Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision der A H, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. August 2023, RV/7101811/2020, betreffend Rechtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit Bescheiden vom 2. Mai 2019 setzte das damalige Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) die Gebühr für einen Abtretungsvertrag vom 10. Mai 2016 gemäß § 33 TP 21 Gebührengesetz (GebG) iHv 16.717,21 € sowie eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 GebG iHv 50% der für das Rechtsgeschäft zu entrichtenden Gebühr iHv 8.358,61 € fest.
2 Das Finanzamt Österreich wies die Beschwerde der Revisionswerberin gegen diese Bescheide mit Beschwerdevorentscheidung vom 3. September 2019 ab. Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die Bescheide des Finanzamts Österreich vom 2. Mai 2019 betreffend Gebühren und Gebührenerhöhung als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Bundesfinanzgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Das Bundesfinanzgericht stellte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens fest, am 10. Mai 2016 sei folgender Vertrag zwischen der Revisionswerberin und ihrem Ehemann JH abgeschlossen worden:
„Abtretungsvertrag
Herr [JH] hat im Insolvenzverfahren der [Q GmbH] eine Forderung in der Höhe von Euro 9,498.412,10 (in Worten neun Millionen vierhundertachtundneunzigtausend vierhundertzwölf, zehn Euro) angemeldet. Mit Beschluss vom 21. April 2016 hat das Landesgericht [W] die Bestätigung des Sanierungsplans und die Aufhebung des Sanierungsverfahrens beschlossen.
Wesentlicher Inhalt des Sanierungsplans:
Die Insolvenzgläubiger erhalten auf ihre Forderung eine 22%ige Quote. Meine errechnete Quote zuzüglich Zinsen ist bei [Dr. H] sichergestellt.
Ich trete meine hierzu stehenden Ansprüche in voller Höhe und im gesamten Umfang aber von mindestens Euro 2,089.650,66 zuzüglich Zinsen unwiderruflich an [die Revisionswerberin] ab.
Ich versichere, dass die gesamte Forderung anderweitig weder abgetreten noch verpfändet ist.
[BG, Deuschland], am 10. Mai 2016“
5 Die Kopie des Vertrages sei am 10. Jänner 2019 von einem Notar beglaubigt worden. Beide Vertragsparteien hätten im Zeitpunkt der Unterfertigung ihren Hauptwohnsitz in Österreich gehabt. Die Abtretung sei im Wege der geschäftlichen Gegenverrechnung erfolgt. Der Abtretungsvertrag sei ausschließlich aus gebührenrechtlichen Überlegungen in Deutschland abgeschlossen worden.
6 Die [Q GmbH] sei am 27. August 2001 errichtet worden. Sitz der Gesellschaft sei [O] gewesen. Am 24. November 2015 sei das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und mit Beschluss des Gerichts vom 21. April 2016 sei der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt worden. Am 28. Dezember 2021 sei die Gesellschaft infolge beendeter Liquidation aus dem Firmenbuch gelöscht worden.
7 Beweiswürdigend führte das Bundesfinanzgericht soweit für das Revisionsverfahren relevantaus, das damalige Finanzamt habe die Revisionswerberin 2019 um Stellungnahme dahingehend ersucht, ob es sich bei dem Abtretungsvertrag um eine Schenkung gemäß § 121a Abs. 1 BAO gehandelt habe.
8 Mit Schreiben vom 15. März 2019 habe die steuerlich vertretene Revisionswerberin dahingehend Stellung genommen, dass
1. die Abtretung in Deutschland erfolgt sei,
2. keine Schenkung sondern eine Abtretung vorliege und
3. eine Schenkung einen Bereicherungswillen voraussetze, der im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich nicht zu vermuten sei.
Auch wenn es sich um eine Zuwendung unter nahen Angehörigen handle, habe sie einen geschäftlichen Hintergrund gehabt. Die Revisionswerberin habe für ihren Ehemann bzw. ihm nahestehende Gesellschaften zahlreiche Verpflichtungen in Form von Barzahlungen oder Übernahme von Haftungen im Gesamtwert von mehr als € 2 Mio. übernommen.
9 Das Bundesfinanzgericht führte aus, dass diese wenigen Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit genügten, um zu erkennen, dass es sich um eine geschäftliche Gegenverrechnung zwischen Ehegatten fernab einer Schenkung im Sinne des Erbschafts und Schenkungssteuergesetzes gehandelt habe.
