JudikaturBVwG

L521 2306367-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
05. Februar 2025

Spruch

L521 2306367-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias KOPF, LL.M. über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 13.05.2024, Zl. 100002507702-3H, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Befreiung vom ORF-Beitrag zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei begehrte mit am 24.01.2024 bei der ORF-Beitrags Service GmbH eingebrachtem Antrag die Befreiung vom ORF-Beitrag. Ihrem Antrag schloss die beschwerdeführende Partei Meldebestätigungen aller haushaltszugehörigen Personen, eine Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe, eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice betreffend die Gewährung von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) für den haushaltszugehörigen Ehegatten der beschwerdeführenden Partei sowie diverse Kontoauszüge bei.

2. Mit Note vom 28.02.2024 forderte die ORF-Beitrags Service GmbH die beschwerdeführende Partei zur Vorlage eines Nachweises über den Bezug einer § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung (FMGebO) angeführten Leistung bzw. Beihilfe sowie aktueller Einkommensnachweise sowie weiterer Unterlagen zur Ermittlung des Haushalts-Nettoeinkommens innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages auf.

3. Die beschwerdeführende Partei brachte daraufhin eine Mitteilung der Österreichischen Gesundheitskasse über den Bezug von Kinderbetreuungsgeld in Vorlage.

4. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 13.05.2024 wies die ORF-Beitrags Service GmbH den Antrag „vom 25.01.2024“ auf Befreiung von der Entrichtung des ORF-Beitrages gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) zurück. Begründend führte die ORF-Beitrags Service GmbH aus, die beschwerdeführende Partei habe einen Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage sowie Unterlagen zur Einkommensberechnung nicht nachgereicht.

5. Gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 13.05.2024 richtet sich die am 22.05.2024 eingebrachte und als solche bezeichnete Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, womit erkennbar die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. In der Sache bringt die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, bereits am 29.02.2024 die erforderlichen Dokumente nachgereicht zu haben. Sie beziehe Kinderbetreuungsgeld und erhalte außerdem Familienbeihilfe für drei Kinder. Weitere Einkommensbestandteile lägen nicht vor, sodass auch keine dahingehenden Nachweise vorgelegt werden könnten.

6. Die auf den 22.01.2024 datierte Beschwerdevorlage langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge anknüpfend an den Hauptwohnsitz der beschwerdeführenden Partei der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1. Feststellungen:

1.1. Die beschwerdeführende Partei brachte am 24.01.2024 (in eigenem Namen) einen Antrag auf Befreiung vom ORF-Beitrag für die im Spruch angeführte Anschrift ein. Ihrem Antrag schloss die beschwerdeführende Partei Meldebestätigungen aller haushaltszugehörigen Personen, eine Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe, eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice betreffend die Gewährung von Leistungen nach dem AlVG für den haushaltszugehörigen Ehegatten der beschwerdeführenden Partei sowie diverse Kontoauszüge bei.

1.2. Mit Note vom 28.02.2024 forderte die ORF-Beitrags Service GmbH die beschwerdeführende Partei zur Vorlage eines Nachweises eines in § 47 FMGebO angeführten Befreiungstatbestandes sowie aktueller Einkommensnachweise innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages vom 24.01.2024 auf. Die beschwerdeführende Partei brachte fristgeriecht eine Mitteilung der Österreichischen Gesundheitskasse über den Bezug von Kinderbetreuungsgeld in Vorlage.

1.3. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 13.05.2024 wies die ORF-Beitrags Service GmbH den Antrag der beschwerdeführenden Partei 24.01.2024 (im angefochtenen Bescheid unrichtig 25.01.2024) betreffend Befreiung vom ORF-Beitrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des Aktes Zl. 100002507702-3H der ORF-Beitrags Service GmbH. Der Sachverhalt konnte aufgrund unbedenklicher Urkunden zweifelsfrei festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1 Rechtslage:

3.1.1. Gegen von der ORF-Beitrags Service GmbH erlassene Bescheide ist nach § 12 Abs. 3 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Die ORF-Beitrags Service GmbH hat bei den von ihr geführten Verfahren § 12 Abs. 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 zufolge das AVG anzuwenden.

