JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0005 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Umweltrecht
14. Mai 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Mag. Dr. W A in L, vertreten durch Mag. Rolf Gabron, Rechtsanwalt in 9800 Spittal an der Drau, Peter Wunderlichstraße 17, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 30. Oktober 2023, KLVwG 2121/9/2023, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Millstatt am See; mitbeteiligte Partei: E E in M, vertreten durch Dr. Costantino De Nicolò, Rechtsanwalt in 9800 Spittal an der Drau, Jahnstraße 12; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (LVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M. (belangte Behörde) vom 14. Juli 2023, mit welchem dem Mitbeteiligten die Bewilligung zur Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG M. erteilt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.) und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig erklärt (II.).

2 Begründend führte das LVwG u.a. aus, Gegenstand des vorliegenden Baubewilligungsverfahrens sei die Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes mit Hackgutlager und Unterstellplatz für landwirtschaftliche Geräte samt Einfahrtsbereich und Versickerungsanlage für die Verbringung der anfallenden Oberflächenwässer auf einem näher bezeichneten Grundstück KG M..

3 Zur Feststellung, ob das geplante Bauvorhaben einem funktionalen Erfordernis der Land und Forstwirtschaft diene, sei im durchgeführten naturschutzbehördlichen Verfahren der Bezirkshauptmannschaft S. ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen des Amtes der Kärntner Landesregierung eingeholt worden, in welchem dieser schlüssig und nachvollziehbar dargelegt habe, dass das geplante Bauvorhaben für die Land und Forstwirtschaft notwendig und spezifisch sei (wird näher ausgeführt). Die vom Revisionswerber vorgebrachten Einwendungen hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung in Form der Zufahrt zum Grundstück auf einem öffentlichen Weg stützten sich auf kein nach § 23 Abs. 3 Kärntner Bauordnung 1996 dem Anrainer zustehendes subjektiv öffentliches Recht. Präzisierungen hinsichtlich einer behaupteten Immissionsbelastung, die durch das Gebäude bzw. dessen vorgesehene und im Bewilligungsantrag beschriebene Nutzung verursacht würde, seien vom Revisionswerber nicht vorgenommen worden; vielmehr hätten sich diese geäußerten Immissionsbelastungen auf eine nicht Gegenstand des Bauvorhabens bildende betriebliche Tätigkeit zur Herstellung von Hackgut bezogen (wird näher ausgeführt).

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das LVwG sei zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis gelangt, da das im Naturschutzverfahren eingeholte Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen dem Erkenntnis nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen. Weiters widerspreche das angefochtene Erkenntnis näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, wonach bei der Beurteilung der Frage, ob eine Baulichkeit im Grünland für die landwirtschaftliche Nutzung erforderlich sei, ein strenger Maßstab anzulegen sei, sowie näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, wonach aus einer naturschutzrechtlichen Bewilligung keine Rückschlüsse auf die Widmungskonformität in einem Bauverfahren gezogen werden könnten. Außerdem sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen worden, wonach „Gutachten, welche in einem anderen Verfahren eingeholt werden, nur verwertet werden können, wenn die unterschiedlichen Aufgabenstellungen für Baubehörde und Naturschutzbehörde beachtet werden“. Das LVwG sei darüber hinaus „von den Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens“ und (nicht näher genannter) „Judikatur zu den §§ 52 und 46 AVG“ abgewichen, indem „Sachverständige, welche in einem anderen Verfahren von einer anderen Behörde beigezogen wurden, eben für das konkrete Verfahren gerade nicht als Sachverständige im Sinne des § 52 AVG zu werden sind“.

5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber im Falle der behaupteten Abweichung von Rechtsprechung konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. etwa VwGH 2.4.2024, Ra 2024/06/0045, mwN).

10 Bereits diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht, da mit der vorgebrachten Behauptung des Abweichens von Rechtsprechung lediglich unterschiedliche Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt werden, aber nicht darlegt wird, dass und inwiefern der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleiche und inwiefern das LVwG im Revisionsfall dennoch anders entschieden habe.

11 Soweit der Revisionswerber darüber hinaus vorbringt, das Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen, welches bereits dem naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid zugrundelag, hätte dem angefochtenen Erkenntnis nicht zugrunde gelegt werden dürfen, wird damit ein Verfahrensmangel geltend gemacht. Dazu ist zu bemerken, dass Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG sein können, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. für viele etwa 4.3.2024, Ra 2024/06/0027, mwN). Auch diesen Anforderungen entspricht die Revision nicht, weil sie nicht aufzeigt, welche anderen Ergebnisse bei Einholung eines weiteren landwirtschaftlichen Gutachtens im vorliegenden Verfahren zu erwarten gewesen wären und inwiefern diese das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten.

12 Im Übrigen unterliegt die Frage, ob ein Bauvorhaben als erforderlich und spezifisch im Sinne des § 28 Abs. 1 Kärntner Raumordnungsgesetz 2021 angesehen werden kann, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 5.12.2022, Ra 2022/06/0233, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung zeigt das Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision nicht auf.

13 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 14. Mai 2024

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