10In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht nach Wiedergabe der rechtlichen Grundlagen des GebG aus, die mit „Abtretungsvertrag“ bezeichnete Urkunde sei am 10. Mai 2016 in Deutschland unterfertigt und in weiterer Folge am 10. Jänner 2019 in Österreich notariell beglaubigt worden. Beide Vertragsparteien hätten zu diesem Zeitpunkt ihren Hauptwohnsitz in Österreich gehabt, darüber hinaus habe die Forderung gegenüber einer österreichischen Gesellschaft bestanden. Es liege somit ein Inlandsbezug gemäß § 16 Abs. 2 GebG vor. Nach § 33 TP 21 GebG sei Bemessungsgrundlage der Rechtsgeschäftsgebühr bei Zessionen das Entgelt, also jener Betrag, um den die abgetretene Forderung erworben worden sei. Zum Entgelt gehörten alle Leistungen, die der Erwerber dafür zu erbringen habe, dass er das Recht oder die Forderung erhalte, dazu gehörten auch übernommene Schulden und Haftungen.
11 Die Revisionswerberin führe selbst aus, dass sie hohe Forderungen gegenüber ihrem Ehemann gehabt habe bzw. immer noch habe. Die Bezeichnung der Urkunde als „Abtretungsvertrag“ sei unzutreffend. Ihrem Wesen nach handelte es sich um die Tilgung von Schulden durch ihren Ehemann JH.
12Es handle sich bei Zession um ein kausales Verfügungsgeschäft. Eine wirksame Zession erfordere einen gültigen Titel (Verpflichtungsgeschäft). Die Forderung des JH gegen die [Q GmbH] sei in Höhe des im Abtretungsvertrag vereinbarten Betrages mit der Forderung der Revisionswerberin gegen JH gegenverrechnet worden. Es liege somit Entgeltlichkeit vor. Der Abtretungsvertrag vom 10. Mai 2016 stelle das Verfügungsgeschäft dar, die Tilgung der Schulden das Verpflichtungsgeschäft. Die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 21 GebG sei somit zu Recht erfolgt.
13 Im Zusammenhang mit der Gebührenerhöhung führte das Bundesfinanzgericht soweit hier relevant aus, die Gebührenerhöhung könne bis zur Höhe des verkürzten Betrages ausgemessen werden. Unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände sei die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, dass mit einer Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50% der verkürzten Gebühr das Auslangen gefunden werden könne. Die Tatsache, dass hinsichtlich des Vertrages die Gebührenanzeige unterblieben sei und die Revisionswerberin die hiefür nach den bisherigen Ausführungen des Bundesfinanzgerichts anfallende Gebühr auch noch nicht entrichtet habe, stehe außer Streit, sodass insoweit die Voraussetzungen für eine Gebührenerhöhung dem Grunde nach vorlägen. Es sei lediglich das von der belangten Behörde bei der Bemessung der Gebührenerhöhung zu übende Ermessen zu überprüfen.
14 Die Vertragsparteien hätten in ihrer Erklärung vom 19. März 2019 ausgeführt, der Abtretungsvertrag sei aus „gebührenrechtlichen Überlegungen im Ausland abgeschlossen worden“. Daraus lasse sich schließen, dass die Vertragsparteien über eine Gebührenpflicht informiert gewesen seien, und diese durch den Abschluss des Vertrages im Ausland umgehen wollten. Die Festsetzung in Höhe von 50% sei daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zu Recht erfolgt.
15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
16 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
17Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
18Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
19 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision wird auf das Wesentliche zusammengefasstvorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei zu Unrecht von der Entgeltlichkeit der Zession ausgegangen. Die Zession sei zur Schuldentilgung erfolgt, die Revisionswerberin sei Gläubigerin ihres Ehemannes gewesen und die Zession sei anstelle einer Tilgung seiner Schulden in Geld getreten. Dieser Weg sei beschritten worden, um zu verhindern, dass ein Gläubiger des Ehemannes der Revisionswerberin auf dessen Forderung gegen die Q GmbH zugreife. Schuldentilgung durch den Ehemann der Revisionswerberin und Gegenleistung für den Forderungserwerb durch die Revisionswerberin schlössen einander wechselseitig aus. Das Bundesfinanzgericht habe in dem angefochtenen Erkenntnis außerdem das Urkundenprinzip des § 17 Abs. 1 GebG missachtet. Der Abtretungsvertrag enthalte nichts, das geeignet wäre, auf eine Gegenleistung an den Ehemann der Revisionswerberin zu schließen.
20 Im Zusammenhang mit dem Zulässigkeitsvorbringen macht die Revisionswerberin Verfahrensmängel wie einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot, sowie Feststellungs und Begründungsmängel des angefochtenen Erkenntnisses geltend.
21Gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) unterliegen Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten einer Gebühr vom Entgelt von 0,8 v.H.
