Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über den Fristsetzungsantrag des O W in T, vertreten durch Mag. Dr. Martin Dercsaly, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 146/6/B2, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend diverse Anträge an die Dienstbehörde und das Bundesverwaltungsgericht,
I) den Beschluss gefasst:
Soweit das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 8. März 2022 über die gegen Spruchpunkt 1, 3 und 5 des Bescheides der Bundesministerin für Justiz vom 28. April 2021 gerichtete Beschwerde des Antragstellers entschieden hat, wird das Verfahren eingestellt.
II) zu Recht erkannt:
Spruch
Im Übrigen, sohin hinsichtlich der im Beschwerdeschriftsatz enthaltenen, ausdrücklich an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Begehren auf Feststellung („Das BVwG möge feststellen, dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie dem Beschwerdeführer nicht mitteilt, wer die anonyme Unterschriftenliste initiiert und unterzeichnet hat; dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie es unterlässt, dem Beschwerdeführer die anonyme Unterschriftenliste in Kopie zu übermitteln; dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, wenn der Leiter der Justizanstalt X oder diesem zurechenbare Hilfspersonen mit Ärzten des Beschwerdeführers in Kontakt treten und versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben; dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil die Dienstbehörde es zu unterlassen hat, dem Leiter der Justizanstalt X die Weisung zu erteilen, er habe es zu unterlassen, mit Ärzten des Beschwerdeführers sei es persönlich oder durch Hilfspersonen in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben“) wird dem Bundesverwaltungsgericht aufgetragen, das Erkenntnis oder den Beschluss innerhalb von zwei Monaten, gerechnet vom Tag der Zustellung dieses Erkenntnisses, nachzuholen.
Der Bund hat dem Antragsteller Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Der Antragsteller steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist in einer Justizanstalt eingesetzt, wo er Dienst in der Krankenabteilung versah.
2 In einem an seine Dienstbehörde gerichteten Schreiben vom 30. März 2020 behauptete der Antragsteller die Verletzung in Rechten aus seinem Dienstverhältnis und stellte folgende Anträge an die Dienstbehörde:
- „ihm bekannt zu geben, wann (und somit auch wie oft) und aus welchen Gründen er vom Anstaltsleiter (wenn auch bloß via Sachverhaltsdarstellung) angezeigt wurde und ob diesen Anzeigen (bzw. Sachverhaltsdarstellungen) jeweils Erhebungen des Anstaltsleiters (wenn ja: welche?) vorangingen“ (Punkt 1. des Antrags vom 30.3.2020),
- „ihm bekannt zu geben, ob die Dienstbehörde den [näher dargestellten] anonymen Brief und/oder die Unterschriftenliste erhalten hat und wenn ja, wer diese aufgelegt/initiiert und wer diese unterzeichnet hat. Weiters, ob diese Unterschriftenliste bereits Gegenstand dienstbehördlicher Untersuchungen ist“, sowie auf „Übermittlung dieser Unterschriftenliste in Kopie“ (Punkt 2. des Antrags vom 30.3.2020),
- „die Dienstbehörde möge dem Anstaltsleiter auftragen, es künftig zu unterlassen, mit seinen Ärzten [gemeint: den Ärzten des Antragstellers] in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei seinen Ärzten Informationen über ihn in Erfahrung zu bringen“ (Punkt 3. des Antrags vom 30.3.2020),
- „ihm bekannt zu geben, worauf seine dienstliche Tätigkeit in der Krankenabteilung beschränkt werden soll und was der Grund für diese Verwendungsbeschränkung ist“ (Punkt 4. des Antrags vom 30.3.2020).
3 Mit Eingabe vom 4. November 2020 stellte der Antragsteller bei der Dienstbehörde einen „Antrag auf Nachholung der Entscheidung über die Anträge vom 30.3.2020“ und drohte mit der Erhebung einer Säumnisbeschwerde.
