JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0017 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
19. Februar 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Vermessungsamtes St. Pölten gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2023, W114 2280664 1/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vermessungsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. B G in B; 2. M F in B, und 3. M H in B), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde des Erstmitbeteiligten gegen den Bescheid des Revisionswerbers vom 7. März 2023 betreffend die von den zweit- und drittmitbeteiligten Parteien beantragte Umwandlung näher genannter Grundstücke in W. vom Grundsteuerkataster in einen Grenzkataster gemäß § 17 Z 1 iVm § 18 Vermessungsgesetz (VermG) insoweit statt, als der angefochtene Bescheid aufgehoben wurde (Spruchpunkt A.1.). Der Erstmitbeteiligte wurde aufgefordert, binnen sechs Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses ein den Grenzstreit hinsichtlich des Grenzverlaufes zwischen näher genannten Grundstücken bereinigendes Verfahren beim sachlich und örtlich zuständigen Zivilgericht anhängig zu machen (Spruchpunkt A.2.). Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B.).

Begründend führte das BVwG zusammengefasst aus, es liege keine Zustimmungserklärung des Erstmitbeteiligten gemäß § 43 Abs. 6 VermG zur Umwandlung der Grundstücke vor. Der Umstand, dass sich der Erstmitbeteiligte vor Ende der Grenzverhandlung entfernt habe, bedeute nicht, dass er damit dem vom Vermessungsamt gemäß § 25 Abs. 1 VermG „festgelegten“ bzw. „gekennzeichneten“ Grenzverlauf zugestimmt habe. Der Erstmitbeteiligte sei gemäß § 25 Abs. 2 VermG aufzufordern gewesen, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Eine Kompetenz zur rechtsverbindlichen Klärung des Grenzverlaufes komme dem Vermessungsamt bei Vorliegen eines strittigen Grenzverlaufes in einem Umwandlungsverfahren erst zu, wenn ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Zivilverfahren entweder rechtskräftig abgeschlossen worden sei oder wenn ein solches trotz einer entsprechenden Aufforderung gemäß § 25 Abs. 2 VermG nicht fristgemäß beim sachlich und örtlich zuständigen Zivilgericht anhängig gemacht oder nicht gehörig fortgesetzt worden sei.

5 In der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, es bestehe keine „höchstgerichtliche“ Judikatur, wie vorzugehen sei, wenn eine Partei des Umwandlungsverfahrens trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Grenzverhandlung erscheine oder die Grenzverhandlung ohne Einigung mit den Nachbarn über den Grenzverlauf ohne abweichender Grenzbehauptung verlasse bzw. wie der Begriff „festlegen“ in § 25 Abs. 1 VermG zu verstehen sei. Die Rechtsauslegung des BVwG sei wie in der Folge ausgeführt werde unzutreffend. Da bei Befolgung der Gesetzesauslegung durch das BVwG ein erheblicher Aufwand für die Vermessungsbehörde durch die Erstellung von Gerichtsverweisungsbescheiden entstünde, betreffe das bekämpfte Erkenntnis auch nicht bloß eine Einzelfallentscheidung, sondern eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

6 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung auf die nachfolgenden Ausführungen (gemeint wohl: die Revisionsgründe) verwiesen wird, ist auszuführen, dass der bloße Verweis auf die in den Revisionsgründen enthaltenen Ausführungen den Anforderungen des § 28 Abs. 3 VwGG, wonach eine außerordentliche Revision auch gesondert die Gründe zu enthalten hat, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht zu genügen vermag (vgl. etwa VwGH 19.4.2021, Ra 2021/05/0062, Rn. 9, mwN).

Darüber hinaus führt das bloße Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision (vgl. etwa VwGH 15.12.2023, Ra 2023/06/0200, Rn. 8, mwN). Es ist vielmehr konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Mit einer pauschalen Aneinanderreihung von Rechtsfragen ohne Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt wird den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen, weil mit diesen Ausführungen nicht aufgezeigt wird, inwiefern das rechtliche Schicksal der Revision von den abstrakt gestellten Rechtsfragen abhängt (vgl. etwa VwGH 13.11.2023, Ra 2023/06/0134, Rn. 8 und 9, mwN). Eine derartige Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt enthält die Zulässigkeitsbegründung nicht.

7 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Februar 2024

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