JudikaturJustiz1Ob4/95

1Ob4/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roman K*****, vertreten durch Dr.Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Land Oberösterreich, vertreten durch Dr.Heinz Oppitz und Dr.Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wegen 373.759,20 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 18.Oktober 1994, GZ 12 R 45/94 13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 27.April 1994, GZ 3 Cg 29/94 7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.785 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.797,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war gemeinsam mit zwei Geschwistern aufgrund eines Kaufvertrags mit seiner Mutter, der bücherlichen Eigentümerin, „außerbücherlicher Eigentümer“ einer - Anfang 1993 zwangsversteigerten - Liegenschaft in Wels und betrieb dort eine Gärtnerei. Der Magistrat der Stadt Wels, einer Stadt mit eigenem Statut, trug als Behörde erster Instanz mit Bescheid (Beseitigungsauftrag im Sinn des O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990) vom 17.Februar 1992 ua auch dem Kläger als Grundeigentümer auf, binnen sechs Wochen näher bezeichnete bewegliche Sachen als gelagerte bzw abgelagerte Abfälle von der Liegenschaft zu entfernen. Der Stadtsenat der Stadt Wels als Berufungsbehörde wies mit Bescheid vom 5.Mai 1992 die unter anderem vom Kläger gegen den Beseitigungsauftrag erhobene Berufung als unzulässig zurück. Die Bescheidadressaten, darunter auch der Kläger, kamen dem Beseitigungsauftrag nicht nach. Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme beim Magistrat der Stadt Wels wurde dem Kläger am 5.Oktober 1992 zur Kenntnis gebracht, aufgrund des rechtskräftigen Beseitigungsauftrags könnten die darin angeführten Abfälle durch die Stadt Wels gegen Kostenersatz abgeführt werden. Namens des Magistrats der Stadt Wels erkundigte sich Mag. Harald A***** am 19.Oktober 1992 bei der Umweltrechtsabteilung des Amtes der O.ö. Landesregierung danach, ob für die zwangsweise Räumung der Liegenschaft eine Vollstreckungsverfügung notwendig sei, und erhielt die Auskunft, § 15 O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 sei eine die Anwendbarkeit des VVG ausschließende lex specialis. Ein Unternehmen nahm am 22.Oktober 1992 im Auftrag des Magistrats der Stadt Wels in Durchführung des Beseitigungsauftrags vom 17.Februar 1992 auf der nicht eingezäunten und frei zugänglichen Liegenschaft die Räumung vor. Die in der Klage näher bezeichneten beweglichen Sachen standen im Eigentum des Klägers.

Der unabhängige Verwaltungssenat des - hier beklagten - Landes Oberösterreich gab mit Erkenntnis vom 2.März 1993 der „Maßnahmenbeschwerde“ des Klägers vom 4.Dezember 1992 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls und Zwangsgewalt nach Art 129a Abs 1 Z 2 B VG statt und stellte die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts fest. Das Vorgehen der Stadt Wels mit verwaltungsbehördlicher verfahrensfreier Zwangsgewalt sei nicht rechtmäßig gewesen. Denn gemäß § 15 Abs 2 iVm § 2 Abs 3 Z 1 O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 habe die Gemeinde die Pflicht, für die Organisation und Durchführung der Abfuhr Sorge zu tragen. „Abfuhr“ sei das Abholen oder die Entgegennahme von Abfällen; damit sei aber nicht das Erzwingen der Abfuhr bzw der Bereithaltung durch eigenmächtiges Einschreiten miterfaßt. Es könne daher ein über das Abholen der bereitgehaltenen Abfälle hinausgehendes Vorgehen durch § 15 Abs 2 O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 nicht gedeckt angesehen werden. Ein zwangsweises Einschreiten zur Erzwingung der Bereithaltung sei in § 15 Abs 2 leg.cit. nicht vorgesehen. Was jedoch die Abfuhr selbst, also das Wegbringen der Abfälle, anlange, so sei ein weiterer verwaltungsrechtlicher Schritt zufolge der gesetzlichen Verpflichtung nicht mehr erforderlich. Die belangte Stadt Wels habe die Rechtslage nach § 15 Abs 2 O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 in dem Maße verkannt, als eine über das Abholen von bereitgestellten Abfällen hinausgehende Ermächtigung nach dieser Gesetzesstelle nicht vorliege. Die mit Bescheid vorgeschriebene Herstellung des gesetzmäßigen Zustands könne nur im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden. Nur bei hier weder behaupteter noch vorliegender Gefahr im Verzug hätte die Behörde nach § 42 Abs 3 zweiter Satz O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 die Herstellung des gesetzmäßigen Zustands unmittelbar anordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen lassen dürfen.

