JudikaturJustiz1Ob588/95

1Ob588/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juli 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr.Helmut Neudorfer, Dr.Klaus Griensteidl, Dr.Wolfgang Hahnkamper und Dr.Christof Stapf, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Josef S*****, vertreten durch Dr.Max Urbanek, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen S 1,720.878,56 sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7.Dezember 1994, GZ 17 R 233/94 40, womit das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 20.Juni 1994, GZ 3 Cg 6/94 34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird, soweit darin Nichtigkeit geltend gemacht wird, zurückgewiesen; im übrigen wird ihr dagegen Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei ist Rechtsnachfolgerin der Ö***** Aktiengesellschaft (*****).

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von S 1,720.878,56 samt 14,25 % Zinsen und einer Überziehungsprovision von 4,5 % ab 1.4.1992. Sie brachte vor, dem Beklagten sei von dieser mit Kreditvertrag vom 21./23.12.1987 ein Kontokorrentkredit im Betrage von S 1,200.000, - eingeräumt worden. Die Laufzeit sei zunächst mit 31.12.1988 festgelegt, in der Folge aber bis 30.12.1991 verlängert worden. Zum 31.3.1992 hafte auf diesen Kredit ein Betrag von S 1,720.878,56 unberichtigt aus. An Zinsen sei ein Betrag von 5,75 Prozentpunkten über dem jeweiligen Nationalbankdiskontsatz vereinbart worden, das seien derzeit 14,25 % pro Jahr, wozu noch die vereinbarte Überziehungsprovision von jährlich 4,5 % komme.

Der Beklagte wendete ein, die Kreditvaluta sei ihm nie zugekommen. Er habe über die F*****gesellschaft mbH (in der Folge kurz F*****) Hausanteilscheine der I***** I Immobilienbeteiligung Gesellschaft mbH Co Hausanteilscheins KG Serie 14 (in der Folge kurz I*****) im Betrag von S 1,200.000, - erworben. Die F***** habe als Verhandlungsgehilfe der klagenden Partei bei der Kreditaufnahme grob fehlerhaft und schuldhaft agiert. Ein Mitarbeiter der F***** habe den Beklagten 1987 kontaktiert und ihm eine völlig risikolose Investition vorgeschlagen, die ihm steuerliche Vorteile und nach Ablauf von 10 Jahren einen großen steuerfreien Gewinn ermöglichen sollte. Da der Beklagte über keine freien Barmittel verfügt habe, habe ihm der Mitarbeiter der F***** die klagende Partei als finanzierende Bank genannt. Mit dieser sei der Beklagte bis dahin nicht in Geschäftsverbindung gestanden. Die F***** habe einen Finanzplan erstellt, nach dem der Beklagte einen jährlichen Zinsertrag von S 72.000, - erhalten sollte, die Eigenleistung sei mit monatlich S 3.400, - veranschlagt gewesen, die Steuerersparnis sollte jährlich S 54.378, - betragen. Die zur Absicherung der Familie des Beklagten abzuschließende Lebensversicherung sei zugunsten der klagenden Partei zu vinkulieren. Nach Ablauf der 10jährigen Vertragsdauer hätte der Anteilschein von der Unternehmensgruppe W***** Gesellschaft mbH um 150 % des Nominales (= S 1,800.000, ) zurückgekauft werden sollen. Seit dem Jahre 1989 habe die Hausanteilscheinseriengesellschaft ihre Zinszahlungen an die klagende Partei eingestellt. Durch das schuldhafte Verhalten der F*****, deren sich die klagende Partei als Verhandlungsgehilfe bedient habe, sei dem Beklagten ein den Klagsbetrag übersteigender Schaden entstanden, der aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung eingewendet wurde. Weiters wurde einredeweise Irrtum geltend gemacht. Die Kreditfinanzierung sei ein fixer Bestandteil des gesamten Pakets (Erwerb der Hausanteilscheine, Abschluß der Versicherung) gewesen. Die klagende Partei habe den Irrtum über die Sicherheit der Geldanlage veranlaßt, weil sie ihn durch ihren Verhandlungsgehilfen über die Sicherheit der Anlageform in Irrtum geführt habe. Hilfsweise werde eingewendet, daß infolge Dissenses kein gültiger Kreditvertrag vorliege. Die Angaben der F***** über die Sicherheit der Anlageform seien notwendigerweise Inhalt jenes Vertrages gewesen, den der Beklagte mit der klagenden Partei über die Finanzierung seiner Geldanlage habe abschließen wollen. Die F***** sei als Empfangsbote berechtigt gewesen, das Kreditformular und mündliche Erklärungen entgegenzunehmen. Die Offerte des Beklagten auf Abschluß eines Kreditvertrages im Sinne des ihm offerierten Gesamtpakets sei der klagenden Partei zugekommen, die danach erfolgte Annahme der Bank stelle ein neues Anbot dar, welches vom Beklagten nie angenommen worden sei. Zwischen der Tätigkeit der F***** und den Kreditgeschäften der klagenden Partei habe eine untrennbare Einheit bestanden. Der Kredit sei dem Beklagten ohne direkte Kontaktaufnahme im Zuge einer Rahmenvereinbarung zwischen der F***** und der klagenden Partei gewährt worden. Zwischen den beiden genannten Unternehmen seien auch Provisionssätze über die Finanzierung von I***** Beteiligungen vereinbart gewesen. Die der klagenden Partei angebotene Finanzierungsmöglichkeit sei wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen des Anlagegeschäfts gewesen. Die F***** habe im Zuge der Abwicklung des Geschäfts auch Drucksachen der klagenden Partei verwendet.

