JudikaturJustiz10Ob14/04p

10Ob14/04p – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 2. Juni 2001 verstorbenen Marie P*****, zuletzt wohnhaft in *****, über den Revisionsrekurs der Erbin Elisabeth P*****, geb. 4. September 1956, *****, vertreten durch Kosch Partner, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. Juni 2003, GZ 16 R 231/03i, 16 R 232/03m 43, womit infolge Rekurses der Erbin gegen die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Baden vom 17. Oktober 2002, GZ 16 A 255/01y 30, diese mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Erstgerichtes ON 30 (Einantwortung) wird dahin abgeändert, dass die Verbücherungsanordnung wie folgt zu lauten hat:

„Aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung wird ob der der Erblasserin zur Gänze gehörenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit den Grundstücken 272/2 Baufläche (begrünt), 273/2 Baufläche (Gebäude), Baufläche (begrünt), 274/3 Baufläche (begrünt) und 408 Baufläche (Gebäude) K*****gasse 7, nachstehende Eintragung vorzunehmen sein:

Die Einverleibung des Eigentumsrechts für Elisabeth P*****, geb. 4. 9. 1956."

Text

Begründung:

Die am 2. 6. 2001 verstorbene Erblasserin hinterließ drei Kinder, und zwar Christel H*****, geb. 4. 10. 1943, Robert P*****, geb. 29. 1. 1951, und Eisabeth P*****, geb. 4. 9. 1956. Der Ehegatte der Erblasserin ist vorverstorben.

Christel H***** hat drei Kinder: Ing. Christian H*****, geb. 21. 12. 1963, Andrea H*****, geb. 16. 7. 1966, und Petra H*****, geb. 10. 1. 1968. Robert P***** hat drei Söhne, und zwar Robert A*****, geb. 26. 5. 1969, Thomas P*****, geb. 26. 3. 1976, und Mario P*****, geb. 10. 6. 1980. Elisabeth P***** hat keine Nachkommen.

Mit notariellem Erbverzichtsvertrag vom 6. 2. 1976 verzichtete Robert P***** auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht auch mit Wirkung auf seine Nachkommen.

Die Erblasserin hinterließ folgende letztwillige Anordnungen (I. und II.):

I.

"B*****, den 4. 5. 1980

Mein letzter Wille!

Im Besitz meiner geistigen Kräfte bestimme ich meinen letzten Willen.

Nach meinem Tode vermache ich mein Haus in B***** K*****gasse 7 und den danebenliegenden Garten mit einer Doppelgarage meinen beiden Töchtern Christl H*****, geborene P*****, geb. 4. 10. 1943, und meiner Tochter Elisabeth P*****, geb. 4. 9. 1956. Mein drittes Kind, meinen Sohn Robert P*****, geb. 29. 1. 1951, habe ich bereits mit der Schenkung meines Hauses E*****straße 43a in B***** erblich abgefunden (Schenkungsurkunde vom 6. 2. 1976 bei Dr.Karl L***** – Notar in Baden).

Das Haus K*****gasse 7 gehört meinen beiden Töchtern zu gleichen Teilen! Je eine große und eine kleinere Wohnung.

Zusatz: 1978 habe ich das Dach in der K*****gasse 7 neu decken lassen und habe meinem Sohn Robert P***** erlaubt, ein Schlafzimmer und Kinderzimmer in der von ihm bewohnten Mansardenwohnung dazuzubauen. Das Material dafür habe alles ich bezahlt. Für seine Arbeitsleistung habe ich ihm zehn Jahre freies Wohnen zugesagt. Solange ich lebe bezahle ich für ihn auch die Betriebskosten, Heizung und Strom. Dafür hält er mir Garten und Heizungsanlage in Ordnung. Sollte ich vor diesen zehn Jahren sterben, hat er trotzdem das Wohnungsrecht bis 1988.

Jedoch sind seine Schwestern nicht verpflichtet, die Betriebskosten für die von ihm bewohnte Mansardenwohnung zu bezahlen.

Außerdem bestimme ich, dass nur die Kinder meiner Kinder erbberechtigt sind.

