JudikaturJustiz11Os99/14i

11Os99/14i – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. November 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Fatmegyul M***** und Yuliyan I***** wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 104a Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Mai 2014, GZ 41 Hv 9/14p 97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Fatmegyul M***** und Yuliyan I***** jeweils der Verbrechen des Menschenhandels nach § 104a Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB (A./1./ und 2./ [M*****] und A./1./ [I*****]) sowie der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB (D./ [M*****] und F./ [I*****]), ferner der Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 2, Abs 3 StGB idF BGBl I 2004/15 (B./1./ und 2./ [M*****] und B./1./ [I*****]) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (C./), Fatmegyul M***** überdies des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (E./) und Yuliyan I***** weiters des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (G./) schuldig erkannt.

Danach haben in Wien

A./ nachgenannte volljährige Personen unter Einsatz unlauterer Mittel gegen diese, und zwar unter Einsatz von Gewalt und gefährlicher Drohung, unter Ausnützung der Zwangslage, in der sich die Genannten ohne alternative Wohn und Arbeitsmöglichkeit und ohne sonstiges soziales Umfeld im Inland befanden, sowie gegen Annahme oder Gewährung eines Vorteils für die Übernahme oder Übergabe der Herrschaft über diese Personen, mit dem Vorsatz, dass diese sexuell und in ihrer Arbeitskraft durch Prostitutionsausübung ausgebeutet werden, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung

1./ Fatmegyul M***** und Yuliyan I***** in einverständlichem Zusammenwirken als Mittäter angeworben, beherbergt und sonst aufgenommen, indem sie die Genannten gegen Zahlung einer „Ablöse“ von ihren früheren Zuhältern „übernahmen“ und ihnen in ihrer Wohnung Quartier gaben, um sie für sich als Prostituierte arbeiten zu lassen, und zwar

a./ von Oktober 2009 bis August 2012 Stefana D*****, die sie vom gesondert verfolgten Evgeni A***** gegen Zahlung eines Geldbetrags in unbekannter Höhe „übernahmen“;

b./ von Juni 2011 bis Ende Jänner 2012 Sonya Di*****, die sie von einer Zuhälterin gegen Zahlung von 1.000 Euro „übernahmen“;

c./ von November 2011 bis 19. Juli 2013 Tsvetelina Iv*****, die sie von einer Zuhälterin gegen Zahlung eines Geldbetrags in unbekannter Höhe „übernahmen“;

2./ Fatmegyul M***** die Zlatka P*****

a./ für den Zeitraum von etwa zwölf Monaten in den Jahren 2009/2010 angeworben, beherbergt und sonst aufgenommen, indem sie die Genannte von deren früherem Zuhälter Sergey R***** gegen eine „Ablöse“ in unbekannter Höhe „übernahm“ und in ihrer Wohnung einquartierte, um sie für sich als Prostituierte arbeiten zu lassen;

b./ im Jahr 2010 an Sergey R***** weitergegeben, indem sie die Genannte anwies, in weiterer Folge wiederum für diesen als Prostituierte tätig zu sein;

B./ als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung nachgenannte Personen mit dem Vorsatz, sich aus deren Prostitution eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, als deren Zuhälter ausgebeutet, eingeschüchtert und ihnen die Bedingungen der Ausübung der Prostitution vorgeschrieben, indem sie sie zur täglichen Prostitutionsausübung zwangen, ihnen regelmäßig Schläge versetzten, sie veranlassten, sich nach jedem Treffen mit einem Freier zu melden und sich nahezu den gesamten daraus erzielten Erlös übergeben ließen, wobei sie zumindest ab Ende Juni 2011 mehrere solche Personen zugleich ausnützten, und zwar

1./ Fatmegyul M***** und Yuliyan I***** in einverständlichem Zusammenwirken als Mittäter

a./ von Oktober 2009 bis August 2012 Stefana D*****;

b./ von Ende Juni 2011 bis Jänner 2012 Sonya Di*****;

c./ von November 2011 bis 19. Juli 2013 Tsvetelina Iv*****;

d./ von zumindest 8. April 2012 bis November 2012 Perhan Y*****;

