JudikaturJustiz10ObS252/97z

10ObS252/97z – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. August 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Danzl als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Divr.Mag.Dr.Gerhard Fuchs (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Ernst Löwe (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr.Herbert P*****, vertreten durch Dr.Stefan Hornung, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Salzburger Gebietskrankenkasse, 5020 Salzburg, Faberstraße 19-23, vertreten durch Dr.Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Kostenersatz (S 54.558,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.April 1997, GZ 11 Rs 8/97v-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 8.Oktober 1996, GZ 18 Cgs 135/96b-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Kostenrekurs wird zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Revision des Klägers keine Folge gegeben. Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Bei der beim Kläger mitversicherten Gattin wurden in der Zeit vom 16.3.1995 bis 11.5.1995 Zahnersatzarbeiten im Oberkiefer und in der Zeit vom 15.9.1995 bis 3.1.1996 weitere Behandlungen im Unterkiefer durchgeführt, und zwar wurde im Unterkiefer ein festsitzender, aus 12 Elementen bestehender Zahnersatz eingesetzt. Zu der für die Zahnersatzarbeiten im Oberkiefer auf S 94.988,40 lautenden Rechnung leistete die beklagte Partei einen Zuschuß von S 16.759,20; für die Leistungen im Unterkiefer gewährte die beklagte Partei keinen Kostenersatz. Nach ihrer Satzung 1982 hätte sie hiezu einen Kostenzuschuß von S 12.000,-- zuzüglich 20 % USt zu leisten gehabt. Die Maßnahmen für den Zahnersatz bei der Gattin des Klägers waren grundsätzlich notwendig, jedoch nicht in Form eines festsitzenden Zahnersatzes; vielmehr wäre eine Sanierung auch durch abnehmbaren Zahnersatz möglich gewesen, die Sanierung durch festsitzenden Zahnersatz war jedoch zweckmäßiger.

Mit dem bekämpften Bescheid vom 3.5.1996 wies die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Teilkostenersatz für den festsitzenden Zahnersatz (Zahnkronen) für seine mitversicherte Angehörige ab. In der Begründung des Bescheides wird ausdrücklich darauf Bezug genommen, daß hiebei über das "Teilkostenersatzbegehren" des Versicherten im Zusammenhang mit der Anfertigung eines festsitzenden Zahnersatzes im Unterkiefer der mitversicherten Gattin im Zeitraum 15.9.1995 bis 3.1.1996 laut Privathonorar des Zahnarztes Dr.V***** in Höhe von S 109.116,-- entschieden worden sei.

Mit seiner Klage stellte der Kläger das Begehren, ihm Zuschüsse zu den Kosten des Zahnarztes im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen.

Das Erstgericht wies das (von Amts wegen modifizierte) Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger einen Teilkostenersatz für festsitzenden Zahnersatz (Zahnkronen) für seine mitversicherte Angehörige aufgrund der Zahnersatzarbeiten des Facharztes für Zahnheilkunde Dr.V***** im Zeitraum 15.9.1995 bis 3.1.1996 im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich - zusammengefaßt - dahin, daß Zahnbehandlung und unentbehrlicher Zahnersatz gemäß § 153 iVm § 121 ASVG als Pflichtleistung unter Kostenbeteiligung des Versicherten zu gewähren seien; die konkrete Ausgestaltung dieser Leistungen sei den Sozialversicherungsträgern überlassen und in deren Satzungen festzulegen. Im gegenständlichen Fall sei für die Oberkieferbehandlungen die Satzung der beklagten Partei aus dem Jahre 1982 idF des Jahres 1993 maßgeblich, für die Sanierungskosten im Unterkiefer hingegen jene aus dem Jahre 1995. Für einen festsitzenden Zahnersatz ohne (wie hier) medizinische Notwendigkeit bestehe keine Kostenübernahmepflicht.