Sollte meine Tochter Elisabeth P***** ohne Kinder bleiben, falls sie einmal heiraten sollte, ist ihr Mann an diesem Haus nicht erbberechtigt. Dann fällt das halbe Haus an ein Kind ihrer Geschwister, das sie in ihrem Testament selbst bestimmen kann.

Da mein Sohn Robert das geschenkte Haus E*****straße 43 verkauft hat und sich ein Haus in T***** bauen will, ist es unbestimmt, wie lange er in B***** wohnen wird, für seine Schwestern ist es nur von Nutzen, wenn sie ihren Bruder im Haus haben, falls er sich anständig benimmt und mit seinem Können das Haus erhalten hilft.

Ich hoffe, dass meine drei Kinder zusammenhalten und meine Wünsche respektieren!

Ich wünsche mir sehr, dass dieses Haus meine geliebte Heimat, wo ich geboren wurde, meinen Nachkommen erhalten bleibt!

Ich hoffe, dass alles so richtig ist und anerkannt wird!

B*****, den 4. Mai 1980.

Maria P***** geb.S***** H*****

Dieses Testament hat ein Folgetestament, geschrieben am 14. April 1985"

II.

"B*****, den 14. April 1985

Zusatz zu meinem Testament vom 4. 5. 1980.

Im vollen Besitz meiner geistigen Kräfte ist es mein letzter Wille, dass meine drei Kinder zusammenhalten!!!

Meine beiden Töchter müssen ihrem Bruder helfen, da er durch tragische Umstände in Not geraten ist. So bestimme dass die von ihm ausgebaute Wohnung, solange er lebt, sein Eigentum ist. Er, Robert P*****, geboren am 29. Jänner 1951, hat für die Wohnung nur die dafür anlaufenden Betriebskosten zu zahlen! Keinen Zins!!!

Außerdem spreche ich ein Verkaufsverbot für das Haus K*****gasse 7 aus. Nur im Einverständnis aller 3 Geschwister darf es im Notfall verkauft werden. In diesem Fall müssen sie ihrem Bruder 1,000.000, - S abgeben. Oder der Nebengrund ab Grenzstein links von den Garagen geht in seinen Besitz über. Dies ist der Grund, den ich von Walter B***** per Schenkung übernommen habe. Es ist alles im Grundbuch und beim Notar P***** festgelegt!

B*****, den 14. April 1985

Eure Mutter Maria P***** geborene S***** H*****

Im Protokoll vom 10. 10. 2001 (ON 9, AS 29), hielt der Gerichtskommissär unter anderem fest, dass die letztwilligen Anordnungen nur Legate, jedoch keine Erbseinsetzungen enthielten, sodass wegen des Erbverzichtes von Robert P***** die gesetzliche Erbfolge einzutreten habe, derzufolge Christel H***** und Elisabeth P***** je zur Hälfte des Nachlasses zu Erben berufen seien. Die Tochter Christel H***** erklärte, sich ihres gesetzlichen Erbrechtes mit Wirkung auf ihre Nachkommenschaft zu entschlagen und das Legat (Haus B***** K*****gasse 7) nicht anzunehmen. Auch ihre Kinder Ing. Christian H*****, Andrea H***** und Petra H***** gaben Erklärungen wie Christel Haage ab (AS 31). Robert A***** gab zu Protokoll, als Substitutionslegatar das Substitutionslegat nicht anzunehmen (AS 32). Letztlich wurde noch festgehalten, dass infolge der Erbsentschlagungserklärung der Tochter Christel H***** aufgrund des Gesetzes Elisabeth P***** zur Alleinerbin berufen sei, ein Antrag auf Bestellung eines Posteritätskurators für die noch nicht geborene Nachkommenschaft im Sinne der letztwilligen Substitutionsbestimmungen gestellt werde und von Amts wegen ein Verlassenschaftskurator zu bestellen sei.

Mit Beschluss vom 29. 10. 2001 (ON 11) nahm das Erstgericht die angeführten Erklärungen zur Kenntnis, bestellte für die noch nicht geborene Nachkommenschaft einen Posteritätskurator und setzte einen Verlassenschaftskurator ein.

