JudikaturJustiz10Ob26/01y

10Ob26/01y – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred M*****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Cäcilia B*****, vertreten durch Dr. Gerald Hauska und Dr. Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 300.000 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. November 2000, GZ 4 R 262/00m-42, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach der auch vom Kläger in seiner Revisionsschrift zitierten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes können Gläubiger der Gesellschaft mbH, die für ihre Forderungen im Vermögen der Gesellschaft keine oder keine zureichende Deckung gefunden haben, den oder die Geschäftsführer der Gesellschaft mbH nach allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts (§§ 1293 ff ABGB) auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen, den ihnen die organschaftlichen Vertreter durch schuldhafte Verletzung von gerade auch zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Gesetze zugefügt haben (SZ 67/128; SZ 59/1; RdW 1984, 42 jeweils mwN uva; RIS-Justiz RS0023887). Bei Verletzung eines Schutzgesetzes fordert die ständige Rechtsprechung keinen strengen Beweis des Kausalzusammenhanges. Diese Rechtsprechung darf allerdings nicht dahin verstanden werden, dass im Falle einer Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinn des § 1311 ABGB die Vermutung bestehe, die Verletzung des Schutzgesetzes sei für den Eintritt des Schadens ursächlich gewesen (keine Umkehrung der Beweislast). Es kann jedoch ein Beweis des ersten Anscheins dafür sprechen, dass der von dieser Norm zu verhindernde Schaden durch dieses Verhalten verursacht wurde (RIS-Justiz RS0027517; vgl auch Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 29 ff zu § 1311 mwN ua).

Im vorliegenden Fall wurde die vom Kläger in erster Instanz geltend gemachte Haftung der Beklagten wegen einer solchen Schutzgesetzverletzung vom Berufungsgericht verneint. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht wird auch in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen. Soweit in der Revision erstmals ein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 4 Abs 1 BWG bzw § 4 Abs 1 KWG sowie die damit korrespondierende Strafbestimmung des § 98 Abs 1 BWG (§ 34 Abs 2 KWG) geltend gemacht wird, ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten, dass sich der hiefür behauptungs- und beweispflichtige Kläger auf eine solche Schutzgesetzverletzung in erster Instanz nicht berufen und in dieser Richtung auch kein Sachvorbringen erstattet hat. Es ist daher der erst im Revisonsverfahren geltend gemachte Vorwurf der für den Betrieb von Bankgeschäften fehlenden Konzession nicht zu prüfen (vgl 7 Ob 610/85 ua; RIS-Justiz RS0059566).

Über den Bereich der Schutzgesetzverletzung hinaus kann auch die Verletzung absoluter Rechtsgüter oder die sittenwidrige Schädigung durch die Geschäftsführer deren Haftpflicht begründen (HS XVI/XVII 7). Auch wer bei Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH gegen die Gläubiger gerichtete strafbare Handlungen begeht, haftet den Gläubigern persönlich für den Schaden (SZ 50/75; SZ 42/104 ua; zuletzt 1 Ob 214/99y; RIS-Justiz RS0023677). Eine solche Haftung wurde in der Rechtsprechung beispielsweise beim Verkauf einer fremden Sache, für die ein Aussonderungsanspruch besteht, bei der Veruntreuung der fremden Automatenerlöse aus einem Aufstellungsvertrag oder beim missbräuchlichen Abruf einer Bankgarantie bejaht (vgl Judikaturnachweise bei Reich-Rohrwig, GmbH-Recht2 Bd I Rz 2/495).