In der mündlichen Berufungsverhandlung modifizierte der Kläger nach Erörterung sein Leistungsbegehren dahingehend, daß dieses betraglich auf die Hälfte der bezahlten Honorarnote des genannten Zahnarztes in Höhe von S 109.116,-- auf restlich S 54.558,-- eingeschränkt wurde. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers hierauf keine Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger einen Teilkostenersatz von S 54.558,-- für festsitzenden Zahnersatz (Zahnkronen) für seine mitversicherte Ehefrau aufgrund der Zahnersatzarbeiten des Facharztes für Zahnheilkunde Dr.V***** im Zeitraum vom 15.9.1995 bis 3.1.1996 zu gewähren, abwies. Es sprach weiters aus, daß der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen habe und die ordentliche Revision zur (erheblichen) Rechtsfrage, welche Satzung der beklagten Partei anzuwenden sei, zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Mangels medizinischer Notwendigkeit für einen festsitzenden Zahnersatz im Unterkiefer hätte Anspruch nur auf Sachleistung eines abnehmbaren Zahnersatzes mit Zuzahlung bestanden, wobei auch die Anwendung der Satzung 1995 zu Recht erfolgt sei; gegen diese bestünden auch keine Bedenken hinsichtlich ihrer Gesetzmäßigkeit. Auch die Versicherungsleistung des Zahnersatzes sei am Kriterium, daß das Maß des Notwendigen nicht überschritten werden dürfe, zu messen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem primären Antrag, dieses im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Des weiteren wird angeregt, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmung des § 39 sowie des Anhanges 1 der Satzung der beklagten Partei 1982 idF 1993 beantragen, für den Fall der Anwendung der Satzung 1995 jedoch deren präjudizieller Bestimmungen der §§ 32, 35 und ebenfalls Anhang 1. Schließlich wird auch die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes bekämpft und beantragt, in Stattgebung des "Kostenrekurses" die Verfahrenskosten aller Instanzen nach Billigkeit zu ersetzen.

Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist - mit Ausnahme des "Kostenrekurses", weil eine Anfechtung der Kostenentscheidung des Gerichtes zweiter Instanz auch in Sozialrechtssachen generell ausgeschlossen ist (SSV-NF 5/37, 8/115 = SZ 67/215, 10 ObS 2397/96i), weshalb dieser als unzulässig zurückgewiesen werden mußte - zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat hiezu folgendes erwogen:

1.) Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Die klagende Partei hat selbst in der Streitverhandlung vom 8.10.1996 außer Streit gestellt, daß bei ihrer mitversicherten Gattin eine Sanierung durch abnehmbaren Zahnersatz möglich gewesen wäre, jene durch festsitzenden Zahnersatz jedoch zweckmäßiger war; der Inhalt dieser Außerstreitstellung wurde von der beklagten Partei ihrerseits außer Streit gestellt. Dieses (somit beiderseitige und ausdrückliche) Zugeständnis war daher bereits vom Erstgericht und ebenso auch vom Berufungsgericht ungeprüft zugrundezulegen (§ 266 ZPO), was gleichermaßen auch für den Obersten Gerichtshof zu gelten hat (JBl 1990, 590; 2 Ob 28/94), zumal der Kläger auch von Anfang an qualifiziert, nämlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 87 Abs 3 ASGG).

2.) Nach den für den Obersten Gerichtshof ebenfalls maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen war allein bescheid- und damit auch allein verfahrensgegenständlich die kostenrechtliche Beurteilung der geltend gemachten Zahnersatzarbeiten im Unterkieferbereich der mitversicherten Angehörigen im Zeitraum vom 15.9.1995 bis 3.1.1996. Die zeitlich davorliegenden (und nicht geltend gemachten, daher auch nicht vom Bescheid der beklagten Partei erfaßten und demgemäß auch nicht von den Gerichten zu prüfenden) Zahnersatzarbeiten auch im Oberkiefer der Genannten waren nicht Gegenstand des bekämpften Bescheides und sind damit auch nicht Gegenstand des vorliegenden Sozialrechtsverfahrens (§ 71 Abs 1 ASGG). Ob es (bei Nichtbehandlung) in weiterer Folge zu einem Versicherungsfall der Krankheit infolge Erkrankung von Zähnen gekommen wäre, ist nicht Gegenstand der Prüfung. Feststellungsmängel liegen damit zu diesem Fragenkomplex nicht vor.

