JudikaturJustiz1Ob40/95

1Ob40/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. November 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, und der Nebenintervenientin Wilhelmine H*****, vertreten durch Dr.Hubert Stüger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wider die beklagten Parteien 1. Franz K*****, und 2. Maria K*****, beide *****, beide vertreten durch Dr.Viktor A.Straberger, Rechtsanwalt in Wels, wegen Abgabe einer Aufsandungserklärung (Streitwert 100.000 S), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 20.März 1995, GZ 21 R 59/95-32, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom 25.November 1994, GZ 2 C 212/94-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 5.579,20 S und der Nebenintervenientin die mit 6.695,04 S (darin 1.115,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12.Juni 1957 wurde der Republik Österreich die wasserrechtliche Bewilligung zur Verbauung und Regulierung eines bestimmten wasserführenden Grabens erteilt. Die Anlagen wurden errichtet; deren Abschnitte I und II und 25,8 m des Abschnittes III bildeten den Gegenstand des auf die wasserrechtliche Überprüfung bezogenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17.Juli 1964. Der Rest der errichteten Anlagen - darunter der auf dem Grundstück 985/5 einer den Beklagten je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft errichtete Teil - erfuhr seine wasserrechtliche Überprüfung durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15.November 1973. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beklagten Berufung. Über dieses Rechtsmittel und eine weitere gegen einen auf die Ortskanalisation ihrer Wohngemeinde bezogenen Bescheid erhobene Berufung der Beklagten wurde am 29.August 1975 durch das aufgrund eines Devolutionsantrags als Behörde zuständig gewordene Bundesministerium für Land- und Fortstwirtschaft an Ort und Stelle mündlich verhandelt. Bei dieser Verhandlung schlossen die Beklagten und ein Dritter unter Beitritt der Republik Österreich folgendes Übereinkommen:

"1. Die Ehegatten ... (die Beklagten) ... übertragen im Tauschwege

... (dem Dritten) ... aus der GP 985/5, EZ ..., frei von bücherlichen

Lasten das Eigentumsrecht an den Grundstücksteilen, die zwischen dem

orographisch linken Ufer des ... baches und dem Gemeindeweg sowie

zwischen Gemeindeweg und der GP 981, EZ ..., gelegen sind.

2. Herr ... (der Dritte) ... überträgt frei von bücherlichen Lasten

das Eigentumsrecht an einem neu zu bildenden Grundstückstreifen aus

der Grundparzelle 985/4, EZ ..., entlang der Nordgrenze der GP 985/5

in Begradigung der dortigen Grundstücksgrenze zum Gemeindeweg im

Ausmaß von 1.000 m2 an die Ehegatten ... (die Beklagten) ... nach dem

letzten ruhigen Besitzstand entlang dem Gemeindeweg.

3. Die Ehegatten ... (die Beklagten) ... übertragen das

Eigentumsrecht an dem Bachbett des ....grabens in einer Breite von 4,0 m, gemessen von der Böschungsoberkante, auf Länge ihres Grundstückes frei von bücherlichen Lasten in das Eigentum der Republik Österreich, öffentliches Wassergut.

4. Sämtliche Kosten, Gebühren und allfällige Steuern der Herstellung der Grundbuchsordnung sowie die Kosten der Vermessung gemäß dem obigen Übereinkommen trägt die Republik Österreich, Wildbach- und Lawinenverbauung, die auch die Herstellung der Grundbuchsordnung unverzüglich übernimmt.

5. Die Republik Österreich, Wildbach- und Lawinenverbauung, übernimmt die Kosten für die Beschaffung des Regulierungsgrundes im Ausmaß von 1.000 m2 zum Preis von S 50.000 (in Worten: fünfzigtausend), welcher Betrag bis zum 1.3.1976 bei 10 %iger Verzinsung p.a. auf das Konto

von Herrn ... (des Dritten) ... einzuzahlen ist. Herr ... (der Dritte) ... verpflichtet sich jedoch, den Kaufpreis für die ihm gemäß

Pkt. 1 dieses Übereinkommens ins Eigentum übertragenen Tauschgrundstücke der Republik Österreich, Wildbach- und Lawinenverbauung bis zu dem selben Termin zu erstatten.