Die klagende Partei replizierte, die von der F***** verwendete Bildmarke „*****“ sei ohne Wissen und Mitwirkung der klagenden Partei verwendet worden. Bereits vor Kreditgewährung, nämlich am 9.12.1987, habe der Kläger Hausanteilscheine gezeichnet. Die Anschaffung dieser Scheine sei also nicht Folge der Kreditgewährung gewesen. Der Beklagte habe das von der klagenden Partei unterbreitete Kreditanbot uneingeschränkt angenommen. Er habe auch über die Kreditvaluta verfügt. Der Kredit sei aufgrund einer Selbstauskunft des Beklagten und von Nachforschungen der klagenden Partei in Anbetracht der Bonität des Beklagten und der angebotenen Sicherheit gewährt worden.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Klagsforderung zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte fest, bei der F***** handle es sich um ein selbständiges Vermögensanlageberatungs und vermittlungsunternehmen. Dieses habe seinen Kunden unter anderem den Erwerb von I***** Hausanteilscheinen angeboten. Ein Mitarbeiter der F***** habe dem Beklagten im Herbst 1987 die Vermögensanlage durch Erwerb von Hausanteilscheinen empfohlen. Kurz vor dem 7.12.1987 habe er dem Beklagten das Wesen der Beteiligung eingehend erläutert und erklärt, daß diese auch im Wege der Fremdfinanzierung erfolgen und ein Kredit der klagenden Partei vermittelt werden könnte. Ein Zusammenhang zwischen der Kreditfinanzierung und der durch die beabsichtigte Beteiligung entstehenden Steuerersparnis sei dem Beklagten nicht dargelegt worden. Die F***** habe für den Beklagten aufgrund seiner Angaben eine Beratungsanalyse ausgearbeitet. In dieser sei dargestellt worden, mit welchen Aufwänden, Erträgen und mit welcher Steuerersparnis er unter Berücksichtigung des Zinsendienstes, der Kreditsteuern und gebühren, der Sonderverlustzuweisung und des Steuerabsetzbetrages für das Jahr 1987 rechnen könnte. Dem Beklagten sei mitgeteilt worden, daß er monatlich S 3.400, - an Eigenleistung gegenüber der klagenden Bank zu erbringen habe; an die Bank würden seitens der I***** garantierte Mieterträge von S 72.000, - im Jahr geleistet werden, der Kredit sei durch eine Kapitalwertversicherung abgesichert, vom Kreditkonto werde die Versicherungsprämie bezahlt, die Steuergutschrift von S 54.878, - dem Kreditkonto zugeführt und daher nach dem zehnten Jahr der Beteiligung ein Vermögenswert von S 1,276.699, - geschaffen werden. Dadurch würde der Beklagte ein jährliches Zusatzeinkommen von S 76.602, - erwirtschaften. Am 9.12.1987 habe der Beklagte gemeinsam mit dem Anlageberater der F***** die „Selbstauskunft“ an die klagende Partei ausgefüllt und unterschrieben. Darin habe der Beklagte erklärt, an einem Privatkundenkredit im Betrage von S 1,200.000, - „plus Rahmen“, rückzahlbar innerhalb von 120 Monaten, interessiert zu sein. Er habe seine Vermögensverhältnisse in dieser Selbstauskunft dargelegt. Am 9.12.1987 habe er auch den „Zeichnungsschein der I***** Serie 14“ unterfertigt. Damit habe er die ihm ausgefolgten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ über die Ausgabe von Hausanteilscheinen an der „I***** Serie 14“ und des Gesellschaftsvertrages über die Errichtung der genannten Serie zur Kenntnis genommen und ein Anbot zur Zeichnung von Hausanteilscheinen mit einer Vertragssumme von S 1,200.000, - und einer Baranlagedauer von 10 Jahren gestellt. Die Höhe und Dauer des aufzunehmenden Kredites sowie die Wahl der Laufzeit der Beteiligung habe der Mitarbeiter der F***** dem Beklagten vorgeschlagen. Darüber hinaus habe der Beklagte am 9.12.1987 noch einen Antrag auf Abschluß einer Lebensversicherung, und zwar einer Kapitalversicherung mit Gewinnbeteiligung, die zur Sicherstellung einer Forderung von S 1,440.000, - zugunsten der klagenden Partei verpfändet würde, unterfertigt. Der Selbstauskunft habe der Beklagte die Beilage zur Einkommensteuererklärung samt Gewinn- und Verlustrechnung für 1986 angeschlossen; in dieser habe der Beklagte für 1986 einen Jahresgewinn in der Höhe von S 1,181.633,51 einbekannt. Die F***** habe die Selbstauskunft samt Einkommensteuererklärung der klagenden Partei, den Antrag auf Abschluß einer Lebensversicherung an ein Versicherungsunternehmen und den Hausanteilzeichnungsschein an eine Vertriebsgesellschaft der I***** übermittelt. Am 22.12.1987 habe die klagende Partei dem Beklagten ein „Krediteinräumungsanbot“ zugesandt. Dem Beklagten sei darin für private Zwecke ein Kontokorrentkredit von S 1,200.000, - mit einer Laufzeit bis 31.12.1988 angeboten worden; für den Kredit würden 5,25 % Zinsen über dem jeweiligen Nationalbankdiskontsatz (derzeit und mindestens 8,75 %), eine einmalige Bearbeitungsgebühr etc. in Rechnung gestellt, und die klagende Partei sei berechtigt, bei Änderung des Zinsniveaus auf dem Geld und Kapitalmarkt die vereinbarten Kreditkonditionen entsprechend anzupassen. Das Recht auf Lösung des Kreditverhältnisses sei den Parteien des Kreditvertrages unabhängig von der festgelegten Kreditlaufzeit vorbehalten worden. Im Kreditanbot habe die klagende Partei ausdrücklich darauf hingewiesen, über den vom Beklagten beabsichtigten Verwendungszweck der Kreditvaluta keine wie immer gearteten Auskünfte oder Empfehlungen abgeben zu können, weil klagenden Partei der wirtschaftliche Hintergrund unbekannt sei. Sie stehe mit keiner Unternehmung, die an der Planung, der Durchführung, dem Vertrieb des Projektes oder einer sonst damit im Zusammenhang stehenden Aktivität beteiligt sei, in einer solchen Geschäftsverbindung, die ihr eine Beurteilung dieser Umstände ermöglichen würde. Die Kreditfinanzierung erfolge aufgrund der persönlichen Bonität des Beklagten und der vereinbarten Sicherheiten. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen seien Grundlage der Geschäftsverbindung. Der Beklagte habe die Annahmeerklärung auf dem Krediteinräumungsanbot am 23.12.1987 unterfertigt, auch habe er sich mit dessen Inhalt vollinhaltlich einverstanden erklärt. Er habe weiters eine an die klagende Partei gerichtete Verpfändungserklärung (bezüglich seiner Ansprüche aus den Hausanteilscheinen) zur Sicherung sämtlicher Forderungen der klagenden Partei unterfertigt. All diese Erklärungen seien der klagenden Partei übermittelt worden. Daraufhin habe diese die Verpfändungserklärung an die „I***** Serie 14“ mit dem Ersuchen übermittelt, die jeweils zustehenden Ausschüttungen auf das Konto des Beklagten bei der klagenden Partei zu überweisen. Im Zuge der Überprüfung der Kreditunterlagen sei auch eine Anfrage an den Kreditschutzverband gerichtet worden. Danach habe die klagende Partei die F***** von ihrer Bereitschaft zur Kreditgewährung in Kenntnis gesetzt und schließlich den Kreditbetrag überwiesen. Daraufhin seien der zugunsten der klagenden Partei verpfändete Zeichnungsschein und die Lebensversicherungspolizze an die klagende Partei übersandt worden. Diese habe bei der Kreditwürdigkeitsprüfung gewußt, daß der Kredit für den Erwerb von Hausanteilscheinen Verwendung finden sollte. Es sei ihr auch das von der F***** präsentierte Anlagemodell bekannt gewesen. An der Erstellung des Modells oder an einer Prospektgestaltung der I***** bzw. der F***** habe die klagende Partei nicht mitgewirkt. Sie habe auch keine Anteilscheine angeboten. Für die Zuführung von Kunden habe die klagende Partei der F***** vereinbarungsgemäß Provisionen bezahlt. Die klagende Partei habe eine Kreditgewährung jeweils von der von ihr vorgenommenen Kreditwürdigkeitsprüfung abhängig gemacht. Ob es zwischen der klagenden Partei und der I***** eine Rahmenabsprache über Provisionszahlungen gegeben habe, könne nicht festgestellt werden. Es sei auch nicht feststellbar, daß die klagende Partei 1987 oder anfangs 1988 Bedenken gegen die Seriosität der Vermögensanlagebeteiligungen durch Hausanteilscheine der I***** gehabt habe oder es in der Öffentlichkeit bereits Gerüchte über deren mangelnde Seriosität gegeben habe. Mit Schreiben vom 4.4.1990 habe die F***** dem Beklagten mitgeteilt, sie sei von der I***** dahin benachrichtigt worden, daß die Barauszahlungen entgegen allen bisherigen Aussagen bis auf weiteres ausgesetzt blieben und es ihr nicht möglich sei, die Interessen des Beklagten der I***** gegenüber zu vertreten. Mit Schreiben vom 22.1.1992 habe die klagende Partei dem Beklagten mitgeteilt, daß der Kontokorrentkredit zum 31.12.1991 abgelaufen sei, die auf den Kreditkonten aushaftenden Beträge seien fällig gestellt worden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die klagende Partei habe keine Haftung für die Bonität der Beteiligungsgesellschaft übernommen und dem Beklagten keinerlei Zusagen gemacht. Sie habe sich beim Abschluß des Kreditvertrages auf ihre Rolle als Kreditgeberin beschränkt. Die klagende Partei sei nicht verpflichtet gewesen, die Gebarung der F***** sowie die von dieser abgegebenen Zusagen zu überprüfen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, der Beklagte habe den Entschluß zum Erwerb der Beteiligung bereits aufgrund einer Beratung durch einen Vermögensberater gefaßt; die klagende Partei habe weder aktiv für das Beteiligungsprojekt geworben, noch sei sie an der Anlagegesellschaft selbst beteiligt gewesen. Vielmehr habe sie ausdrücklich darauf hingewiesen, keine wie immer gearteten Auskünfte oder Empfehlungen für den vom Beklagten beabsichtigten Verwendungszweck der Kreditvaluta abgeben zu können. Demnach bleibe dem Beklagten der Einwendungsdurchgriff versagt, er sei zur Darlehensrückzahlung verpflichtet. Was die Höhe der Klagsforderung anlange, habe der Beklagte diese zunächst außer Streit gestellt, sie aber dann mit der Begründung bestritten, daß die klagende Partei wegen der krassen Senkung der Zinssätze auf dem Geldmarkt verpflichtet sei, zeitlich und betraglich parallel hiezu ihren Zinssatz zu senken. Dies sei unterblieben. Eine Verpflichtung der klagenden Partei zur Senkung der Zinsen habe das Erstgericht aber nicht festgestellt, es ergebe sich derartiges auch nicht aus den vorgelegten Urkunden.

