JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0057 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. November 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Mag. A L M.Sc. Ph.D. in G, vertreten durch die Hohenberg Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 9. Februar 2024, LVwG 50.7 2745/2023 20, betreffend eine Angelegenheit nach dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz 2008 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz (belangte Behörde) vom 5. Juli 2023, mit welchem der Antrag des Revisionswerbers vom 16. Dezember 2016 auf „Abbruch Grazerstockfenster Bestand“ und „Einbau von neuen Kunststofffenstern, Aufbringen eines Wärmedämmsystems auf Straßen und Hoffassade“ betreffend ein näher bezeichnetes Gebäude in der KG L. nach den §§ 7 und 10 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 2008 (GAEG 2008) sowie den §§ 19 und 29 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Abweisung nach dem GAEG 2008 als unbegründet ab (I.) und erklärte eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig (II.).

2 Begründend führte das LVwG zusammengefasst und soweit für das Revisionsverfahren entscheidungserheblich aus, der Revisionswerber sei Eigentümer näher bezeichneter, in der Schutzzone III nach dem GAEG 2008 liegender Grundstücke samt dem darauf befindlichen mehrgeschossigen verfahrensgegenständlichen Bestandsobjekt. Es handle sich um ein historisches Wohnhaus, das bis zu den verfahrensgegenständlichen Bautätigkeiten eine stark vereinfachte Fassadierung aufgewiesen habe. Aus den eingeholten Gutachten gehe hervor, dass das Gebäude selbst schutzwürdig sei und es durch die projektierten Maßnahmen zu einer grundlegenden Störung des Erscheinungsbildes komme. Daran vermöge auch das Vorbringen, wonach aufgrund zwischenzeitig eingetretener baulicher Veränderungen im betreffenden Stadtteil eine neuerliche gutachterliche Prüfung erfolgen hätte müssen, nichts zu ändern. Gemäß § 7 Abs. 2 zweiter Satz bzw. Abs. 3 letzter Satz GAEG 2008 dürfe die Bewilligung in Bezug auf ein schutzwürdiges Bauwerk wie das gegenständliche jedenfalls dann nicht erteilt werden, wenn die Charakteristik des äußeren Erscheinungsbildes im Sinne des § 4 leg. cit. beeinträchtigt werde. § 7 Abs. 2 zweiter Satz bzw. Abs. 3 letzter Satz GAEG 2008 knüpfe damit ausdrücklich an das schutzwürdige Bauwerk selbst an. Hierbei handle es sich somit um eine zusätzlich zum Einfügungsgebot zu erfüllende Genehmigungsvoraussetzung. Dem Vorbringen, die faktischen Änderungen des Stadtteiles hätten ein neuerliches Gutachten erfordert, fehle es an Relevanz, weil die Versagung der Bewilligung jedenfalls von § 7 Abs. 2 zweiter Satz bzw. Abs. 3 gedeckt sei.

3Die Teilgegenstände „GAEG“ und „Stmk. BauG“ seien trennbar. Der baurechtliche Genehmigungsantrag nach dem Stmk. BauG gelte zwar (auch) als Antrag auf Bewilligung nach dem GAEG 2008, dies führe jedoch zu keiner Verfahrenskonzentration bzw. Erteilung einer „Gesamtgenehmigung“. Es gelte weiterhin das Kumulationsprinzip, sodass die jeweiligen Genehmigungskriterien getrennt zu beurteilen seien. Gemäß § 59 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG sei die in Verhandlung stehende Angelegenheit zwar in der Regel zur Gänze zu erledigen, das Verwaltungsgericht könne aber falls einzelne Punkte von den anderen trennbar und für sich genommen spruchreif seien über diese Punkte durch Teilentscheidung absprechen, wenn dies zweckmäßig erscheine. Die Entscheidung in Bezug auf die Abweisung des Bauansuchens nach dem Stmk. BauG, die mit der Beschwerde des Revisionswerbers ebenfalls angefochten worden sei, ergehe angesichts des Umstandes, dass sich die Begründung des angefochtenen Bescheides ausschließlich auf das GAEG 2008 beziehe und sohin noch entsprechende Beweisergebnisse bzw. Erhebungen zu den Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Stmk. BauG erforderlich seien, zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das LVwG sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es den Beweisantrag des Revisionswerbers auf Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen übergangen habe. Das LVwG habe den Revisionswerber mit einer zu seinen Lasten gehenden Deutung „seiner Beweisantrittserklärung“ überrascht und dieser einen „ungünstigen, ja sinnlosen Inhalt zugesonnen“. Das vom LVwG herangezogene Gutachten sei durch „copy paste“ aus einem Gutachten im Vorverfahren entstanden und die Veränderung des Stadtbildes sei unberücksichtigt geblieben, womit es beweiswürdigend unbrauchbar sei; die Verwertung dieses Gutachtens sei unvertretbar. Darüber hinaus komme der Rechtsfrage, ob über einen Bewilligungsantrag für ein Bauvorhaben im Schutzgebiet nach dem GAEG 2008 abgesondert von der Baubewilligung nach § 29 Stmk. BauG entschieden werden dürfe, „eigentlich nahezu selbsterklärend“ grundsätzliche Bedeutung im Sinne Art. 133 Abs. 4 B VG zu, da sich diese Frage „bei ausnahmslos jedem gleichartigen Antrag im Schutzgebiet“ stelle.