4 Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2021 erhob der Antragsteller Säumnisbeschwerde und wiederholte darin die oben dargestellten Anträge.
5 Mit Bescheid vom 28. April 2021 sprach die Bundesministerin für Justiz über die Anträge wie folgt ab:
- Der Antrag, die Dienstbehörde möge „dem Leiter der Justizanstalt auftragen, es künftig zu unterlassen, mit den Ärzten des [Antragstellers] in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei seinen Ärzten Informationen über ihn in Erfahrung zu bringen“ werde zurückgewiesen (Spruchpunkt 1).
- Der Antrag, die Dienstbehörde möge dem Antragsteller „mitteilen, ob sie einen anonymen, auf den [Antragsteller] abzielenden Brief erhalten hat, wer die anonyme Unterschriftenliste initiiert und unterzeichnet hat und ob diese anonyme Unterschriftenliste Gegenstand dienstbehördlicher Ermittlungen ist“, werde zurückgewiesen (Spruchpunkt 2).
- Der Antrag, die Dienstbehörde möge dem Antragsteller die Unterschriftenliste in Kopie übermitteln, werde zurückgewiesen (Spruchpunkt 3).
- Dem Antrag die Dienstbehörde möge dem Antragsteller bekannt geben, „worauf seine dienstliche Tätigkeit beschränkt werden soll und was der Grund für die Verwendungsbeschränkung ist“, werde stattgegeben und mitgeteilt, dass die dienstliche Tätigkeit in der Krankenabteilung nicht beschränkt werden würde und der Antragsteller seine Tätigkeit als stellvertretender Kommandant der Krankenabteilung weiter ausüben könne (Spruchpunkt 4).
6 Mit Spruchpunkt 5. sprach die Behörde aus, dass das Säumnisbeschwerdeverfahren eingestellt werde.
7 Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 20. Mai 2021 Beschwerde und erklärte zum Umfang der Anfechtung, dass der Bescheid mit Ausnahme der Spruchpunkte 2 und 4 angefochten werde. Der Beschwerdeschriftsatz enthält unter der Überschrift „Sachverhalt“ eine Schilderung des bisherigen Verfahrensgangs, welchem ein mit dem Wort „Beschwerdegründe“ überschriebener Abschnitt folgt, in dem die folgenden Begehren formuliert werden:
(Unter Punkt 3.1.4. der Beschwerde)
„Aufgrund der Säumigkeit der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer nunmehr darauf verwiesen, vor dem Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellung zu begehren:
Es wird festgestellt, dass die belangte Behörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie dem Beschwerdeführer nicht mitteilt, wer die anonyme Unterschriftenliste initiiert und unterzeichnet hat, sofern ihr die Erteilung dieser Auskünfte faktisch und unter Anspannung der der belangten Behörde zu Gebote stehenden Mittel möglich ist.
Es wird festgestellt, dass die belangte Behörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie es unterlässt, dem Beschwerdeführer die anonyme Unterschriftenliste in Kopie zu übermitteln.“
(Unter Punkt 3.2.3.3. der Beschwerde)
„Aufgrund der Säumigkeit der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer nunmehr darauf verwiesen, vor dem Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellung zu begehren:
Es wird festgestellt, dass es die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, wenn der Leiter der Justizanstalt [...] oder diesem zurechenbare Hilfspersonen mit Ärzten des Beschwerdeführers in Kontakt treten und versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben.
