Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr. Funk Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des H Vereins in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Halm, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, Wirtschaftsprüfer in 1090 Wien, Berggasse 10/14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 3. Mai 2023, RV/7100812/2022, betreffend Werbeabgabe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheiden jeweils vom 21. August 2019 setzte das damalige Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr: Finanzamt Österreich, im Folgenden: Finanzamt) gegenüber dem Revisionswerber die Werbeabgabe für die Jahre 2013 bis 2016 fest.
2 Die gegen diese Bescheide eingebrachte Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesfinanzgericht (BFG) nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt und aufgrund des Vorlageantrages des Revisionswerbers mit dem am 28. April 2023 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung verkündeten und am 3. Mai 2023 schriftlich ausgefertigten angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab, stellte fest, dass die angefochtenen Bescheide unverändert blieben und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
3 Die dagegen erhobene Revision legte das BFG dem Verwaltungsgerichtshof unter Anschluss der Akten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vor, das BFG habe gegen das „Überraschungsverbot iSd § 269 BAO“ verstoßen. Das BFG habe bei der X Bank angefragt, wie die Zahlungen von 20.000 € jährlich an den Revisionswerber zu verstehen seien, insbesondere, ob es sich um Zahlungen für Werbeleistungen oder Sponsorenbeträge handle. Diese Anfrage habe die X Bank mit Schreiben vom 9. März 2023 an das BFG beantwortet, das dem Vertreter des Revisionswerbers erst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 28. April 2023 zur Kenntnis gebracht worden sei. Der rechtliche Vertreter habe in der Beschwerdeverhandlung dazu mündlich Stellung genommen. Es sei aber kein sachlicher Grund dafür vorhanden, dass das Schreiben der X Bank dem Vertreter des Revisionswerbers nicht vor der mündlichen Verhandlung zugestellt worden sei. Die X Bank habe sich in dem Schreiben nicht klar ausgedrückt, ob Sponsor oder Werbeleistungen vorlägen, was durch entsprechende Nachfrage und Anträge des Revisionswerbers auf Einvernahme von Zeugen oder andere Ermittlungsschritte hätte geklärt werden können.
8 Im Abgabenverfahren gilt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein „Überraschungsverbot“ (vgl. dazu die Nachweise bei Ritz/Koran , BAO 7 , § 115 Rz 16). Gemäß § 269 Abs. 1 BAO ist dies auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu beachten (vgl. VwGH 17.1.2023, Ra 2021/13/0055, VwGH 31.1.2018, Ra 2016/15/0014, jeweils mwN).
9 Soweit der Revisionswerber vorbringt, das Schreiben der X Bank vom 9. März 2023 sei seinem Rechtsvertreter nicht vor der mündlichen Verhandlung zur Erstattung einer Stellungnahme zugestellt, sondern erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgehalten worden, und damit einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot rügt, verkennt der Revisionswerber sowohl den Inhalt des Überraschungsverbots als auch die Bedeutung der mündlichen Verhandlung. Letztere besteht u.a. gerade darin, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Parteien umfassend zu den bisherigen Beweisergebnissen Gehör eingeräumt werden kann (vgl. § 275 Abs. 2 BAO). Von einem Verstoß gegen das Überraschungsverbot dh. der Einbeziehung von Sachverhaltselementen in die rechtliche Würdigung, die der Partei nicht bekannt waren (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2016/15/0004, mwN), kann daher im Revisionsfall keine Rede sein (vgl. auch VwGH 14.9.2017, Ra 2016/15/0015, VwGH 27.4.2017, Ro 2016/02/0020, VwGH 11.11.2015, Ra 2015/04/0073).
10 Soweit die Revision hinsichtlich des Bedeutungsinhaltes des Schreibens der X Bank Ermittlungsmängel rügt, macht sie Verfahrensfehler geltend, ohne die Relevanz dieser für den Ausgang des Verfahrens konkret darzulegen (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarlegung bei der Geltendmachung von Verfahrensfehlern etwa VwGH 26.5.2023, Ra 2023/16/0019, VwGH 20.9.2022, Ra 2022/17/0149, jeweils mwN).
11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 27. Juli 2023