2./ Fatmegyul M***** für einen Zeitraum von etwa zwölf Monaten in den Jahren 2009/2010 Zlatka P*****;

C./ Fatmegyul M***** und Yuliyan I***** in einverständlichem Zusammenwirken als Mittäter Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, nämlich die bulgarischen Personalausweise nachgenannter Frauen, mit dem Vorsatz unterdrückt, (US 13:) zu verhindern, dass sie von den berechtigten Inhaberinnen im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache deren Identität und deren Rechts, sich im Schengenraum aufzuhalten, gebraucht werden, indem sie die Urkunden an sich nahmen und bei sich behielten, und zwar

1./ von Oktober 2009 bis zumindest August 2012 der Stefana D*****;

2./ von Ende Juni 2011 bis 4. April 2012 der Sonya Di*****;

3./ von November 2011 bis 19. Juli 2013 der Tsvetelina Iv*****;

D./ Fatmegyul M***** Nachgenannte durch gefährliche Drohung zu Duldungen, die besonders wichtige Interessen der genötigten Personen verletzten, und zwar zur Duldung der Vornahme von Abtreibungen genötigt, indem sie die Genannten dazu aufforderte, ihre Schwangerschaften abzubrechen und ihnen für den Fall der Weigerung wiederholt ankündigte, ihnen Schläge zu versetzen, und zwar

1./ im Oktober 2011 Stefana D*****, sodass diese im fünften Schwangerschaftsmonat eine Abtreibung in Bulgarien vornehmen ließ;

2./ Tsvetelina Iv*****

a./ im Oktober 2012, sodass diese im fünften Schwangerschaftsmonat eine Abtreibung in Bulgarien vornehmen ließ;

b./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt (US 9, 11:) von November 2011 bis 19. Juli 2013, sodass diese eine Abtreibung in Wien vornehmen ließ;

E./ Fatmegyul M***** zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt von Oktober 2012 (US 11:) bis 19. Juli 2013 in einverständlichem Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Mehmet Ib***** die Tsvetelina Iv***** mit Gewalt, indem ihr beide Schläge versetzten, zur Duldung des Beischlafs mit dem Genannten genötigt;

F./ Yuliyan I***** die Sonya Di***** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, und zwar zur Wiederaufnahme der Prostitution genötigt, indem er ihr am 2. April 2012 anlässlich einer zufälligen Begegnung ankündigte, dass ihrer Familie „etwas passieren“ würde, wenn sie nicht sofort mit ihm mitfahre, sie sodann in eine Wohnung brachte und dort zwei Tage lang eingesperrt hielt, sie am 4. April 2012 gemeinsam mit Fatmegyul M***** auf den „Straßenstrich“ im Wiener Prater brachte und dazu aufforderte, dort wiederum für die beiden die Prostitution auszuüben;

G./ Yuliyan I***** durch die im Punkt F./ dargestellte Tat Sonya Di***** widerrechtlich die persönliche Freiheit entzogen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wenden sich die von beiden Angeklagten aus Z 5 und 10, von Fatmegyul M***** zudem aus „Z 9“ und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Fatmegyul M*****:

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Erstgericht die (leugnende) Verantwortung der Angeklagten gar wohl erwogen (US 16 ff); dass es daraus - unter zutreffender Miteinbeziehung der übrigen in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse (US 16) andere Schlüsse zog als die von der Rechtsmittelwerberin gewünschten, stellt keinen Begründungsmangel her (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 421).

Die weitere Kritik, die Tatrichter hätten angeblich dem Standpunkt der Angeklagten günstige, im Rechtsmittel jedoch nicht konkret bezeichnete „Ergebnisse des Beweisverfahrens“ mit Stillschweigen übergangen (Z 5 zweiter Fall), lässt den zur gesetzmäßigen Ausführung dieses (formellen) Nichtigkeitsgrundes gebotenen Aktenbezug (RIS Justiz RS0119422, RS0118316 [T4, T6], RS0124172 [T4, T5, T7]) vermissen. Nach Inhalt und Zielrichtung bekämpft die Beschwerdeführerin (auch) damit nur nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld somit unzulässig die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

