JudikaturJustiz1Ob173/17y

1Ob173/17y – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Oktober 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. E. Solé, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** M*****, vertreten durch die Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, *****, vertreten durch Dr. Helmut Engelbrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen 31.974,42 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juli 2017, GZ 14 R 58/17b 31, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Februar 2017, GZ 30 Cg 29/15b 27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der gerügten Verletzung des Überraschungsverbots handelt es sich um eine nach den Umständen des Einzelfalls zu lösende Rechtsfrage (RIS Justiz RS0037300 [T31]). Die Unterlassung der Erörterung eines bisher unbeachtet gebliebenen rechtlichen Gesichtspunkts kann nur dann einen Verfahrensmangel bilden, wenn dadurch einer Partei die Möglichkeit genommen wurde, zur bisher unbeachtet gebliebenen Rechtslage entsprechendes Tatsachenvorbringen zu erstatten. Werden hingegen nur dieselben Tatsachen, die schon der bisher erörterten Rechtslage zugrunde lagen, rechtlich anders gewertet, kann die Verletzung des § 182a ZPO keine Rechtsfolgen haben (RIS Justiz RS0037300 [T44]; RS0120056 [T13]). Zudem bildet ein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensverstoß nur dann den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO, wenn er abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen. Der Rechtsmittelwerber hat daher in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RIS Justiz RS0037095 [T5]; RS0037300 [T48]; RS0120056 [T12]).

Wenn der Kläger vermeint, dass sein Abzug von der Verwendung als Werkstättenleiter und seine anschließende Einteilung zum Servicetechniker als Mobbing einzustufen sei, hält er lediglich seine rechtlichen Schlussfolgerungen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts entgegen und vermag daher die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufzuzeigen. Mit seinem Vorbringen in der Revision, dass ihm bei der ihm zugedachten Tätigkeit im S***** weder Arbeitskleidung noch Arbeitswerkzeug zur Verfügung gestellt und auch keine Arbeitsaufträge erteilt worden seien, übergeht er die erstinstanzlichen Feststellungen, er habe sich selbst auch nicht darum gekümmert sein Arbeitsgewand zu erhalten und sich seine Arbeitsaufgaben selbst ausgesucht. Zudem wird mit diesem Vorbringen ein Mobbinggeschehen nicht ausreichend dargelegt.

2. Die Versetzung des Klägers vom G*****, in dem er mit seinem Einverständnis als Facharbeiter/Schlosser gearbeitet hatte (obwohl er in die Beamtengruppe der Werkstättenleiter eingereiht war und auch entsprechend entlohnt wurde), in das S***** erfolgte wegen einer Organisationsänderung, die aus Umstrukturierungs und Rationalisierungsgründen vorgenommen wurde. Dass diese Organisationsänderung sachlich gerechtfertigt und begründet war, bestreitet der Kläger nicht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die mit den dienstrechtlichen Angelegenheiten des Klägers befassten Personen und Vorgesetzten kein Mobbingverhalten gesetzt hätten, sei er doch aus dem gerechtfertigten Grund einer fachlich begründeten Organisationsänderung von seinem Arbeitsplatz abgezogen und in das S***** „transferiert“ worden, ist nicht korrekturbedürftig.

3. Nach der Entscheidung 1 Ob 214/15z steht der Eintritt von Gesundheitsschäden – auf solche stützt der Kläger seine Schmerzengeldansprüche und seine durch die vorzeitige Ruhestandsversetzung bzw den Krankenstand erlittenen künftigen Verdienstentgangsansprüche – grundsätzlich nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit (vorläufigen) dienstrechtlichen Maßnahmen oder Unterlassungen, selbst wenn sie sich später als unberechtigt erweisen sollten, es sei denn, es handle sich bei diesen Maßnahmen bzw Unterlassungen um Mobbing (vgl dazu RIS Justiz RS0124076 [T2]). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass mangels Vorliegens von Mobbings das Schadenersatzbegehren des Klägers unbegründet sei, weil kein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen den erfolgten dienstrechtlichen Personalmaßnahmen und den behaupteten, bei ihm eingetretenen Gesundheitsschäden bestehe, ist im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls vertretbar.

Gemäß § 19 Abs 2 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (DO 1994), LGBl 1994/56 in der geltenden Fassung, sind Versetzungen (eines Beamten) auf andere Dienstposten aus Dienstrücksichten stets zulässig. Nach § 19 Abs 3 DO 1994 kann der Beamte im Interesse des Dienstes oder aus Gründen, die in seiner Person liegen, in eine andere Beamtengruppe überreiht werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (2003/12/0020 = VwSlg 16178 A/2003 = ÖJZ 2005/79 A [VwGH A], 471) hat zwar die Versetzung gemäß § 19 Abs 2 DO 1994 in Form einer Weisung zu erfolgen, jedoch ist eine solche Versetzung ohne vorherige Überreihung des Beamten in eine andere Beamtengruppe – die Änderung der Verwendungsgruppe des Beamten hätte durch Bescheid zu erfolgen – nur auf solche Arbeitsplätze zulässig, zu deren Verrichtung der Beamte aufgrund seiner Anstellung und des allgemeinen Geschäftskreises seiner Beamtengruppe bestimmt ist. Selbst wenn die Versetzung auf einen Arbeitsplatz, zu dessen Verrichtung der Kläger aufgrund seiner Anstellung und des allgemeinen Geschäftskreises seiner Beamtengruppe „Werkstättenleiter“ nicht bestimmt war, eine vorherige Überreihung in eine andere Beamtengruppe gemäß § 19 Abs 3 DO 1994 durch Bescheid vorausgesetzt hätte, vermag er nicht aufzuzeigen, dass die Bestimmung über die Bescheiderlassung die Abwendung der behaupteten gesundheitlichen Schäden durch seine Verwendung im S***** (mit )bezweckt. Entgegen seiner Ansicht betrifft die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs in 1 Ob 214/15z nicht nur vorläufige dienstrechtliche Maßnahmen.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).