JudikaturJustiz1Ob210/00i

1Ob210/00i – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Michael K*****, vertreten durch Dr. Christoph Aigner und Dr. Thomas Feichtinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17 19, wegen Feststellung des Nichtbestehens einer Kostenersatzpflicht gemäß § 31 Abs 3 WRG (Streitwert S 13.730) infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 10. Juli 2000, GZ 54 R 150/00y 15, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Beschluss des Bezirksgerichts Mittersill vom 17. Februar 2000, GZ 11 N 121/99z 6, abgeändert wurde, und Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 7. August 2000, GZ 54 R 150/00y 19, womit die zuvor genannte Rekursentscheidung berichtigt bzw ergänzt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Weder dem Revisionsrekurs noch dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wird mit der Maßgabe bestätigt, dass sie in der Hauptsache wie folgt lautet:

"Der Antrag des Antragstellers, ihn treffe keine Ersatzpflicht für die bei der Bergung seines PKW Toyota Camry aus der Salzach am 13. 7. 1999 aufgewendeten Kosten, wird abgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen S 13.730, - zu bezahlen".

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seiner erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.

Die Anträge der Antragsgegnerin auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung bzw die Rekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am 9. 7. 1999 zwischen 0 Uhr und 17.30 Uhr wurde ein dem Antragsteller gehöriger PKW, den er ordnungsgemäß versperrt auf dem Parkplatz seines Wohnhauses abgestellt hatte, von unbekannten Tätern gestohlen. Am 13. 7. 1999 fanden Gendarmeriebeamte den total beschädigten PKW in der Salzach auf. Die Gendarmerie verständigte den Antragsteller, der den Diebstahl angezeigt hatte, davon noch am selben Tag. Die ebenfalls von der Gendarmerie verständigte zuständige Bezirksverwaltungsbehörde veranlasste die Bergung des Fahrzeugs durch die Feuerwehr, nachdem auf der Wasseroberfläche bereits ein Ölfilm sichtbar geworden war. Durch diese wasserpolizeiliche Maßnahme konnte eine weitere Gewässerverunreinigung durch unkontrolliertes Austreten von Kraftstoff aus dem Tank verhindert werden. Mit Bescheid vom 20. 10. 1999 schrieb die Bezirksverwaltungsbehörde dem Antragsteller die Bergungskosten im Betrag von S 13.730 zum Ersatz vor.

Fristgerecht beantragte der Antragsteller am 23. 12. 1999 gemäß § 117 Abs 4 WRG die gerichtliche Entscheidung, dass der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde vom 20. 10. 1999 außer Kraft getreten sei, und die Feststellung, dass ihn keine Verpflichtung zum Ersatz der bei der Bergung des PKW aufgewendeten Kosten treffe. Unbekannte Täter hätten das Fahrzeug ohne den Willen des Antragstellers, dem auch kein Verschulden am Zustandekommen des Diebstahls anzulasten sei, benutzt. Das bloße Eigentumsrecht des Antragstellers begründe noch nicht die Verpflichtung zu Abwehr und Sanierungsmaßnahmen nach § 31 Abs 2 WRG, was wieder Voraussetzung für die Ersatzpflicht nach § 31 Abs 3 WRG wäre. Durch den Diebstahl sei dem Antragsteller jede Einwirkungsmöglichkeit auf den PKW entzogen worden, er sei faktisch und rechtlich nicht in der Lage gewesen, entsprechende Abwehrmaßnahmen zu ergreifen.

Die Antragsgegnerin wendete ein, es sei nicht entscheidend, ob die von § 31 Abs 1 WRG geforderten Vorsorgen schuldhaft unterlassen worden seien, vielmehr käme es allein darauf an, ob durch das Fahrzeug objektiv die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten sei; der Antragsteller habe die Kosten der Bergung zwecks Verhinderung weiteren Ölaustritts zu tragen.