Am 8. 7. 2002 gab Elisabeth P***** vor dem Gerichtskommissär aufgrund des Gesetzes die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab und erklärte, das ausgesetzte Legat (Haus in B*****, K*****gasse 7) anzunehmen (ON 24, AS 72). Das hierauf errichtete Inventar weist Aktiva von insgesamt EUR 564.728,87, Passiva von EUR 12.394,68 und somit einen Reinnachlass von EUR 552.334,19 aus. Zu den Aktiva zählen Kontoguthaben, Einrichtungsgegenstände, Schmuck und die Liegenschaft mit dem Haus B*****, K*****gasse 7. Die Liegenschaft wurde unter Berücksichtigung des dem Robert P***** testamentarisch eingeräumten Wohnungsrechts (im Schätzwert von EUR 59.468,72) mit EUR 550.531,28 in das Inventar aufgenommen (ON 26).

Mit Beschluss vom 31. 7. 2002 (ON 26) nahm das Erstgericht das Inventar sowie die Erbserklärung der Tochter Elisabeth P***** und ihre Erklärung, das Legat anzunehmen, zu Gericht an und erklärte ihr Erbrecht aufgrund der Aktenlage als ausgewiesen. Weiters wurde der Verlassenschaftskurator seines Amtes enthoben.

Am 17. 10. 2002 fasste das Erstgericht den Mantelbeschluss und erließ die Einantwortungsurkunde, mit der der Nachlass der Tochter Elisabeth P***** aufgrund des Gesetzes zur Gänze eingeantwortet wurde (ON 30). Die Einantwortungsurkunde enthält auch eine Verbücherungsanordnung, wonach ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** (***** B*****, K*****gasse 7) die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Erbin mit der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution im Sinne der letztwilligen Anordnung vom 4. 5. 1980 zugunsten der Nachkommen der Christel H*****, des Robert P***** und der Elisabeth P***** vorzunehmen sein werde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erbin Elisabeth P***** gegen die Anordnung der Verbücherung der fideikommissarischen Substitution nicht Folge und bestätigte die angefochtene Verbücherungsklausel mit der Maßgabe, dass ihr folgende „dem Willen der Erblasserin entsprechende klarere Fassung" gegeben wurde:

„Aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung wird ob der der Erblasserin zur Gänze gehörenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit den Grundstücken 272/2 Baufläche (begrünt), 273/2 Baufläche (Gebäude), Baufläche (begrünt), 274/3 Baufläche (begrünt) und 408 Baufläche (Gebäude) K*****gasse 7, nachstehende Eintragung vorzunehmen sein:

Die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Elisabeth P*****, geb. 4. 9. 1956, mit der Beschränkung des im Testament auferlegten Veräußerungsverbotes zugunsten der Kindeskinder der Erblasserin".

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ging das Rekursgericht im Hinblick auf den Umstand, dass die Zuwendung der Liegenschaft mit dem Haus den größten Teil der Verlassenschaft ausmache, davon aus, dass die letztwillige Anordnung der Erblasserin als gleichteilige Erbseinsetzung zugunsten ihrer beiden Töchter (und nicht nur als Anordnung eines Legats) zu verstehen sei. In der Anordnung, dass „nur die Kinder ihrer Kinder erbberechtigt" seien und das Haus ihren Nachkommen erhalten bleiben solle, liege unzweifelhaft keine fideikommissarische Substitution, weil der Erblasser die Auswahl der Nacherben nicht dem Vorerben überlassen könne. Überlasse er sie dennoch dem Vorerben, sei diese Anordnung als Auflage in Richtung „Erhaltung des Familienbesitzes" zu beurteilen. Die Erblasserin habe mit ihrer Anordnung der Erbin die Liegenschaft unter der Auflage zugewendet, diese den „Kindern ihrer Kinder" zu erhalten und – von der Ausnahme im Notfall abgesehen – nicht an andere Personen zu veräußern. Diese Auflage sei als auflösende Bedingung anzusehen, deren Nichterfüllung gemäß § 709 ABGB zur Verwirkung des Nachlasses führe.