Die Höhe des offenen (und durch die Einschränkung samt Maßgabebestätigung des Berufungsgerichtes von diesem auch spruchmäßig präzise erfaßten) Klagebetrages bildet dabei im Revisionsverfahren keinen Streitpunkt und wird hiegegen auch von keiner der beiden Parteien etwas ins Treffen geführt.

3.) Satzungen eines Versicherungsträgers dienen nicht nur der Ausgestaltung der Innenorganisation, sondern setzen auch objektives Recht für die Versicherten, Beitragspflichtigen, Anspruchsberechtigten und Leistungsbezieher. Die Satzung ist nach herrschender Auffassung eine Rechtsverordnung (VfGH Slg 3709, 5422; SSV-NF 8/105, 10 ObS 2163/96b; jüngst auch Pfeiffer in Entscheidungsbesprechung ZAS 1997, 119), bei deren Erlassung der Versicherungsträger mehrfach gebunden ist: Selbstverständlich ist die Bindung an das Gesetz (Art 18 Abs 2 B-VG), darüber hinaus sind die verbindlichen Bestimmungen der Mustersatzung zu berücksichtigen (§ 455 Abs 2 ASVG; Tomandl in Tomandl, System 14 f; Pfeiffer aaO). Gemäß § 455 Abs 1 ASVG ist die Satzung (und jede ihrer Änderungen) nach Genehmigung durch den Bundesminister für Arbeit und Soziales in der Fachzeitschrift "Soziale Sicherheit" zu verlautbaren. Diese Verlautbarung erfolgte hinsichtlich der hier in Rede stehenden (neuen) Satzung der beklagten Partei vom 26.4.1995 als Amtliche Verlautbarung Nr 66/1995 in SozSi 6/1995, 512 ff. Zahnbehandlung und Zahnersatz werden dabei in den §§ 32 bis 35 samt Anhängen 1 bis 4 geregelt. Nach § 50 Abs 1 trat diese Satzung gemäß § 31 Abs 9 ASVG am nächstfolgenden Monatsersten, also am 1.7.1995, in Kraft. Gleichzeitig trat die bisherige Satzung vom 10.12.1982 (SozSi 1983, 205 [Amtliche Verlautbarung Nr 31/1983] idF SozSi 1994, 335) außer Kraft; nach § 50 Abs 2 ist die aufgehobene Satzung jedoch weiterhin "auf eingetretene Versicherungsfälle sowie bereits geltend gemachte Leistungsansprüche, die vor ihrer Aufhebung verwirklicht wurden, weiterhin anzuwenden".

§ 120 Abs 1 Z 1 ASVG bestimmt, daß der Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn derselben, das ist des regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes, als eingetreten gilt, der die Krankenbehandlung notwendig macht. Diese Bestimmung findet sich im allgemeinen, mit "Gemeinsame Bestimmungen" übertitelten Abschnitt I des Zweiten Teiles des ASVG betreffend "Leistungen der Krankenversicherung", dessen 5. Unterabschnitt besondere Regelungen über "Zahnbehandlung und Zahnersatz" enthält. Die grundsätzlichen Regelungen für die Krankenbehandlung - speziell § 120 ASVG - sind daher auch auf den Zahnersatz im besonderen anwendbar. Im Lichte der Ausführungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25.6.1992, G 245/91 ua (Slg 13.133 = SozSi 1992, 573), einerseits sowie des dem Verfassungsgerichtshof folgenden Obersten Gerichtshofes in seiner Entscheidung 10 ObS 226/92 (SSV-NF 6/114 = JBl 1993, 467 = DRdA 1993, 294) andererseits ist damit davon auszugehen, daß bei einer Zahnbehanndlung - wie bei jeder anderen Krankenbehandlung - der Versicherungsfall mit dem Zeitpunkt der Notwendigkeit der Kranken(Zahn)behandlung anzunehmen ist. Der Senat erachtet es als sach- und normgerecht, in einem solchen Fall den Versicherungsfall - damit auch im Sinne der zitierten Übergangsbestimmung der Satzung der beklagten Partei - mit dem faktischen Beginn der Behandlung anzusetzen. Würde man hingegen den Versicherungsfall bereits etwa mit dem Beginn der Behandlungsbedürftigkeit ansetzen, obwohl zB ein Versicherter - aus welchen Gründen immer - den (notwendigen) Zahnarztbesuch immer wieder verschiebt, käme es nicht nur zu beträchtlichen Rückwirkungen alten Rechtes, sondern wäre dies auch gegebenenfalls beweismäßig problematisch und damit letztlich auch im Ergebnis nicht befriedigend (also sachgerecht). Den Eintritt des Versicherungsfalles hingegen mit dem Behandlungsbeginn gleichzusetzen, erspart diese Beweisschwierigkeiten, ermöglicht eine klare zeitliche Abgrenzung in der Rechtsanwendung und ermöglicht damit für den Versicherer, den betroffenen Versicherten und schließlich auch die Gerichte (im Rahmen ihrer sukzessiven Zuständigkeit) eine klare sachliche wie rechtliche Zuordnung. Insoweit folgt der Senat damit auch der in der Revisionsbeantwortung der beklagten Partei relevierten Qualifizierung der verfahrensgegenständlichen Zahnersatzarbeiten im Oberkieferbereich einerseits und zeitlich später im Unterkieferbereich andererseits als "teilbare" Leistungen ohne zwingende medizinische wie auch sozialversicherungsrechtliche "Verknüpfung".

