JudikaturVwGH

Ro 2022/15/0042 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
19. Dezember 2023

Seinen Anwendungsbereich umschreibt Art. 9 des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 112/2005, in § 1 durch eine demonstrative Aufzählung näher und nennt als erfasste (Natur-)Katastrophen "insbesondere Hochwasser, Erdrutsch, Vermurung und Lawinen". Diese Wortfolge findet sich auch bereits in § 206 BAO. Im Schrifttum werden - angesichts der offenen Definition des Katalogs - als weitere Beispiele Waldbrände und Erdbeben genannt (vgl. Loser/Urtz, ÖStZ 7/2020, 183). Den genannten Naturkatastrophen ist gemeinsam, dass unmittelbar durch ein Naturereignis Schäden mit verheerenden Folgen eintreten, während sich bei der Verbreitung einer Krankheit Schäden erst durch die Interaktion von Menschen zunehmend aufbauen. Zudem führen Krankheitswellen im Allgemeinen nicht dazu, dass Infrastruktur eines Landes an sich physisch unwiederbringlich zerstört, sondern dass vielmehr deren Nutzung erschwert wird. Auf eine pandemische Lage kann auch organisatorisch anders reagiert werden (Online Banking, Home-Office), womit auch die Einhaltung von Zahlungsfristen nicht zwingend gefährdet sein muss. Unabhängig von diesen Wesensunterschieden zeigt allerdings insbesondere die Genese des BGBl. I Nr. 112/2005, dass der Gesetzgeber dieses im Lichte der Hochwasserereignisse 2005 geschaffenen Gesetzespakets pandemische Ereignisse bei der Schaffung der darin vorgesehenen abgabenrechtlichen Erleichterungen nicht vor Augen hatte. Eine Erweiterung von dessen Anwendungsbereich ist - im Gegensatz zu § 69 Abs. 2a IO - durch das 2. Covid-19-Gesetz gerade nicht erfolgt.

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