6. Die Ehegatten ... (die Beklagten) ... trifft keine Verpflichtung zur Räumung und Erhaltung des Bachbettes sowie zur Pflege der Böschung.

7. Für besondere Wirtschaftserschwernisse wird von der Republik

Österreich, Wildbach- und Lawinenverbauung, an die Ehegatten ... (die Beklagten) ... eine Entschädigung von S 10.000 (in Worten: zehntausend) geleistet, welcher Betrag bis 1.3.1976 bei 10 %iger Verzinsung p. a. zu Handen des ausgewiesenen Vertreters .... einzuzahlen ist.

8. Die Ehegatten ... (die Beklagten) ... ziehen die Berufungen

a) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21.2.1973, ..., sowie

b) gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15.11.1973, ..., sowie

c) die Anträge betreffend die Wasserversorgungsanlage ... (des

Dritten) ... einschließlich des Devolutionsantrages vom 22.7.1975 und

d) den Antrag an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.8.1974, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes der Regulierung des ...baches.

zurück.

In diesem Zusammenhang erübrigt sich auch die Fortsetzung des bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck anhängigen Verfahrens zu ... .

9. Mit der sofortigen Rechtswirksamkeit dieses Übereinkommens gelten alle gegenseitigen Forderungen aus den oben angeführten Verfahren in öffentlich- wie auch privatrechtlicher Hinsicht sowie auch für die jeweiligen Rechtsnachfolger als endgültig bereinigt.

10. Die Verfahrenskosten für die heutige Berufungsverhandlung werden zu 2/3 von der Republik Österreich, Wildbach- und Lawinenverbauung, und zu 1/3 von der Marktgemeinde Frankenmarkt getragen."

Dieses Übereinkommen wurde im Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 3.September 1975 unter Punkt II. beurkundet; unter Punkt I. stellte dieser Bescheid ua fest, daß "durch das unter Abschnitt II beurkundete Übereinkommen der ...

anhängige Devolutionsantrag ... (der Beklagten) ... vom 10.April 1975

betreffend die Regulierung des ...grabens in ... erledigt" wurde.

Die grundbücherliche Durchführung des Übereinkommens unterblieb vorerst. Am 29.August 1985 verstarb der am Übereinkommen beteiligte Dritte; dessen Nachlaß wurde mit Einantwortungsurkunde vom 13. Dezember 1985 der Nebenintervenientin eingeantwortet.

Mit einer am 18.Februar 1991 eingebrachten Klage begehrte die Republik Österreich die dort wie hier Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, "die Durchführung der Vermessung derjenigen Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile zu dulden, welche sich aus Pkt. 1. und 3. des Übereinkommens vom 29.8.1975, beurkundet im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.September 1975 ..." ergäben. Die Beklagten wendeten gegen diese Klage im wesentlichen ein, daß das Übereinkommen vom 29.August 1975 für sie - als vor einer unzuständigen Behörde geschlossen - nicht bindend sei. Die Zweitbeklagte sei bei dessen Abschluß nicht anwesend und auch nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Es sei überdies kein Vertreter der Republik Österreich eingeschritten, der legitimiert gewesen wäre, Erklärungen zur Übernahme von Grundstücken in das öffentliche Wassergut entgegenzunehmen. Der Zweck des Übereinkommens, nämlich der Ausbau des ...baches als Vorfluter für die Ortskanalisation der Wohngemeinde der Beklagten, könne nicht erreicht werden. Punkt 1. des Übereinkommens beziehe sich nicht auf die klagende Partei. Diese verfolge bloß den Zweck, den Beklagten die Möglichkeit zu nehmen, an dem auf die Ortskanalisation ihrer Wohngemeinde bezogenen behördlichen Verfahren teilzunehmen. Das Übereinkommen sei schließlich undurchführbar, weil davon betroffene Liegenschaftsanteile mittlerweile veräußert worden seien.