Solange eine Nichterfüllung der Auflage möglich sei, unterliege der Belastete der Sicherstellungspflicht des § 158 Abs 1 AußStrG. Nach dieser Bestimmung müssten Auflagen mit der entsprechenden Beschränkung des Eigentumsrechts (hier im Form eines Veräußerungsverbots zugunsten der Kindeskinder der Erblasserin) in die öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Rechtswirkung werde auch nicht dadurch beseitigt, dass sich Christel H***** ihres „gesetzlichen" Erbrechtes mit Wirkung auf ihre Nachkommenschaft entschlagen hat, hinsichtlich des Sohnes Robert P***** ein Erbverzichtsvertrag vorliege und Ing. Christian H*****, Andrea H*****, Petra H***** sowie Robert A***** erklärt hätten, das „Legat" bzw. „Substitutionslegat" nicht anzunehmen. Nach dem Wortlaut der Erklärungen liege darin kein Vorausverzicht auf die Stellung als (möglicher) Auflagebegünstigter.

Letztlich sei die Auflage auch nicht unter Bedachtnahme auf § 774 ABGB unwirksam. Diese Bestimmung regle unter anderem, dass der Pflichtteil immer ganz frei bleiben müsse und jede einschränkende Bedingung oder Belastung ungültig sei. Vorweg sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die Rekurswerberin nicht auf den letzten Willen der Erblasserin berufen, sondern aufgrund des Gesetzes zum gesamten Nachlass eine bedingte Erbserklärung abgegeben habe, die auch zur Einantwortung geführt habe. Allein deshalb sei die testamentarisch angeordnete Auflage aber nicht unbeachtlich geworden, weil § 808 ABGB bestimme, dass der Erbe durch Berufung auf die gesetzliche Erbfolge die Erklärung des letzten Willens nicht „vereiteln" könne. Er müsse die Erbschaft entweder aus dem letzten Willen antreten oder ihr ganz entsagen. Eingesetzte Noterben könnten aber auch nur den unbelasteten Erbteil, der ihren Pflichtteil decke, annehmen (§ 808 ABGB letzter Satz). Ob mit dieser Bestimmung dem Noterben ein Wahlrecht dahin eingeräumt werde, dass er das Zugedachte als Erbe annehmen oder als Forderungsberechtigter seinen Pflichtteil verlangen könne, oder ob diese Regelung dahin zu verstehen sei, dass er das Zugedachte als Pflichtteil nehmen müsse und nur die unbequeme Mehrzuwendung ausschlagen könne, sei nicht zu erörtern, weil die Rekurswerberin weder die eine noch die andere Vorgehensweise gewählt habe. Nach ihrem eigenen Rekursvorbringen eigne sich die Zuwendung wegen der Auflage nicht zur Pflichtteilsdeckung, d.h. die Belastung könne nicht auf die Mehrzuwendung beschränkt werden, sodass sie unteilbar sei. In einem solchen Fall wäre es der Rekurswerberin freigestanden, das Zugedachte auszuschlagen und den Geldpflichtteil zu verlangen. Da sie diese Vorgehensweise nicht gewählt habe, sondern vielmehr trotz ihrer Zweifel an der Auslegung der letztwilligen Anordnungen die Einantwortung angestrebt habe, könne sie nicht den Willen der Erblasserin, das Eigentumsrecht an der Liegenschaft zu beschränken, durch Bekämpfung der Auflage in der Verbücherungsklausel beseitigen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige im Hinblick auf den Einheitswert der Liegenschaft von EUR 26.743,60 den Betrag von EUR 20.000, .

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, da der von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bisher unbeantworteten Rechtsfrage, ob eine letztwillig angeordnete Auflage auch dann zu verbüchern sei, wenn sich der Erbe entgegen der Bestimmung des § 808 ABGB auf die gesetzliche Erbfolge berufen und diese Erbserklärung (unbekämpft) zur Einantwortung geführt habe, eine über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zukomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Erbin aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass in die Verbücherungsanordnung keine Eigentumsbeschränkung in Gestalt eines Veräußerungsverbots aufgenommen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebung und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Posteritätskurator hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Äußerung zum Revisionsrekurs nicht Gebrauch gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Hinblick auf die vom Rekursgericht angeführten Gründe zulässig; er ist auch berechtigt.

