JudikaturVwGH

Ra 2024/09/0078 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die außerordentliche Revision der A in B, vertreten durch MMag. Dr. Michael Schilchegger, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Gattermeyerweg 25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 8. Mai 2024, LVwG AV 2694/001 2023, betreffend eine Angelegenheit nach der NÖ Landes Personalvertretungs Wahlordnung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Beschluss vom 25. September 2023 wies die Landeswahlkommission für die Personalvertretungswahlen der Niederösterreichischen Landesbediensteten den Wahlvorschlag der revisionswerbenden Partei betreffend die Dienststellenpersonalvertretung einer näher bezeichneten Dienststelle gemäß § 14 Abs. 2 NÖ Landes Personalvertretungs Wahlordnung (im Folgenden: NÖ LPVWO) ohne Verbesserungsverfahren im Wesentlichen deshalb zurück, weil dem Wahlvorschlag Unterstützungserklärungen nicht auf demselben Bogen Papier beigesetzt waren. Ein sodann dahingehend verbessert eingebrachter Wahlvorschlag wurde ebenfalls ohne Verbesserungsverfahren mit Beschluss vom 2. Oktober 2023 als verspätet zurückgewiesen.

2 Den Antrag der revisionswerbenden Partei, diese Beschlüsse aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung über die Zulassung der Wahlvorschläge zurückzuverweisen, wies die Niederösterreichische Landesregierung (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) mit Bescheid vom 12. Oktober 2023 gemäß § 28 NÖ Landes Personalvertretungsgesetz (im Folgenden: NÖ LPVG) ab.

3 Dagegen erhob die revisionswerbende Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit den Anträgen, erstens den Bescheid aufzuheben und zweitens festzustellen, dass die Beschlüsse der Landeswahlkommission rechtswidrig gewesen seien.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 8. Mai 2024 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerdeanträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse der Landeswahlkommission als unzulässig zurück, weil diese nicht Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.

Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 16. September 2024, E 2348/2024 10, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 In der Begründung des Beschlusses verwies der Verfassungsgerichtshof auf seine Rechtsprechung, nach der es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, dass ein Wahlvorschlag eine einheitliche, zusammenhängende Eingabe darstellen muss und dem nicht entsprochen wird, wenn ein wesentlicher Teil des Wahlvorschlags nicht auf demselben Bogen Papier wie dieser enthalten ist. Diese Rechtsprechung finde ihren Sinn insbesondere darin, dass auf diese Weise jegliche Manipulation bei Unterschriften von vornherein verhindert werden solle. Es bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 28 Abs. 2 NÖ LPVG, wonach der Rechtszug gegen Entscheidungen der Landeswahlkommission an die Landesregierung geht.

7 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Wenn die revisionswerbende Partei in ihrerin der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhobenen außerordentlichen Revision zu deren Zulässigkeit mit Blick auf § 14 Abs. 1 NÖ LPVWO die Verbesserungsfähigkeit des Fehlens der Unterschriften auf dem Wahlvorschlag thematisiert und dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verbesserungsfähigkeit des Fehlens einer Unterschrift auf einer Eingabe im Verwaltungsverfahren verweist, wird eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht aufgezeigt.

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision auch dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (VwGH 22.6.2021, Ra 2021/09/0071; 9.9.2016, Ra 2016/12/0062, jeweils mwN).

11 Ein solcher Fall liegt hier vor:

12 Die maßgeblichen Bestimmungen der NÖ Landes Personalvertretungs Wahlordnung, LGBl. 2001/1 0, in der Fassung LGBl. 2001/1 3, lauten (auszugsweise):

„§ 11.

Wahlvorschläge

(1) Die Vorschläge jener Bediensteten, die sich um die Wahl als Personalvertreter bewerben (Wahlvorschläge) müssen spätestens am 28. Tag nach dem Stichtag schriftlich bei der Landeswahlkommission eingebracht werden.

(2) Die Wahlvorschläge haben höchstens doppelt soviele Bewerber zu enthalten, als Mandate zu vergeben sind; enthält der Wahlvorschlag mehr Kandidaten, so gelten jene, die die doppelte Zahl der zu vergebenden Mandate überschreiten als nicht angeführt. Die Wahlvorschläge für die Personalvertretungen müssen schriftlich eingebracht werden und mindestens von doppelt so vielen wahlberechtigten Bediensteten unterfertigt sein, als Personalvertreter zu wählen sind. Die Wahlwerber und jene Bedienstete, welche die Wahlwerbung unterstützen, müssen am Stichtag bei der Dienststelle beschäftigt sein. Wählergruppen, die am Stichtag in einer Dienststellenpersonalvertretung oder in der Landespersonalvertretung vertreten sind, brauchen für die Kandidatur für das Organ der Personalvertretung, in dem sie vertreten sind, keine Unterschriften beizubringen. Zur Landespersonalvertretung können nur Wählergruppen kandidieren, die für fünf Dienststellenpersonalvertretungen Wahlvorschläge eingereicht haben.

(3) Die Unterschriften müssen auf demselben Bogen Papier beigesetzt sein, auf dem sich der Wahlvorschlag befindet.