Indem die Beschwerde die „Z 9 (Z 10 sowie Z 11)“ des § 281 Abs 1 StPO bloß benennt, ohne diesen Anfechtungskategorien unterliegende Sachverhalte zu behaupten, versäumt sie es, die herangezogenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO) zu bezeichnen (vgl Ratz , WK StPO § 285d Rz 10).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Yuliyan I*****:

Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), die Feststellungen über die Tatbegehung der Beschwerdeführer als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung (Schuldsprüche A./ und B./) seien unbegründet geblieben, hat das Erstgericht (auch) diese Konstatierungen - formal einwandfrei - unter Verwerfung der leugnenden Einlassung der Angeklagten aus den Deponaten der Zeuginnen Stefana D*****, Zlatka P*****, Tsvetelina Iv*****, Sonya Di***** und Dimitrichka H***** sowie den Ergebnissen der im Ermittlungsverfahren durchgeführten Telefonüberwachung abgeleitet (US 16 ff). Auch der von den Tatrichtern gezogene im Rechtsmittel als „Scheinbegründung“ (abermals Z 5 vierter Fall) bemängelte Schluss vom gezeigten Verhalten auf das diesem zugrunde liegende Wissen und Wollen der Angeklagten ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).

Die bloß unter Bezugnahme auf eine nicht weiter begründete (vgl RIS Justiz RS0118429) Kommentarmeinung ( Philipp in WK 2 StGB § 216 Rz 27), dass „§ 216 StGB“ von „§ 104a konsumiert“ werde, vorgetragene Behauptung der Subsumtionsrüge (Z 10), „§ 216 StGB“ wäre nicht neben „§ 104a StGB“ anzulasten, entbehrt der methodengerechten Ableitung aus dem Gesetz. Gleiches gilt für den Einwand, dass die Nötigung und Freiheitsentziehung als Begleittaten des „§ 104a StGB“ zu Unrecht mitverurteilt worden wären. Damit gelangt der geltend gemachte materielle Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 588).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bleibt anzumerken, dass die Tatrichter zutreffend von echter Konkurrenz zwischen den Verbrechen des Menschenhandels nach § 104a Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB (A./1./ und 2./) und (zufolge Annahme auch der Qualifikation des Abs 2 vierter Fall dieser Bestimmung richtig [RIS Justiz RS0121142]:) dem Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 2, Abs 3 StGB (B./1./ und 2./) ausgingen.

Der Tatbestand des Menschenhandels nach § 104a Abs 1 StGB pönalisiert - als Vorbereitungsdelikt (vgl Fabrizy , StGB 11 § 104a Rz 2) - gezielt Verhaltensweisen im Vorfeld der eigentlichen Ausbeutung, und zwar unabhängig davon, ob es später tatsächlich zu der im Zeitpunkt der Handlung beabsichtigten Ausbeutung durch den Täter oder einen Dritten kommt (vgl EBRV 294 BlgNR 22. GP 11).

Daher ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Erstgerichts, jedoch entgegen mehreren (ihre Rechtsansicht jedoch nicht im Sinn der Kriterien für die Annahme von Scheinkonkurrenz [dazu Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 26 und 81] begründenden) Kommentarmeinungen ( Schwaighofer in WK 2 StGB § 104a Rz 17; Philipp in WK 2 StGB § 216 Rz 27; Bertel/Schwaighofer BT I 12 § 104a Rz 7; List , SbgK § 216 Rz 43 sowie Nimmervoll , SbgK § 104a Rz 109) - nicht davon auszugehen, dass das gesamte dem festgestellten Handeln der Angeklagten innewohnende Unrecht allein schon durch die Subsumtion unter den Tatbestand des § 104a Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB erfasst wird. Vielmehr ist zwischen den Tathandlungen einerseits des § 104a Abs 1 StGB sowie anderseits des § 216 Abs 2 StGB nicht ein solches kriminologisches Naheverhältnis auszumachen, von dem angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber es bei Aufstellung der Strafsätze ausreichend berücksichtigt habe (vgl Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 57 sowie 58, 66 und 68; 11 Os 94/14d).