Dem Begehren der klagenden Partei wurde jedoch vollinhaltlich und rechtskräftig stattgegeben. Aufgrund dieser Verurteilung der Beklagten führte das Vermessungsamt Vöcklabruck am 10.August 1993 die Vermessung der von Punkt 1. und 3. des Übereinkommens betroffenen Liegenschaften und Liegenschaftsanteile durch. Am 27.September 1993 fertigte dann das Vermessungsamt den in das Urteil des Berufungsgerichtes in diesem Verfahren integrierten Teilungsplan aus.

Die Abtretung von Grundstücksteilen durch den Dritten an die Beklagten gemäß Punkt 2. des Übereinkommens vom 29.August 1975 erfolgte als Gegenleistung für deren Zustimmung zur Ausdehnung eines Wasserschutzgebietes infolge der Errichtung eines Tiefbrunnens durch den Vater des Dritten, das auch die Grundstücke der Beklagten betraf. Der in Punkt 7. des Übereinkommens genannte und an die Beklagten zu bezahlende Betrag von 10.000 S wurde an deren damaligen Vertreter überwiesen. Alle von den Beklagten in wasserrechtlichen Verfahren nach dem 29.August 1975 unternommenen Versuche zur "Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes" der Regulierung des ...grabens scheiterten. Sämtliche durch das Übereinkommen vom 29.August 1975 betroffenen Grundstücke stehen je zur Hälfte im Eigentum der Beklagten und - nach Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Teil des in Punkt 2. des Übereinkommens bezeichneten Grundstücks - der Nebenintervenientin. Soweit der Bach im Bereich des Grundstücks 985/5 verläuft, ist er dessen Bestandteil und bisher nicht als zum öffentlichen Gut gehörig ausgeschieden. Ein kleiner Teil dieses Grundstücks wird durch den Bach von seiner Restfläche abgetrennt. Dieser Grundstücksteil bildet den Gegenstand des Punktes 1. des Übereinkommens vom 29.August 1975. Die vom Vermessungsamt Vöcklabruck erstellte Planurkunde vom 27. September 1993 hält sich genau an das Übereinkommen vom 29.August 1975. Die links des Baches gelegenen neugebildeten Grundstücke erhielten die Bezeichnungen 985/22 (Teilfäche 1) und 985/23 (Teilfläche 6). Bei der der Errichtung der Vermessungsurkunde vorangegangenen Grenzverhandlung hob der Erstbeklagte auf Ersuchen des Vermessungsamtes vier Grenzsteine aus und behauptete, daß diese den Verlauf der alten Grenze eines öffentlichen Wegs darstellen würden, weshalb es zur Aufnahme dieser vier Bezugspunkte als alte Grenze in den Plan kam. Die Mappendarstellung war im strittigen Bereich unrichtig und konnte daher nicht übernommen werden; möglicherweise hatte eine Verlegung des öffentlichen Wegs - allerdings bereits vor dem 29.August 1975 - stattgefunden. In der Planurkunde des Vermessungsamts erfolgte eine Berichtigung des Wegs im Bereich seiner Krümmung (Grundstück 974/1); es kam dagegen zu keiner Mappenänderung in Beziehung auf das Grundstück 978/6, sodaß die Breite des Wegs im Bereich dieses Grundstücks auch für dessen weiteren Verlauf zugrunde gelegt wurde.