Da bescheid- und damit auch gerichtsanhängig lediglich die geltend gemachten Zahnersatzarbeiten des Zahnarztes Dr.V***** im Unterkieferbereich der Gattin der Klägers aus einer zeitlichen Periode sind, die sowohl hinsichtlich ihres Beginnes als auch ihres Endes nach dem angegebenen Inkrafttretensdatums gelegen ist, folgt für den Obersten Gerichtshof somit unbedenklich, daß diese allein verfahrensgegenständlichen Leistungen ab dem 15.9.1995 auch ausschließlich nach dem Leistungskatalog der neuen Satzung zu beurteilen sind.

4.) Die Zahnbehandlung ist gemäß § 153 Abs 1 ASVG - gegen welche Bestimmung der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken der Verfassungswidrigkeit hegte (Slg 13.133 = SozSi 1992, 572) - nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung als Sachleistung (RV 599 BlgNR 7. GP, 59 [zur Stammfassung]) zu gewähren. Zahnbehandlung sowie unentbehrlicher Zahnersatz sind als Pflichtleistung mit Rechtsanspruch gestaltet, wobei jene für letztere nur nach Maßgabe der Satzung zu leisten ist, die "das Nähere" bestimmt (§ 153 Abs 2 letzter Satz ASVG; ausführlich SSV-NF 4/163 = SZ 63/222 = ZAS 1992/12 [zust Binder; derselbe auch in ZAS 1993, 337 ff: Zahnbehandlung und Zahnersatz aus sozialrechtlicher Sicht]; SSV-NF 6/114 = JBl 1993, 467 = DRdA 1993, 294; SSV-NF 9/90). Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß Zahnbehandlung wie Zahnersatz - wie überhaupt jede Krankenbehandlung - ausreichend und zweckmäßig sein müssen, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen (SSV-NF 6/114, 7/22, 7/112 - was im übrigen auch der Revisionswerber selbst als allgemeinen Grundsatz der Krankenbehandlung für diese Art der Sachleistung ausdrücklich als richtig zugesteht: S 8 des Rechtsmittels). Die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Anfertigung des Zahnersatzes der Gattin des Klägers waren medizinisch (auch seitens der beklagten Partei unbedenklich) an sich notwendig, hätten jedoch (so auch vom Kläger selbst ausdrücklich zugestanden und für den Obersten Gerichtshof bindend) auch mittels abnehmbaren Zahnersatzes (medizinisch erfolgreich und damit das Maß des Notwendigen nicht überschreitend) vorgenommen werden können. Nach § 32 Abs 3 zweiter Satz der maßgeblichen Satzung 1995 wird "festsitzender Zahnersatz nur dann erbracht, wenn ein abnehmbarer Zahnersatz aus medizinischen Gründen [um - siehe Abs 2 - "eine Gesundheitsstörung zu vermeiden oder zu beseitigen"; diese Umschreibung entspricht dabei § 32 Abs 2 der Mustersatzung des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom 19.12.1994, kundgemacht Amtliche Verlautbarung Nr 2/1995, SozSi 1995, 33 ff; vgl hiezu auch Kletter, Die Neuregelung von Zahnbehandlung und Zahnersatz in der Mustersatzung 1994, SozSi 1995, 239] nicht möglich ist", wobei im folgenden mehrere (hier allesamt nicht vorliegende und daher auch nicht weiter wiederzugebende) Fallgruppen im einzelnen aufgezählt werden. Der zu leistende Ersatzkatalog für unentbehrlichen Zahnersatz ist in § 35 der Satzung näher aufgeschlüsselt. Für festsitzenden Zahnersatz ohne diese medizinische Notwendigkeit übernimmt die Kasse (beklagte Partei) nach § 32 Abs 3 letzter Satz ihrer Satzung 1995 keine Kosten.

