JudikaturJustiz12Os128/92

12Os128/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Jänner 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Mayrhofer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag.Röder als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinrich Z***** wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 6 d E Vr 6888/90, des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über den Antrag des Generalprokurators auf außerordentliche Wiederaufnahme nach §§ 362 Abs 1 Z 2, 490 Abs 1 StPO in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Gemäß §§ 362 Abs 1 Z 2, 490 Abs 1 StPO wird im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten des Verurteilten verfügt und das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.November 1990, GZ 6 d E Vr 6.888/90-55, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A 1 a und im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der zugleich gefaßte Beschluß nach § 494 a Abs 1 Z 2 und Abs 7 StPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Der am 2.September 1953 geborene Heinrich Z***** wurde mit dem in gekürzter Form (§ 488 Z 7 StPO iVm § 458 Abs 3 StPO) ausgefertigten Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.November 1990, GZ 6 d E Vr 6.888/90-55, der Vergehen der Fälschung öffentlicher (richtig: besonders geschützter) Urkunden nach §§ 223 Abs 1 und 2 (richtig: nur Abs 1), 224 StGB (A 1/a), der Fälschung von Urkunden (richtig: Urkundenfälschung) nach § 223 Abs 2 StGB (A 1/b) sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Als Fälschung besonders geschützter Urkunden liegt ihm zur Last, in der Zeit von Anfang April 1990 bis Mitte Juni 1990 in Wien inländische öffentliche Urkunden, nämlich falsche Auszüge aus dem Geburtenregister betreffend Karin Genoveva B***** (richtig: Karin B***** und Genoveva B*****) sowie einen falschen Postausweis und einen Auszug aus dem Geburtenregister betreffend Angelika S***** mit dem Vorsatz hergestellt zu haben, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes bzw einer Tatsache gebraucht werden.

Aus dem Akteninhalt ergeben sich jedoch erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der laut Urteilssatz dem Schuldspruch A 1/a zugrunde gelegten Tatsache, daß sich die inkriminierte Verfälschungshandlung auf ein zur Tatbestandsverwirklichung nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB geeignetes Deliktsobjekt (öffentliche Urkunde) bezog. Denn nach der durch die aktenkundigen Beweismittel (Beilagen zu AS 41) gestützten Verantwortung des Heinrich Z***** (16, 30) stellte er die inkriminierten Falsifikate durch Ablichtung (nicht verfälschter) Originalurkunden und sodann durch inhaltliche Veränderung dieser (unbeglaubigt gebliebenen) Fotokopien zu deren Gebrauch im Rechtsverkehr her. Demgemäß wurde auch dem (im Verfahren AZ 6 d E Vr 12067/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) abgesondert verfolgten Dipl.Ing.Theofanis P***** zur Last gelegt, Heinrich Z***** zur Anfertigung inhaltlich falscher Fotokopien aufgefordert zu haben.

Der unbeglaubigten (einfachen) Fotokopie einer Urkunde kommt aber nach herrschender Auffassung kein Urkundencharakter (§ 74 Z 7 StGB) zu, weshalb die (inhaltliche) Veränderung einer derartigen Ablichtung keine Urkundenfälschung im Sinne der §§ 223, 224 StGB darstellt (SSt 47/22; JBl 1982, 609). Eine verfälschte (unbeglaubigte) Ablichtung einer Urkunde kann allerdings als Beweismittel im Sinne des § 293 StGB in Betracht kommen (Leukauf-Steininger3 RN 3 zu § 293 StGB; Kienapfel, WK Rz 220 zu § 223 StGB). Dieser Tatbestand erfordert allerdings die Herstellung des verfälschten Beweismittels mit dem Vorsatz, daß es in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht werde. Da aber dem in gekürzter Form ausgefertigten Urteil Feststellungen dazu nicht entnommen werden können, fehlt es an einem für eine abschließende rechtliche Tatbeurteilung in Richtung des Vergehens nach § 293 Abs 1 StGB ausreichenden Tatsachensubstrat. Es war daher spruchgemäß mit (auch den Strafausspruch erfassender) Teilaufhebung und Anordnung einer partiellen Verfahrenserneuerung vorzugehen.