Es wird festgestellt, dass die Dienstbehörde die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat, weil die Dienstbehörde es unterlassen hat, dem Leiter der Justizanstalt [...] die Weisung zu erteilen, er habe es zu unterlassen, mit Ärzten des Beschwerdeführers - sei es persönlich oder durch Hilfspersonen - in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben.“
8 In rechtlicher Hinsicht führte der Antragsteller zu diesen in der Beschwerde formulierten Anträgen jeweils aus, dass der verfahrenseinleitende Antrag „durch die nunmehr begehrten Feststellungen“ nicht geändert werde und auch „die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörden“ nicht berührt werde. Die begehrten Feststellungen „gründeten“ sich „auf jenen Sachverhalt, der schon dem am 30.3.2020 gestellten Antrag zu Grunde gelegen ist“, und stellten sohin kein „aliud zum verfahrenseinleitenden Antrag“ dar. Im Zweifel sei nicht von einer „das Wesen verändernden Antragsänderung“ auszugehen (Hinweis auf Hengstschläger/Leeb AVG I 2 § 13 Rz 43, 45 und 47).
9 In dem mit „Entscheidungsanträge“ überschriebenen Abschnitt der Beschwerde findet sich zusammenfassend folgende Formulierung der Anträge:
„das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben,
eine mündliche Verhandlung durchführen,
den angefochtenen Bescheid aufheben und die Sache der belangten Behörde zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverweisen,
sowie feststellen
- dass die belangte Behörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie dem Beschwerdeführer nicht mitteilt, wer die Unterschriftenliste initiiert und unterzeichnet hat, sofern ihr die Erteilung dieser Auskünfte unter Anspannung der der belangten Behörde zu Gebote stehenden Mittel möglich ist,
- dass die belangte Behörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie es unterlässt, dem Beschwerdeführer die anonyme Unterschriftenliste in Kopie zu übermitteln;
- dass die belangte Behörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, wenn der Leiter der Justizanstalt [...] oder diesem zurechenbare Hilfspersonen mit Ärzten des Beschwerdeführers in Kontakt treten und versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben;
- dass die belangte Behörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat, weil die belangte Behörde es unterlassen hat, dem Leiter der Justizanstalt [...] die Weisung zu erteilen, er habe es zu unterlassen, mit Ärzten des Beschwerdeführers sei es persönlich oder durch Hilfspersonen - in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben“.
10 Die Dienstbehörde des Antragstellers legte diese Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo sie am 26. Mai 2021 einlangte.
11 Mit Schriftsatz vom 3. März 2022 stellte der Antragsteller einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof, mit dem er geltend machte, dass das Bundesverwaltungsgericht über die in seiner Beschwerde gestellten Anträge nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Entscheidungsfrist entschieden habe.
12 Am 8. März 2022 erließ das Bundesverwaltungsgericht ein Erkenntnis, dessen Spruch auf Abweisung der Beschwerde lautet. Aus der Zusammenschau mit dem Kopf des Erkenntnisses geht hervor, dass damit eine Erledigung der Beschwerde „gegen die Spruchpunkte 1, 3 und 5 des Bescheides ... vom 28.4.2021 ... betreffend Zurückweisung der Anträge vom 30.03.2020“ erfolgt ist. Dass der Abspruch darauf beschränkt war, ergibt sich auch aus der rechtlichen Beurteilung des Erkenntnisses, in der ausgeführt wird, dass die mit Spruchpunkt 1 des Bescheides ausgesprochene Zurückweisung zu Recht ergangen sei, weil „wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt“ habe, „der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers darauf gerichtet“ gewesen sei, dass die belangte Behörde dem Leiter der Justizanstalt die Weisung erteile, „es künftig zu unterlassen, mit Ärzten des Beschwerdeführers in Kontakt zu treten, um Informationen über ihnen Erfahrung zu bringen“. Die Entscheidungspflicht könne nur durch Anträge entstehen, die auf Bescheiderlassung gerichtet seien, nicht aber auch durch ein Begehren „wie beispielsweise auf eine sonstige (faktische) Leistung (wozu auch die Erteilung einer Weisung an dritte Personen gehört)“. In Bezug auf Spruchpunkt 3 des angefochtenen Bescheides wird in der rechtlichen Beurteilung u.a. ausgeführt, dass „das vom Beschwerdeführer erhobene Begehren auf Einsichtnahme“ in die in Punkt 2 des verfahrenseinleitenden Antrags genannte Unterschriftenliste nicht „auf § 17 AVG gestützt werden“ könne, weil diese Unterschriftenliste nicht Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens gewesen sei, in dem der Beschwerdeführer Parteistellung gehabt habe. Auch die Bezugnahme auf § 10a PVG verhelfe der Beschwerde nicht zum Erfolg, weil der Antragsteller im Antrag vom 30. März 2020 ausdrücklich auf seine aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erfließenden Rechte Bezug genommen habe, ohne sich auf eine allfällige Eigenschaft als Personalvertreter zu berufen.