Der Kläger legt der Beklagten im Revisionsverfahren noch zur Last, dass die Veranlagung der von ihm eingezahlten Treuhandgelder anonym erfolgt sei und die Juxtenbons, welche die Berechtigung zur Realisierung der anonymen Veranlagungen bei den verschiedenen Wertpapierhäusern geben würden, im Konkursverfahren nicht mehr aufgefunden werden konnten. Diesen Ausführungen hat bereits das Berufungsgericht entgegengehalten, dass nach den Feststellungen nicht erwiesen sei, dass auch die Geldmittel des Klägers - vereinbarungswidrig - anonym angelegt worden seien. Selbst wenn diese Tatsache erwiesen wäre, wäre daraus für den Prozessstandpunkt des Klägers nichts zu gewinnen, weil die Berechtigung zur Realisierung dieser anonymen Veranlagungen durch sogenannte Juxtenbons gegeben gewesen sei und somit zumindest seinerzeit auch die Geldmittel des Klägers mit Hilfe dieser Legitimationspapiere realisierbar gewesen wären. Dass diese Juxtenbons dem Kläger nicht ausgehändigt worden seien, begründe kein vorwerfbares Verhalten, weil die Verfügung über das Treugut der Gesellschaft als Treuhänderin zugestanden sei und diese für diese Tätigkeit die Legitimationspapiere benötigt habe. Wenn nunmehr nach dem am 7. 10. 1997 über das Vermögen der Gesellschaft eröffneten Konkurs diese Juxtenbons nicht mehr aufgefunden werden konnten, könne darin noch keine der Beklagten vorzuwerfende Nachlässigkeit erblickt werden, weil nicht feststehe, dass diese Juxtenbons schon während ihrer bis 15. 6. 1994 dauernden Geschäftsführertätigkeit nicht mehr vorhanden gewesen seien. Der Kläger habe somit ein der Beklagten vorwerfbares kausales Fehlverhalten nicht unter Beweis stellen können.

Demgegenüber vertritt der Kläger nunmehr die Ansicht, dass auf Grund der "Nähe zum Beweis" die Beklagte den Nachweis zu erbringen habe, dass sie die ihr als Geschäftsführerin obliegende Sorgfalt angewendet habe und ihr daher kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden könne.

Nach der allgemeinen Beweislastregel hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen (Rechberger in Rechberger, ZPO2 Rz 11 vor § 266 mwN uva; RIS-Justiz RS0037797). Es obliegt daher dem Schadenersatzkläger, die anspruchsbegründenden Elemente einschließlich des rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten und dessen Kausalität für seinen Schaden in schlüssiger Weise zu behaupten und unter Beweis zu stellen (für die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber Gläubigern der Gesellschaft:

RIS-Justiz RS0059566 uva). Soweit der Kläger unter Hinweis auf die Verpflichtung der Geschäftsführer, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (§ 25 Abs 1 GmbHG), von einer Beweislastumkehr und somit von einer Beweispflicht der Beklagten ausgeht, ist ihm zu erwidern, dass § 25 Abs 1 GmbHG die Verpflichtung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft zum Inhalt hat. Die vom Kläger angestrebte Umkehr der Beweislast im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers gegenüber Gesellschaftsgläubigern ist hingegen abzulehnen (vgl 3 Ob 503/92; Harrer aaO Rz 21 zu § 1298 mwN ua), zumal, wie bereits erwähnt, auch bei Vorliegen einer Schutzgesetzverletzung keine Umkehrung der Beweislast sondern lediglich eine Beweiserleichterung in Form des Anscheinsbeweises in Betracht kommt. Ein solcher typischer Geschehensablauf, der einen Anscheinsbeweis rechtfertigen könnte, liegt jedoch hier nicht vor. Es ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die beiden Juxtenbons des Klägers auch nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit der Beklagten im Juni 1994 im Unternehmen noch vorhanden waren, da sie zur Vornahme von Dispositionen über die Wertpapiere benötigt wurden. Es sind damit aber auch die Voraussetzungen einer Verschiebung der Beweislast wegen der Nähe zum Beweis nicht gegeben, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beklagte nach einer bereits Jahre zuvor erfolgten Beendigung ihrer Geschäftsführertätigkeit die Kenntnisse über den Verbleib dieser Legitimationspapiere zur Verfügung stehen und es ihr daher leicht möglich wäre, die erforderlichen Aufklärungen darüber zu geben.

In der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, es sei kein rechtswidriges und kausales Fehlverhalten der Beklagten ableitbar, das ihre persönliche Haftung als seinerzeitige Geschäftsführerin gegenüber dem Kläger als Gläubiger der Gesellschaft begründen könnte, kann daher keine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden. Damit kommt aber der in den weiteren Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision behandelten Frage, ob das der Beklagten zur Last gelegte Verhalten an sich eine taugliche Rechtsgrundlage für einen Schadenersatzanspruch des Klägers darstellen würde, keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu.

Rechtssätze
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