Das Übereinkommen vom 29.August 1975 bezieht sich auch auf die in Teil 2 der Planurkunde mit 2 und 3 bezeichneten Trennstücke. Die Plandurchführung ist auch ohne diese möglich. Eine Mappenberichtigung in Ansehung von Trennstücken ist nicht vorgesehen. In der Mappe wurde keine Berichtigung zu Lasten der Beklagten vorgenommen. Auch in der Natur dürfte keine Veränderung erfolgt sein. Die Planurkunde des Vermessungsamtes trägt die Aufschrift "a) Grundbücherliche Durchführung gem. § 15 ff Lieg.Teil.Ges." und - nach Streichung der lit b) - "c) Mappenberichtigung gem. § 52 Ziff. 5 Verm.G."; sie wurde mit Datum 27.September 1993 von dem als Planverfasser tätig gewesenen Vermessungsingenieur unterzeichnet. Der im Gerichtsverfahren auch vorgelegten Teilkopie der Planurkunde ("c) Mappenbrichtigung gem. § 52 Ziff. 5 Verm.G.") ist ein Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis angeheftet, das am Ende folgenden Wortlaut enthält:

"Es wird beurkundet, daß hinsichtlich des unverändert gebliebenen Grenzverlaufes zwischen den beteiligten Eigentümern Übereinstimmung besteht."

Der Erstbeklagte erhob gegen die ihm mit Schreiben des Vermessungsamtes vom 18.Oktober 1993 übersendete Planurkunde schriftliche Einwendungen und erklärte, daß er mit der durchgeführten Vermessung nicht einverstanden sei und auch einer Mappenberichtigung nicht zustimmen werde. Das nahm das Vermessungsamt mit Schreiben vom 23. November 1993 zur Kenntnis.

Die Nebenintervenientin erklärte mehrfach ihre Bereitschaft, die auf sie als Rechtsnachfolgerin übergegangenen Verpflichtungen des Übereinkommens vom 29.August 1975 erfüllen zu wollen.

Die klagende Partei begehrte, die Beklagten schuldig zu erkennen, in die Vornahme bestimmter Grundbuchshandlungen (Unterteilung des Grundstücks 985/5 [Teilflächen 1, 6 und 8 und eine verbleibende Fläche], Abschreibung der neugebildeten Grundstücke 985/22 und 985/23 [Teilflächen 1 und 6 laut Vermessungsplan] aus dem Gutsbestand der den Beklagten je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft und deren Zuschreibung zum Gutsbestand der der Nebenintervenientin gehörenden Liegenschaft, Abschreibung der Teilfläche 8 des Vermessungsplans aus dem Gutsbestand der den Beklagten je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft und deren Zuschreibung zum Gutsbestand des der klagenden Partei gehörenden öffentlichen Wasserguts [Grundstück 2484]) einzuwilligen. Sie brachte im wesentlichen vor, daß die Beklagten zur Abgabe grundbuchsfähiger Erklärungen nicht bereit seien. Es sei nicht erforderlich, auch gegen die Nebenintervenientin klageweise vorzugehen, weil diese zur Abgabe der Aufsandungserklärung gemäß Punkt 2. des Übereinkommens vom 29.August 1975 bereit sei. Die Bachverbauung sei wasserrechtlich genehmigt und kollaudiert. Davon abweichende Vorstellungen der Beklagten seien bei Abschluß des Übereinkommens nicht erkennbar gewesen. Dessen Geschäftsgrundlage sei - infolge Zurückziehung der Berufung gegen den wasserrechtlichen Kollaudierungsbescheid - nur die Ausführung des mit Bescheid vom 12. Juni 1957 genehmigten Projekts gewesen. Wegen Abschlusses einer privatrechtlichen Vereinbarung habe die Übertragung des Bachbetts nicht Gegenstand eines wasserrechtlichen Verfahrens sein müssen. Die Teilflächen 2 und 3 entsprechend der Planurkunde des Vermessungsamts seien nicht Gegenstand der Klage. Diese Urkunde entspreche dem abgeschlossenen Übereinkommen; es bedürfe für die Durchführung des Übereinkommens keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung.

Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, daß die Klägerin nur berechtigt sei, die Grundbuchsordnung in Ansehung aller Punkte des Übereinkommens vom 29.August 1975 herzustellen; sie dürfe also nicht einzelne Teile herausgreifen. Geschäftsgrundlage des Übereinkommens sei eine projektgemäße Bachregulierung gewesen; eine solche sei unterblieben, wodurch es mehrmals jährlich zu Überflutungen ihrer Grundstücke komme. Es fehle daher an der Erfüllung einer wesentlichen Voraussetzung für die vereinbarte Grundabtretung. Eine wasserrechtliche Überprüfung und Genehmigung des ausgeführten Regulierungsprojekts läge nicht vor. Die Durchführung der Planurkunde des Vermessungsamts verletze ihr Eigentumsrecht, weil der öffentliche Weg ohne deren Zustimmung auf das Grundstück 985/5 verlegt worden sei (Trennstück 2). Die Planurkunde entspreche auch nicht dem Übereinkommen, das vermessungstechnisch undurchführbar sei. Vor Durchführung der Liegenschaftsteilung sei die Grundbuchsmappe zu berichtigen. Sie hätten jedoch keine Zustimmung zu einer solchen Maßnahme erteilt, weshalb auch keine Beurkundung gemäß § 43 Abs 5 VermG habe erfolgen können. Es fehle schließlich an einer erforderlichen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und führte rechtlich im wesentlichen aus:

Das Übereinkommen vom 29.August 1975 sei von den Beklagten ohne die im Verfahren behaupteten Vorbehalte und Bedingungen geschlossen worden und daher rechtswirksam. Die dem Klagebegehren zugrunde liegende Planurkunde des Vermessungsamts entspreche genau dem Übereinkommen. Eine allfällige Mappenberichtigung sei allein Sache des Vermessungsamts und keine Voraussetzung für eine Klagestattgebung. Nicht maßgebend sei daher, ob der allein auf die Mappenberichtigung bezogene Plan ordnungsgemäß beurkundet worden sei. Einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfe es im derzeitigen Verfahrensstadium nicht. Die wasserrechtlichen Verfahren seien abgeschlossen. Die Nebenintervenientin sei ohnehin bereit, die sie aus dem Übereinkommen treffenden Verpflichtungen zu erfüllen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S übersteige und ließ die ordentliche Revision zu. Es erwog im wesentlichen:

Es sei nicht Verfahrensgegenstand, ob die von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden eine ausreichende Grundlage für eine Mappenberichtigung gemäß § 52 Z 5 VermG - insbesondere aber auch für die in § 43 Abs 5 VermG genannte Beurkundung - bilden könnten. Das Urteilsbegehren sei nicht auf die Abgabe einer Erklärung der Beklagten im Sinne des § 43 Abs 5 VermG, sondern nur auf die Abschreibung bestimmter Teilflächen vom Grundstück 985/5 gerichtet. Das Abschreibungsbegehren finde jedenfalls in den Punkten 1. und 3. des Übereinkommens vom 29.August 1975 Deckung. Daß die klagende Partei nicht die vollständige Durchführung des Teilungsplans anstrebe, schade nicht, weil das Gesetz eine bloß teilweise Durchführung nicht ausschließe. Daß die Beklagten dem Übereinkommen nur unter bestimmten Voraussetzungen zugestimmt hätten, sei dessen Wortlaut nicht zu entnehmen. Es spreche aber auch die Zurückziehung der Berufung der Beklagten gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15.November 1973 unmißverständlich dafür, daß diese den Ist-Zustand akzeptiert und weitere Maßnahmen für die Verbauung bzw Regulierung des Grabens nicht angestrebt hätten. Die Nebenintervenientin sei zur Erfüllung der auf sie als Rechtsnachfolgerin übergegangenen und sich aus Punkt 2. des Übereinkommens ergebenden Leistungspflicht bereit; es habe daher keines klageweisen Vorgehens gegen diese bedurft. Die Rechtsgültigkeit des Übereinkommens sei überdies bereits in dem auf die Duldung der Vermessung bezogenen Vorverfahren bejaht worden. Dieses Prozeßergebnis binde auch in diesem Verfahren, weil die Parteien und der rechtserzeugende Sachverhalt in beiden Verfahren ident seien und letztere in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang stünden, daß die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Prozessen entscheidenden Rechtsfrage nicht zuließen. Die Beklagten seien daher mit dem neuerlich erhobenen Einwand, daß das Übereinkommen vom 29.August 1975 rechtsunwirksam sei, nicht mehr zu hören; gleiches gelte auch für die bereits im Vorprozeß bejahte, aber nun neuerlich bestrittene Legitimation der klagenden Partei, auch die sich aus Punkt 1. des Übereinkommens ergebenden Ansprüche für die Nebenintervenientin geltend zu machen. Wäre das Übereinkommen grundverkehrsbehördlich zu genehmigen, könne bereits vor Erteilung einer solchen Genehmigung trotzdem auf Vertragszuhaltung - insbesondere auf die Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde - geklagt werden. Gegenstand der Klage seien nur die Teilflächen 1, 6 und 8 der Planurkunde des Vermessungsamts. Diese seien nicht von der Frage des richtigen Verlaufs des öffentlichen Wegs betroffen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Wegen der - nur bei Identität des Anspruchs, der Parteien und des