13 Der Verwaltungsgerichtshof forderte das Bundesverwaltungsgericht mit Verfügung vom 21. April 2022 gemäß § 38 Abs. 4 VwGG auf, binnen zwei Monaten auch hinsichtlich der in der Beschwerde enthaltenen, an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Begehren auf Feststellung („Das BVwG möge feststellen, dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie dem Beschwerdeführer nicht mitteilt, wer die anonyme Unterschriftenliste initiiert und unterzeichnet hat; dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil sie es unterlässt, dem Beschwerdeführer die anonyme Unterschriftenliste in Kopie zu übermitteln; dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, wenn der Leiter der Justizanstalt X oder diesem zurechenbare Hilfspersonen mit Ärzten des Beschwerdeführers in Kontakt treten und versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben; dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weil die Dienstbehörde es unterlassen hat, dem Leiter der Justizanstalt X die Weisung zu erteilen, er habe es unterlassen, mit Ärzten des Beschwerdeführers sei es persönlich oder durch Hilfspersonen in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben“) die Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie derselben sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) an die antragstellende Partei dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.
14 Mit Schreiben vom 27. Juni 2021 gab das Bundesverwaltungsgericht seine Auffassung bekannt, dass es seine Entscheidungspflicht nicht verletzt habe. Zur Begründung führte es nach Wiedergabe der in der Beschwerde enthaltenen Feststellungsbegehren und des Spruchs des angefochtenen Bescheides aus, dass „Gegenstand des mit dem Erkenntnis erledigten Beschwerdeverfahrens“ dieser Bescheid gewesen sei. Stelle man die in der Beschwerde enthaltenen Feststellungsanträge den Spruchpunkten des bekämpften Bescheides gegenüber, zeige sich Folgendes:
15 Der Antrag auf Feststellung, dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletze, weil sie dem Beschwerdeführer nicht mitteile, wer die anonyme Unterschriftenliste initiiert und unterzeichnet habe, „entspreche“ dem Spruchpunkt 2 des Bescheides, der ausdrücklich von der Anfechtung ausgenommen worden sei. Dies sei in der Beschwerde damit begründet worden, dass dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde die verlangte Auskunft erteilt worden sei. Angesichts dieser Sachlage sei „hinsichtlich des in Rede stehenden Feststellungsantrages“ nicht von einer Verletzung der Entscheidungspflicht auszugehen.
16 Der Antrag auf Feststellung, dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt habe, weil sie es unterlasse, dem Beschwerdeführer die anonyme Unterschriftenliste in Kopie zu übermitteln, „beziehe“ sich auf Spruchpunkt 3 des bekämpften Bescheides. Dazu sei festzuhalten, dass im verfahrenseinleitenden Antrag vom 30. März 2020 lediglich „die Übermittlung dieser Unterschriftenliste in Kopie“ begehrt worden sei. Die belangte Behörde habe dieses Begehren mit Spruchpunkt 3 des bekämpften Bescheides zurückgewiesen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht sei der Ausspruch der belangten Behörde über die im verfahrenseinleitenden Antrag vom 30. März 2020 enthaltenen Anträge gewesen. Das in der Beschwerde formulierte Feststellungsbegehren sei im verfahrenseinleitenden Antrag nicht enthalten gewesen. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Zurückweisung des in Rede stehenden Antrages vom 30. März 2020 mit mangelnder subjektiver Berechtigung des Beschwerdeführers begründet worden sei. Eine Verletzung der Entscheidungsfrist liege daher nicht vor.