In seiner Entscheidung 10 ObS 174/93, veröffentlicht in SSV-NF 7/112, hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß auf den Zahnersatz bezogen Zweckmäßigkeit dann gegeben ist, wenn die gesetzten Maßnahmen nach dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zum Zeitpunkt der Maßnahme objektiv geeignet waren, die durch das Fehlen von Zähnen oder Zahnstücken bzw durch schadhafte Zähne beeinträchtigten Funktionen des Kauens, Beißens oder Sprechens wiederherzustellen. Das Maß des Notwendigen (als grundsätzliches Ziel einer Krankenbehandlung) bestimmt sich zwar aus dem Zweck der Leistung; notwendig ist jedoch (nur) jene Maßnahme, die zur Erreichung des Zweckes unentbehrlich oder unvermeidbar ist. Es sollen mit dieser Einschränkung nicht unbedingt notwendige und kostenintensive Maßnahmen vermieden und damit die finanzielle Belastung in Grenzen gehalten und damit auch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Krankenbehandlung zum Durchbruch verholfen werden. Bei mehreren gleichermaßen zweckmäßigen Behandlungsmethoden ist jeweils diejenige zu wählen, welche die geringsten Kosten verursacht, bzw bei der die Relation der Kosten zum Nutzen (Heilerfolg) am günstigsten ist. Dieses vom Obersten Gerichtshof auch in anderem Zusammenhang - nämlich bei der Beurteilung alternativ-medizinischer (Außenseiter )Methoden- in den Vordergrund

gerückte Prinzip der Kostenbegrenzung (vgl etwa 10 ObS 52/96 = SSV-NF

10/30 = JBl 1997, 126) ist grundlegend in § 133 Abs 2 ASVG

(betreffend den Umfang einer Krankenbehandlung) verankert; der Senat erachtet es als jedenfalls (entgegen der Argumentation des Revisionswerbers) verfassungsrechtlich unbedenklich, bei einem auch als Pflichtleistung zu erbringenden Zahnersatz zwischen abnehmbaren und festsitzenden zu differenzieren und letzteren unter den gezeigten Gesichtspunkten nur subsidiär für den Fall, daß ein abnehmbarer Zahnersatz aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, zu gewähren. Jedenfalls fehlen für die vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang sogar als "Willkür" und damit Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz qualifizierten Kriterien jegliche Anhaltspunkte. Darauf, daß - unter Zitierung von Printmedienberichten seines Bundeslandes - die gegenüber der früheren Satzungslage (1982) restriktivere Neuregelung seit 1995 "breiten Teilen der Bevölkerung unerklärlich" sei, kann es nicht ankommen. Der Senat hegt weder gegen die §§ 32 und 35 (deren Anfechtung der Kläger überdies nur generell und nicht, soweit für das gegenständliche Verfahren präjudiziell, punktuell anstrebt) noch gegen den Anhang 1 der Satzung (den der Kläger ebenfalls undifferenziert für gesetzwidrig erachtet) an den Verfassungsgerichtshof heranzutragende Gesetzwidrigkeitsbedenken. Hinsichtlich der (ebenfalls zur Anfechtung angeregten) Satzung 1982 fehlt es schon - mangels Anwendbarkeit - am Erfordernis der Präjudizialität.