5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber im Falle der behaupteten Abweichung von Rechtsprechung konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. etwa VwGH 14.5.2024, Ra 2024/06/0005, mwN).

10 Bereits diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht, da mit der vorgebrachten Behauptung des Abweichens von Rechtsprechung lediglich unterschiedliche Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt werden, aber nicht darlegt wird, dass und inwiefern der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleiche und inwiefern das LVwG im Revisionsfall dennoch anders entschieden habe.

11 Soweit zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht wird, das vom LVwG herangezogene Gutachten hätte dem angefochtenen Erkenntnis nicht zugrunde gelegt werden dürfen, das LVwG hätte gegen das Überraschungsverbot verstoßen und einen Beweisantrag übergangen, ist dem zu entgegnen, dass sich das LVwG im angefochtenen Erkenntnis mit dem Inhalt der herangezogenen Gutachten und dem Unterbleiben der Einholung eines nichtamtlichen Sachverständigengutachtens sowie dem diesbezüglichen Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt hat. Das LVwG hat in seiner Beweiswürdigung auch ausgeführt, dass dem Revisionswerber ausdrücklich die Gelegenheit eingeräumt worden sei, ein Gegengutachten zu erstatten; dieser Möglichkeit sei jedoch innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen worden. Darauf geht die Zulässigkeitsbegründung nicht ein. Vor diesem Hintergrund ist das dargestellte Zulässigkeitsvorbringen nicht geeignet, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall aufzuzeigen.

12Im Übrigen läge nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der im Einzelfall vorzunehmenden Beweiswürdigung bzw. Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, ob eine weitere Beweisaufnahme notwendig ist, nur vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Beurteilungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 9.9.2024, Ra 2024/06/0133, bzw. VwGH 30.8.2022, Ra 2022/06/0170, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit ist den Revisionszulässigkeitsgründen nicht zu entnehmen.

13 Wenn zur Zulässigkeit der Revision schließlich vorgebracht wird, der Rechtsfrage, ob über einen Bewilligungsantrag für ein Bauvorhaben im Schutzgebiet nach dem GAEG 2008 abgesondert von der Baubewilligung nach § 29 Stmk. BauG entschieden werden dürfe, komme grundsätzliche Bedeutung im Sinne Art. 133 Abs. 4 B VG zu, da sich diese Frage „bei ausnahmslos jedem gleichartigen Antrag im Schutzgebiet“ stelle, genügt es schon, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach der Umstand, dass eine zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten könnte, für sich alleine nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG bewirkt (vgl. etwa VwGH 27.9.2018, Ro 2018/06/0006, mwN). Darüber hinaus fehlt diesem Zulässigkeitsvorbringen der konkrete Bezug zum Revisionssachverhalt und die Darlegung, aus welchem Grund das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Frage abhängen sollte (vgl. für viele etwa VwGH 19.2.2024, Ra 2024/06/0017, mwN).

14 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 14. November 2024