17 Der Antrag auf Feststellung, dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletze, wenn der Leiter der Justizanstalt X oder diesem zurechenbare Hilfspersonen mit Ärzten des Beschwerdeführers in Kontakt träten und versuchten, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben, „beziehe“ sich auf Spruchpunkt 1 des bekämpften Bescheides. Die belangte Behörde habe damit über den Antrag des Beschwerdeführers vom 30. März 2020 zurückweisend abgesprochen, mit dem begehrt worden sei, „die Dienstbehörde möge dem Anstaltsleiter auftragen, es künftig zu unterlassen, mit seinen Ärzten in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei seinen Ärzten Informationen über ihn in Erfahrung zu bringen.“ Diese Entscheidung der belangten Behörde über den Antrag vom 30. März 2020 sei daher (gemeint eventuell: nicht) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gewesen, „zumal erst in der Beschwerde das in Rede stehende Feststellungsbegehren gestellt“ worden sei. Es sei daher nicht von einer Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich dieses Feststellungsbegehrens auszugehen.
18 Diese Erwägungen würden auch für den Antrag auf Feststellung gelten, dass die Dienstbehörde die subjektiven dienstlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt habe, weil sie es unterlassen habe, dem Leiter der Justizanstalt die Weisung zu erteilen, er habe es zu unterlassen, mit Ärzten des Beschwerdeführers sei es persönlich oder durch Hilfspersonen in Kontakt zu treten und zu versuchen, bei diesen Informationen über den Beschwerdeführer zu erheben, der dem Spruchpunkt 1 des bekämpften Bescheides „entspreche“. Auch dieses Feststellungsbegehren sei erst im Rahmen der Beschwerde formuliert worden. Auch die Erwähnung von dem Leiter der Justizanstalt zurechenbaren Hilfspersonen vermöge an diesem Ergebnis nichts zu ändern, da es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Leiters der Justizanstalt X unerheblich sei, ob er selbst die in Beschwerde gezogene Maßnahme setze oder einen Untergebenen damit beauftrage.
19 Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass der Antragsteller in seiner Beschwerde die im verfahrensleitenden Antrag vom 30. März 2020 enthaltenen Anträge „lediglich anders lautend formuliert“ habe, ohne dass diese dadurch ihrem rechtlichen Gehalt nach wesentlich geändert worden seien. Das Bundesverwaltungsgericht sei daher der Auffassung, dass „im Hinblick auf den Bescheid vom 28.04.2021 und das dazu ergangene Erkenntnis vom 8. März 2022“ über die Anträge des Beschwerdeführers im verfahrenseinleitenden Antrag vom 30. März 2020 abgesprochen worden sei und daher diesbezüglich nicht von einer Verletzung der Entscheidungspflicht auszugehen sei.
20 Diese Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts trifft nicht zu. Mit den verfahrenseinleitenden (oben in Rn. 2 wiedergegebenen) Anträgen begehrte der Antragsteller von der Dienstbehörde die „Übermittlung“ einer Liste, bzw. machte geltend, dass sie Näheres „bekannt zu geben“ und dem Anstaltsleiter etwas Bestimmtes „aufzutragen“ habe. Im Bescheid vom 28. April 2021 hat die belangte Behörde diese verfahrenseinleitenden Anträge dahin interpretiert, dass diese darauf gerichtet waren,
- dass dem Anstaltsleiter ein bestimmter Auftrag zu erteilen sei (insofern erfolgte die Antragszurückweisung mit Spruchpunkt 1 des Bescheides),
- dass die Dienstbehörde bestimmte Mitteilungen betreffend eine Unterschriftenliste zu machen hätte (insofern erfolgte die Antragszurückweisung mit Spruchpunkt 2 des Bescheides),
- dass dem Antragsteller die Unterschriftenliste in Kopie zu übermitteln sei (insofern erfolgte die Antragszurückweisung mit Spruchpunkt 3 des Bescheides),
- dass dem Antragsteller bestimmte Informationen in Bezug auf seine Verwendungsbeschränkung mitzuteilen sei (insofern erfolgte eine Antragsstattgabe mit Spruchpunkt 4 des Bescheides).