3.1.2. § 4a ORF-Beitrags-Gesetz 2024 zufolge sind vom ORF-Beitrag auf Antrag jene Beitragsschuldner zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen.

3.1.3. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG berechtigten Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Mängel eines Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind von sonstigen Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche im Lichte der anzuwendenden Vorschriften die Erfolgsaussichten beeinträchtigen, jedoch nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen. Ob es sich bei einer gesetzlich normierten Voraussetzung um einen zur Zurückweisung des Antrags führenden Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG oder um das Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch Auslegung der betreffenden Norm zu ermitteln (VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042 mwN). Ein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG liegt dann vor, wenn ein Anbringen von den für die Partei erkennbaren Anforderungen des Gesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/07/0016).

3.1.4. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen und wird dagegen Beschwerde erhoben, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat allein zu prüfen, ob die inhaltliche Behandlung des Antrags zu Recht verweigert worden ist (statt aller VwGH 21.02.2024, Ra 2023/16/0131).

Mit anderen Worten hat das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob die ORF-Beitrags Service GmbH eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 24.01.2024 zu Recht verweigert hat oder ob die beschwerdeführenden Partei in ihrem Recht auf inhaltliche Entscheidung über ihren Antrag verletzt wurde. Ob die beantragten Befreiungen zu gewähren sind, kann im gegenständlichen Verfahren aufgrund der auf die Frage der Zulässigkeit der Zurückweisung eingeschränkten Kognitionsbefungnis des Verwaltungsgerichtes nicht abschließend geklärt werden.

3.2. In der Sache:

3.2.1. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge regeln die §§ 47 bis 49 FMGebO, auf die § 4a ORF-Beitrags-Gesetz 2024 hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung von den Rundfunkgebühren verweist, nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten hingegen keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre.

Die Anordnung in § 51 Abs. 1 FMGebO, die „gemäß § 50 erforderlichen Nachweise“ anzuschließen, ist angesichts des Umstandes, dass in § 50 FMGebO keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte (VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040). Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst für den Fall des unterbliebenen Nachweises des Vorliegens eines in § 47 FMGebO angeführten Befreiungstatbestandes (VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042).

3.2.2. Folglich bezieht sich die Aufforderung der ORF-Beitrags Service GmbH vom 28.02.2024, Nachweise über das Vorliegen einer im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage vorzulegen, auf keine verbesserungsfähigen Mängel des gegenständlichen Antrages im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG. Die belangte Behörde hätte anstelle eines Mängelbehebungsauftrages die allenfalls erforderliche Nachreichung fehlender Unterlagen im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Antragstellers zu verlangen und in weiterer Folge in der Sache zu entscheiden gehabt, anstatt eine Sachentscheidung zu verweigern. Zu einer Zurückweisung des Antrags vom 24.01.2024 war die belangte Behörde ausweislich der zitieren Rechtsprechung nicht befugt. Dem Verbesserungsauftrag vom 28.02.2024 kann darüber hinaus auch nicht hinreichend konkret entnommen werden, welche näheren Nachweise über das Vorliegen einer im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage die beschwerdeführende Partei hätte vorliegen müssen. Ein Verbesserungsauftrag muss der Rechtsprechung zufolge konkret sein und eine unmissverständliche Aufforderung enthalten, welche Mängel zu beheben sind (VwGH 23.05.2023, Ra 2022/06/0031). Diesem Erfordernis entspricht der Wortlaut des Verbesserungsauftrages nicht, da nur beispielhaft aufgezeigt wird, welche Nachweise vorgelegt werden könnten und der erläuternde Text „Anspruchsgrundlage und Einkommen fehlt zB. Kinderbetreuungsgeld+ Beihilfe, Rezeptgebührenbefreiung von XXXX “ weder sprachlich nachvollziehbar, noch (für eine rechtsunkundige Person) verständlich ist. Der vorliegende Verbesserungsauftrag genügt somit den in der Rechtsprechung konkretisierten Anforderungen nicht, er stellt demnach auch keine taugliche Grundlage für eine spätere Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages dar.

Darüber hinaus fällt ins Gewicht, dass die beschwerdeführende Partei fristgerecht eine Mitteilung der Österreichischen Gesundheitskasse über den Bezug von Kinderbetreuungsgeld in Vorlage brachte. Mit dieser Vorlage intendierte die beschwerdeführende Partei im Zweifel den Nachweis eines Anspruches gemäß § 47 Abs. 1 Z. 7 FMGebO. Die oben dargestellte Formulierung im Verbesserungsauftrag – das Wort „Kinderbetreuungsgeld“ wird ausdrücklich angeführt – legt geradezu nahe, dass dem Verbesserungsauftrag mit der Vorlage der Mitteilung der Österreichischen Gesundheitskasse über den Bezug von Kinderbetreuungsgeld entsprochen wird. Aus der Mitteilung geht auch ziffernmäßig genau hervor, welche Einkünfte die beschwerdeführende Partei monatlich bezieht. Vor diesem Hintergrund erhellt sich nicht, welche weiteren Nachweise oder Unterlagen zur Einkommensberechnung für eine inhaltliche Erledigung des Antrages noch vorzulegen wären. Sollte die belangte Behörde die Rechtsansicht vertreten, dass der vorgelegte Nachweis aus rechtlichen Erwägungen nicht hinreicht, wäre darüber jedenfalls eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen gewesen, auch um den Instanzenzug für eine Entscheidung in der Sache zu eröffnen.

3.2.3. Der angefochtene Bescheid verletzt die beschwerdeführende Partei ausweislich der vorstehenden Erwägungen in ihrem Recht auf Entscheidung in der Sache (VwGH 19.07.2023, Ra 2023/05/0003). Der dagegen erhobenen Beschwerde ist somit gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) iVm § 13 Abs. 3 AVG und § 51 Abs. 1 FMGebO Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Als Folge der Aufhebung des Bescheides tritt das Verfahren in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück und es ist der verfahrenseinleitende Antrag der beschwerdeführenden Partei (wieder) unerledigt.

Die ORF-Beitrags Service GmbH hat das Verfahren unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund weiterzuführen und zu prüfen, ob in Ansehung der beschwerdeführenden Partei die Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht nach dem ORF-Beitragsgesetz vorliegen. In weiterer Folge wird über den Antrag neuerlich – in der Sache – zu entscheiden sein. Dabei wird auch auf das Vorbringen einzugehen sein, dass die beschwerdeführende Partei von der Beitragspflicht im privaten Bereich gemäß § 1 Abs. 4 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 ausgenommen ist.

3.2.4. Die beschwerdeführende Partei wird abschließend gemäß (dem auch im Beschwerdeverfahren anzuwendenden) § 13a AVG darauf hingewiesen, dass beim Bezug von Arbeitslosengeld der Antrag auf Befreiung vom ORF-Beitrag von derjenigen Person gestellt werden muss, die das Arbeitslosengeld bezieht. Die vorgelegte Mitteilung des Arbeitsmarktservice betreffend die Gewährung von Leistungen nach dem AlVG für den haushaltszugehörigen Ehegatten der beschwerdeführenden Partei begründet zwar einen Anspruch des Ehegatten auf Befreiung vom ORF-Beitrag (bei Zutreffen der weiteren Voraussetzungen), nicht jedoch der beschwerdeführenden Partei. Vor dem Hintergrund der die Behörde gemäß § 13a AVG treffenden Belehrungspflicht wäre aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes eine entsprechende Belehrung der beschwerdeführenden Partie schon im Verfahren erster Instanz zweckmäßig gewesen, anstatt einen unverständlichen Verbesserungsauftrag zu versenden.

3.3. Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen darüber hinaus wie hier klar und eindeutig, liegt jedenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor (VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159).