22Die Zession ist nach herrschender Meinung und ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ein kausales Verfügungsgeschäft und setzt einen gültigen Rechtsgrund voraus (vgl. OGH 21.10.2025, 10 Ob 29/25z; VwGH 11.9.2014, 2013/16/0221, jeweils mwN); ein solcher Rechtsgrund kann auch eine Leistung erfüllungshalber sein. Gebührenpflichtig sind Zessionen dann, wenn ihnen ein rechtsgeschäftlicher Titel zu Grunde liegt, nicht jedoch Legalzessionen und sogenannte notwendige Zessionen gemäß §§ 1358 bzw. 1422 ABGB; außerdem bedarf es für die Gebührenpflicht der Entgeltlichkeit (§ 33 TP 21 Abs. 1 GebG) und der Beurkundung (§ 15 Abs. 1 GebG; vgl. VwGH 5.11.2009, 2008/16/0071, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Literatur).
23 Bei der Zession fallen regelmäßig Titelgeschäft und Abtretung zusammen, ausgenommen Fälle, in denen zwischen den Parteien zunächst nur die Pflicht zur Abtretung begründet wird (sogenanntes Abtretungsversprechen), die Abtretung selbst hingegen aber einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleibt (vgl. VwGH 18.8.1994, 94/16/0044, mwN).
24Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt für die Gebührenpflicht das Vorliegen einer bloß rechtsbezeugenden Urkunde, sofern (auch nur) eine Vertragspartei damit in der Lage ist, den Beweis des ihr zustehenden Anspruches zu führen (vgl. VwGH 16.3.1995, 93/16/0012; 11.3.2010, 2009/16/0029, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fehlen des Abtretungspreises in einer Vereinbarung über die Abtretung eines Gesellschaftsanteiles (noch zu § 33 TP 21 Abs. 1 Z 2 GebG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 660) festgehalten, dass in dieser Vereinbarung der Leistungsgegenstand einer Vertragspartei die Abtretung eines Teiles des Gesellschaftsanteilesgenau bestimmt war; durch die Nichtanführung des Abtretungspreises wurde die Urkunde bloß unvollständig, aber keineswegs undeutlich i.S.d. § 17 Abs. 2 GebG, weshalb die nicht beurkundeten Umstände in einem Ermittlungsverfahren (§ 115 BAO) festzustellen waren (vgl. erneut VwGH 16.3.1995, 93/16/0012).
25 Es entspricht des Weiteren der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es für die Entstehung der Gebührenschuld nicht erforderlich ist, dass die Bemessungsgrundlage für die Gebühr in der Urkunde über das Rechtsgeschäft genannt wird (vgl. VwGH 25.1.2007, 2006/16/0163; 27.4.2000, 2000/16/0304, mwN).
26 Im vorliegenden Revisionsfall lag nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts der Abtretung zu Grunde, dass der im Abtretungsvertrag festgehaltene Betrag der Forderung mit Forderungen der Revisionswerberin gegen ihren Ehemann gegenverrechnet wurde. Die Revisionswerberin legt in der Revision selbst dar, dass die Abtretung zum Zweck der Schuldentilgung ihres Ehemannes bei ihr und damit erfüllungshalber erfolgte.
27Das Bundesfinanzgericht hat durch die Berücksichtigung der Erfüllung der Verbindlichkeiten des Ehemanns der Revisionswerberin durch die Abtretung daher nicht gegen das Urkundenprinzip des § 17 Abs. 1 GebG verstoßen. Es kann im Revisionsfall dahingestellt bleiben, ob die Abtretung zur Erfüllung der Verbindlichkeiten an Zahlungs Statt oder zahlungshalber erfolgte (vgl. § 1414 ABGB: „Wird, weil der Gläubiger und der Schuldner einverstanden sind, oder weil die Zahlung selbst unmöglich ist, etwas anderes an Zahlungs Statt gegeben; so ist die Handlung als ein entgeldliches Geschäft zu betrachten.“; vgl. dazu auch Rummel/Lukas, ABGB 4 , § 1414 Rz 19 und 29).
28 Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen somit auch nicht auf, dass das Bundesfinanzgericht mit seiner Beurteilung, dass ein entgeltliches Rechtsgeschäft vorgelegen habe, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
29Vor diesem Hintergrundgrund kann die Revision die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler nicht aufzeigen (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarstellung bei der Geltendmachung von Verfahrensmängeln etwa VwGH 11.7.2024, Ra 2023/16/0139, mwN).
30Soweit die Revision im Zusammenhang mit der Würdigung der Abtretung als entgeltlich durch das Bundesfinanzgericht einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot rügt, ist diesem Vorbringen außerdem entgegen zu halten, dass das Bundesfinanzgericht seiner rechtlichen Beurteilung keine Sachverhaltselemente zu Grunde legte, die der Revisionswerberin nicht bekannt waren. Von einem Verstoß gegen das Überraschungsverbot kann daher keine Rede sein (vgl. dazu VwGH 27.7.2023, Ra 2023/16/0074, mwN aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
31 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 26. November 2025
Rückverweise