Der Kläger begehrte vom beklagten Land als zuständigem Rechtsträger im Amtshaftungsweg 373.759,20 S sA als Wiederbeschaffungswert der geräumten Gegenstände sowie für Flurschäden und brachte hiezu vor, die Organe der beklagten Partei seien aufgrund einer Rechtsauskunft - wonach Bestimmungen des oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 einschlägigen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes derogieren würden - der Umweltrechtsabteilung des Amtes der O.ö. Landesregierung tätig geworden und im übrigen sei die faktische Amtshandlung als Aufgabe des übertragenen Wirkungsbereichs des beklagten Rechtsträgers vorgenommen worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen der eingewendeten fehlenden Passivlegitimation der beklagten Partei ab. Im Zusammenhang mit der zwangsweisen Räumung der Liegenschaft des Klägers seien ausschließlich Organe des Magistrats der Stadt Wels sowie von diesen Organen beauftragte Dritte tätig geworden. Nach § 44 O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 seien die in diesem Landesgesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden - mit Ausnahme des hier nicht relevanten § 21 Abs 6 - solche des eigenen Wirkungsbereichs. Körperschaften öffentlichen Rechts hafteten im Rahmen des AHG jedoch nur, wenn sie vom Gesetz berufen seien, hoheitlich im eigenen Wirkungsbereich zu handeln; im übertragenen Wirkungsbereich würden sie funktionell für den Rechtsträger tätig, für den sie das Gesetz vollziehen. Die Tätigkeit des Magistrats der Stadt Wels fiele nach § 44 O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 in den eigenen Wirkungsbereich und nicht in jenen des Landes.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge zusammenfassend aus, verantwortlicher Rechtsträger für das beanstandete Organhandeln sei die Stadt Wels. Bei einer faktischen Amtshandlung komme jene Zuständigkeitsvorschrift zur Anwendung, auf die sich die Organe beriefen. Vorliegend hätten sich die Organe der Stadt Wels auf eine § 1 VVG derogierende Zuständigkeitsvorschrift nach § 15 Abs 2 O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 berufen. Die unrichtige Rechtsauskunft durch Organe des Landes könne nicht haftungsbegründend sein.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Die Frage der Passivlegitmation mehrerer in Frage kommender Rechtsträger wird seit der Entscheidung SZ 26/51 nach der herrschenden „Funktionstheorie“ oder „funktionellen Organtheorie“ danach gelöst, daß auch das in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person („faktische Amtshandlung“) erfolgte schädigende Organhandeln jenem Rechtsträger zuzurechnen ist, in dessen funktionellen Bereich das betreffende Organ tätig war (1 Ob 7/86 = SZ 59/83 = JBl 1986, 728 = ZfRV 1987, 72; 1 Ob 41/81 = SZ 54/171 = JBl 1982, 434 = ZVR 1982/200; 1 Ob 14/81 = SZ 54/80, je mwN zuletzt 1 Ob 46/91; Schragel , AHG 2 Rz 51; Koziol , Österr. Haftpflichtrecht 2 II 380 mwN; Walter Mayer , Grundriß des österr. Verfassungsrechts 7 Rz 1285). Entscheidend ist dabei nicht, wessen Organe die angeblich Schuldtragenden nach ihrer dienstrechtlichen Stellung waren, sondern in wessen Namen und für wen sie funktionell im Zeitpunkt der angeblich schuldhaften Handlung tätig wurden, somit der Vollzugsbereich, innerhalb dessen die Organe tätig waren (1 Ob 44/83 = SZ 57/3; SZ 54/171, je mwN ua; Schragel aaO Rz 51). Für die Lösung des Zurechnungsproblems ist daher generell die verfassungsrechtliche Kompetenzfrage zu beantworten ( Vrba/Zechner , Kommentar zum Amtshaftungsrecht 158).