Die Revision des Beklagten ist, insoweit Nichtigkeit geltend gemacht wird, zurückzuweisen; im übrigen ist sie berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber behauptet zunächst, das Berufungsgericht sei bei der Behandlung der einzelnen Berufungsgründe auf die strittigen Fragen nicht eingegangen, die Fassung des Urteils sei daher mangels einer entsprechenden Begründung im Sinne des § 477 Abs.1 Z 9 ZPO nichtig. Dementgegen hat sich das Gericht zweiter Instanz mit den Berufungsausführungen aber eingehend auseinandergesetzt und die Entscheidung auch ausführlich begründet. Es liegen keine Widersprüche vor, insbesondere auch nicht dahin, daß Spruch und Begründung zueinander in einem unauflösbaren, Nichtigkeit bewirkenden Widerspruch stünden. Es ist im Gegenteil auch klar erkennbar, daß das Erstgericht ein End urteil gefällt hat. Lediglich in den Entscheidungsgründen hat es zum Ausdruck gebracht, daß die Klagsforderung zumindest dem Grunde nach als zu Recht bestehend zu erkennen gewesen wäre, läge keine Außerstreitstellung ihrer Höhe vor. Im übrigen wird unter dem Revisionsgrund der Nichtigkeit unzulässigerweise die vorinstanzliche Beweiswürdigung bekämpft.

