Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofrätin Dr. in Lachmayer sowie den Hofrat Mag. M. Mayr, LL.M., als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision der D, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. Oktober 2023, RV/4200031/2019, betreffend Altlastenbeiträge 2011 bis 2016 sowie Nebenansprüche 2011 bis 2016, den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit Bescheiden vom 29. Jänner 2019 setzte das Zollamt gegenüber der Revisionswerberin Altlastenbeiträge nach dem Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) für die Jahre 2011 bis 2016 sowie für die genannten Jahre jeweils Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO und Verspätungszuschläge gemäß § 135 BAO fest.
2 Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidungen ab. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den Beschwerden teilweise Folge und setzte die Altlastenbeiträge sowie die Säumnis und Verspätungszuschläge für die genannten Jahre jeweils in verminderter Höhe fest. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Nach einer Darstellung des Verfahrensgangs stellte das Bundesfinanzgericht fest, die Revisionswerberin betreibe in einer aufgelassenen Schottergrube eine Betriebsanlage zur Aufbereitung und Zwischenlagerung von bestimmten, nicht gefährlichen Abfällen und nehme in der Schottergrube eine Geländeverfüllung mit Aushubmaterial vor.
4 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 28. August 2006 sei der Revisionswerberin die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Anschüttung der revisionsgegenständlichen Liegenschaften mit nicht kontaminiertem Erdmaterial erteilt worden.
5 Für den revisionsgegenständlichen Bodenaushub hätten keine Abfallinformationen (bis 30. Juni 2011) bzw. grundlegende Charakterisierungen (ab 1. Juli 2011) oder Einbauinformationen bzw. analytische Untersuchungen vorgelegt werden können. Die konkrete Herkunft, die Zusammensetzung und die Qualität des Materials sei nicht bekannt. Eine Verunreinigung des Bodenaushubs könne nicht ausgeschlossen werden.
6 Das Bodenaushubmaterial habe für die Kunden der Revisionswerberin keinerlei Nutzen und eine Last dargestellt, derer sich der jeweilige Besitzer gegen entgeltlichen Abtransport entledigt habe. Mangels erstellter Abfallinformationen bzw. grundlegender Charakterisierung und mangels der Dokumentation der Verwertungsmaßnahme sei auch eine zulässige Wiederverwendung bzw. Rekultivierungsmaßnahme nicht möglich gewesen.
7Der subjektive Abfallbegriff sei erfüllt. Es handle sich bei den Materialien um Abfall im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) bzw. § 2 Abs. 4 ALSAG.
8Es könne für das Bodenaushubmaterial nicht ausgeschlossen werden, dass davon eine Gefahr für Wasser und Boden ausgehe und somit eine Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich sei, um die öffentlichen Interessen nicht zu beeinträchtigen. Damit sei auch der objektive Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 erfüllt.
9 Das verfahrensgegenständliche Material sei zur Geländeverfüllung bzw.anpassung im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG verwendet worden und unterliege daher grundsätzlich der Altlastenbeitragspflicht.
10Für Bodenaushub komme die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1a Z 4 ALSAG in Betracht. Dieser Bestimmung sei immanent, dass es sich um eine zulässige Verwendung handeln müsse. Wer eine solche Ausnahme von der Beitragspflicht in Anspruch nehmen wolle, habe deren Voraussetzungen nachzuweisen. Dazu gehöre auch der Nachweis über die Qualität des Materials als Bodenaushubmaterial im Sinn des § 2 Abs. 17 ALSAG. Zumal die Revisionswerberin einen solchen Nachweis nicht erbracht habe, sei das Material nicht zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG verwendet worden.
11 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revisionswerberin insoweit, als ihrer Beschwerde im Zusammenhang mit der Altlastenbeitragspflicht der Geländeverfüllung nicht stattgegeben wurde.
12 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurück in eventu Abweisung der Revision beantragte.
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16Gemäß § 3 Abs. 1 lit. c Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) unterliegt dem Altlastenbeitrag das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen oder der Bergversatz mit Abfällen.
17Abfälle im Sinn des ALSAG sind gemäß § 2 Abs. 4 ALSAG in der auf den Revisionsfall anzuwenden Fassung des BGBl. I Nr. 71/2003 Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002).
18Abfälle im Sinn des AWG 2002 sind bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (§ 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002, subjektiver Abfallbegriff) oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3 AWG 2002) nicht zu beeinträchtigen (§ 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002, objektiver Abfallbegriff).
19Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive (iSd § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002) oder der subjektive Abfallbegriff (iSd § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002) erfüllt ist (vgl. VwGH 2.2.2023, Ra 2022/13/0045, mwN).