Durch Art VIII der B VG Novelle, BGBl 1988/685, - und nicht durch die B VG Novelle, BGBl 1990/445, wie der Rechtsmittelwerber vermeint - wurde das Zuständigkeitsverhältnis zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet des Abfallwirtschaftsrechts umfassend neu geordnet und in Art 10 Abs 1 Z 12 B VG mit Wirkung vom 1.Jänner 1989 folgender Kompetenztatbestand neu aufgenommen: „Bundessache ist die Gesetzgebung und Vollziehung in folgenden Angelegenheiten: ... Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist; ...“ Der Bund regelte mit dem seither mehrfach novellierten AbfallwirtschaftsG (AWG), BGBl 1990/325 (vgl zum Regelungszweck RV 1274 BlgNR 17.GP 25 ff; zum Geltungsbereich § 3 AWG), und dem Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung samt Anlagen, BGBl 1993/229, seinen Bereich, wogegen das Land Oberösterreich am 6.Dezember 1990 das inzwischen gleichfalls mehrfach novellierte O.ö. AbfallwirtschaftsG 1990 (O.ö.AWG), LGBl 1991/28, erließ, dessen hier maßgebliche Regelungen lauten:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieses Landesgesetz regelt die möglichst umweltgerechte und wirtschaftliche Vermeidung, Sammlung und Abfuhr sowie Behandlung von Abfällen im Land Oberösterreich. ...

§ 7 Allgemeine Regel für die Lagerung und Ablagerung von Abfällen

(1) Abfälle dürfen nur in Abfallbehältern ... vorübergehend gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen ..., je nach deren Zweckbestimmung, vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden.

(2) Abs. 1 gilt nicht für ...

§ 15 Unbefugte Lagerung und Ablagerung

(1) Wurden auf einem Grundstück ohne Zustimmung des Grundeigentümers Abfälle gelagert oder abgelagert und wird dies der Gemeinde bekannt, so hat die Gemeinde dem Verursacher gemäß § 42 Abs 3 erster Satz die Abfuhr dieser Abfälle aufzutragen, Hat der Grundeigentümer einer gegen die allgemeine Regel des § 7 verstoßenden Lagerung oder Ablagerung von Abfällen zugestimmt oder diese offenkundig geduldet, so ist ihm oder dem Verursacher die Abfuhr dieser Abfälle aufzutragen. ...

(2) Kommt der Verpflichtete einem Auftrag gemäß Abs 1 binnen angemessener, sechs Wochen nicht übersteigender Frist nicht nach, so hat die Gemeinde gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten für die Abfuhr dieser Abfälle zu sorgen.

§ 42 Strafbestimmungen

...