Der Umstand, dass eine in die Einantwortungsurkunde aufgenommene Verbücherungsklausel nur ankündigt, was nach Rechtskraft der Einantwortungsurkunde zu veranlassen sein wird, hindert nicht die Annahme einer Beschwer der Erbin bei ihrer Anfechtung. Abgesehen davon, dass der Erbe grundsätzlich legitimiert ist, im Abhandlungsverfahren ergangene Beschlüsse mit Rechtsmittel zu bekämpfen (EF 39.642 mwN) wird seine Rechtsposition durch die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung der letztwilligen Verfügung wonach es sich bei der Anordnung der Erblasserin um eine bei Verbücherung des Eigentumsrechts einzutragende Auflage handelt - jedenfalls berührt (vgl 6 Ob 313/98t und 9 Ob 103/99h = NZ 2001, 228).

Der vorliegende Fall ist vor allem durch folgende drei Besonderheiten geprägt:

a) Die Erblasserin hat in ihrer letztwilligen Verfügung deutlich dokumentiert, dass die Liegenschaft mit ihrem Heimathaus zunächst an ihre beiden Töchter übergehen und danach im „Familienbesitz" erhalten bleiben soll.

b) Mit notariellem Erbverzichtsvertrag vom 6. 2. 1976 hat der Sohn der Erblasserin, Robert P*****, auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht auch mit Wirkung auf seine Nachkommen verzichtet. Die ältere Tochter Christel H***** erklärte, sich ihres gesetzlichen Erbrechts mit Wirkung auf ihre Nachkommenschaft zu entschlagen und das Legat in Form der Liegenschaft mit dem Haus in B***** nicht anzunehmen. Auch ihre drei Kinder gaben entsprechende Erklärungen ab. Diese Erklärungen sind auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Abhandlungsgericht (anders als später das Rekursgericht) annahm, die letztwillige Verfügung der Erblasserin enthalte keine Erbseinsetzung, sondern nur die Anordnung eines Legats.

c) Als Erbin nach der verstorbenen Marie P***** kommt demnach nur die Revisionsrekurswerberin in Betracht; diese ist nach dem derzeitigen Stand auch die einzige mögliche gesetzliche Erbin. Als Pflichtteilsberechtigter steht ihr gemäß §§ 762 ff ABGB ein Pflichtteil in Höhe von einem Viertel des reinen Nachlasses zu.

Ausgehend davon ergibt sich folgende rechtliche Beurteilung:

1. Die Frage, ob der Erblasser eine Erbseinsetzung oder die Aussetzung eines Vermächtnisses wollte, ist durch Auslegung zu ermitteln. Zu fragen ist dabei, ob der Erblasser den Erben zum Gesamtrechtsnachfolge oder zum Einzelrechtsnachfolger machen wollte, ob er ihn dem direkten Zugriff der Nachlassgläubiger aussetzen und ob er ihm einen direkten Zugriff auf das Nachlassvermögen einräumen wollte oder nicht (RIS Justiz RS0012237, RS0012244). Hinterlässt der Erblasser einer oder mehreren bestimmten Personen alle wesentlichen Stücke seines Vermögens (wobei der Vermögensstand im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung maßgeblich ist, nicht der im Todeszeitpunkt: RIS Justiz RS0014968), so liegt im Zweifel eine Erbseinsetzung und kein Vermächtnis vor (10 Ob 66/99z = SZ 72/179 uva; RIS Justiz RS0012245). Erbe kann somit auch sein, wem nicht ein in Bezug auf das Ganze bestimmter Erbteil, sondern nur einzelne Sachen zugedacht worden sind, wenn der Nachlass zum weitaus überwiegenden Teil oder überhaupt nur aus diesen Sachen besteht (SZ 58/179 uva; RIS Justiz RS0012246). In Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Rekursgerichts, auf die verwiesen werden kann, ist im vorliegenden Fall von einer testamentarischen Erbseinsetzung auszugehen und nicht von der Aussetzung eines Vermächtnisses.