20Die Entscheidung, ob bestimmte Sachen als Abfall iSd § 2 Abs. 1 bis 3 AWG 2002 einzustufen sind, umfasst auch die Beantwortung der Fragen, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Nebenprodukts nach § 2 Abs. 3a AWG 2002 gegeben sind und ob ein Abfall seine Abfalleigenschaft nach § 5 AWG 2002 verloren hat (vgl. VwGH 24.4.2018, Ra 2017/05/0215).
21 Die Revisionswerberin bringt vor, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Abfallbegriff, insbesondere zur Entledigungsabsicht in Rekultivierungsfällen abgewichen. Das Bundesfinanzgericht habe allein auf ältere Judikatur (Entledigungsabsicht irgendeines Vorbesitzers) abgestellt, ohne zu berücksichtigen, ob das Material von vornherein als „Rekultivierungsmaterial“ verwendet werden sollte (sodass der Entledigungswille gefehlt habe).
22 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass eine Sache schon dann als Abfall zu qualifizieren ist, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat. Dazu sind wie auch die Revisionswerberin ausführt verschiedene Anhaltspunkte zu prüfen. Besonderes Augenmerk ist dabei auf den Umstand zu legen, dass der fragliche Stoff oder Gegenstand für seinen Besitzer keinen Nutzen (mehr) besitzt, sodass der Stoff oder Gegenstand eine Last darstellt, deren sich der Besitzer zu entledigen sucht (vgl. unter Verweis insbesondere auf EuGH 17.11.2022, Porr Bau , C 238/21VwGH 2.2.2023, Ra 2022/13/0045, mwN).
23Beauftragt ein Bauherr einen Unternehmer etwa damit, Erdaushubarbeiten vorzunehmen und die dabei anfallenden Abfälle zu entsorgen, kann der Entledigungswille des Bauherrn nicht in Zweifel gezogen werden. Erteilt der Bauherr hingegen den Auftrag, das Material auszuheben, um es als Rekultivierungsmaterial wieder zu verwenden, kann der Entledigungswille des Bauherrn fehlen (vgl. VwGH 21.6.2024, Ra 2023/13/0144, mwN).
24 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts hat das Bodenaushubmaterial für die Kunden der Revisionswerberin keinerlei Nutzen und eine Last dargestellt, derer sich der jeweilige Besitzer gegen entgeltlichen Abtransport entledigt habe. Dass diese Feststellung an einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel leide, zeigt die Revisionswerberin nicht auf. Dass die in der Revision zudem nicht konkretisierten Kunden der Revisionswerberin den Auftrag gegeben hätten, das Material auszuheben, um es als Rekultivierungsmaterial wieder zu verwenden, behauptet auch die Revisionswerberin nicht. Dem Bundesfinanzgericht ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es insoweit davon ausging, dass es sich bei dem Bodenaushub um Abfall handelte.
25Die Revisionswerberin macht weiters geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines Nebenproduktes ab. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass ein Stoff oder Gegenstand ein Nebenerzeugnis (Nebenprodukt) darstellen kann, sofern dessen Wiederverwendung nicht nur möglich, sondern ohne vorherige Verarbeitung in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens gewiss ist (vgl. VwGH 28.10.2024, Ra 2022/13/0101, mwN). Im Hinblick darauf, dass sich die Kunden der Revisionswerberin dieses Stoffes gegen entgeltlichen Abtransport entledigt haben, und kein Auftrag erteilt worden war, das Material auszuheben, um es als Rekultivierungsmaterial zu verwenden, war die Wiederverwendung nach den (in der Revision nicht bestrittenen Sachverhaltsannahmen) nicht gewiss. Das Vorliegen eines Nebenproduktes scheidet damit aus (vgl. auch VwGH 19.12.2024, Ra 2023/07/0090, mwN).
26Die Revisionswerberin macht schließlich (als „Eventualvorbringen“) geltend, es fehle Rechtsprechung zur Art des Nachweises für die Verwertungsabsicht (bzw. zum Entledigungswillen). Diesem Vorbringen ist aber die bereits oben angeführte, ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Entledigungsabsicht eines Vorbesitzers entgegenzuhalten (vgl. neuerlich VwGH 21.6.2024, Ra 2023/13/0144, mwN). Nach den insoweit nicht bestrittenen Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts steht diese Entledigungsabsicht fest.
27 Auf ebenfalls geltend gemachte Fragen zum objektiven Abfallbegriff kommt es demnach nicht mehr an.
28 In der Revision wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 11. November 2025
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