(3) Unabhängig von einer Bestrafung, einer Schadenersatzpflicht oder einer sonstigen Geldleistungsverpflichtung ist demjenigen, der dieses Landesgesetz übertreten hat, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Fall des § 15 Abs. 1 bzw. 4 von der Gemeinde, mit Bescheid aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand innerhalb einer angemessenen Frist (wieder)herzustellen. Bei Gefahr im Verzug hat dies die Behörde unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

§ 44 Aufgaben der Gemeinden

Die in diesem Landesgesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden bzw der Bezirksabfallverbände sind - mit Ausnahme des § 21 Abs 6 (Standorte) - solche des eigenen Wirkungsbereiches. ...“

Gemäß Art 118 Abs 1 B VG ist der Wirkungsbereich der Gemeinde ein eigener und ein vom Bund oder vom Land übertragener. Der übertragene Wirkungsbereich umfaßt nach Art 119 Abs 1 B VG die Angelegenheiten, die die Gemeinde - ua nach Maßgabe der Landesgesetze im Auftrag und nach den Weisungen des Landes zu besorgen hat. Die Abgrenzung gegenüber dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergibt sich daraus, daß nach Art 118 Abs 2 zweiter Satz B VG die Gesetze derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen haben. Diese Bezeichnungspflicht trifft den Materiengesetzgeber (VfSlg 11.926, 11.653; Mayer , Das österr. Bundes Verfassungsrecht, Kurzkommentar, Art 118 B VG Anm II.3., Art 115 B VG Anm II.2.). Die Bezeichnung - hier durch den Landesgesetzgeber - ist konstitutiv; sie begründet die Zuständigkeit der Gemeindeorgane im eigenen Wirkungsbereich (VfSlg 13.136 ua; Mayer aaO Art 118 B VG Anm II.3.). Wenn somit ein Landesgesetz - nur ein solches kommt hier in Frage - Angelegenheiten regelt, welche in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden fallen, so muß der zuständige Landesgesetzgeber (Art 115 Abs 2 Satz B VG) diese Angelegenheit als solche des eigenen Wirkungsbereiches bezeichnen. Die Vollziehung ist an eine solche vom Landesgesetzgeber getroffene Regelung des Wirkungsbereichs der Gemeinde gebunden. Bei der gegebenen Rechtslage war das einschreitende Organ der Stadt Wels die zuständige Behörde für die Erlassung eines bescheidmäßigen Beseitigungsauftrags nach § 15 O.ö. AWG 1990.

Der Kläger leitet indes seinen behaupteten Schaden nicht aus dem Beseitigungsbescheid des Magistrats der Stadt Wels, sondern aus der zwangsweisen Durchsetzung des Bescheids mittels Räumung der Liegenschaft vom Abfall durch ein privates Unternehmen im Auftrag des Magistrats. Gegenstand des behaupteten schädigenden Organhandelns war somit die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, also ein verfahrensfreier Verwaltungsakt.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 2 lit b VVG obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden die Vollstreckung der von den Gemeindebehörden - ausgenommen die Behörden der Städte mit eigenem Statut - erlassenen Bescheide auf Ersuchen dieser Behörden. Die in der die Ausnahme umschreibenden Paranthese genannten Organe der Städte mit eigenem Statut sind gemäß Art II Abs 2 lit F EGVG selbst zur Anwendung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes berufen. Aber auch den übrigen Gemeinden ist die Vollstreckung der von deren Behörden im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Bescheide nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen - von vornherein selbst übertragen; sie werden dabei allerdings in ihrem übertragenen Wirkungsbereich tätig, sodaß die Vollstreckung dem Bürgermeister obliegt (Art 119 Abs 2 B VG). Soweit nach den genannten Bestimmungen die Bezirksverwaltungsbehörde über Ersuchen der Gemeindebehörde als Vollstreckungsbehörden tätig wird, ist deren Zuständigkeit keine ausschließliche, weil es der Entscheidung des Bürgermeisters anheimgestellt bleibt, ob er im Einzelfall die Bezirksverwaltungsbehörde um die Vornahme der Vollstreckung ersucht ( Ringhofer , Verwaltungsverfahren II, § 1 VVG Anm 10 und 11). Die Stadt Wels ist eine Stadt mit eigenem Statut; deren für die Wahrnehmung der Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich (Bezirksverwaltung) zuständiges Organ (Bürgermeister) wäre daher im vorliegenden Fall zur Durchführung des Vollstreckungsverfahrens berufen gewesen (§ 43, § 44 Abs 6 Z 2 und § 50 des Statuts der Stadt Wels).