2. Zutreffend hat das Rekursgericht auch eine wirksame fideikommissarische Substitution zugunsten der Enkel der Erblasserin im Hinblick auf § 564 ABGB verneint, weil der Erblasser bei Einsetzung eines Nacherben die Auswahl nicht dem Vorerben überlassen darf (RIS Justiz RS0012394) und den Nacherben wenigstens bestimmbar bezeichnen muss (1 Ob 90/01v = EF 96.880).

3. Überlässt der Erblasser aber die Auswahl dem Vorerben aus einem eingegrenzten Personenkreis (hier: aus den Kindeskindern), wird eine solche Anordnung von der Judikatur - um die letztwillige Verfügung durch Umdeutung wenigstens zum Teil zu retten - als Auflage (Auftrag) iSd §§ 709 ff ABGB beurteilt.

3.1. Die Entwicklung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Frage kann folgendermaßen nachgezeichnet werden:

3.1.1. Der Entscheidung vom 4. 7. 1851, Z. 4354 (GZ 1865, 532), lag zugrunde, dass Th. St. seine Tochter zur Universalerbin einsetzte, ihr aber auftrug, den Würdigsten unter den Verwandten seines Namens (St.) zu wählen und diesem den ganzen ihr angefallenen Nachlass „im Namen des Erblassers für den Fall ihres Ablebens zu verschreiben". Die Erbin begehrte, diese letztwillige Anordnung, nämlich die Substitution für ungültig zu erklären. Das Gericht erster Instanz sprach die Ungültigkeit hinsichtlich der dem Pflichtteil entsprechenden Hälfte des Nachlasses aus und die zweite Instanz hinsichtlich des ganzen Nachlasses. Diese Entscheidung wurde vom OGH bestätigt, gestützt auf §§ 564, 608 und 709 ABGB.

3.1.2. In der Entscheidung vom 21. 10. 1960, 3 Ob 353/60 (EvBl 1961/1), ging es um die substitutionsbehördliche Genehmigung eines Übergabsvertrages, nachdem das Grundbuch, in dem die fideikommissarische Substitution angemerkt war, die Einverleibung wegen des Mangels der substitutionsbehördlichen Genehmigung verweigert hatte. Der OGH sprach aus, dass der Erblasser die Auswahl des Nacherben nicht dem Vorerben überlassen kann; tue er es dennoch, dann liege in dieser Verfügung keine fideikommissarische Substitution, sondern nur eine Auflage. Liege aber eine fideikommissarische Substitution nicht vor, könne über den Antrag auf substitutionsbehördliche Genehmigung nicht meritorisch entschieden werden. Dass die Eigentumsbeschränkung anlässlich der grundbücherlichen Anmerkung fälschlich als fideikommissarische Substituton bezeichnet worden sei, ändere nichts an dem Ergebnis, weil es sich hier um eine unrichtige Grundbuchseintragung handle, die nicht eine nicht bestehende fideikommissarische Substitution schaffen könne (kritisch zu dem Ergebnis Kletecka , Ersatz- und Nacherbschaft [1999] 167 f].

3.1.3. Auch in den beiden folgenden Entscheidungen vom 19. 2. 1969, 5 Ob 43/69 (Grundbuchsache) und vom 4. 1. 1972, 5 Ob 334/71, ging es jeweils um das Vorliegen einer fideikommissarischen Substitution. Eine solche wurde in der ersten der beiden angeführten Entscheidungen verneint, weil die Erblasserin keinen bestimmten Nacherben ernannt, sondern die Auswahl der Erben ihrem Neffen überlassen habe. Gegenstand der zweiten Entscheidung war wiederum die Frage der Behandlung eines Antrags auf substitutionsbehördliche Genehmigung eines Vertrages, obwohl keine als fideikommissarische Substitution anzusehende Nachfolgeregelung vorlag.

3.1.4. Die Entscheidungen vom 4. 6. 1975, 8 Ob 112/75 (NZ 1977, 78) und vom 3. 7. 1986, 8 Ob 582/86 (NZ 1987, 130) verneinten jeweils eine Beteiligtenstellung (bzw Rekurslegitimation) eines Begünstigten aus der testamentarischen Anordnung einer Nacherbschaft, die nicht als fideikommissarische Substitution, sondern als Auflage qualifiziert wurde. Auch die später ergangene Entscheidung vom 14. 10. 1993, 10 Ob 1517/93 (NZ 1994, 115) ist in diese Gruppe einzureihen.

