitraum von (zumindest) 30 Jahren (§§ 1468, 1470 und 1472 ABGB) noch nicht verstrichen war. Für den Zeitpunkt, in dem das im Bescheid beurkundete Übereinkommen geschlossen wurde, muß dem Beklagten, selbst wenn sein Recht nicht im Fischereikataster eingetragen war, doch die Redlichkeit zugebilligt werden, weil ihm sein Recht vom Rechtsvorgänger der klagenden Partei damit ausdrücklich zugestanden wurde. Die Tatsache allein, daß das Recht des Beklagten in der Folge nicht im Fischereikataster eingetragen war, tat seiner Redlichkeit schon aus diesen Erwägungen keinen Abbruch. Das Alleineigentum am strittigen Fischereirecht konnte die klagende Partei somit nicht ersessen haben.

Die für die Zulässigkeit der Ersitzung maßgebliche Frage, ob es sich beim streitverfangenen Gewässer um ein öffentliches oder Privatgewässer (vgl. § 2 WRG 1950) handelt, kann deshalb, obschon die Ersitzung des Fischereirechts, soweit es sich um öffentliches Wassergut handelt, seit Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes 1934 (am 1.11.1934) ausgeschlossen ist (JBl. 1991, 189; vgl. § 4 Abs.6 WRG 1959 idF der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990), ebenso ungeprüft bleiben wie die Frage, ob die gemäß § 7 Abs.1 oö. FischereiG 1895 bzw. § 3 Abs.4 oö. FischereiG 1983 notwendige Genehmigung der Zerlegung von Fischereirechten durch die Behörde, die auch beim orginären Rechtserwerb (zB durch Ersitzung) erforderlich ist (JBl. 1991, 189) jemals erteilt worden ist: Gegenstand der nach § 523 ABGB zu beurteilenden Eigentumsfreiheitsklage ist neben dem daran geknüpften Unterlassungsbegehren die angestrebte Feststellung, daß die klagende Partei Alleinberechtigte des Fischereirechts sei (ihre Mitberechtigung wurde nie bestritten). Da feststeht, daß zunächst die Rechtsvorgänger des Beklagten das Fischereirecht besaßen und die Rechtsvorgänger der klagenden Partei dieses Recht mit diesen erst später gemeinsam ausübten, ist der klagenden Partei jedenfalls der erforderliche Beweis des Alleinbesitzes - also der Nachweis einer Besitzausübung, die die volle Zugehörigkeit des Rechts derart sichtbar zum Ausdruck bringt, daß sie eine Besitzausübung durch Dritte ausschließt (JBl. 1983, 480 uva) - im maßgeblichen Zeitraum nicht gelungen, sodaß das Klagebegehren schon aus diesem Grunde abzuweisen ist.

Wohl kann der Eigentumsfreiheitsanspruch (§ 523 ABGB) in Analogie zu § 372 ABGB auch auf das bessere Recht zum Besitz gestützt werden, Anspruchsvoraussetzung dafür ist jedoch neben dem gültigen Erwerbsgrund (auf den sich die klagende Partei berufen könnte) und der gemäß § 328 ABGB zu vermutenden Redlichkeit der den des Beklagten übertreffende Naturalbesitz (vgl. Spielbüchler aaO § 372 Rz 2). Daß die klagende Partei diesen Naturalbesitz allein ausgeübt hat bzw. ausübt, hat sie im Verfahren erster Instanz aber gerade nicht unter Beweis gestellt. Die Berufung darauf, daß nur das Fischereirecht der klagenden Partei bzw. deren Rechtsvorgänger im Fischereikataster eingetragen gewesen sei, geht ins Leere, weil nicht einmal die Tatsache der Eintragung des Rechts im Grundbuch für sich den Naturalbesitz vermittelt; deshalb wird die publizianische Klage gemäß § 372 ABGB gerade auch dem Naturalbesitzer gegen den bücherlichen Tabularbesitzer an die Hand gegeben (SZ 58/177).

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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