Die geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bzw. Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).

Nach nahezu einhelliger und von der Lehre großteils gebilligter Judikatur des Obersten Gerichtshofes findet ein Einwendungsdurchgriff nur statt, wenn sich das Kreditunternehmen am finanzierten Geschäft über die Rolle als Finanzierer hinausgehend beteiligt hat; es besteht demnach keine allgemeine Verpflichtung, die Seriosität einer Anlagegesellschaft zu prüfen (ÖBA 1995, 51; 1 Ob 540/95; EvBl 1994/137; ecolex 1994, 749; 5 Ob 511/94; ÖBA 1994, 325; 10 Ob 503/93; 5 Ob 550/93; SZ 61/148). Lediglich die vom Beklagten zitierte Entscheidung 7 Ob 546/93 (= JBl 1994, 408) weicht davon ab, ist aber vereinzelt geblieben. Eine Aufklärungspflicht bejaht der Oberste Gerichtshof demgemäß nur in Ausnahmsfällen, etwa dann, wenn das Kreditinstitut die tatsächlichen Umstände des Risikogeschäftes gekannt und verschwiegen hat, oder anders formuliert, wenn das Kreditinstitut vorhandenes positives Wissen über atypische, sich aus den Verhältnissen des die Vermögensanlage anbietenden Unternehmens ergebende Beteiligungsrisken nicht an den Kunden weitergegeben haben sollte. Im Schrifttum wurde demgegenüber allerdings zum Teil die Meinung vertreten, die Aufklärungspflicht der Bank sei schon dann anzunehmen, wenn sie „ohne eigenen Nachforschungsaufwand aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung die besondere Risikolage erkennen konnte und nicht davon ausgehen durfte, daß dies auch für den beteiligungswilligen Kreditwerber gilt“ (vgl. die Nachweise zu 1 Ob 540/95). Der erkennende Senat sieht sich indes auch durch diese kritische Stellungnahme (zuletzt wieder Frank Hoyer in ecolex 1995, 395) nicht veranlaßt, von der nun gefestigten Rechtsprechung abzugehen: Der bewußte Abschluß eines risikoträchtigen Geschäfts rechtfertigt selbst unter der Annahme, daß der Anleger durch die Anlagegesellschaft mittels List oder Irrtums zum Vertragsabschluß bewogen wurde, das Ergebnis, daß der Anleger an das finanzierende Kreditunternehmen Zahlungen zu leisten hat, die er im bloß zweipersonalen Verhältnis wegen des Willensmangels ablehnen könnte. § 18 KSchG schützt bei solchen Risikogeschäften anders als bei „gewöhnlichen“ drittfinanzierten Geschäften den Anleger deshalb nur in dem von der Judikatur gebilligten Umfang, weil es noch wesentlich unbilliger wäre, dem Kreditgeber bei solchen Geschäften das volle Risiko aufzubürden.

