JudikaturBVwG

W132 2314355-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
14. August 2025

Spruch

W132 2314355-1/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX gesetzlich vertreten XXXX wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien beschlossen:

A)

Die Säumnisbeschwerde wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 13.02.2025, GZ W141 2292522 11/10E, der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (Sozialministeriumservice), vom 16.04.2024, OB: 85897125100092, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass Folge gegeben und ausgesprochen, dass XXXX die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass erfüllt.

2. Dieses Erkenntnis wurde dem gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 18.02.2025 und dem Sozialministeriumservice am 13.02.2025 zugestellt.

3. Mit dem Schriftsatz vom 11.06.2025 – eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2025 – hat der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin eine Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (in der Folge ‚belangte Behörde‘ genannt) eingebracht. Die belangte Behörde sei säumig, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2025 umzusetzen.

3.1. Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes hat das Sozialministeriumservice am 17.06.2025 telefonisch mitgeteilt, dass der Behindertenpass mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ mit Schreiben vom 12.06.2025 und der Parkausweis am 16.06.2025 versandt worden sei. Am 29.07.2025 hat die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht das Begleitschreiben vom 12.06.2025 zur Übermittlung des Behindertenpasses in Kopie übermittelt.

3.2. Mit Schreiben vom 05.08.2025 hat sich der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin neuerlich an das Bundesverwaltungsgericht gewandt, und sich nach dem Verfahrensstand betreffend die Umsetzung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2025 erkundigt.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat den festgestellten Sachverhalt den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht.

Die belangte Behörde hat sich dazu nicht geäußert.

Der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 08.08.2025 eingewendet, dass der Behindertenpass und der Parkauseis im Juni 2025 formlos, ohne begleitenden Bescheid, übermittelt worden seien.

5.Das Bundesverwaltungsgericht hat dem gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin in der Folge mit Schreiben vom 08.08.2025 mitgeteilt, dass gemäß § 45 Abs. 2 BBG dem ausgestellten Behindertenpass Bescheidcharakter zukommt und ein eventuelles Rechtsmittel sohin zum übermittelten Behindertenpass einzubringen gewesen wäre.

Dazu hat der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 08.08.2025 eingewendet, dass er die Information, dass dem ausgestellten Behindertenpass Bescheidcharakter zukommt in Zweifel ziehe. Dadurch, dass der übermittelte Ausweis befristet ausgestellt worden sei, liege eine Schlechterstellung vor, weil das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 13.02.2025 keine Befristung verfügt habe. Er ersuche daher um Prüfung, ob im Sinne einer einheitlichen und transparenten Verwaltungspraxis nicht doch ein formeller Bescheid nachzureichen wäre, um künftige Unsicherheiten zu vermeiden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 13.02.2025, GZ W141 2292522 11/10E, der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (Sozialministeriumservice), vom 16.04.2024, OB: 85897125100092, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass Folge gegeben und ausgesprochen, dass XXXX die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass erfüllt.

Dieses Erkenntnis wurde dem gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 18.02.2025 und dem Sozialministeriumservice am 13.02.2025 zugestellt.

Der Behindertenpass mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ wurde mit Schreiben vom 12.06.2025 und der Parkausweis am 16.06.2025 versandt.

Die Beschwerdeführerin hat die Ausweise im Juni 2025 erhalten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin hat im Schreiben vom 08.08.2025 selbst angegeben, dass der Behindertenpass und der Parkausweis im Juni 2025 übermittelt worden seien.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Zu A)

Gemäß § 73 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 8 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG kann im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in diesem Zusammenhang bereits klargestellt, dass für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde der Zeitpunkt ihrer Erhebung maßgeblich ist. Wurde die Säumnisbeschwerde vor Ablauf der in § 8 VwGVG genannten Frist (bzw einer in einem Materiengesetz davon abweichend vorgesehenen Frist) erhoben, ist sie als unzulässig zurückzuweisen und wird auch nicht nach Ablauf der Frist zulässig, wenn die Behörde weiterhin säumig ist (vgl. VwGH 04.06.2021, Ra 2021/05/0069; 27.11.2018, Ra 2018/08/0225; 15.01.1998 96/07/0096; 28.01.2004, 2003/12/0147).

Zudem kommt es lediglich auf die Erledigung dieses Antrages an und nicht darauf, ob diesem vollinhaltlich, zum Teil oder gar nicht entsprochen wurde (VfGH 22.09.2023, E 1146/2023-15)

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2025, GZ W141 2292522 11/10E wurde dem gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 18.02.2025 und dem Sozialministeriumservice am 13.02.2025 zugestellt.

Die Beschwerdeführerin hat die Ausweise im Juni 2025 erhalten.

Daher hat die belangte Behörde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2025 innerhalb der Entscheidungsfrist gem. § 73 Abs. 1 AVG umgesetzt.

Die Säumnisbeschwerde wurde sohin vor Ablauf der Entscheidungsfrist eingebracht und war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Auch wenn die Säumnisbeschwerde nicht zulässig ist und das Bundesverwaltungsgericht daher nicht in der Sache zu entscheiden hat, steht die Frage nach der Anfechtbarkeit der Befristung im Behindertenpass der Beschwerdeführerin im Raum.

Daher sei in diesem Zusammenhang – lediglich der Vollständigkeit halber – darauf hingewiesen, dass ein Antrag bzw. eine Beschwerde, die ausschließlich auf die Aufhebung der Befristung eines Behindertenpasses gerichtet ist, unzulässig ist.

Der VwGH stellte in einem jüngst ergangenen Erkenntnis vom 14.03.2024, Ro 2021/11/0008, fest, dass weder der Gesetzestext noch die Erläuterungen erkennen lassen, dass nach den genannten Bestimmungen andere Anträge – als Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen sowie auf Einschätzung (und damit auch auf Neueinschätzung) des Grades der Behinderung – an die belangte Behörde zulässig wären. Aus § 42 Abs. 2 BBG kann eine Ermächtigung der Behörde zur Befristung eines Behindertenpasses abgeleitet werden, aber kein Rechtsanspruch – und folglich auch kein Antragsrecht – auf Änderung oder Streichung einer eingetragenen Befristung, wenn sich deren Voraussetzungen ändern oder wegfallen.

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der gegenständliche Beschluss stützt sich hinsichtlich der Fristberechnung sowie des Verspätungsvorhalts auf eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu die Ausführungen unter II. 3. zu A) und weicht nicht von ihr ab. Es ergeben sich aus dem gegenständlichen Verfahren auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen.