JudikaturBFG

RV/7100511/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
17. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Annika Streicher BA LL.M.(WU) in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertreter***, ***Vertreter-Adr***, über die Beschwerde vom 13. Februar 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 16. Jänner 2024 betreffend Verspätungszuschlag / ESt 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid vom 12.12.2023 wurde die Einkommensteuer 2020 des Bf. im Schätzungswege mit EUR 47.359 festgesetzt. Der Beschwerdeführer (in der Folge "Bf.") erhob am 10.1.2024 Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.1.2024 wurde die Einkommensteuer 2020 des Bf. mit EUR 57.690 neu festgesetzt.

Mit Verspätungszuschlagsbescheid vom 16.1.2024 (in der Folge "angefochtener Bescheid") verhängte das Finanzamt Österreich (in der Folge "belangte Behörde") einen Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer 2020 in Höhe von 3,4 % von EUR 57.690, somit EUR 1.961,46, wegen Nichtabgabe der Steuererklärung.

Mit seiner Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 13.2.2024 beantragte der Bf., den Verspätungszuschlag neu mit EUR 0 festzusetzen. Zur Begründung führte der Bf. aus, die Covid-19-Pandemie habe aufgrund diverser Hilfsprogramme (Kurzarbeit, Umsatzersatz, Verlustersatz, Fixkostenzuschuss, Investitionsprämie, Stundungen etc.) zu einer enorm hohen Arbeitsbelastung seines steuerlichen Vertreters geführt. Zusammen mit der Schwierigkeit, geeignetes Personal zu finden, habe das zu einer verspäteten Abgabe der Steuererklärung geführt. Es handle sich daher um eine entschuldbare Verspätung. Bei der Ausübung des Ermessens in Hinblick auf Festsetzung und Höhe des Verspätungszuschlages sei der kaum vorhandene Grad des Verschuldens zu berücksichtigen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.3.2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, der steuerlich vertretene Bf. habe von der Quotenregelung Gebrauch machen und seine Steuererklärung bis zum 31.3. des zweitfolgenden Jahres einreichen können. Laut BMF-Erlass vom 30.9.2022 sei die Frist für die Abgabe der Jahressteuererklärung 2020 selbst dann gewahrt gewesen, wenn sie bis 31.12.2022 eingereicht worden wäre. Allgemeine Verweise auf Pandemiesituationen könnten nicht zur Rechtfertigung der Verspätung vorgebracht werden, insbesondere wenn drei Fristverlängerungsansuchen (vom 5.10.2022, 5.1.2023 und 1.2.2023) abgewiesen worden seien. Die Festsetzung des Verspätungszuschlages mit 3,4 % betrage etwa ein Drittel des vom Gesetzgeber vorgesehenen Rahmens, angesichts dessen könne keine Rechtswidrigkeit der Ermessensübung erblickt werden.

Mit Vorlageantrag vom 15.4.2024 beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Die belangte Behörde habe die außergewöhnliche Situation, welche die Covid-19-Pandemie im Berufsstand der Steuerberater hervorgerufen habe, nicht ausreichend gewürdigt. Die allgemein gegebenen Verlängerungen der Abgabefristen hätten nur dazu gedient, einen Großteil der durch die Pandemie hervorgerufenen Probleme zu lösen, die verbleibenden Fälle seien jedoch einzelfallmäßig zu behandeln.

Mit Vorlagebericht vom 13.2.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und verwies auf ihr bisheriges Vorbringen. Die Unterlassung der rechtzeitigen Abgabe der Einkommensteuererklärung sei zumindest leicht fahrlässig gewesen, was die Entschuldbarkeit der verspäteten Einbringung ausschließe. Die grundsätzliche Berechtigung zur Verhängung eines Verspätungszuschlages sei damit gegeben. Der Bf. habe die Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung trotz dreimaliger Abweisung seiner Fristverlängerungsansuchen und der damit verbundenen Nachfristen verletzt. Zu den Aufgaben des steuerlichen Vertreters gehöre die Fristenwahrung. Somit könne in der Verhängung des Verspätungszuschlages keine Unbilligkeit erblickt werden.

Am 13.6.2025 wurde antragsgemäß eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. erbringt als Einzelunternehmer seit etwa 20 Jahren IT-Dienstleistungen und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Der Bf. reichte seine Einkommensteuererklärung 2020 am 10.1.2024 ein. Grund für die Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 2020 bis zum 31.12.2022 war ein stark erhöhter zusätzlicher Arbeitsanfall des steuerlichen Vertreters aufgrund von Hilfsprogrammen während der Covid-19-Pandemie (Kurzarbeit, Umsatzersatz, Verlustersatz, Fixkostenzuschuss, Investitionsprämie, Stundungen etc.) zusätzlich zur regulären Steuerberatertätigkeit, verbunden mit der Schwierigkeit, qualifiziertes Personal zu finden.

Der Bf. stellte drei Fristverlängerungsersuchen (am 5.10.2022, 5.1.2023 und 1.2.2023), die von der belangten Behörde allesamt abgewiesen wurden.

Am 12.12.2023 veranlagte die belangte Behörde die Einkommensteuer 2020 des Bf. im Schätzungswege und setzte die Einkommensteuer mit EUR 47.359 fest, aufgrund geleisteter Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von EUR 38.000 ergab sich eine Nachforderung von EUR 9.359.

Erst am 10.1.2024 reichte der Bf. im Zuge der Beschwerdeerhebung gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom 12.12.2023 seine Einkommensteuererklärung 2020 nach. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.1.2024 setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer mit EUR 57.690 fest, so ergab sich eine Nachforderung in Höhe von EUR 10.331.

Mit Bescheid vom 16.1.2024 setzte die belangte Behörde einen Verspätungszuschlag von 3,4 % von EUR 57.690, somit EUR 1.961,46, fest. Begründend führte sie aus, die Festsetzung des Verspätungszuschlages sei aufgrund der Bestimmung des § 135 BAO erfolgt.

In vorhergehenden Steuerzeiträumen wurden über den Bf. keine Verspätungszuschläge verhängt. Im Abgabenkonto des Bf. scheinen in vorhergehenden Steuerzeiträumen jedoch vier Säumniszuschläge (Buchungsdatum 9.11.2021, 9.2.2022, 9.2.2023 und 11.9.2023) auf.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt (Beschwerde, Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag, Auszug aus dem Abgabenkonto), der ergänzenden Befragung im Zuge der mündlichen Verhandlung und sind unstrittig.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Voraussetzung für die Vorschreibung eines Verspätungszuschlags ist zum einen die Fristversäumnis (objektives Kriterium) und zum anderen die fehlende Entschuldbarkeit der Säumnis (subjektives Kriterium). Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen.

Einleitend ist festzuhalten, dass die Begründung des Verspätungszuschlagsbescheides alle für die Ermessensübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen zu enthalten hat (z.B. VwGH 23.5.2007, 2004/13/0073). Da der angefochtene Bescheid als Begründung lediglich den Satz "Die Festsetzung des Verspätungszuschlages erfolgte aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO" enthält, ist diesen Anforderungen nicht Genüge getan. Die belangte Behörde bringt mit diesem schlichten Verweis auf die Ermessensnorm des § 135 BAO die Erwägungen, die ihrer Ermessensübung zugrunde lagen, nicht zum Ausdruck. Dieser Begründungsmangel wurde nach Ansicht des Gerichtes auch durch die Beschwerdevorentscheidung nicht saniert, weil hier als Erwägung für das geübte Ermessen lediglich vorgebracht wird, die Höhe des Verspätungszuschlages betrage mit 3,4 % etwa ein Drittel des vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmens, weshalb keine Rechtswidrigkeit der Ermessensübung gegeben sei. Die schlichte Aussage, dass die gesetzliche Maximalhöhe des Verspätungszuschlages zu etwa einem Drittel ausgenützt worden sei, vermag das geübte Ermessen nicht ausreichend zu begründen. Das Bundesfinanzgericht hat allerdings auch in Ermessensfragen volle Kognitionsbefugnis (VwGH 8.9.2020, Ra 2020/13/0029; 13.10.2022, Ra 2022/13/0090).

Fristversäumnis

Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für u.a. die Einkommensteuer bis zum Ende des Monats April jeden Folgejahres einzureichen. Wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt, sind diese Abgabenerklärungen bis Ende des Monats Juni des Folgejahres einzureichen.

Der mit dem AbgÄG 2023, BGBl I 110/2023, in die BAO eingefügte § 134a BAO, der eine automationsunterstützte Quotenregelung für die Einreichung von Abgabenerklärungen durch steuerliche Vertreter vorsieht, ist gemäß § 323 Abs. 77 BAO erstmalig auf Abgabenerklärungen anzuwenden, die einen nach dem 31.12.2022 endenden Veranlagungszeitraum betreffen und demnach für den vorliegenden Fall nicht maßgeblich.

Vor der Einfügung des § 134a in die BAO basierte die Quotenregelung auf einem gesetzlich nicht gedeckten Erlass des BMF. Das BMF hatte im OHB, Abschnitt 4.2., durch den Erlass vom 2.2.2010, BMF-280000/0016-IV/2/2010, Ausnahmen von der gesetzlichen Frist zur Einreichung von Abgabenerklärungen festgelegt. Demnach mussten im Rahmen der Quotenregelung für Quotenvertreter (insbesondere Steuerberater) Abgabenerklärungen (U1, E1, K1) in fünf Tranchen zu je 20 % Ende Oktober und November des Folgejahres sowie Ende Jänner, Februar und März (bzw. spätestens bis zum 30.4.) des auf das Veranlagungsjahr zweitfolgenden Kalenderjahres eingereicht werden. Speziell für Abgabenerklärungen betreffend den Veranlagungszeitraum 2020 wurde diese Erlassregelung des BMF durch weitere Erlässe des BMF, die Covid-19-bedingte Fristverlängerungen vorsehen, ergänzt. Im BMF-Erlass vom 30.9.2022, 2022-0.698.580, heißt es wie folgt: "Aufgrund der nach wie vor bestehenden Belastungen infolge der COVID-19-Pandemie wird die im OHB Abschnitt 4.2. genannte Toleranzfrist von einem Monat (30. April) auf neun Monate (bis einschließlich 31. Dezember 2022) für die Einreichung der Abgabenerklärungen durch Quotenvertreter/innen für das Veranlagungsjahr 2020 einmalig erstreckt."

Zufristungen aufgrund von BMF-Erlässen führen nicht zu einer Änderung der gesetzlichen Erklärungsfrist (vgl. VwGH 23.2.2010, 2006/15/0092; 25.6.1998, 96/15/0167). Sie schützen allerdings den auf den Erlass vertrauenden Abgabepflichtigen vor der Auferlegung eines Verspätungszuschlages (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 134 Anm 3).

Im vorliegenden Fall ließ der steuerliche Vertreter des Bf. die erlassmäßig erstreckte Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2020 verstreichen und reichte die Abgabenerklärungen erst im Rahmen der Beschwerdeerhebung gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 am 10.1.2024 ein.

Zusammenfassend ist eine Fristversäumnis gegeben.

Fehlende Entschuldbarkeit

Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft. Bereits leichteste Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (z.B. VwGH 20.1.2016, Ro 2014/17/0036, 0037; 13.9.2018, Ro 2016/15/0005); leichte Fahrlässigkeit liegt vor bei Fehlern, die auch einem sorgfältigen Menschen gelegentlich unterlaufen (z.B. VwGH 22.11.1996, 95/17/0112; 4.9.2024, RV/2100184/2024). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (z.B. VwGH 15.6.1993, 93/14/0011); auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (z.B. VwGH 27.9.2012, 2009/16/0098; 26.2.2014, 2012/13/0051). Vorsätzlich handelt, wer die Verwirklichung eines Sachverhalts, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet.

Ein Verschulden des Vertreters ist einem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (z.B. VwGH 21.12.2007, 2004/17/0217; 24.6.2009, 2008/15/0035; BFG 17.10.2024, RV/7101869/2024); in diesem Fall ist der Verspätungszuschlag gegenüber dem Vertretenen festzusetzen (z.B. VwGH 24.6.2009, 2008/15/0035; BFG 17.10.2024, RV/7101869/2024). Bei einem steuerlichen Parteienvertreter, dessen laufende Tätigkeit typischerweise mit Abgabepflichten verbunden ist, ist hinsichtlich der nach den subjektiven Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt ein höherer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige Personen (VwGH 21.11.1995, 95/14/0140; 8.8.1996, 96/14/0072, 0078). Vom steuerlichen Vertreter kann daher umso mehr erwartet werden, dass diesem die geltenden Fristen für die Einreichung von Abgabenerklärungen bekannt sind und er die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zur Einhaltung dieser Fristen trifft.

Die Unterlassung der rechtzeitigen Abgabe der Einkommensteuererklärung 2020 erfolgte nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes unter Berücksichtigung der Umstände des gegenständlichen Falles vorsätzlich. Das ergibt sich zum einen daraus, dass angenommen werden kann, dass dem Bf. und dessen steuerlichem Vertreter die geltende Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2020 bekannt war. Der Bf. übt seine Erwerbstätigkeit, die typischerweise mit Abgabepflichten, insbesondere mit Erklärungspflichten, verbunden ist, seit etwa 20 Jahren aus. Wenn der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter vor Ablauf der erlassmäßig bis 31.12.2022 erstreckten Frist einen Fristerstreckungsantrag an die belangte Behörde richtet, dieser abgewiesen wird und selbst unter diesem Vorzeichen keine Einreichung der Einkommensteuererklärung 2020 erfolgt, geht dieses Verhalten über bloße Fahrlässigkeit hinaus, sondern muss darin Vorsatz erkannt werden. Das schließt die Entschuldbarkeit der verspäteten Abgabenerklärung aus.

Wenn der steuerliche Vertreter des Bf. darauf verweist, dass die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung u.a. auf die durch die Covid-19-Pandemie hervorgerufenen besonderen Umstände zurückzuführen sei, ist dem entgegenzuhalten, dass das BMF den besonderen Belastungen infolge der Covid-19-Pandemie mit der erlassmäßigen Fristerstreckung bis zum 31.12.2022, die der steuerliche Vertreter der Bf. verstreichen ließ, Rechnung trug. Ein erhöhter Arbeitsanfall in Folge der Covid-19-Pandemie ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes kein tauglicher Entschuldigungsgrund (BFG 28.2.2023, RV/7100089/2022; 24.3.2025, RV/2100798/2024).

Als weiteren Grund für die verspätete Einreichung der Abgabenerklärungen führte der steuerliche Vertreter des Bf. Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden, an. Dem ist entgegenzuhalten, dass es zur Sorgfaltspflicht eines berufsmäßigen Parteienvertreters gehört, organisatorisch dafür vorzusorgen, dass Abgabenerklärungen rechtzeitig erstellt und eingereicht werden können (VwGH 19.3.1980, 2047/79; 20.3.1980, 3439/78). Allenfalls könnten Fristversäumnisse eines berufsmäßigen Parteienvertreters infolge unvorhergesehener, unabwendbarer Ereignisse, denen durch übliche und zumutbare organisatorische Maßnahmen nicht entgegengewirkt werden kann, als entschuldbar iSd § 135 BAO beurteilt werden (vgl Stoll, BAO-Kommentar 1531). Die Einstellung geeigneten Personals zur Bewältigung des Arbeitsanfalles in einer Steuerberatungskanzlei ist jedoch unzweifelhaft eine übliche und zumutbare organisatorische Maßnahme. Zum Vorliegen personeller Engpässe hat das Bundesfinanzgericht (17.10.2016, RV/7104782/2016; ebenso 24.7.2019, RV/5101009/2012) zudem bereits die Ansicht vertreten, dass diese keine Entschuldbarkeit von Fristversäumnissen des berufsmäßigen Parteienvertreters begründen. Wenn die personellen (und technischen) Kapazitäten eines berufsmäßigen Parteienvertreters regelmäßig die rechtzeitige Erstellung von Steuererklärungen nicht zulassen, habe der Parteienvertreter "entweder die personellen und technischen Ressourcen hierfür bereitzustellen oder die Zahl seiner Klienten den vorhandenen personellen und technischen Ressourcen anzupassen" (vgl. auch VwGH 14.12.2005, 2001/13/0281).