3.1.5. Unter Berufung auf die dargestellte Vorjudikatur, die - wenn auch in einem anderen Zusammenhang - eine Anordnung, in der die Auswahl des Nacherben (Nachlegatars) dem Vorerben (Vorlegatar) überlassen wird, als Auflage beurteilte, änderte der OGH in seiner Entscheidung vom 28. 10. 1987, 3 Ob 516/87 (SZ 60/225 = RZ 1988, 90/21) eine Verbücherungsanordnung dahin ab, dass die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Erbin unter der Beschränkung durch die Verpflichtung, die Liegenschaft einem ihrer Kinder oder einem der beiden Kinder ihrer Schwester zu erhalten, erfolgen sollte. Der Auftrag der Erblasserin sei als auflösende Bedingung anzusehen, dass durch die Nichterfüllung des Auftrages der Nachlass verwirkt werden solle. Eine solche, als Veräußerungs- und Belastungsverbot anzusehende Auflage sei in die öffentlichen Bücher einzutragen (§ 158 Abs 1 AußStrG). Dieser Standpunkt wurde in der Entscheidung vom 28. 1. 1999, 6 Ob 313/98t, bekräftigt.

3.1.6. Schließlich ließ der OGH (bei Beurteilung der Rechtsmittellegitimation) in der Entscheidung vom 24. 4. 2001, 1 Ob 90/01v, die Frage, ob eine Anordnung, nach der die Auswahl eines Nacherben dem Vorerben überlassen wird, als Auflage betrachtet werden könne, ausdrücklich offen.

3.1.7. Zusammenfassend ergibt sich, dass abgesehen von der Entscheidung vom 4. 7. 1851 - materielle Aussagen zur Verbücherbarkeit einer solchen in Frage stehenden Anordnung als Auflage nur in den Entscheidungen SZ 60/225 und 6 Ob 313/98t getroffen wurden.

3.2. In der neueren Kommentarliteratur ist der Meinungsstand zur Frage, ob die Anordnung, der Vorerbe solle den Nacherben bestimmen, als Auflage wirksam (und zu verbüchern) sei, geteilt. Eccher (in Schwimann, ABGB III2 § 608 Rz 3) verweist auf die Judikatur, während Welser (in Rummel, ABGB I3 §§ 564, 565 Rz 2) das generelle Wirksamlassen als Auflage ablehnt und allenfalls eine Umdeutung in ein Nachlegat einräumt. Er beruft sich dabei auf Kletecka (Die materielle Höchstpersönlichkeit letztwilliger Verfügungen, JBl 1999, 277 ff [284 ff], ebenso Kletecka , Ersatz- und Nacherbschaft [1999] 162 ff), der sich mit der Frage in eingehender Weise befasst hat. Kralik (Erbrecht3 [1983] 266 FN 9) sieht die Ansicht des OGH in NZ 1977, 78, das der Witwe erbvertraglich eingeräumte Recht, aus mehreren Personen einen Nacherben zu bestimmten, sei als Auflage zu beurteilen, als unrichtig an; die Verfügung sei schon wegen § 564 ABGB (Erbseinsetzung durch den Erblasser und nicht durch einen Dritten) unwirksam. Auch Faistenberger (in Gschnitzer, Erbrecht2 [1984] 27) steht der Meinung der Rechtsprechung kritisch gegenüber.

3.3. Da im vorliegenden Fall keine wirksame Anordnung einer fideikommissarischen Substitution vorliegt (siehe oben 2.), kann der testamentarische Auftrag („ Außerdem bestimme ich, dass nur die Kinder meiner Kinder erbberechtigt sind. Sollte meine Tochter Elisabeth P***** ohne Kinder bleiben, ... fällt das halbe Haus an ein Kind ihrer Geschwister, das sie in ihrem Testament selbst bestimmen kann.") nur so verstanden werden, dass die Erbin dazu verpflichtet sein soll, den Nachlass zum Zeitpunkt ihres Todes einer begünstigten Person zu hinterlassen, sei es durch eine Verfügung auf den Todesfall, allenfalls auch in Form gesetzlicher Erbfolge.

