JudikaturBVwG

L530 2168462-3 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
30. Juli 2025

Spruch

L530 2168462-3/16E

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias KOPF, LL.M. im Verfahren über die Beschwerde des XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2023, Zl. 1082962210-222144138, in einer Angelegenheit nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.07.2025 den

BESCHLUSS

gefasst:

A)

Das Verfahren wird infolge Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, beantragte mit am 06.06.2022 eingelangtem Antrag die Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG 2005). Er führte zur Begründung seines Antrages aus, dass er „keine Reisedokumente zur Hand“ habe und eine Ausreise deshalb „vorerst nicht möglich“ sei. Er wolle in Österreich arbeiten, um den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2022, ZI. 1082962210-222144138, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 4 FPG 2005 in Verbindung mit § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG 2005 abgewiesen. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, die Beschaffung eines Ersatzreisedokumentes sei dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar. Seine Abschiebung sei nicht aus tatsächlich, von ihm nicht zu vertretenen Gründen unmöglich.

3. Einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30.12.2022, L530 2168462-2/5E, insoweit Folge, als der angefochtene Bescheid behoben wurden. Das Bundesverwaltungsgericht führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, im Antrag den Grund für die begehrte Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z. 1, Z. 2, Z. 3 oder Z. 4 FPG 2005 zu bezeichnen. Die seitens des Bundesamtes vorgenommene Deutung des Antrages entbehre einer aktenkundigen Grundlage, sodass aufgrund Mangelhaftigkeit des Antrages ein Verbesserungsverfahren hätte eingeleitet werden müssen.

4. Der Beschwerdeführer übermittelte in der Folge am 26.01.2023 einen verbesserten Antrag und stützte sein Begehren ausdrücklich auf § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG 2005.

5. Das Bundesamt setzte den Beschwerdeführer mit Note vom 16.03.2023 darüber in Kenntnis, dass die irakische Botschaft in Wien im Jahr 2022 zumindest 23 Ersatzreisedokumente ausgestellt habe. Die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes für rückkehrwillige irakische Staatsangehörige sei möglich und vom Beschwerdeführer eine entsprechende Antragstellung unterlassen worden.

6. Der Beschwerdeführer übermittelte seinerseits am 06.04.2023 eine Bestätigung der irakischen Botschaft in Wien, wonach dem Beschwerdeführer kein irakisches Reisedokument ausgestellt werden könne, da die Botschaft über „kein ausstellendes Reisepasssystem“ verfüge.

7. Mit dem hier angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2023, Zl. 1082962210-222144138, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Duldungskarte neuerlich gemäß § 46a Abs. 4 FPG 2005 in Verbindung mit § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG 2005 abgewiesen. Begründend führte das Bundesamt neuerlich aus, die Beschaffung eines Ersatzreisedokumentes sei dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar. Ein Ersatzreisedokument für die Rückkehr in den Irak könne auch über die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH erlangt werden. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei auch nicht aus tatsächlich, von ihm nicht zu vertretenen Gründen unmöglich.

7. Gegen den dem Beschwerdeführer am 12.05.2023 zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In dieser wird im Wesentlichen vorgebracht, das Bundesamt betreibe selbst ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates und habe den Beschwerdeführer bislang nicht zur Mitwirkung verhalten. Das Bundesamt begründet nicht näher, ob bzw. wann mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates gerechnet werden könne. Der Beschwerdeführer habe seine Mitwirkungspflichten erfüllt und es sei nicht davon auszugehen, dass das Bundesamt ein Heimreisezertifikat erlangen könne. Dem Beschwerdeführer sei daher eine Duldungskarte auszustellen.

Der Beschwerdeführer beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht „zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes“ sowie die Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinn einer Bewilligung des gestellten Antrages auf Erteilung einer Duldungskarte.

8. Zur Vorbereitung der für den 14.07.2025 (auch im verbundenen, ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren L530 2168462-4) anberaumten mündlichen Verhandlung wurden den Parteien des Beschwerdeverfahrens mit Note vom 07.04.2025 aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, hiezu zur Verhandlung schriftlich oder anlässlich der Verhandlung mündlich Stellung zu nehmen.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.07.2025 die beantragte mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seiner rechtsfreundlichen Vertretung sowie einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin für die Sprache Sorani durch.

10. Mit am 25.07.2025 eingebrachtem Schriftsatz erklärte der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung, die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde zurückzuziehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

1.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen, er ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der kurdischen Volksgruppe an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX im irakischen Gouvernement Sulaymaniyah der Autonomen Region Kurdistan geboren und lebte dort bis zur Ausreise. Er ist ledig und hat keine Kinder.

1.2. Nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 17.08.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde im Instanzenzug mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.03.2022, G315 2168462-1/22E, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wider ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei und schließlich gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung in der Folge nicht nach.

1.3. Am 06.07.2022 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 4 FPG 2005, den er nach Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2022, L530 2168462-2/5E, durch Bezeichnung des auf § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG 2005 als Anspruchsgrund verbesserte.

1.4. Am 22.08.2023 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde nicht zugelassen und mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2023, Zl. 1082962210-231628649, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist. Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 nicht eingeräumt (I) und gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 FPG 2005 wider den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreisverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Das bezughabende Verfahren ist zur Zahl L530 2168462-4 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

1.5. Der Beschwerdeführer verfügt über einen am 25.03.2021 abgelaufenen irakischen Reisepass mit der Nummer XXXX im Original. Der Beschwerdeführer verfügt außerdem über einen gültigen irakischen Personalausweis mit der Nummer XXXX und einen gültigen irakischen Staatsbürgerschaftsnachweis mit der Nummer XXXX .

1.6. Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens erklärte der Beschwerdeführer mit am 25.07.2025 eingebrachtem Schriftsatz, die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde zurückzuziehen.

1.7. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Eine formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines vor dem Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, ist in Form eines gesondert anfechtbaren Beschlusses gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG vorzunehmen. Die Einstellung eines Verfahrens ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 30.01.2020, Ra 2019/11/0090).

2.2. Die beschwerdeführende Partei hat mit Schriftsatz vom 25.07.2025 die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde zurückgezogen. Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen und einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen, sodass die Einstellung des Verfahrens ausgesprochen werden muss (VwGH 25.06.2018, Fr 2017/08/0038).

2.3. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen darüber hinaus klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor; das selbst dann, wenn zur Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159).