Das Erstgericht sprach aus, dass der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde vom 20. 10. 1999 außer Kraft getreten sei (Punkt 1) und dass "keine Ersatzpflicht" des Antragstellers "für die bei der Bergung" seines PKW am 13. 7. 1999 "aufgewendeten Kosten" bestehe (Punkt 2). An sich habe die Gefahr einer weiteren, nicht bloß geringfügigen Gewässerverunreinigung bestanden. Die Pflicht zum Ersatz des notwendigen und zweckmäßigen Aufwands habe primär den unmittelbaren Verursacher getroffen, der aber unbekannt sei. Zum Personenkreis der zu Abwehrmaßnahmen Verpflichteten zähle auch der "Anlagenbetreiber", der aber die herbeigeführte Gefahr beherrschen und damit faktisch, aber auch rechtlich in der Lage sein müsse, entsprechende Abwehrmaßnahmen zu treffen. Der Antragsteller habe die tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrzeug am 9. 7. 1999 verloren und keine physisch reale Einwirkungsmöglichkeit mehr gehabt.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Antragsgegnerin diese Entscheidung dahin ab, dass es den Antrag, es werde festgestellt, dass der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde vom 20. 10. 1999 außer Kraft getreten sei und dass keine Ersatzpflicht des Antragstellers für die bei der Bergung seines PKW am 13. 7. 1999 aufgewendeten Kosten bestehe, abwies. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. § 31 Abs 2 WRG bezwecke die Beseitigung einer bereits konkretisierten Gefahr. Trete trotz Einhaltung der nach § 31 Abs 1 WRG gebotenen Sorgfalt die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, so habe der nach § 31 Abs 1WRG Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Sollten diese Maßnahmen vom Verpflichteten nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, habe ihm die Wasserrechtsbehörde gemäß § 31 Abs 3 WRG die entsprechenden Maßnahmen aufzutragen oder diese bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Die Voraussetzungen für das Einschreiten der Wasserrechtsbehörde nach § 31 Abs 3 WRG seien unbestrittenermaßen vorgelegen. Der Antragsteller hafte für die aufgewendeten Kosten unabhängig von einem Verschulden oder der Möglichkeit, durch eigenes Einschreiten Schadensbegrenzungs oder Sanierungsmaßnahmen treffen zu können. Wenn auch dem Antragsteller als Halter des Fahrzeugs durch den Diebstahl die faktische Verfügungsgewalt entzogen worden sei, sei ihm doch die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Fahrzeug verblieben, so dass er zur Vornahme der zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen gemäß § 31 Abs 3 WRG verpflichtet sei.

Über Berichtigungsantrag der Antragsgegnerin ergänzte das Rekursgericht die Rekursentscheidung dahin, dass es den Antragsteller schuldig erkannte, der Antragsgegnerin im Sinne des Bescheids der Bezirksvewaltungsbehörde vom 20. 10. 1999 - binnen 14 Tagen S 13.730 zu zahlen. Dieser Zahlungsbefehl sei versehentlich nicht in die Entscheidung aufgenommen worden. Er ergebe sich "inhaltlich zwangsläufig" als Folge der Abweisung des Antrags im "gerichtlichen Außerstreitverfahren", sodass der Beschluss gemäß § 419 ZPO zu berichtigen sei.

Weder der Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss noch der Revisionsrekurs gegen die Rekursentscheidung sind berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss:

Die Entscheidung der Verwaltungsbehörde tritt gemäß § 117 Abs 4 zweiter Satz WRG mit der rechtzeitigen Erhebung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung außer Kraft (1 Ob 207/98t; SZ 70/159; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht Rz 10 zu § 117). Da diese Rechtsfolge schon ex lege eintritt, bedarf es der vom Antragsteller beantragten Feststellung des Außerkrafttretens des Bescheids der Bezirksverwaltungsbehörde vom 20. 10. 1999 nicht. Soweit das Rekursgericht diesen Antrag abwies, aber im Wege einer Beschlussberichtigung (richtig: Beschlussergänzung) den Antragsteller zum Kostenersatz gemäß § 31 Abs 3 WRG verpflichtete, ist diese Entscheidung ihrem Wortlaut nach gewiss verfehlt: Bliebe nämlich der verwaltungsbehördliche Bescheid, da der Antrag, festzustellen, dass er außer Kraft getreten sei, abgewiesen wurde, entgegen der Gesetzeslage weiter aufrecht, und verpflichtete das Rekursgericht den Antragsteller dennoch, so wie schon im Bescheid die Kosten zu ersetzen, so könnte der zweitinstanzliche Beschluss bei inkritischer Lesart dahin verstanden werden, dass der Antragsteller zweimal zum Kostenersatz verhalten werde. Das Rekursgericht hat jedoch im Ergänzungs (Berichtigungs )Beschluss ausgeführt, die Verpflichtung des Antragstellers zum Kostenersatz sei die "zwangsläufige" Folge der Abweisung des Antrags des Antragstellers im "gerichtlichen Außerstreitverfahren", und hat damit deutlich zu erkennen gegeben, dass es damit die Abweisung jenes Teils des Antrags meinte, der auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ersatzpflicht des Antragstellers für die bei der Bergung aufgewendeten Kosten gerichtet war. Offensichtlich irrtümlich ist eine Berichtigung dahin, dass der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde vom 20. 10. 1999 mit der fristgerechten Antragstellung ex lege außer Kraft trat und daher eine gerichtliche Entscheidung darüber entbehrlich war, unterblieben. Dieses Versehen ist durch Neufassung des Spruchs der Entscheidung des Rekursgerichts in der Hauptsache zu beheben. Dass das Rekursgericht den Antragsteller nicht zu einer zweimaligen Zahlung des Ersatzbetrags verpflichten wollte, ergibt sich im Übrigen auch eindeutig aus der der Beschlussergänzung eingefügten Parenthese, dass der Antragsteller zur Zahlung des auferlegten Betrags "im Sinne des Bescheids der Bezirkshauptmannschaft vom 20. 10. 1999" verpflichtet werde. Allerdings ist auch dieser Einschub verfehlt, weil er den Eindruck vermittelt, die Außerstreitgerichte entschieden über Anträge gemäß § 117 Abs 4 WRG gleichsam als Instanzgerichte.

