JudikaturJustiz12Os123/94

12Os123/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. November 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.November 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.Ebner und Dr.E.Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dietmar R***** wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 18.April 1994, GZ 39 Vr 618/94-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Hauptmann, des Angeklagten Dietmar R***** und des Verteidigers Dr.Pallauf zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Tagessatz zu der in erster Instanz ausgesprochenen Geldstrafe auf 200 (zweihundert) S erhöht.

Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Dietmar R***** wurde des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB schuldig erkannt. Demnach hat er am 22.März 1989 in W***** als Beamter des örtlichen Gendarmeriepostens im Eingangsbuch, somit einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amtes fiel, Tatsachen, nämlich die Erledigung der vier am 15.März 1989 eingegangenen Anzeigen P 946 bis 949/89, fälschlich beurkundet, wobei er mit dem Vorsatz handelte, daß die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis dieser Tatsachen gebraucht werde.

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 9 lit b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Dem zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund vertretenen Beschwerdestandpunkt zuwider ist das Eingangsbuch eines Gendarmeriepostens als öffentliche Urkunde zu beurteilen. Von den durch Beamte in Ausübung ihres Amtes ausgestellten Urkunden zählen zu den öffentlichen Urkunden (im strafrechtlichen Sinn) nur jene, die - im Gegensatz zu schlichten "amtlichen Urkunden" - gerade deshalb, weil sie von einem Beamten kraft seiner Amtsbefugnisse ausgestellt worden sind, ihrer Art, ihrem Inhalt und ihrer spezifischen Zweckbestimmung nach mit erhöhter Bestands-(Beweis )Garantie ausgestattet sind (SSt 53/68 mwN). Dieser Voraussetzung öffentlicher Urkunden im Sinn der §§ 224 und 311 StGB entsprechen grundsätzlich aber auch Unterlagen, die lediglich für den amtsinternen Gebrauch bestimmt sind (EvBl 1977/185; LSK 1979/42 zu § 224 StGB; 10 Os 123/78; 11 Os 190/78; NRsp 1988/67; 14 Os 119/90), umfaßt doch der Schutzzweck dieser Normen auch jenes größere Vertrauen, welches der von einem Beamten errichteten Urkunde von anderen (allenfalls auch vorgesetzten) Beamten oder Dienststellen entgegengebracht wird (Leukauf-Steininger3 § 224 StGB RN 4 b). Die dementsprechend gebotene fallbezogene Prüfung von Art, Inhalt und Zweckbestimmung der den Eingang und den Auslauf (die Erledigung) von Aktenstücken betreffenden Eintragungen in behördlichen Registern, mit denen "freiwillig" geführte Arbeitsbehelfe wie Post- oder Zustellbücher (dazu 14 Os 119/90) insoweit nicht vergleichbar sind, ergibt, daß gerade jene - einen wesentlichen Tätigkeitsnachweis der Behörde gewährleistenden - Vermerke im Hinblick auf ihre Errichtung durch den zuständigen Beamten erhöhtes Vertrauen genießen. Gegen die - durchaus im Sinn der bisherigen Rechtsprechung (SSt 50/42) vorgenommene - Beurteilung der Eintragung von Erledigungen im Eingangsbuch eines Gendarmeriepostens (Gend.Lager-Nr.8) als öffentliche Urkunde bestehen daher ebensowenig Bedenken wie gegen eine analoge Beurteilung solcher Vermerke in gerichtlichen Registern (NRsp 1988/67). Der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Rechtsrüge kommt somit keine Berechtigung zu.

Nicht anders verhält es sich mit der Reklamation mangelnder Strafwürdigkeit der Tat nach § 42 StGB (Z 9 lit b). Danach ist nämlich ein nur mit Geldstrafe, mit nicht mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedrohtes Offizialdelikt unter bestimmten Voraussetzungen, welche kumulativ erfüllt sein müssen, nicht strafbar. Davon erweist sich hier schon die Primärvoraussetzung der geringen Schuld des Täters (§ 42 Z 1 StGB) als nicht verwirklicht, weil von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens hinter dem in der Strafdrohung des § 311 StGB typisierten Unrechts- und Schuldgehalt nicht die Rede sein kann. Hat doch der in Rede stehende Schuldspruch eine Falschbeurkundung nicht etwa nur in einem vereinzelt gebliebenen Fall, vielmehr solche im Zusammenhang mit vier Registereintragungen zu ebensovielen Anzeigen zum Gegenstand. Ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Komponenten mangelnder Strafwürdigkeit bedarf, kommt eine Anwendung des § 42 StGB im konkreten Fall daher nicht in Betracht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 311 StGB unter Anwendung des § 37 StGB sowie Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 29.Jänner 1990, AZ 29 U 461/89 (Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 200 S wegen § 83 Abs 2 StGB), eine Zusatzgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30 S, im Fall der Uneinbringlichkeit 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Dabei wertete es das Tatsachengeständnis, die Unbescholtenheit, das mehrjährige Zurückliegen der Tat in Verbindung mit dem Wohlverhalten seither sowie sinngemäß eine nicht auszuschließende Täterbeeinflussung durch analoge posteninterne Unregelmäßigkeiten als mildernd, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen zweier Vergehen. Auf der Basis des während der Suspendierung des Angeklagten vom Gendarmeriedienst aktuellen Bezuges von 8.000 S monatlich erachtete das Erstgericht die ausgesprochene Zusatzgeldstrafe für insgesamt sachgerecht, deren bedingte Nachsicht jedoch aus spezial- und generalpräventiver Sicht für ausgeschlossen.

Dagegen richten sich die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten. Während die Anklagebehörde unter Hinweis auf die vom Angeklagten (nach seinen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung) nach wie vor ausgeübte Funktion eines Geschäftsführers mit einem (nach der Darstellung im ersten Rechtsgang) monatlichen Einkommen von 15.000 S eine Anhebung der Höhe des Tagessatzes anstrebt, leitet der Angeklagte aus den vorliegend wirksamen Milderungsgründen und den durch seine Suspendierung entstandenen wirtschaftlichen Nachteilen das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für eine bedingte Strafnachsicht ab.

Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu, weil die privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit des Angeklagten und seine damit verbundenen Einkünfte bei der erstgerichtlichen Bemessung des Tagessatzes tatsächlich unberücksichtigt blieben. Ausgehend von der aktenkundigen Höhe des geltend gemachten Zusatzeinkommens und unter Miterwägung seiner nach Lage des Falles anzunehmenden Schwankungen erweist sich die spruchgemäße Anhebung des Tagessatzes als sachgerecht.

Für die vom Angeklagten angestrebte bedingte Nachsicht (selbst bloß eines Teiles) der Strafe blieb demgegenüber vorliegend aus generalwie auch spezialpräventiver Sicht kein Raum, weil mit der wiederholten Tatbegehung im Rahmen eines sensiblen sicherheitsbehördlichen Agendenbereiches und Tatbemäntelungsversuchen des Angeklagten zu Lasten eines Vorgesetzten im Interesse einer ausreichenden Effektuierung des Strafzweckes entsprechend hindernde Beurteilungskomponenten entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtssätze
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