Für den steuerlichen Vertreter des Bf. wäre es daher nicht nur zumutbar, sondern geradezu geboten gewesen, auch für Krisenzeiten organisatorische Maßnahmen zu treffen, um in der Kanzlei den abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachkommen zu können (s. auch BFG 28.2.2023, RV/7100089/2022).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine Entschuldbarkeit der Fristversäumnis gegeben ist. Die grundsätzliche Berechtigung zur Auferlegung eines Verspätungszuschlages nach Maßgabe des § 135 BAO ist damit gegeben.

Ermessensübung

Bei Zutreffen der in § 135 BAO normierten Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages kann im Rahmen des Ermessens ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (z.B. VwGH 25.6.2007, 2006/14/0054; 11.12.2009, 2009/17/0151; 14.12.2011, 2009/17/0125; 13.9.2018, Ro 2016/15/0005; BFG 6.6.2023, RV/7400031/2023; 24.9.2024, RV/2100583/2023; 17.10.2024, RV/7101869/2024).

Gemäß § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Handhabung des Ermessens ist der Sinn der das Ermessen einräumenden Rechtsvorschrift zu beachten (Ritz, BAO8 § 20 Rz 8). Zu berücksichtigen sind dabei die Zielrichtung des Verspätungszuschlages und Art und Ausmaß der unbestreitbaren Pflichtwidrigkeit.

Zweck des Verspätungszuschlages ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen (z.B. VwGH 12.8.2002, 98/17/0292; 16.11.2004, 2002/17/0267; 11.12.2009, 2009/17/0151; BFG 27.7.2022, RV/2100382/2021; 24.9.2024, RV/2100583/2023) und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (VwGH 13.9.2018, Ro 2016/15/0005; BFG 27.7.2022, RV/2100382/2021; 24.9.2024, RV/2100583/2023; 17.10.2024, RV/7101869/2024). Zudem soll der Verspätungszuschlag nach der Rechtsprechung des VfGH auch den mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen verbundenen zusätzlichen Verwaltungsaufwand abdecken (VfGH 29.6.1985, G 42/85).

Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn es im vorliegenden Fall die Verhängung von Verspätungszuschlägen dem Grunde nach als angemessen erachtete.

Bei der Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von höchstens 10 % der festgesetzten Abgabe sind vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabenpflichtigen, das Grad des Verschuldens und die persönlichen/wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabenpflichtigen zu berücksichtigen (Ritz/Koran, BAO8 § 135 Rz 13 mwN).

Der steuerliche Vertreter des Bf. reichte die Einkommensteuererklärung 2020 im Zuge der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom 12.12.2023 am 10.1.2024 bei der belangten Behörde ein. Die Einreichung erfolgte demnach etwa zweieinhalb Jahre nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist. Ausgehend von der erlassmäßigen Fristerstreckung in Quotenfällen (s. oben) beträgt die Fristüberschreitung immer noch mehr als ein Jahr. Von einer bloß geringfügigen Fristüberschreitung kann demnach nicht die Rede sein.

Umstände, die dafür sprechen würden, den Grad des Verschuldens als gering zu beurteilen, sind, wie oben dargestellt, nicht ersichtlich, vielmehr liegt Vorsatz vor.