Dem Rekurs gegen den "Berichtigungsbeschluss" ist somit ein Erfolg zu versagen.

2. Zum Revisionsrekurs des Antragstellers:

Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass die Entscheidung der Wasserrechtsbehörde gemäß § 117 Abs 4 WRG für den Fall eines fristgerechten Antrags auf gerichtliche Entscheidung in jedem Fall außer Kraft trete, ist er auf die Ausführungen zum Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss zu verweisen.

Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers geht aus dem Umstand, dass gemäß § 31 Abs 2 WRG für Tankfahrzeugunfälle Sonderbestimmungen gelten, keineswegs hervor, die grundsätzliche Verpflichtung nach § 31 Abs 2 WRG träfe nicht auch die Lenker und Halter anderer Kraftfahrzeuge. Der Antragsteller übersieht dabei, dass die Sondervorschrift für Tankfahrzeugunfälle den Lenker bzw Beifahrer zu Sofortmaßnahmen verpflichtet, wogegen sich die Vorschrift des § 31 Abs 2 erster Satz WRG auf alle nach § 31 Abs 1 WRG Verpflichteten bezieht: Danach hat der nach Abs 1 Verpflichtete bei Eintreten der Gefahr einer Gewässerverunreinigung unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen. Der nach Abs 1 Verpflichtete ist jedermann , dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können. Jedermann hat sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Dem Antragsteller ist gewiss zuzugestehen, dass er die Gefahr nicht unmittelbar verursacht hat. Im Zeitpunkt der Verständigung über den Verbleib seines Fahrzeugs durch die Gendarmerie war der Antragsteller aber gewiss über das aufgefundene Fahrzeug verfügungsberechtigt, war er doch dessen Eigentümer und Halter. Als solcher war es ihm ab der Verständigung möglich, die Sachherrschaft über sein Fahrzeug wieder auszuüben und dessen Entfernung aus dem Gewässer der Salzach zu betreiben. § 31 Abs 2 WRG bezweckt nämlich die Beseitigung einer bereits konkretisierten Gefahr. Tritt die Gefahr einer Gewässerverunreinigung trotz Einhaltung der nach § 31 Abs 1 WRG gebotenen Sorgfalt ein, so hat wie schon ausgeführt der nach Abs 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die im Gesetz näher bezeichneten Behörden zu verständigen. Werden diese Maßnahmen vom Verpflichteten nicht oder nicht rechtzeitig getroffen, so hat ihm nach § 31 Abs 3 WRG die Wasserrechtsbehörde die entsprechenden Maßnahmen aufzutragen oder diese bei Gefahr im Verzug die unzweifelhaft vorlag die erforderlichen Sofortmaßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen (1 Ob 207/98t; SZ 70/159; SZ 70/222; SZ 62/130; Raschauer aaO Rz 15 zu § 31). Wenn auch die Verpflichtung zur Abwehr weiterer Verunreinigungen bzw zum Ersatz des notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwands im Sinne einer verschuldensunabhängigen Verursacherhaftung primär den oder die Verursacher trifft, ist nach der Bestimmung des § 31 Abs 2 WRG auch derjenige zu Maßnahmen verpflichtet, der die bestehende Gefahr beherrscht und damit faktisch und auch rechtlich in der Lage ist, entsprechende Abwehrmaßnahmen zu treffen (SZ 70/159; JBl 1993, 389 mit insoweit zustimmender Besprechung von Dullinger; SZ 60/235; SZ 59/140; ZfV 1986/1490). Der Antragsteller war demnach zur Vornahme der zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen verpflichtet, weshalb er die Kosten der erforderlichen, wegen Gefahr im Verzug von der Wasserrechtsbehörde zu Recht veranlassten Sanierungsmaßnahmen zu tragen hat (SZ 66/37).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG. Dem Antragsteller gebührt für seine erfolglosen Rechtsmittel kein Ersatz, der Antragsgegnerin steht mangels gesetzlicher Grundlage ein Kostenersatzanspruch nicht zu (1 Ob 207/98t; SZ 66/37).

Rechtssätze
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