Deshalb hätten die Organe der Stadt Wels den aus einem Landesgesetz abgeleiteten Abfallbeseitigungsauftrag gegen den säumigen Kläger nicht im eigenen Wirkungsbereich der Stadt - noch dazu mittels verfahrensfreien Verwaltungsakts - durchsetzen dürfen, sondern der Magistrat hätte den Bürgermeister der Stadt, der zur Wahrnehmung der Agenden des übertragenen Wirkungsbereichs - und damit auch zur Anwendung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - berufen ist (§ 50 Statut), um die Vornahme der Verwaltungsvollstreckung des im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Beseitigungsauftrags ersuchen müssen. Dieser wäre dann in der Tat funktionell für das Land tätig geworden, weil es sich bei der dem Kläger aufgetragenen Abfallbeseitigung um eine Angelegenheit im Kompetenzbereich des Landes handelt (Art 10 Abs 1 Z 12 und Art 15 B VG; § 3 O.ö.AWG; vgl auch § 10 Abs 2 VVG).

Der Magistrat der Stadt Wels hat sich durch die zwangsweise Durchsetzung seines nach § 15 O.ö.AWG erlassenen Auftrags ohne Befassung der zuständigen Vollstreckungsbehörde aber keineswegs die ihm nicht zustehende Vollstreckungskompotenz des Bürgermeisters, der bei der Vollstreckung eines solchen Bescheids funktionell für das Land tätig geworden wäre, angemaßt (vgl dazu Vrba/Zechner aaO 158 f), er hat vielmehr dabei nicht bloß die Durchführung eines solchen Verwaltungsvollstreckungsverfahrens für entbehrlich erachtet, sondern ist auch bei der Vornahme der beanstandeten zwangsweisen Vorkehrungen nach seinen Erklärungen nicht für das beklagte Land eingeschritten. Wiederholt hat der erkennende Senat zum Ausdruck gebracht, es komme für die Zurechnung auf den äußeren Tatbestand bzw den äußeren Anschein der vorgenommenen Amtshandlung und insbesondere auch auf die von den handelnden Organen dabei abgegebenen Erklärungen an. Die vom Magistrat der Stadt Wels bewußt im eigenen Wirkungsbereich und ohne Durchführung eines gesetzlich einwandfreien Verwaltungsvollstreckungsverfahrens vorgenommenen Zwangsvorkehrungen können bei dieser Sachlage somit nicht dem beklagten Land zugerechnet werden.

Demnach haben die Vorinstanzen zu Recht das nur gegen das Land gerichtete Klagebegehren mangels passiver Klagslegitimation abgewiesen. Da die Stadt Wels vom Kläger nicht belangt wurde, kommt die Bestimmung des durch die AHG Novelle 1989, BGBl 1989/343, neu geschaffenen § 1 Abs 3 AHG, wonach neben dem funktionell zu bestimmenden Rechtsträger jener Rechtsträger solidarisch haftet, als dessen Organ die handelnde Person gewählt, ernannt oder sonstwie bestellt worden ist, nicht zum Tragen. Fragen eines rechtmäßigen Alternativverhaltens können auf sich beruhen.

Auf die unrichtige Rechtsauskunft der Umweltrechtsabteilung des Amtes der O.ö. Landesregierung kommt der Rechtsmittelwerber als Haftungsgrund nicht mehr zurück. Zu der von ihm in seinem Rechtsmittel angeregten Überprüfung der Verfassungskonformität des § 44 O.ö. AWG durch den Verfassungsgerichtshof nach Art 140 Abs 1 B VG besteht bei der dargelegten rechtlichen Situation mangels Präjudizialität kein Anlaß.

Der Revision ist nicht Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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