Nun hat den Feststellungen nach die klagende Partei im Krediteinräumungsanbot ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ihr der wirtschaftliche Hintergrund der vom Beklagten vorgesehenen Geldanlage unbekannt sei und daß sie die Bonität der Anlagegesellschaft und das Projekt selbst nicht überprüfen könne. Es konnte nicht festgestellt werden, daß die klagende Partei zur Zeit der Kreditgewährung Zweifel an der Seriosität der Anlagegesellschaft gehabt bzw. daß es in der Öffentlichkeit bereits Gerüchte über deren mangelnde Seriosität gegeben hätte. Es steht also nicht fest, daß die klagende Partei Kenntnis von solchen Verhältnissen gehabt hätte, die einen Fehlschlag der Beteiligung des Beklagten mit größter oder wenigstens mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten ließen. Der nicht weiter begründete Vorwurf des Beklagten, die klagende Partei hätte die mangelnde Finanzierbarkeit des Anlagegeschäfts „als Fachmann für Veranlagungen“ erkennen müssen , geht ins Leere: Selbst im insoweit kritischen Schrifttum wird nicht gefordert, daß die Bank nicht indizierte Nachforschungen anstellen müßte. Derartige Anforderungen würden den Kreditverkehr geradezu zum Erliegen bringen. Eine Behauptung, der klagenden Partei sei das konkrete Veranlagungsrisiko bekannt gewesen, hat der Beklagte nicht aufgestellt; für eine solche Behauptung wäre er auch beweisbelastet gewesen (vgl dazu EvBl 1994/137). Es bestand daher selbst nach der zitierten, im Schrifttum vertretenen Ansicht (etwa Wilhelm, ecolex 1994, 746, nach dem die Bank verpflichtet wäre, über ein ihr bekanntes sehr gravierendes Veranlagungsrisiko aufzuklären) für die klagende Partei keine Verpflichtung, den Beklagten über die konkreten Risken des von ihm beabsichtigten Geschäfts aufzuklären (EvBl 1994/137), weil das Risiko solcher Geschäfte jedem Anleger ohnehin bekannt sein muß (ecolex 1994, 749; 5 Ob 511/94; ÖBA 1994, 325; 10 Ob 508/93 uva). Der hier vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem der Entscheidung 1 Ob 540/95 zugrundeliegenden Sachverhalt in ganz wesentlichen Punkten, sodaß die dort gebotenen rechtlichen Schlußfolgerungen hier nicht zum Tragen kommen: Eine besondere Verpflichtung der klagenden Partei zur Aufklärung des Beklagten über die mit solchen Geschäften verbundenen Wagnisse ist daher zu verneinen.

Auch der behauptete Dissens bei Vertragsschluß liegt nicht vor. Nach den Feststellungen hat der Beklagte das Kreditanbot der klagenden Partei vollinhaltlich angenommen. Abgesehen davon, daß das Kreditanbot eine „Trennungsklausel“ enthielt, in der die klagende Partei ausdrücklich zum Ausdruck brachte, daß der Beklagte für die Wirtschaftlichkeit seiner Geldanlage selbst verantwortlich sei, darf nach ständiger Rechtsprechung ein vernünftiger und verständiger Anleger mit durchschnittlichen Fähigkeiten nicht darauf vertrauen, die Kreditrückzahlungsrate werde auch dann nicht höher sein, wenn die Leistungen der Beteiligungsgesellschaft ausblieben. Wer eine risikoträchtige Beteiligung erwirbt, dem muß daher klar sein, daß dies nicht ohne jedes eigene Risiko geschieht. So wie zuletzt wieder in der Entscheidung 1 Ob 540/95 besteht für den erkennenden Senat kein Anlaß, aufgrund des hier zu beurteilenden Sachverhalts von der herrschenden Auffassung zur Dissensproblematik abzugehen.