rechtserzeugenden Sachverhalts gegebenen - Wirkung der materiellen

Rechtskraft als Einmaligkeits- und Bindungswirkung wird von der

Rechtsprechung, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, eine

inhaltliche Bindungswirkung des Vorverfahrens auf den Folgeprozeß

auch dann anerkannt, wenn zwar keine Identität der Begehren vorliegt,

der rechtskräftig entschiedene Anspruch jedoch Vorfrage für den neuen

Anspruch ist oder wenn - als Sonderfall der Präjudizialität - ein im

Gesetz begründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht

und dieser inhaltliche Zusammenhang so eng ist, daß die Gebote der

Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende

Beantwortung derselben in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfragen

nicht gestatten (1 Ob 574/95; 1 Ob 545/95; RdW 1995, 386; NZ 1994,

228; JBl 1994, 482 [Frauenberger]; JBl 1990, 52; SZ 55/74; SZ 52/151

uva). Diese Bindungswirkung schließt die Verhandlung, Beweisaufnahme

und neuerliche Prüfung des bereits rechtskräftig entschiedenen

Anspruchs aus, nicht aber auch die Verhandlung und Entscheidung über

das nunmehrige Klagebegehren. Auszugehen ist dabei allerdings von dem

bereits rechtskräftig entschiedenen Anspruch, der ohne weiteres der

neuen Entscheidung zugrunde zu legen ist. Im allgemeinen wird zwar

das Ausmaß der Bindungswirkung nur durch den Urteilsspruch bestimmt,

doch sind die Entscheidungsgründe - soweit erforderlich - zur

Auslegung und Individualisierung des rechtskräftig entschiedenen

Anspruchs heranzuziehen (1 Ob 574/95; NZ 1994, 228; SZ 55/74;

Frauenberger, JBl 1994, 483 [Entscheidungsglosse]). Das gilt vor

allem, aber nicht nur dann, wie in der Entscheidung JBl 1995, 458

[Oberhammer] angenommen wird, wenn der Umfang der Rechtskraftwirkung

einer abweisenden Entscheidung festzustellen ist (1 Ob 574/95; NZ

1994, 228; SZ 55/74; Fasching, ZPR2 Rz 1523). Nur wenn eine bestimmte

Tatsache nicht den Hauptgegenstand des Vorverfahrens bildete, sondern

dort lediglich als Vorfrage zu beurteilen war, kommt dieser

Vorfragenentscheidung keine Bindungswirkung für den Folgeprozeß zu (1 Ob 574/95; JBl 1995, 458; NZ 1994, 228; JBl 1990, 52).