21 „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049). Hat die Behörde wie hier einen Antrag zurückgewiesen (der antragsstattgebende Spruchpunkt 4 wurde nicht angefochten), ist Sache des Beschwerdeverfahrens auch nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002 u.a.; VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115, jeweils mwN). Dem Verwaltungsgericht ist also in diesem Verfahrensstadium eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag verwehrt (vgl. zB VwGH 17.11.2020, Ra 2018/07/0487; 17.9.2021, Ra 2021/02/0175).
22 Im Rahmen der „Sache“, über die die Verwaltungsbehörde entschieden hat, hat sich auch der Beschwerdeantrag des Beamten zu halten. Die vorliegend im Beschwerdeschriftsatz enthaltenen, ausdrücklich an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten und auf die Erlassung feststellender Absprüche durch das Bundesverwaltungsgericht abzielenden Anträge lagen somit außerhalb der „Sache“, über die die Dienstbehörde entschieden hat.
23 Eine (gesetzeskonforme) Umdeutung der im Beschwerdeschriftsatz enthaltenen Anträge in dem Sinn, dass diese den Rahmen des Verfahrensgegenstands nicht überschritten und sohin nicht über die bloße Bekämpfung der Zurückweisung (im Sinne des in einem solchen Fall der Zurückweisung angebrachten Beschwerdebegehrens auf ersatzlose Behebung der Zurückweisung) hinausgingen, verbietet sich vor dem Hintergrund der eindeutig auf eine meritorische Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht abzielenden Formulierung dieser Begehren, welche offenbar auf der unzutreffenden Auffassung des Antragstellers fußt, dass die zurückweisenden Bescheidsprüche im Beschwerdeverfahren nunmehr durch eine inhaltliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts ersetzt werden dürften („Aufgrund der Säumigkeit der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer nunmehr darauf verwiesen, vor dem Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellung zu begehren ...“). Damit lagen den Verfahrensgegenstand überschreitende, ausdrücklich an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Anträge vor, die der Entscheidungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen.
24 Eine Entscheidung über diese Anträge ist nicht ergangen. Es trifft nicht zu, dass diese Anträge mit dem vorgelegten Erkenntnis vom 8. März 2022, mit dem das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid abgewiesen (und diesen sohin bestätigt) hat, bereits erledigt wurden. Über diese Anträge wäre daher zu entscheiden gewesen, wenngleich wohl nur deren Zurückweisung in Betracht käme (VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0028).
25 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht soweit (wie im gegebenen Fall) durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, über verfahrenseinleitende Anträge von Parteien und Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden.
26 Hinsichtlich der gegen Spruchpunkt 1, 3 und 5 des Bescheides der Bundesministerin für Justiz vom 28. April 2021 gerichteten Beschwerdeanträge ist das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidungspflicht nachgekommen, weshalb im genannten Umfang das Verfahren über den Fristsetzungsantrag gemäß § 38 Abs. 4 VwGG einzustellen ist.
27 Darüber hinaus aber hat das Bundesverwaltungsgericht dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes, die Entscheidung nachzuholen, nicht entsprochen, und ist somit in diesem Umfang seiner Entscheidungspflicht nicht nachgekommen. In diesem Umfang war folglich dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 42a VwGG der Auftrag zur Nachholung des Erkenntnisses oder Beschlusses zu erteilen.
28 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 56 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 10. Juli 2023