Die Rechtsstellung der Erbin wird damit vor allem in zweierlei Richtung tangiert, nämlich

a) inwieweit dadurch ihre Testierfreiheit unzulässigerweise beeinträchtigt ist und

b) ob die ihr zustehende Pflichtteilsdeckung gewährleistet ist (§§ 774, 808 ABGB).

3.4. Nach der Regel des § 610 Satz 1 ABGB ist ein derartiger Eingriff in die Testierfreiheit in eine fideikommissarische Substitution umzudeuten, die aber grundsätzlich einschränkend auszulegen ist (§ 614 ABGB) und im vorliegenden Fall schon mangels Bestimmbarkeit der Nacherben ausgeschlossen ist (siehe oben 2.). Der überzeugenden Ansicht von Kletecka (JBl 1999, 288; ebenso Ersatz- und Nacherbschaft [1999] 163 ff, insb 168 f) folgend (in teilweiser Abweichung von den Entscheidungen SZ 60/225 und 6 Ob 313/98t) ist eine Auflage, mit der außerhalb einer fideikommissarischen Substitution eine Nach erbschaft angeordnet wird, in dem auch hier gegebenen Fall, dass der Tod des Vorerben den „Substitutionsfall" bildet, wegen Eingriffs in die Testierfreiheit des Vorerben als ungültig anzusehen.

Dazu kommt noch folgende Erwägung: Stellt sich nach dem Tod der Revisionswerberin heraus, dass sie die Auflage nicht erfüllt hat, ist der „Nachlass verwirkt" (§ 709 ABGB). In diesem Fall sind aber nicht die Auflagebegünstigten, sondern die im Zeitpunkt des Bedingungseintritts vorhandenen gesetzlichen Erben zu Nacherben berufen ( Kletecka , Nacherbschaft 167), eine Konsequenz, die laut der testamentarischen Nacherbeinsetzung aber nicht eintreten soll.

3.5. Ausgehend von § 651 ABGB, der geringere Anforderungen an das Höchstpersönlichkeitsgebot stellt als eine Nacherbeinsetzung, schlägt Kletecka (JBl 1999, 288 ff; ebenso Ersatz- und Nacherbschaft [1999] 169 ff) zur Rettung der letztwilligen Anordnung unter Hinweis auf § 651 ABGB eine Umdeutung in ein Nachlegat vor, wenn der erblasserische Wille entsprechend gedeutet werden kann, weil sich die letztwillige Anordnung nicht auf den gesamten Nachlass oder einen nach Quoten bestimmten Teil davon bezieht. Auch wenn das „Übermachen eines Hauses" im Regelfall als Aussetzung eines Legats anzusehen ist, wurde bereits oben (unter 1.) dargestellt, dass im vorliegenden Fall in Wahrheit eine Erbseinsetzung vorliegt, weil sich die Anordnung der Erblasserin auf (mehr oder minder) den gesamten Nachlass bezieht. Dass die Revisionsrekurswerberin selbst zu Vermögen kommen könnte und dann über die Liegenschaft mit dem Haus durch Legat verfügen könnte, ist nicht maßgeblich, sondern allein der aktuelle Stand aufgrund der letztwilligen Verfügung der verstorbenen Marie P*****, die eine Erbseinsetzung angeordnet hat, sodass die das Höchtspersönlichkeitsprinzip für Legate abschwächende Bestimmung des § 651 ABGB (dazu Kletecka, JBl 1999, 277 [288 f]) gar nicht zum Tragen kommen kann.

3.6. Die der Revisionsrekurswerberin gesetzte Auflage ist daher als unwirksam anzusehen.

4. Schon auf dieser Grundlage erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt und es kann dahingestellt bleiben, welche Auswirkungen aus dem Umstand resultieren, dass die Revisionsrekurswerberin sowohl pflichtteilsberechtigt als auch einzige verbliebene Erbin ist.

Rechtssätze
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