Im vorliegenden Fall wurde im Vorprozeß entgegen dem von den Beklagten vertretenen Standpunkt rechtskräftig entschieden, daß sie "die Durchführung der Vermessung derjenigen Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile zu dulden" haben, die "sich aus den Punkten 1) und 3) des Übereinkommens vom 27.8.1975, beurkundet im Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 3.9.1975, ergeben". Diese Entscheidung bezieht sich somit auf eine Vermessung, ohne deren Durchführung es dem von der klagenden Partei nunmehr gestellten Begehren an einer notwendigen Erfolgsvoraussetzung fehlte, weil die grundbücherliche Teilung eines Grundstücks gemäß § 1 Abs 1 LiegTeilG nur aufgrund des Plans eines Verfassers durchgeführt werden kann, der die im Gesetz näher beschriebenen Anforderungen erfüllt. Durch die rechtskräftige Entscheidung der den Gegenstand des Vorprozesses bildenden Hauptfrage wurde also über eine im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Vorfrage (Vermessung als Voraussetzung einer grundbücherlichen Teilung) bindend abgesprochen.

Maßgebend dafür waren aber die - teils mittelbar, teils unmittelbar

auch im Spruch jener Entscheidung zum Ausdruck gebrachten - Voraussetzungen, daß das Übereinkommen vom 29.August 1975 gültig zustande gekommen und nach wie vor rechtswirksam ist und die klagende Partei nicht nur berechtigt ist, die Erfüllung des Punktes 3., sondern auch die des Punktes 1. zu begehren. Nach den für die Annahme einer Bindungswirkung bereits dargestellten Kriterien entfalten daher auch diese Ergebnisse des Vorprozesses Bindungswirkung im vorliegenden Verfahren. Die in Punkt 1. der Revision gegen die Anspruchslegitimation der klagenden Partei vorgetragenen Gründe bedürfen demnach, weil sie die sich aus dem Vorprozeß ergebende Bindungswirkung mißachten, keiner Erörterung.

Nicht eine Weigerung der Nebenintervenientin verhinderte bisher die

Erfüllung des Übereinkommens vom 29.August 1975; diese scheiterte

lediglich an der mangelnden Bereitschaft der Beklagten, ihren

Vertragspflichten entsprechend zu handeln. Nach den

Verfahrensergebnissen besteht also gar nicht die in der Revision

heraufbeschworene Gefahr, daß die Nebenintervenientin gegenüber den

Beklagten vertragsbrüchig werden könnte. Die klagende Partei war

daher auch nicht genötigt, die Nebenintervenientin auf Erfüllung

ihrer - nie bestrittenen - Vertragspflicht gegenüber den Beklagten

zur "Herstellung der Grundbuchsordnung" gemäß Punkt 4. des

Übereinkommens vom 29.August 1975 zu belangen. Bemerkenswert ist in

diesem Zusammenhang, daß die Revisionswerber - offenbar zur Dartuung

der mangelnden Erfüllbarkeit des Übereinkommens vom 29.August 1975

durch die Nebenintervenientin - ins Treffen führen, diese habe für die an sie zu übertragende Teilfläche von 1.000 m2 "eine Baulandwidmung erwirkt, wohingegen im Zeitpunkt des Übereinkommens diese Fläche noch als Grünland ausgewiesen" gewesen sei. Die Beklagten scheinen also mit der dadurch eingetretenen Vermehrung ihres Vermögens nicht einverstanden zu sein; sie lassen dabei jedoch unbeachtet, daß eine bestimmte Widmung der an sie abzutretenden Teilfläche nicht Vertragsgegenstand ist.

Anders als die Beklagten meinen, ist auch nicht entscheidungswesentlich, ob ein Mappenberichtigungsverfahren gemäß § 52 Z 5 VermG von amtswegen durchzuführen sein wird, weil das Urteilsbegehren nicht Teilflächen zum Gegenstand hat, deren unrichtige Darstellung in der Planurkunde des Vermessungsamts die Beklagten behaupten, mag es sich nun dabei um das "Trennstück 2" (ON 3.3. und Punkt 3. der Revision), das "Teilstück 3" (Punkt 2. der Revision) oder um beide Teilflächen handeln. Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannte, ist die teilweise Durchführung eines Teilungsplans im Grundbuch durch das Gesetz nicht ausgeschlossen. Das ergibt sich - entgegen der Ansicht der Revisionswerber - nicht nur aus Entscheidungen von Gerichtshöfen erster Instanz (LG Eisenstadt RPflSlgG 1985/2014; LG Innsbruck NZ 1971, 119); dieser Grundsatz wurde vielmehr auch bereits vom Obersten

