JudikaturJustiz1Ob546/93

1Ob546/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Rainer G*****, geboren am 24. Februar 1975, wegen Rückzahlung von Unterhaltsvorschüssen, infolge Revisionsrekurse der Bezirkshauptmannschaft H***** als Unterhaltssachwalter und der Mutter Edith G*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 31. März 1993, GZ 2 R 267/92 103, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Eggenburg vom 13. November 1992, GZ P 5/79 98, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes W*****, den Minderjährigen (dem Unterhaltsvorschüsse gewährt worden waren), die Bezirkshauptmannschaft H***** als Unterhaltssachwalter nach § 9 Abs 2 UVG, somit als gesetzlichen Vertreter iS des § 22 Abs 1 UVG (SZ 55/24; ÖA 1985, 149), seine obsorgeberechtigte Mutter als Pflegeperson und seinen Vater als Unterhaltsschuldner nach §§ 22 f UVG zum Rückersatz der zu Unrecht für die Zeit vom 1. September 1991 bis 30. April 1992 gezahlten Unterhaltsvorschüsse im Betrag von 12.080 S zu verpflichten, gegebenenfalls nach § 19 Abs 1 UVG die Einbehaltung des Übergenusses von künftig fällig werdenden Vorschüssen anzuordnen, durch seinen Ausspruch ab, es sei vom Ersatz der zu Unrecht gewährten Unterhaltsvorschüsse abzusehen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen in Ansehung der Ersatzpflicht des Minderjährigen unangefochten gebliebenen Beschluß in Ansehung des Unterhaltsschuldners; im übrigen änderte es ihn dahin ab, daß es die Mutter und das Bundesland N***** zur ungeteilten Hand zum Ersatz der Unterhaltsvorschüsse von 12.080 S binnen 14 Tagen an den Bund verhielt. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zugelassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob das Verhalten des gesetzlichen Vertreters (Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 21 UVG) als grob fahrlässig zu beurteilen sei.

Die Revisionsrekurse der Bezirkshauptmannschaft H***** und der Mutter des Minderjährigen sind nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im Verfahren über die Rückzahlung von Unterhaltsvorschüssen besteht zwar zwischen den Interessen der Bezirksverwaltungsbehörde und jenen des Kindes eine Kollision, welche an sich die Vertretung des Kindes durch die Bezirksverwaltungsbehörde ausschließt (ÖA 1985, 149; SZ 55/24 ua); dies kommt aber im Revisionsrekursverfahren nicht mehr zum Tragen, weil der Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes W***** in Ansehung des Minderjährigen bereits rechtskräftig abgewiesen ist.

Nach § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG idF der WGN 1989 ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Verfahrensgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert 50.000 S nicht übersteigt. Diese absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gilt selbst dann, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt (7 Ob 599/92; vgl. auch Fasching , Lehrbuch 2 Rz 1858 iVm Rz 2017/2). Eine Ausnahme gilt nach § 14 Abs 3 AußStrG, wenn der Etnscheidungsgegenstandes nicht vermögensrechtlicher Natur etwa eine Sorgerechts oder Besuchsrechtsregelung (4 Ob 522/92; JAB 991 BlgNR XVII. GP zu § 14 AußStrG Pkt. 3.), was hier nicht in Betracht kommt oder ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch ist. In diesen beiden Fällen entfällt die Abhängigkeit vom Streitwert, nicht aber das Erfordernis einer erheblichen Rechtsfrage. Der hier geltend gemachte, 50.000 S nicht übersteigende Rückforderungsanspruch des Bundes nach § 22 UVG ist kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch. Nach den Intentionen des Gesetzgebers zum Stammgesetz (RV 5 BlgNR XIV. GP 20, abgedruckt in Strauß Brosch , Unterhaltsvorschußgesetz 91 ff) und herrschender Auffassung (SZ 64/26 = JBl 1991, 591 = EvBl 1991/108 = ÖA 1991, 144 = EF 66.766; 1 Ob 581/92 = Jus Extra 1993/1194; SZ 57/24 = EvBl 1984/91; 6 Ob 552 554/91 ua; Knoll , Kommentar zum Unterhaltsvorschußgesetz, Rz 6 zu § 22) handelt es sich beim Rückforderungsanspruch gegen das Kind nach § 22 Abs 1 erster Satz UVG im Wesen um einen Bereicherungsanspruch, bei den Ersatzansprüchen gegen den Vertreter des Kindes, die Pflegeperson und den Unterhaltsschuldner um Schadenersatzansprüche.

Der Bezirkshauptmannschaft H***** fehlte auch die Rechtsmittellegitimation. Die Zahlungspflicht für den Rückersatz zu Unrecht ausbezahlter Unterhaltsvorschüsse wegen Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 21 UVG trifft die entsprechende Gebietskörperschaft, der die Bezirkshauptmannschaft zuzurechnen ist (EFSlg 60.534; SZ 59/98 = EvBl 1987/148 = RZ 1986/60; 2 Ob 618/88, teilweise veröffentlicht in EFSlg 60.612 mwN; 2 Ob 602/89 ua), somit hier das Bundesland N***** als Rechtsträger und haftungspflichtige Partei. Dieser wurden bisher nach der Aktenlage die Beschlüsse der Vorinstanzen noch nicht zugestellt. In der Frage der hier zu beurteilenden Zahlungspflicht des Bundeslandes N***** ist die Bezirkshauptmannschaft H***** auch nicht legitimiert, dieses zu vertreten. Ob der zuständige Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft H***** die Verletzung der Mitteilungspflicht grob fahrlässig veranlaßte (§ 22 Abs 1 letzter Satz UVG), ist damit nicht mehr relevant.

Der Revisionsrekurs der Mutter, die entgegen den Beschlußannahmen der zweiten Instanz vorträgt, von jeder Änderung in den Verhältnissen des Minderjährigen sofort Mitteilung gemacht zu haben und ohne Gefährdung ihres eigenen Unterhaltes nicht zur Rückzahlung des Übergenusses in der Lage zu sein, wäre auch wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig. Der Oberste Gerichtshof ist auch im Verfahren außer Streitsachen nicht Tatsacheninstanz (EFSlg 67.458).

Beide unzulässigen Rechtsmittel sind zurückzuweisen.

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