5.) Wie der Oberste Gerichtshof in seiner mehrfach veröffentlichten Grundsatzentscheidung 10 ObS 194/90 (SSV-NF 4/163 = SZ 63/222) bereits mit ausführlicher Auseinandersetzung auch des gesamten einschlägigen Fachschrifttums ausgeführt hat, ist die Zahnbehandlung nach dem ASVG als Pflichtleistung gestaltet, wobei sich an Ergebnis und Begründungsargumentation auch durch die zeitlich späteren Veröffentlichungen von Kletter (Die höchstgerichtliche "Neuregelung" von Zahnbehandlung und Zahnersatz, in ZAS 1994, 43 ff) bzw Mosler (in Strasser, Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 56 ff) nichts geändert hat, was Zweifel an der Richtigkeit dieser Judikatur erwecken könnte. Während allerdings sonst die Satzung darauf beschränkt ist, in bestimmten Fällen Mehrleistungen gegenüber dem gesetzlichen Standard vorzusehen, wird bei der Zahnbehandlung die Eingrenzung und Konkretisierung des Leistungsanspruches selbst der Satzung übertragen. In der (hier maßgeblichen und bereits weiter oben unter Quellenangabe zitierten) Mustersatzung des Hauptverbandes wird der Leistungsumfang konkretisiert (§ 32) und die Zahnbehandlung im Umfang der Anhänge 1 bis 3 geleistet (§ 32 Abs 1); die Anhänge zählen die Leistungen, die als Sachleistungen erbracht werden oder für die ein Kostenzuschuß geleistet wird, einzeln auf. Unentbehrlicher Zahnersatz hingegen kann nach § 153 Abs 2 ASVG unter Kostenbeteiligung des Versicherten gewährt werden (so auch § 35 Abs 1 und 2 der Mustersatzung, soweit nicht ein anderweitiger Anspruch etwa aus gesetzlicher Unfallversicherung besteht, was hier nicht zutrifft). Anders als Zahnbehandlung muß Zahnersatz nach dem bereits mehrfach zitierten § 153 Abs 2 ASVG nicht als Sachleistung erbracht werden; die Satzung kann vielmehr auch anstelle der Sachleistung (bloße) Zuschüsse zu den Kosten des Zahnersatzes vorsehen. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist der Gestaltungsspielraum der Versicherungsträger hiebei zwar insofern eingeschränkt, als auch die Zuschußleistung noch den Begriff der Kostenbeteiligung entsprechen müsse (Slg 13.571, welche Entscheidung ebenfalls einen festsitzenden Zahnersatz betraf), allerdings wird die Satzung - wie bereits weiter oben ausgeführt - hiedurch nicht gehindert, unter dem Gesichtspunkt des Kostenargumentes derartige Ersatzleistungen auf den unbedingt notwendigen Zahnersatz zu beschränken, sodaß die beklagte Partei die Beschränkung auf - außer bei medizinischer Notwendigkeit - abnehmbaren Zahnersatz durchaus zulässigerweise (und ohne hiedurch verfassungsrechtliche Bedenken auszulösen) vornehmen durfte. Da im konkreten, zur Prüfung anstehenden Fall die Gattin des Klägers nur einen festsitzenden Zahnersatz ohne medizinische Notwendigkeit (im weiter oben definierten Sinne) beanspruchte und auch eingesetzt erhielt, mangelte es vorliegendenfalls somit tatsächlich an einer Anspruchsvoraussetzung nach § 133 ASVG iVm den bereits wiedergegebenen Paragraphen der maßgeblichen Muster - bzw Ausführungssatzung.

In der Abweisung des (modifizierten/eingeschränkten) Klagebegehrens durch das Berufungsgericht, dessen rechtliche Beurteilung der Oberste Gerichtshof billigt, ist eine rechtliche Fehlbeurteilung sohin nicht zu erblicken.

Der Revision des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Rechtssätze
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  • RS0108530OGH Rechtssatz

    23. Oktober 2012·3 Entscheidungen

    Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, bei einem auch als Pflichtleistung zu erbringenden Zahnersatz zwischen abnehmbarem und festsitzendem zu differenzieren und letzteren unter bestimmten Gesichtspunkten nur subsidiär für den Fall, dass ein abnehmbarer Zahnersatz aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, zu gewähren.