Von einer Beurteilung des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB (D./ und F./) oder des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (G./) als typische „Begleittat“ (zu den Voraussetzungen dieser Form der Konsumtion Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 58 ff) eines Verbrechens des Menschenhandels nach § 104a Abs 1, Abs 4 StGB (A./) hinwieder ist vorliegend schon deshalb keine Rede, weil sich die von den Schuldsprüchen A./ einerseits sowie D./ (betreffend M***** ), F./ und G./ (betreffend I***** ) anderseits erfassten Verhaltensweisen der Angeklagten nach den Feststellungen des Erstgerichts als voneinander getrennte Handlungskomplexe darstellen.

Da die zwei Tage währende Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit des Opfers (G./) deutlich über das zur Verfolgung des (weiteren) verpönten Zwecks, dieses (zudem nicht bloß dadurch, sondern auch durch gefährliche Drohung) zur Wiederaufnahme der Prostitution zu zwingen (F./), erforderliche Maß hinausging, ist auch die erstgerichtliche Annahme echter Idealkonkurrenz zwischen dem Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs 1 Z 3 (dritter Fall) StGB und dem Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB rechtsrichtig erfolgt (RIS Justiz RS0093064 [T4], RS0090763 [T3]).

Schließlich bleibt darauf hinzuweisen, dass nicht nur § 104a Abs 1, Abs 4 StGB und § 216 Abs 2, Abs 3 StGB, sondern auch § 201 Abs 1 StGB mit dem (am 1. August 2013 in Kraft getretenen) Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013, BGBl I 2013/116, geändert wurde und die (daher) im Urteilszeitpunkt geltenden Fassungen der beiden zuletzt genannten Bestimmungen (des § 216 Abs 3 StGB zufolge Erhöhung des Strafrahmens von bis zu drei Jahren auf sechs Monate bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und des § 201 Abs 1 StGB zufolge nunmehriger Strafuntergrenze von einem Jahr) im Unterschied zu jener des (ohne Veränderung des Strafrahmens und in seiner fallkonkreten Gesamtauswirkung auch sonst nicht ungünstiger [vgl Höpfel/U. Kathrein in WK 2 StGB § 61 Rz 13]) neu gefassten § 104a Abs 1, Abs 4 StGB gegenüber den im Tatzeitpunkt geltenden jeweils ungünstiger sind. Den nach § 61 Abs 1 zweiter Satz StGB bei Realkonkurrenz (wie hier) je gesondert ( Höpfel/U. Kathrein in WK 2 StGB § 61 Rz 15; vgl RIS Justiz RS0112939) vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich hat das Erstgericht aber nur in Bezug auf jene Strafgesetze angestellt, welche auf die von den Schuldsprüchen A./ und B./ erfassten Taten anzuwenden sind (vgl US 21, 23), und diese zutreffend - § 104a Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB idgF sowie § 216 Abs 2, Abs 3 StGB idF BGBl I 2004/15 subsumiert, während es die Tat laut Schuldspruch E./ verfehlt - der aktuellen Fassung des § 201 Abs 1 StGB unterstellte (vgl US 26). Zu amtswegiger Wahrnehmung der darin gelegenen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO; vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 653, § 288 Rz 36) besteht jedoch kein Anlass: eine unrichtige Subsumtion benachteiligt die Angeklagte nicht ohne weiteres im Sinne des § 290 StPO ( Ratz , WK-StPO § 290 Rz 22 ff; jüngst 11 Os 101/14h).

Der durch die als Folge dieses Rechtsfehlers nach § 201 Abs 1 StGB idgF (anstatt nach § 104a Abs 4 StGB) vorgenommene Bemessung der über die Angeklagte M***** verhängten Strafe (US 6) bewirkten eine amtswegige Maßnahme ebensowenig erfordernden Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO kann im Rahmen der Berufungsentscheidung Rechnung getragen werden. Dabei besteht nämlich in Ansehung der aufgezeigten Gesetzesverletzungen keine (der genannten Angeklagten zum Nachteil gereichende) Bindung des Oberlandesgerichts an den erstgerichtlichen Ausspruch über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS Justiz RS0118870; Ratz , WK StPO § 290 Rz 27a).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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