Im Hinblick auf das Ermessenskriterium der Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils stellt sich die Situation wie folgt dar: Der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid vom 12.12.2023 weist eine festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von EUR 47.359 und, aufgrund geleisteter Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von EUR 38.000, eine Nachforderung in Höhe von EUR 9.359 aus. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.1.2024 wurde die Einkommensteuer neu festgesetzt mit EUR 57.690, woraus sich eine Nachforderung in Höhe von EUR 10.331 ergab. Somit stand dem Bf. vor dem Hintergrund der verspäteten Einreichung der Einkommensteuererklärung 2020 zusätzliche Liquidität in Höhe von insgesamt ca. EUR 20.000 zur Verfügung.

Was das bisherige steuerliche Verhalten des Bf. anbelangt, so ist mildernd zu berücksichtigen, dass es sich beim beschwerdegegenständlichen Verspätungszuschlag um den bis dato einzigen dem Bf. auferlegten Verspätungszuschlag handelt. Erschwerend anzulasten ist dem Bf. jedoch, dass das Finanzamt ihm gegenüber im Zeitraum bis hin zur Festsetzung des angefochtenen Verspätungszuschlages vier Säumniszuschläge gemäß § 217 BAO aufgrund von Säumnissen bei der Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (Umsatzsteuer) festsetzte. Die Säumigkeit bei der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten ist damit bereits wiederholt aufgetreten.

Der Hinweis des steuerlichen Vertreters des Bf. auf den stark erhöhten Arbeitsanfall aufgrund diverser Sonderregelungen während der Covid-19-Pandemie taugt als Milderungsgrund. Wenngleich dieses Argument, wie oben erwähnt, nicht als Entschuldigungsgrund taugt, so ist der Gesinnungsunwert nach Ansicht des Gerichtes im gegenständlichen Fall durch die während der Covid-19-Pandemie bestehende deutlich erhöhte Arbeitsbelastung des Berufsstandes der Steuerberater reduziert.

Unter Berücksichtigung aller oben angeführten Erschwerungs- und Milderungsgründe und in Anbetracht der Tatsache, dass sich der verhängte Verspätungszuschlag mit 3,4 % ohnehin im eher niedrigen Bereich bewegt, erscheint dem Gericht ein Verspätungszuschlag in Höhe von 3,4 % angemessen und sieht es keinen Grund, die Höhe des Verspätungszuschlages zu korrigieren.

Ein Verspätungszuschlag in dieser Höhe erscheint zweckmäßig zur Erreichung des Zieles, den Abgabepflichtigen zur Einhaltung von Fristen und zur rechtzeitigen Abgabe von Abgabenerklärungen anzuhalten. Die Verhängung des Verspätungszuschlages in der gegebenen Höhe verstößt nach Ansicht des Gerichtes auch nicht gegen den Grundsatz der Billigkeit, weil weder persönliche noch sachliche Unbilligkeit gegeben ist. Zur persönlichen Billigkeit ist anzumerken, dass nicht vorgebracht wurde, dass ein Verspätungszuschlag die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bf. in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigen oder gar seine Existenzgrundlage gefährden würde. Zur sachlichen Billigkeit ist anzumerken, dass gegenständlich durch die Verhängung des Verspätungszuschlages kein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintreten würde (zur Billigkeit s. z.B. VwGH 2.9.2009, 2005/15/0032; 28.10.2009, 2008/15/0054).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob eine stark erhöhte Arbeitsbelastung des steuerlichen Vertreters aufgrund zahlreicher Hilfsprogramme während der Covid-19-Pandemie ein Entschuldigungsgrund iSd § 135 BAO sein kann, existiert bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof lässt lediglich in einer anders gelagerten Entscheidung (VwGH 19.12.2023, Ro 2022/15/0042) erkennen, dass im Falle einer Fristversäumnis aufgrund massiver Mitarbeiterausfälle wegen Covid-19-Infektionen und Quarantänemaßnahmen ein Entschuldigungsgrund iSd § 135 BAO gegeben sein könnte.

Linz, am 17. Juni 2025