(4) Der Wahlvorschlag muss enthalten:

a) Die Bezeichnung der Wählergruppe und allenfalls eine Kurzbezeichnung in Buchstaben;

b) die Kandidaten, d.i. ein Verzeichnis von höchstens doppelt soviel Bewerbern, als Personalvertreter zu wählen sind, in der beantragten, mit arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge unter Angabe des Vor und Zunamens, Geburtsjahres und Amtstitels jedes Bewerbers; in der Kandidatenliste für die Landespersonalvertretung zusätzlich noch die Dienststelle des Bewerbers;

c) die Zustimmung der Wahlwerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre Erklärung, sich nur auf dem Wahlvorschlag dieser Wählergruppe zu bewerben;

d) die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Wählergruppe und seines Stellvertreters. Als zustellungsbevollmächtigter Vertreter (Stellvertreter) kann für Wahlvorschläge an die Dienststellenpersonalvertretung auch ein Landesbediensteter bestellt werden, der nicht bei dieser Dienststelle beschäftigt ist. Der zustellungsbevollmächtigte Vertreter ist der Vertreter der Wählergruppe im Verkehr mit den Wahlkommissionen.

...

§ 14.

Überprüfung der Wahlvorschläge

(1) Die Landeswahlkommission überprüft, ob die Wahlvorschläge den Vorschriften des § 11 Abs. 4 entsprechen und ob die vorgeschlagenen Bewerber wählbar sind. Mangelhaft befundene Wahlvorschläge sind den zustellungsbevollmächtigten Vertretern unverzüglich zur Behebung der Mängel zurückzustellen. Wird der festgestellte Mangel nicht innerhalb von drei Tagen nach der Verständigung behoben, so hat die Landeswahlkommission von sich aus die Wahlvorschläge richtigzustellen und erforderlichenfalls die Namen von Wahlwerbern zu streichen.

(2) Wird der Wahlvorschlag verspätet überreicht oder trägt der Wahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften, fehlt die Zustimmung aller Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag oder enthält dieser nicht einen einzigen wählbaren Bewerber oder hat bei der Kandidatur zur Landespersonalvertretung die Wählgruppe nicht mindestens im Bereich von fünf Dienststellen Personalvertretungen einen Wahlvorschlag eingebracht, so kann der Wahlvorschlag nicht zur Verbesserung zurückgestellt werden, sondern ist als ungültig zurückzuweisen.

(3) Die Landeswahlkommission hat über die Zulassung der Wahlvorschläge zur Wahl der Dienststellen(Landes )personalvertretung binnen dreier Arbeitstage zu entscheiden.“

13 Nach dem klaren Wortlaut des § 14 Abs. 1 NÖ LPVWO ist die Möglichkeit der Verbesserung von Wahlvorschlägen auf die in § 11 Abs. 4 NÖ LPVWO genannten Voraussetzungen eingeschränkt. Das Erfordernis zur Beibringung von Unterstützungserklärungen ergibt sich jedoch aus § 11 Abs. 2 NÖ LPVWO; die Notwendigkeit, dass die Unterschriften dem Wahlvorschlag auf demselben Bogen Papier beigesetzt sein müssen, ist in § 11 Abs. 3 NÖ LPVWO normiert.

14 Zudem nennt § 14 Abs. 2 NÖ LPVWO als einen der Umstände, unter welchen der Wahlvorschlag nicht zur Verbesserung zurückgestellt werden kann und als ungültig zurückzuweisen ist, das Fehlen der erforderlichen Zahl von Unterschriften. Dass den hier in Rede stehenden Wahlvorschlägen keine Unterstützungsunterschriften auf demselben Bogen Papier beigesetzt waren, wurde im Verfahren nicht bestritten. Die Zurückweisung der Wahlvorschläge ohne Verbesserungsverfahren ergibt sich in einem solchen Fall aber unmittelbar aus der eindeutigen Anordnung des § 14 Abs. 2 NÖ LPVWO. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ist vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang nicht zu lösen.

15Die Rechtsprechung zur Mängelbehebung nach § 13 AVG ist schon mangels vergleichbarem Sachverhalt und der oben dargestellten spezielleren Regelung in der NÖ Landes Personalvertretungs-Wahlordnung nicht einschlägig (siehe demgegenüber § 28 Abs. 3 NÖ LPVG mit der Anordnung der Geltung des AVG im Verfahren vor der Landesregierung als Aufsichtsbehörde).

16 Im Übrigen entspricht es auch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, dass Formalvorschriften der Wahlordnung strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen und die Wahlbehörden durch die Formalvorschriften der Wahlordnungen streng gebunden sind (vgl. etwa VfSlg 20.381/2020; 2893/1955).

17Soweit im Zulässigkeitsvorbringen gegen die Zurückweisung der erstmals in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht enthaltenen Feststellungsanträge argumentiert wird, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, von der im angefochtenen Erkenntnis nicht abgewichen wurde. Danach hat sich auch der Beschwerdeantrag im Rahmen der Sache zu halten, über die die Verwaltungsbehörde entschieden hat. Im Beschwerdeschriftsatz enthaltene, ausdrücklich an das Verwaltungsgericht gerichtete und auf die Erlassung feststellender Absprüche durch das Verwaltungsgericht abzielende Anträge liegen damit außerhalb der Sache, über die die Behörde entschieden hat, weshalb nur deren Zurückweisung in Betracht kommt (VwGH 10.7.2023, Fr 2022/12/0014, mwN; siehe auch VwGH 1.2.2023, Ra 2022/09/0139, wonach ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheids hat). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlass einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B VG bloß konkrete, fallbezogen entscheidungsrelevante Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, sich jedoch nicht zu theoretischabstrakten Rechtsfragen „um Wahlwerbern (...) den verfahrensrechtlichen Weg aufzuzeigen“ zu äußern (vgl. VwGH 14.5.2020, Ra 2020/22/0037; siehe zur Anfechtung des Wahlergebnisses im gegebenen Zusammenhang jedoch bereits VfGH 27.11.2023, G 1611/2023, u.a.).

18 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war diese nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 13. Dezember 2024