Gerichtshof in der Entscheidung NZ 1991, 110, ausgesprochen. Es wird

dort nämlich im Zusammenhang mit der gemäß § 39 Abs 1 VermG

erforderlichen Bescheinigung klargestellt, daß die Teilverbücherung eines Teilungsplans dann ausscheidet, wenn die Bescheinigung nur unter der nicht erfüllten Bedingung einer gänzlichen Durchführung erteilt wurde. Daraus folgt aber auch, daß der Teilverbücherung eines Teilungsplans dann kein gesetzliches Hindernis entgegensteht, wenn der Bescheinigung des Vermessungsamts keine Bedingung einer gänzlichen Durchführung zu entnehmen ist. Die Beklagten vermögen auch keine gesetzliche Bestimmung oder Meinungsäußerungen im Schrifttum anzuführen, die für ihren Standpunkt sprächen, daß die dem Urteilsbegehren zugrunde liegende Planurkunde grundbücherlich nur entweder zur Gänze oder gar nicht durchgeführt werden dürfe. Es bedarf daher auch gar keines Eingehens auf die in der Revision breit erörterte Ansicht, daß die Verbücherung einer Grundstücksteilung eine amtswegige Berichtigung der Katastralmappe gemäß § 52 Z 5 VermG voraussetze. Das Berufungsgericht ist somit - entgegen einer Behauptung in der Revision - nicht der Beantwortung der Frage ausgewichen, ob das Vermessungsamt von amtswegen eine Berichtigung der Katastralmappe vorzunehmen habe, sondern erkannte richtig, daß die von den Beklagten behauptete Unrichtigkeit der dem Urteilsbegehren als Grundlage dienenden Planurkunde des Vermessungsamts in einem gar nicht verfahrensgegenständlichen Bereich schon allein wegen der bestehenden rechtlichen Möglichkeit der Teilverbücherung eines Teilungsplans nicht entscheidungswesentlich ist.

Der klare Wortlaut des Übereinkommens vom 29.August 1975 impliziert auch keine Zweifel am rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragsparteien. Dagegen vermag die Revision nur einzuwenden, was "möglicherweise ... beim Abschluß des Übereinkommens bereits unterstellt" worden sei. Damit versuchen die Beklagten nur neuerlich ihr schon von den Vorinstanzen zutreffend als unrichtig erkanntes Argument ins Treffen zu führen, daß Geschäftsgrundlage der vertraglichen Einigung die "projektsgemäße Regulierung" des Baches - wie sie diese verstehen - gewesen sei.

Soweit die Revisionswerber überdies hervorheben, daß sie das Übereinkommen nur dann durchführen könnten, "wenn sie verpflichtet" seien, "Grundstücksteile zwischen dem orographischen linken Ufer des ....baches und dem Gemeindeweg (berichtigtes Teilstück 1) und zwischen dem Gemeindeweg und der Grundparzelle 2470/1 (neu zu bildendes Teilstück 9) zu übertragen", sind sie auf die Ausführungen im Urteil des Gerichtes zweiter Instanz (S. 22 ff) zu verweisen, daß eine unrichtige Darstellung des Wegverlaufs in der Katastralmappe nur eine Beeinträchtigung der Ansprüche der Nebenintervenientin zur Folge hätte. Damit setzen sich aber die Revisionsausführungen gar nicht auseinander.

Dem Klagebegehren wurde von den Vorinstanzen daher ohne Rechtsirrtum stattgegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Nebenintervenientin ist für ihre Revisionsbeantwortung ein Streitgenossenzuschlag von nur 10 % zuzuerkennen, weil ihr nur zwei Personen als Prozeßgegner gegenüberstanden (§ 15 RATG).

Rechtssätze
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