Was den vom Revisionswerber behaupteten Irrtum betrifft, ist der Erfolg der finanzierten Vermögensanlage nicht Inhalt des Kreditgeschäftes geworden. Abgesehen davon, daß in das Kreditanbot eine „Trennungsklausel“ aufgenommen wurde, war für den Beklagten nach den Feststellungen klar ersichtlich, daß die klagende Partei das Anlageprojekt nicht selbst anbot und sich auch nicht in seinen Vertrieb einschaltete. Das Anlagegeschäft war vom Kreditgeschäft völlig getrennt. Der Beklagte unterlag daher keinem wesentlichen Geschäfts irrtum über die Rückzahlungserfordernisse des Kreditvertrags, weshalb auch die auf § 871 ABGB gestützte Vertragsanfechtung nicht erfolgreich sein konnte.

Selbst wenn man davon ausginge, daß eine wirtschaftliche Einheit zwischen Finanzierungs und finanziertem Geschäft vorliege, wäre der auf § 18 KSchG oder auf dessen analoge Anwendung gestützte Einwendungsdurchgriff abzulehnen, weil sich die klagende Partei am Geschäft der Anlagegesellschaft nicht beteiligt hat (ÖBA 1995, 51; EvBl 1994/137 uva). Da nicht feststeht, daß die klagende Partei Kenntnis von einer bedenklichen Lage der Anlagegesellschaft hatte, und eine solche den getroffenen Feststellungen nach zufolge nicht hätte haben müssen, war sie zu einer Aufklärung des Beklagten ohne weitwendige Nachforschungen anzustellen nicht in der Lage, zu solchen Erkundigungen aber auch nicht verpflichtet. Eine Information des Beklagten über nicht vorhandene Bedenken erübrigte sich. Die klagende Partei durfte die Finanzierung der Hausanteilscheine somit vornehmen. Daß sie mit der Anlagegesellschaft in Geschäftsverbindung stand, die von den Krediten auch Provisionen bezog, läßt noch keinen Schluß darauf zu, daß sich die klagende Partei über die bloße Rolle eines Finanzierers hinaus am finanzierten Geschäft beteiligten wollte. Eine Haftung der klagenden Partei als Sachverständiger im Weg über den § 1299 ABGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil ihr nicht die Verpflichtung auferlegt werden kann, weitwendige Erhebungen über die Erfolgsaussichten eines Geschäftes, zu dessen Finanzierung sie beiträgt, anzustellen.

Warum das vorliegende Kreditgeschäft sittenwidrig sein sollte, vermag die klagende Partei nicht aufzuzeigen. Bei jedem Kreditgeschäft ist eine gewisse Disparität gegeben, und zwar schon deshalb, weil der Kreditgeber in der Regel wirtschaftlich wesentlich potenter ist als der auf die Kreditgewährung angewiesene Kreditnehmer.

Die Revision ist aber insoweit berechtigt, als zur Höhe der Klagsforderung keine Beweise aufgenommen wurden. Tatsächlich hat der Beklagte das Klagebegehren ursprünglich der Höhe nach außer Streit gestellt (S.1 des Protokolls vom 23.3.1993). Mit Schriftsatz vom 1.6.1993 widerrief aber der Beklagte die Außerstreitstellung, die seinen Ausführungen nach nur für die Buchungen auf den Konten schlechthin gelten sollte (S.6 f dieses Schriftsatzes = AS 185 f). Bei der Verhandlungstagsatzung vom 25.6.1993 brachte der Beklagte vor, bei diesen Ausführungen habe es sich um eine Klarstellung des Umfangs der Außerstreitstellung gehandelt (S.3 dieses Protokolls). Letztlich hat der Beklagte in einem Widerspruch zum Protokoll vom 12.4.1994 ausdrücklich die Höhe der Klagsforderung bestritten und ausgeführt, durch die krasse Senkung der Zinssätze auf dem Geldmarkt sei die klagende Partei verpflichtet, zeitlich und betraglich parallel dazu ihren Zinssatz zu senken; dies sei indessen unterblieben. Zu diesem Vorbringen bot er auch Beweise an (S.3 des Widerspruchs). Jedenfalls aufgrund dieser Bestreitung der Höhe der Klagsforderung war die Aufnahme von auch angebotenen Beweisen erforderlich.

Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren dazu die gebotenen Feststellungen nachzutragen haben.

Letztlich bleibt festzuhalten, daß das Vorbringen der klagenden Partei, der Beklagte habe nunmehr seine Schuld durch Überweisung des Betrags von S 2,711.001,94 getilgt, eine im Revisionsverfahren unbeachtliche Neuerung ist.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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